Hotelbetriebswirt (IST-Aufbauzertifikat)



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Transkript:

Leseprobe Hotelbetriebswirt (IST-Aufbauzertifikat) Studienheft Yieldmanagement Autorin Barbara Gonzalez Barbara Gonzalez ist Restaurantfachfrau und Kaufmannsgehilfin im Hotel- und Gaststättengewerbe. Während Ihrer Karriere durchlief sie unterschiedliche Bereiche vom Front Office Management, zur Hoteldirektorin bis zur Hoteleinkäuferin. 2009 machte sie sich mit BAGO Hotel Solutions selbstständig und arbeitet als Referentin, Trainerin, Beraterin und Projektmanagerin in allen Bereichen der Hotellerie. Im IST-Studieninstitut ist Frau Gonzalez als Dozentin und Fachautorin tätig.

Auszug aus dem Studienheft 2 1. Was versteht man unter Yield-Management 1. Was versteht man unter Yield Management? 1.1 Definition des Begriffs Yield Management 1.2 Die historische Entwicklung des Yield Managements 1.3 Anwendungsgebiete des Yield Managements 1.4 Definition wichtiger Begriffe im Zusammenhang mit Yield Management Kapitel 1 06/2012 IST-Studieninstitut 5

3 1. Was versteht man unter Yield-Management Lernorientierung In diesem Kapitel erfahren Sie, X warum Yield Management für Dienstleistungen positive Auswirkungen auf die Erträge hat, X wie sich Yield Management über die Jahre entwickelt hat, X in welchen Bereichen des Lebens wir Yield Management noch begegenen und X es werden einige wichtige Begriffe aus dem Bereich grundsätzlich geklärt. 1.1 Definition des Begriffs Yield Management System zur Nachfragesteuerung mittels Kapazitätsverfügbarkeiten und Preisen. Yield Management wird bei Dienstleistungsunternehmen mit dem Ziel eingesetzt, den Gesamtumsatz des Unternehmens zu maximieren, indem die Nachfrage mit der höchsten Zahlungsbereitschaft mit Priorität befriedigt wird. Yield Management ist bei Verkehrsunternehmen (insbesondere bei Fluggesellschaften), in der Hotellerie und bei Autovermietern weit verbreitet. (TACKE/CONRADY 2010) Revenue/Ertragsmanagement Preisdifferenzierung Im Gabler Wirtschaftslexikon wird Yield Management mit Revenue bzw. Ertragsmanagement gleichgesetzt. Ob dies rechtmäßig ist, wird auch heute noch in der Literatur kontrovers diskutiert. Die jeweiligen Methoden sind in jedem Fall sehr ähnlich, wenn auch das Revenue Management als Instrumentarium zur Optimierung der Erträge häufig umfangreicher beschrieben wird. Im Prinzip handelt es sich beim Yield Management um eine spezielle Form der Preisdifferenzierung. Da die klassische mikro-ökonomische Theorie (vgl. DEbREU 1959, MALINVAUD 1974, HILDEbRAND 1976) in ihren Marktpreismodellen unterstellt, dass Konsumgüter ihren Wert behalten, bis sie vom Konsumenten verzehrt werden und ab dann ihre Existenz verlieren, ist seit Langem bekannt, dass sich diese Modelle zur bepreisung für verderbliche Waren oder Dienstleistungen nicht eignen. 06/2012 IST-Studieninstitut 6

4 1. Was versteht man unter Yield-Management Das Yield Management versucht diese Lücke durch dynamische Preisbildung und Kontingentierungsansätze zu schließen und wird bereits seit vielen Jahren z. b. im Airline-bereich, in der Hotellerie oder in Autovermietungen erfolgreich zur Gewinnmaximierung eingesetzt (vgl. WENDT 2001). Zu den besonderen Merkmalen von Dienstleistungen gehören unter anderem die relativ hohen Kapazitätsbereitstellungs- und dynamischen bereitschaftskosten. Die zusätzlichen variablen Kosten für die einzelnen Leistungseinheiten innerhalb der bereitgestellten Kapazitäten sind dabei eher gering. Aus dieser Konstellation resultieren hohe Deckungsbeiträge. Jede zusätzliche Nachfrage bedeutet somit eine weitere Deckung der fixen Kapazitätskosten. Daher bietet eine entsprechende Preis-/Mengensteuerung ein erhebliches Gewinnpotenzial. Dynamische Preisbildung Variable Kosten Auf diesen Überlegungen basiert die folgende Definition in Anlehnung an belobaba (1987) und VOGEL (1989), die Yield Management als die Summe aller Verfahren, welche durch eine integrierte Preis- und Kapazitätssteuerung, die richtigen Einheiten eines zukünftig bereitzustellenden Kapazitätstyps dem richtigen Kundentyp so zuordnen, dass der Deckungsbeitrag der betriebseinheit maximiert wird beschreibt (vgl. belobaba 1998; VOGEL 1998, zit. nach WENDT 2001). Kurz gesagt: Gutes Yield Management schafft eine gleichmäßige Auslastung auch bei stark schwankender Nachfrage und maximiert den Gesamtertrag einer Leistungseinheit, auch wenn die Durchschnittspreise geringer als geplant ausfallen können. Aus dieser Überlegung heraus achtet man heute nicht mehr auf den Durchschnittspreis pro verkauftem, sondern pro verfügbares Zimmer. belegung und Durchschnittsrate sind zum sogenannten RevPAR (Revenue per available room) kombiniert worden, der heute praktisch die wichtigste Kennzahl für die Hotellerie ist. Es geht darum, mit der bereitgestellten Kapazität so viel Ertrag wie möglich zu erwirtschaften. Dabei ist die richtige Kombination von Klasse und Masse wichtig. Dies gilt für jeden betrieb. Yield Management ist nicht nur etwas für die großen Kettenhotels auch wenn diese bislang fast die Einzigen sind, die es betreiben. Professionelles Yield Management passt immer und wirkt sich professionell angewandt positiv auf die Erträge aus. Dabei geht es nicht um Preisdumping und genauso wenig darum, die Kunden mit zu hohen Preisen zu verärgern. Jedem Preis muss eine genau definierte Leistung gegenüberstehen. bucht ein Gast frühzeitig und verbindlich, wird er dafür mit günstigeren Preisen und Angeboten belohnt. bucht ein Kunde im letzten Moment und braucht Flexibilität, zahlt er einen auf der aktuellen Nachfrage basierenden Preis. Das ist der elementare Ansatz der Yield- oder Revenue Management-Philosophie. RevPAR 06/2012 IST-Studieninstitut 7

5 1. Was versteht man unter Yield-Management barbara GOERLICH und bianca SPALTEHOLZ kreisen in ihrem buch Das Revenue Management buch daher immer wieder um den folgenden Leitsatz: Das richtige Produkt dem richtigen Kunden zur richtigen Zeit zum richtigen Preis über den richtigen Vertriebskanal anbieten. Für die Umsetzung benötigt man viel Zeit, Ausdauer und ein Team, das sich dieser Herausforderung annimmt. Der Einsatz lohnt sich, denn wenn Preis und Menge (belegung) im richtigen Verhältnis stehen, dann steigen die Erträge. Da jeder den richtigen Preis zum richtigen Zeitpunkt erhält, sind Gäste und Hoteliers am Ende gleichermaßen zufrieden. Yield Management hat gesteigerte Gewinne und glückliche Gäste zum Ziel. 1.2 Die historische Entwicklung des Yield Managements American Airlines Anfang der 1970er-Jahre wurde begonnen, über Arten der Kapazitätssteuerung in sowohl der Luftverkehrsbranche als auch der Hotellerie auf wirtschaftswissenschaftlicher Ebene nachzudenken. Eine systematische Umsetzung in die Praxis erfolgte erst nach der Deregulierung des US-amerikanischen Luftverkehrsmarktes im Jahr 1979, eingeleitet durch Jimmy CARTER, damaliger Präsident der Vereinigten Staaten. Vorreiter war die Fluggesellschaft American Airlines, die sich, wie alle anderen etablierten Unternehmen der branche, auf einmal mit Low-Cost-Carriern als neue Konkurrenten konfrontiert sahen. Robert bob CRANDALL, der ehemalige Präsident von American Airlines, wird als Vater des Revenue Managements bezeichnet und legte Anfang der 1980er-Jahre den Grundstein für die erste systematische Kapazitätssteuerung (vgl. GOERLICH/SPALTEHOLZ 2008). Die wesentlich günstigeren Angebote der neuen Mitbewerber sollten wenigstens selektiv gematcht werden, ohne das gesamte Preisgefüge auf das Low-Cost-Niveau abzusenken (vgl. TACKE/CONRADY 2010). Damals überlebten nur 26 der 155 Airlines den Preiskrieg. Zahlreiche positive Erfahrungsberichte aus dem Airline-bereich sorgten dafür, dass das Konzept seit Ende der 1980er-Jahre auch in anderen bereichen der Logistik- und Transportindustrie sowie der Hotelindustrie, bei Mietwagenfirmen oder Reiseveranstaltern zunehmend Anwendung findet. Auch die Hotellerie sah sich neuen Herausforderungen gegenüber. Der Markt veränderte sich stetig. Es gab mehr Mitbewerber und vor allem Anbieter, die auch im bereich Hotellerie ein Low-budget-Segment entstehen ließen. Ähnlich wie in der Luftfahrtbranche mussten die etablierten Unternehmen auf diese neue Angebotsbreite reagieren, um nicht wesentliche Marktanteile zu verlieren. 06/2012 IST-Studieninstitut 8

6 1. Was versteht man unter Yield-Management bevor das Yield Management Einzug hielt, wurden einfach Zimmer verkauft. Man achtete nicht darauf, ob man überhaupt noch reine Einzelzimmer zur Verfügung hatte. Wollte ein Kunde ein Einzelzimmer, wurde ihm ein Einzelzimmer angeboten. Es war nicht von bedeutung, ob dieser Zimmertyp bereits ausgebucht war. Solange man Zimmer frei hatte, wurde dem Kunden sein Wunsch erfüllt. Auch die Kategorien waren ohne bedeutung. Es wurde lediglich darauf geachtet, dass man eine hohe belegung erzielen konnte. Der Impuls für die buchung einer höheren Kategorie zum entsprechenden Preis musste meistens vom Gast selbst kommen. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet machte das eigentlich überhaupt keinen Sinn. Zimmer unterschiedlicher Kategorien wurden meistens zu Standardpreisen verkauft und demnach unter Wert. Als sich jedoch der Markt veränderte, das Angebot immer größer wurde und sich die Hotels immer mehr anstrengen mussten, um auf die gewünschten und benötigten Umsätze zu kommen, wurde eine Änderung der Verkaufsstrategien notwendig. Änderung der Verkaufsstrategien Als Erstes wurden die unterschiedlichen Zimmerkategorien neu definiert und an internationale Standards angepasst. Man orientierte sich an den Kategoriebezeichnungen der internationalen Reservierungssysteme. Dies diente als Orientierungshilfe für den Kunden. Im Anschluss daran wurden Verkaufstrainings veranstaltet, die die Mitarbeiter darin unterrichteten, ein sogenanntes Sell from the top zu betreiben. Man sollte dem Gast zuerst die höheren Zimmerkategorien verkaufen. Falls das erste Angebot aus Kostengründen abgelehnt werden würde, hatte man so die Gelegenheit, ein günstigeres Zimmer anzubieten. Würde man immer zuerst die günstigste Variante offerieren, hätte man keine Möglichkeit, dem Gast entgegenzukommen. Diese Strategie hat auch eine psychologische Komponente. Jeder Gast, der das erste Angebot ausschlägt, weil er meint, es sei ihm zu kostenintensiv, fühlt sich in seinem Verhandlungsgeschick bestätigt, wenn es ihm gelingt, ein besseres Angebot zu erhalten. Es handelt sich um eine Art sportlichen Ehrgeiz, die in der Natur des Menschen liegt. betrachtet man die Verfahrensweise des Sell from the top vor diesem Hintergrund, könnte man diese Verhandlungsführung als besonders kundenfreundlich bezeichnen. Sell from the Top Mit dem Yield Management kamen zu den unterschiedlichen Zimmerkategorien eine große Anzahl Zimmerpreise hinzu. Neben den zahlreichen Firmenraten, die meist auf prognostizierten Verkaufsvolumina basierten, gab es zunehmend saisonal gestaffelte Raten und bestimmte Promotions, die in der Anzahl der verkaufbaren Zimmer limitiert waren. War das im Vorwege definierte Kontingent ausgeschöpft, konnte der Preis nicht mehr angeboten werden. Die Verfügbarkeit der unterschiedlichen Preisebenen fing an, sich nach der Nachfrage zu richten. Nachdem viele Jahre lang der geschäftliche Erfolg lediglich an der belegung gemessen wurde, wurde nun ein besonderes Augenmerk auf die Durchschnittsrate gelegt. 06/2012 IST-Studieninstitut 9

7 Studienheft Hotelmarketing Autor Prof. Dr. rer. pol. Marco A. Gardini Prof. Dr. Marco A. Gardini ist Professor für Internationales Hospitality Management und Marketing an der Hochschule Kempten. Neben seiner Lehrtätigkeit ist er wissenschaftlicher Direktor des Treugast International Institute of Applied Hospitality Sciences. Im IST- Studieninstitut ist Herr Gardini als Fachautor tätig.

Auszug aus dem Studienheft 8 2. Marketingforschung in der Hotellerie 2. Marketingforschung in der Hotellerie 2.1 Zur Bedeutung von Marketinginformationen 2.2 Marketingforschung in der Hotellerie 2.2.1 Aufgaben und Prozess der Marketingforschung 2.2.2 Informations- und Analysemethoden der Primärforschung 2.2.3 Informations- und Analysemethoden der Sekundärforschung 2.3 Analyse des Gäste-/Kundenverhaltens in der Hotellerie 2.3.1 Psychologische Grundlagen des Gäste-/ Kundenverhaltens 2.3.2 Sozio-kulturelle Grundlagen des Gäste-/ Kundenverhaltens Kapitel 2 08/2012 IST-Studieninstitut 37

9 2. Marketingforschung in der Hotellerie Lernorientierung Nach Bearbeitung dieses Kapitels sollten Sie: X die Bedeutung und die Aufgaben der Marketingforschung kennen; X die relativen Vor- und Nachteile der Primär- und Sekundärforschung beurteilen können; X die Bedeutung einer sorgfältigen Analyse des Gäste-/Kundenverhaltens und der damit zusammenhängenden Kaufentscheidungsprozesse erkennen. 2.1 Zur Bedeutung von Marketinginformationen Marketinginformationen Um fundierte Marketingentscheidungen treffen zu können, benötigt ein Unternehmen verschiedene Arten von Informationen. Insofern muss jedes Hotelunternehmen ob Kette oder Individualbetrieb für sich definieren, welche Arten von Marketinginformationen relevant sind, welche Verfahren und Methoden der Informationsgewinnung genutzt werden sollen und wie die Prozesse und Systeme der Erhebung und Verwaltung von Informationen innerhalb des Unternehmens zu organisieren sind. Grundsätzlich werden der Marketingforschung von der Literatur verschiedene Funktionen zugesprochen (vgl. KOCH 2009, S. 1 f.). Während die Frühwarn- und Innovationsfunktion der Marketingforschung darauf abzielt, frühzeitig Chancen und Risiken zu erkennen und abzuschätzen, betreffen andere Funktionen die Aufbereitung von Informationen zwecks Entscheidungsunterstützung (Intelligenzverstärkung, Unsicherheitsreduktion, Strukturierung, Selektion und Priorisierung von Aktivitäten) im Marketing. Marketing- bzw. Marktforschung Im Folgenden wird die Gewinnung und Verarbeitung von Marketinginformationen als Marketingforschung bezeichnet, ohne hier weiter auf die grundlegende Abgrenzung zum Begriff Marktforschung einzugehen (hierzu KOCH 2009, S. 2 f.). Die Marketing- bzw. Marktforschung eines Dienstleistungsunternehmens dient der Analyse des Kundenverhaltens, der Wirkung von Marketingaktivitäten des Unternehmens sowie dessen innerbetrieblichen Sachverhalten (MEFFERt/BRUHn 2009, S. 104). 08/2012 IST-Studieninstitut 38

10 2. Marketingforschung in der Hotellerie Praxisbeispiel Typische Fehler beim Fragebogendesign Wurde Ihre Reservierung prompt und höflich behandelt? Ja Nein Die Fragestellung impliziert zwei Fragen, da auf zwei unterschiedliche Serviceattribute abgestellt wird, wobei dem Gast jedoch nur eine Antwortmöglichkeit eingeräumt wird (Doppelfrage). Dies ist unproblematisch, wenn die Anwort für beide Attribute gleichartig vorgenommen würde, bei Unterschieden in der Bewertung gibt es jedoch keine Differenzierungsmöglichkeit für den Befragten, sodass der Wert dieser Fragestellung bzw. der diesbezüglichen Antworten als gering einzuschätzen ist. Bei unterschiedlichen Attributen muss der Proband Gelegenheit haben, jedes Kriterium gesondert zu beantworten, denn nur so lassen sich gehaltvolle Aussagen über einzelne Serviceelemente und Teilzufriedenheiten gewinnen. Wie empfanden Sie die Qualität... des Frühstücksbuffets? der Speisekarte? der Weinkarte/Weinberatung? der Tischkultur? der Speisen? Kernproblem dieser Fragestellung ist der Begriff der Qualität (mehrdeutig interpretierbare Merkmale). Was ist mit der Qualität des Frühstückbuffets gemeint, der Breite oder der Tiefe des Angebots, der Frische der Speisen und Getränke, der Frühstückzeiten, bestimmten Serviceleistungen rund um das Buffet? Bezieht sich die Qualität der Speisekarte auf die materielle Verarbeitung bzw. äußere Gestaltung der Karte oder die Auswahl an Gerichten? Was versteht ein Nichthotelier unter Tischkultur bzw. Qualität der Tischkultur? Die Bandbreite an Interpretationsmöglichkeiten durch den Befragten macht demzufolge eine eindeutige Zuordnung und Bewertung der Aussagen durch den Marktforscher unmöglich, sodass durch diese Art der Fragestellung nur wenig spezifizierte Daten gewonnen werden können. (vgl. DREyER/DEHNER 2003, S. 125 ff.) 08/2012 IST-Studieninstitut 39

11 2. Marketingforschung in der Hotellerie 2.2 Marketingforschung in der Hotellerie Marketingforschung in der Hotellerie Die Hotellerie als kundenkontaktintensive Dienstleistungsbranche verfügt im Gegensatz zu anderen Branchen über den Vorteil, einen sehr engen und direkten Kontakt zu Kunden pflegen zu können. Darüber hinaus wird die prinzipielle Auskunftsbereitschaft von Kunden in der Hotellerie sehr hoch eingeschätzt, wird doch wie MEyER/WEStERBARKEy zitieren über kaum eine andere Leistung mehr gesprochen als über Erlebnisse in Restaurants und Hotels (vgl. MEyER/WEStERBARKEy 2001, S. 447). Dies eröffnet der Marketingforschung in der Hotellerie ungleich größere, unmittelbare und gezieltere Möglichkeiten primärstatistischer Erhebungen als in anonymen Massenmärkten wie beispielsweise der Konsumgüterindustrie. nichtsdestoweniger werden die Möglichkeiten und die notwendigkeit einer systematischen Marketingkontrolle mittels der kontinuierlichen Erhebung von Gäste- und Zufriedenheitsdaten von vielen Hotelunternehmen nach wie vor unterschätzt, wie eine aktuelle Untersuchung in der 3- bis 5-Sterne-Hotellerie in Deutschland offenbart. So ist bei nur 43 % der befragten 284 Hotelbetriebe aus der Ketten- und Individualhotellerie ein eigenes Feedbacksystem zur Messung von Dienstleistungsqualität und Kundenzufriedenheit im Einsatz, d. h., weit mehr als die Hälfte der befragten Hotelunternehmen vernachlässigt die Marketingforschung, ungeachtet ihrer Bedeutung als wesentlicher Bestandteil einer kundenorientierten Unternehmensführung (vgl. SCHMIDt 2009, S. 505 f.). Sowohl vom Zugang, der Auswahl und der Repräsentativität der Probanden als auch im Hinblick auf die Anwendung der Methoden der Befragung und der Beobachtung ist die Ausgangssituation aus Sicht des Marktforschers um ein Vielfaches leichter einzuschätzen als in anderen Umfelden. So liegen unmittelbar nach dem Check-in bereits einige demografische Angaben vor, die mit entsprechenden Anmeldeformularen leicht um einige Zusatzinformationen (z. B. Reisezweck, Anreiseform) angereichert werden können. Der Rückgriff auf die vorliegenden Heimatadressen erleichtert Hotelunternehmen nicht nur die Möglichkeit des Aufbaus einer hoch qualifizierten Kundendatenbank, sondern ermöglicht auch die zielgenaue Zusendung von Fragebögen oder die Durchführung von telefonischen Interviews nach dem Aufenthalt der Kunden. 08/2012 IST-Studieninstitut 40

12 2. Marketingforschung in der Hotellerie Praxisbeispiele Bei Fairfield Inn, einer Hotelmarke der Marriott-Kette, werden die Gäste bei der Abreise gebeten, mittels einer 15 Sekunden in Anspruch nehmenden Computeranwendung namens Scorecard ihre Meinung zur Sauberkeit ihrer Zimmer, dem Niveau der Gastlichkeit während ihres Aufenthaltes und ihren Gesamteindruck abzugeben. So führt die Hotelkette Ritz-Carlton in Zusammenarbeit mit einem Marktforschungsinstitut monatlich bei ca. 1 000 Gästen etwa 30 Tage nach der Abreise fünfminütige telefonische Interviews durch. Ziel dieser Befragung ist es, die Erfahrungen der Gäste während des Aufenthaltes zu erheben, wobei insbesondere das Verhalten des Hotelpersonals und seine Problemlösungskompetenz im Vordergrund dieser Befragung steht. Zusätzlich zu den Privatkunden werden auch Businesskunden wie Tagungsveranstalter, Reisebüros und Reiseveranstalter nach ihrer Zufriedenheit mit den Leistungen des Hotels befragt. Dies geschieht beispielsweise bei Tagungsveranstaltern in Form eines ca. 15-minütigen telefonischen Interviews, das 40 Fragen zu Aspekten der Planung und organisation von Veranstaltungen umfasst und den Businesskunden Gelegenheit geben soll, ihre Eindrücke und Verbesserungsvorschläge zu den verschiedenen Phasen (Pre-Event-Phase, Event-Phase, Post-Event- Phase) der Veranstaltung zu artikulieren (BECKETT 2008, S. 949 ff.). Beim Guest Satisfaction Tracking System der Hotelgesellschaft Hilton International werden weltweit jährlich ca. 75 000 Gäste per zufälliger Computerauswahl aus dem Pool des Gästedatenbank angeschrieben, um einen standardisierten Fragebogen zur Dienstleistungsqualität auszufüllen. Der Rücklauf dieser Befragung (i. d. R. zwischen 25 30 %) dient als Auswertungsbasis zur Ermittlung der overall Service Performance und eines Service Attribute Index, der es den einzelnen Häusern der Kette ermöglicht, sich mit anderen nationalen oder internationalen Hilton Hotels zu vergleichen (vgl. MEyER/WESTERBARKEy 2001, S. 452). Auch die tatsache, dass die Mehrzahl von Hotelunternehmen über einen relativ hohen Prozentsatz an Wiederholungskunden, sprich Stammgäste verfügt, erleichtert die Möglichkeiten, explorative Interviews zu führen sei es auf individueller Basis oder in Form von Gruppendiskussionen. Je nach Zielsetzungsschwerpunkt kann es sich entweder um problemlösungsorientierte, strukturierte Interviews oder Gruppensitzungen handeln oder aber um informelle Foren, die einen allgemeinen, unstrukturierten Informationsaustausch zwischen Hotelunternehmen und ihren Kunden ermöglichen. 08/2012 IST-Studieninstitut 41