Der Ausgleich unter den Gesamtschuldnern Baurechtszirkel 24.10.2013 Dr. Iris Oberhauser Horsch Oberhauser Bayerstraße 3 80335 München 1
1. Überblick Grundlagen: klassische Gesamtschuldverhältnisse Voraussetzungen der Gesamtschuld Ausgleichsanspruch nach 426 Abs. 1 BGB Ausgleichsanspruch nach 426 Abs. 2 BGB Umfang des Ausgleichsanspruchs Störungen des Haftungsausgleichs 2
1. Klassische Gesamtschuldverhältnisse Bauplanender Architekt und AN Haftung beider wegen desselben Mangels Architekt ist Erfüllungsgehilfe des AG Haftungsanteil des AN ist von vornherein im Verhältnis zum AG gekürzt Gesamtschuld besteht nur im Umfang der gemeinsamen Quote Haftungsreduzierung bestimmt auch Innenverhältnis der GS Insolvenzrisiko des Erfüllungsgehilfen bleibt beim Gläubiger 3
1. Klassische Gesamtschuldverhältnisse Bauplanender Architekt und AN Inanspruchnahme des AN auf Nacherfüllung: AN hat Anspruch auf Kostenzuschuss in Höhe des Mitverursachungsanteils des AG bzw. seines Erfüllungsgehilfen (BGH, BauR 1984, 395; 1984, 401) außerprozessual: AN hat Anspruch auf Absicherung des Kostenzuschusses durch Sicherheitsleistung Klage auf Nacherfüllung: Anspruch auf Zuschusszahlung zur Nacherfüllung 4
2. Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs 426 Abs. 1 BGB Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Gesamtschuldverhältnis 426 I BGB: jeder GS kann von dem anderen Ausgleich in Höhe des Anteils seiner Mitverantwortung verlangen 5
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB Ausgleichsanspruch als selbständiger Anspruch entsteht bereits mit der Begründung der Gesamtschuld Anspruch ist auf Freistellung von der Verbindlichkeit ggü. dem Gläubiger in Höhe des Anteils gerichtet, den der Ausgleichsverpflichtete ggü. dem Ausgleichsberechtigten zu tragen hat nach Befriedigung des Gläubigers wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch 6
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB dies unabhängig davon, ob die Erfüllung durch eine Geldzahlung oder eine andere Leistung (z.b. Nacherfüllung) bewirkt wurde einheitlicher Anspruch (Freistellung oder Zahlung): maßgeblich für Verjährungsbeginn Verjährung gem. 195, 199 BGB: 3 Jahre ab Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis 7
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB Beginn der Verjährung (BGH, BauR 2009, 1458): für Beginn der Verjährung des Ausgleichsanspruchs ist dessen Entstehung in Form der Mitwirkung und Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem anderen GS und nicht erst die Zahlung des einen GS an den Gläubiger maßgeblich der Ausgleichsanspruch nach 426 Abs. 1 BGB entsteht bereits in dem Augenblick, in dem die mehreren Ersatzpflichtigen dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, also mit der Begründung der Gesamtschuld 8
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB Beginn der Verjährung (BGH, BauR 2009, 1458): auch soweit der Ausgleichsanspruch auf Zahlung gerichtet ist, ist er mit der Begründung der Gesamtschuld isd 199 BGB entstanden Anspruch ist isd 199 Abs. 1 BGB ist entstanden, wenn er geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann; das ist grundsätzlich der Zeitpunkt seiner Fälligkeit; die Möglichkeit der Bezifferung ist nicht notwendig; ausreichend ist die Möglichkeit einer Feststellungsklage 9
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB Beginn der Verjährung (BGH, BauR 2009, 1458): für eine Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach 426 Abs. 1 BGB begründen, ist es erforderlich, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnisse von den Umständen hat, die einen Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichsverpflichteten begründen, von denjenigen, die einen Anspruch des Gläubigers gegen ihn selbst begründen, sowie von denjenigen, die das Gesamtschuldverhältnis begründen und schließlich von den Umständen, die im Innenverhältnis 10 eine Ausgleichspflicht begründen
3. Ausgleichsanspruch nach 426 I BGB Ausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten GS wird grdsl. nicht von Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den anderen GS berührt (BGH, BauR 2009, 1609) Anspruch ist unabhängig von Einwendungen /Einreden des ausgleichspflichtigen GS gg. den Gläubiger 11
4. Ausgleichsanspruch nach 426 II BGB Selbständigkeit der Ausgleichsansprüche gem. 426 I und II BGB Erfüllung durch einen Gesamtschuldner bewirkt gesetzlichen Forderungsübergang zum Zweck des Rückgriffs (Verjährung nach diesem Recht) Forderungsübergang entsteht erst mit Befriedigung des Gläubigers er ist gem. 412, 404 ff. BGB allen Einwendungen/ Einreden, die der ausgleichspflichtige Gesamtschuldner ggü. dem Gläubiger erheben konnte, ausgesetzt 12
5. Umfang des Ausgleichsanspruchs Umfang des Ausgleichsanspruchs: Anteil, den der andere GS im Innenverhältnis zu tragen hat nach 426 I BGB sind GS im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist Mangelfälle: Quote richtet sich nach dem Maß der Verursachung durch die GS nach 254 BGB ist vorwiegende Verursachung des Mangels und evtl. Schadens durch den einen oder anderen GS zu berücksichtigen 13
5. Umfang des Ausgleichsanspruchs geringere Haftung desjenigen, der wegen Verletzung der Bedenken- und Hinweispflicht in der Mängelhaftung ist ggü. demjenigen, der die Erstursache für den Mangel gesetzt hat? aber Bedenken- und Hinweispflicht ist wesentliches Element, um mangelfreie Herstellung zu gewährleisten, daher setzt auch AN wesentliche Ursache für den Mangel, wenn er mit der gebotenen Prüfung den Mangel hätte verhindern können (BGH, BauR 2009, 515) 14
6. Störungen des Haftungsausgleichs ein GS ist im Verhältnis zum Gläubiger privilegiert, kann also vom Gläubiger nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden Lösungsmöglichkeiten: keine Wirkung der Haftungsfreistellung im Innenverhältnis; Haftungsfreistellung wirkt nur im Außenverhältnis (Lösung zu Lasten des Haftungsbegünstigten ) 15
6. Störungen des Haftungsausgleichs Lösungsmöglichkeiten: Kürzung des Anspruchs des Gläubigers: Ersatzanspruch gg. den nicht privilegierten GS wird um den Haftungsanteil des privilegierten GS gekürzt (Lösung zu Lasten des Gläubigers) Ausschluss des Ausgleichsanspruchs des nicht privilegierten GS; er muss den Gläubiger voll befriedigen, ohne vom privilegierten GS Ausgleich verlangen zu können (Lösung zu Lasten des nicht privilegierten GS) 16
6. Störungen des Haftungsausgleichs Rechtsprechung: Privilegierung beschränkt grdsl. nicht den Ausgleichsanspruch des nicht privilegierten GS (BGH, BauR 2009, 1609) 17
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch kurze Verjährung (BGH, BauR 2009, 1609) kürzere Verjährungsfrist des Gläubigers gg. einen GS geht nicht zu Lasten des ausgleichsberechtigten GS Gläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem GS ganz oder teilweise verlangen; macht er von seinem Recht Gebrauch, nur gegen einen von mehreren GS vorzugehen, und verjährt infolgedessen die Forderung ggü. dem anderen GS, kann ihm dies grdsl. nicht zum Nachteil gereichen 18
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch kurze Verjährung (BGH, BauR 2009, 1609) anderer GS kann Ausgleich nach den für den Ausgleichsanspruch geltenden Verjährungsvorschriften nehmen kurze Verjährung wird durch Innenausgleich überspielt privilegierter GS genießt keinen Schutz Lösung zu Lasten des nicht privilegierten GS 19
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch Einräumung der Nacherfüllungsbefugnis Überspielen der Nacherfüllungsbefugnis Mitverschulden des AG, wenn er den nicht privilegierten Gesamtschuldner in Anspruch nimmt? Mitverschulden des AG spielt aber beim Ausgleichanspruch keine Rolle 20
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch Einräumung der Nacherfüllungsbefugnis Inanspruchnahme eines GS kann sich als rechtsmissbräuchlich darstellen (BGH, BauR 2007, 1875) Gläubiger darf bei seinem Entschluss, gegen welchen GS er vorgeht, nicht jede Rücksichtnahme auf den anderen vermissen lassen; er hat vielmehr seine Rechte nach Treu und Glauben auszuüben 21
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch Einräumung der Nacherfüllungsbefugnis so kann der AG ausnahmsweise gehindert sein, einen Architekten wegen eines Bauaufsichtsfehlers in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit er auf einfachere, insbesondere billigere Weise von dem AN die Beseitigung des Mangels verlangen kann geht es allein um den finanziellen Ausgleich des Schadens, ist einem GS idr jedoch der Einwand versagt, der Gläubiger hätte sich durch rechtzeitigen Zugriff bei dem anderen GS befriedigen können und müssen (ggf. Schädigungsabsicht) 22
6. Störungen des Haftungsausgleichs Privilegierung durch Einräumung der Nacherfüllungsbefugnis Besteller ist es nicht zuzumuten, sich nennenswerten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seiner Ansprüche gg. den AN auszusetzen, um den ebenfalls haftenden Architekten zu schonen 23
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 24