E-Learning die verkannte Chance? Zusammenfassung einer Online-Untersuchung der Pixelpark AG und der Deutschen Medienakademie Köln
E-Learning die verkannte Chance? Zusammenfassung einer Online-Untersuchung der Pixelpark AG und der Deutschen Medienakademie Köln Ausgangslage In vielen Bereichen des Internets waren in der Zeit des Hypes Nutzen oder Mehrwert von Produkten und Diensten nicht klar. Simple Regeln einer nachhaltigen Wirtschaftlichkeit schienen außer Kraft gesetzt. Dieser Sachverhalt galt und gilt in besonderer Weise auch für E-Learning; die Diskrepanzen zwischen Euphorie der einen Experten-Fraktion und Skepsis der anderen Fraktion sind groß. Eine ganze Reihe von Jahren wurde der E-Learning-Markt überwiegend als ein Wachstumsträger der E-Wirtschaft bezeichnet. Statt boomender Märkte haben E-Learning-Prognostiker wie IDC, Berlecon oder Cap Gemini ihre Schätzungen allerdings immer wieder reduzieren müssen. Die tatsächliche Entwicklung ist verhalten die Rede ist u.a. von (zu) hohen Kosten für E-Learning, unzureichender Standardisierung, von technokratischen Ansätzen, Plattform-Hörigkeit, der unzureichenden Vermittlung sozialer Kompetenz, von schlechtem Marketing und wenig Kompetenz der E-Learning-Entscheider. Vor diesem Hintergrund lag es nahe, mit einer über pauschale Vermutungen hinausgehenden Studie zu versuchen, etwas tiefergehende Informationen über Beweggründe und Triebkräfte der E-Learning-Entwicklung zu erhalten. Ziel der Studie war es dementsprechend nicht, mit den zahlreichen anderen Untersuchungen über E-Learning zu konkurrieren, sondern sich auf einige wesentliche Erfolgsfaktoren für elektronisches und hier besonders Online-Lernen zu konzentrieren. Pixelpark und die Deutsche Medienakademie haben daher über eine Reihe von Monaten hinweg eine auf derartige Fragestellungen fokussierte Online-Untersuchung durchgeführt. Insgesamt haben 824 Internet-Nutzer den Fragebogen aufgerufen, 457 haben tatsächlich an der Umfrage teilgenommen und 65 den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Im Verhältnis zu anderen Angaben über die E-Learning-Penetration in Deutschland erscheint der Prozentsatz von einem Drittel der Befragten, die bereits E-Learning einsetzen (ein weiteres Viertel plant den Einsatz) als recht hoch. Hierzu trägt aber auch die Methodik der Befragung als Online-Untersuchung bei, die schiefe Bilder in Richtung höherer Online-Affinität erzeugt. Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 2/14
Ein Fazit: Der Nutzen des elektronisch unterstützten Lernens muss noch deutlicher werden Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich anhand folgender Beobachtungen darstellen. Zunächst erscheint besonders bemerkenswert, dass die z.t. intensive Diskussion zu Beginn des E-Learning-Zeitalters, ob traditionelle Formate der Kompetenzvermittlung durch E-Learning ersetzt würden oder nicht offenbar an den Einschätzungen der Nutzer vorbeigeht: Komplementäre Substitution : Für die überwiegende Mehrheit der Befragten ist trotz ihrer hohen Affinität zu Online- Medien selbstverständlich, dass neben sämtlichen elektronischen Überlegungen in Sachen Aus- und Weiterbildung auch unternehmensinterne Kurse und Seminare oder der Besuch von externen Seminaren hohe Bedeutung behalten werden. Dies gilt trotz des Vordringens des elektronischen Lernens in Gebiete, in denen der Einsatz offenkundig sinnvoll ist, so dass man getrost vom Paradigma der komplementären Substitution sprechen kann. Mehrwerte : Darüber hinaus herrscht vielfach noch Unsicherheit über den tatsächlichen Mehrwert oder Zusatznutzen, der aus dem Einsatz von E-Learning resultiert. Hier ist es sicherlich Aufgabe der Anbieter, welcher Schattierung auch immer, neben eventuellen qualitativen auch die quantitativen Nettoeffekte eines solchen Einsatzes deutlicher zu machen. Einfach: Schließlich wünschen sich selbst die online-affinen Befragten, dass die Einführung von E-Learning besser und leichter ginge, die Nutzer-Schnittstellen einfacher wären, insgesamt einfach weniger Fehler bei der Einführung zu machen sind... Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 3/14
Die Ergebnisse im Einzelnen: These 1: Komplementäre Substitution bei Lernen schreitet voran Lange Zeit war die Diskussion um E-Learning geprägt von Überlegungen zur Substitution traditioneller Wissensvermittlungs-methoden, was neuerdings begrifflich durch blended learning relativiert wurde. Klar ist jedoch, dass das Interesse am Thema E-Learning, abseits jeden Hypes, stärker wird dort, wo die Erfolgsfaktoren es erlauben, wird es eingesetzt werden und Präsenzlernen ersetzen, in anderen, auch benachbarten Gebieten wird das nicht zwangsläufig der Fall sein. Hier wird sich eher Komplementarität ergeben. Dementsprechend ist es kein Widerspruch, wenn im Urteil der Befragten die Anteile sowohl interner Schulungen als auch externer Dienstleistungen immer noch hoch sind (74% bzw. 72% der Befragten). Daneben sind es aber auch andere elektronische Dienste, die dem E-Learning eine gewisse Konkurrenz machen wie z.b. die Informations-, Wissens- und Kompetenzvermittlung über das eigene Intranet, Business TV oder Videoschulungen (Abb. 1). Klassische Weiterbildung im Einsatz Interne Schulungen Präsenzseminare extern 74% 72% Intranet Eigene Publikationen 54% 59% Business TV Videoschulungen 13% 10% N=39 Abb. 1 - Klassische Weiterbildung im Einsatz Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 4/14
These 2: Mehrwertige Themen scheinen unter tatsächlichen und potenziellen E-Learning-Nutzern in vielen Fällen noch nicht eindeutig genug identifiziert zu sein Ein Schwerpunkt der bereits in Betrieb befindlichen Anwendungen liegt, wie immer wieder durch Untersuchungen bestätigt, im IT-Bereich, gefolgt von Themen bei Kaufmännischem Wissen, im gewerblich-technischen Bereich, aber auch im Bereich Soft Skills. Genauso erstaunlich wie letzterer Befund ist auch, dass Produktschulungen eher weniger als E-Learning-Objekt herangezogen werden (Abb. 2). Dies dürfte sich bei zukünftigen Projekten so zumindest die Befragten aber deutlich ändern: Produktschulungen stehen bei den Planungen ganz vorne auf der Liste (Abb. 3) E-Learning im Einsatz IT- Standardanwendungen Kaufmännisches Wissen Soft Skills Gewerblichtechnisches Wissen Fremdsprachen 21% 21% 21% 24% 26% Recht Produktschulungen 11% 11% Sales-Training 8% N=38 Abb. 2 - E-Learning im Einsatz Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 5/14
Einsatz von E-Earning geplant Produktschulungen IT- Standardanwendungen Soft Skills Sales-Training Fremdsprachen 24% 24% 24% 37% 42% Recht Gewerblich-technisches Wissen Kaufmännisches Wissen 11% 16% 16% N=38 Abb. 3 - Einsatz von E-Learning geplant Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 6/14
These 3: E-Learning wird nach wie vor von klassischen Nutzen-, Erfolgs- und Entscheidungsfaktoren geprägt Ein wichtiger Aspekt der Befragung war, welchen Nutzen die Befragten mit E-Learning verbinden (Abb. 4). Bemerkenswert war, dass u.a. Argumente zur Wirtschaftlichkeit (größere Lernerfolge, schnellere Wissensvermittlung, bessere Steuerung der Personalentwicklung) am schlechtesten abschnitten. Eher verständlich ist schon, dass Fähigkeiten aus dem emotionalen Bereich (Argumente wie eine höhere Motivation) nur mit Durchschnittsnoten um 2,3 bis 2,7 abschneiden (beste mögliche Note: 4). Demgegenüber wurden klassische Argumente wie Zeit, räumliche Flexibilität, schnelle Aktualisierung und individualisiertes Lernen (3,4 bis 3,8), wie es sicher auch traditionell erwartet würde, hoch bewertet. Nutzen von E-Learning Zeitliche Flexibilität des Lernens 3,8 Individualisiertes Lernen 3,4 Räumliche Flexibilität des Lernens Schnelle Aktualisierbarkeit 3,4 3,4 Rund-um-die-Uhr-Betreuung Kontinuierliches Feedback an die Lerner Hohe Qualität der Inhalte (multimediale Darstellung) 3,0 3,1 3,1 Schnellere Wissensvermittlung Bessere Steuerung der Personalentwicklung Größere Lernerfolge 2,7 2,7 2,7 Höhere Motivation 2,3 1=trifft nicht zu, 4=trifft zu; N=54 Abb. 4 - Nutzen von E-Learning Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 7/14
Bei der Nachfrage, welche konkreten Effekte sich die Befragten eigentlich durch die E-Learning-Maßnahme erhoffen, schnitten die Hoffnung auf Akzeptanz bei den Mitarbeitern und Hoffnung auf Mitarbeiter-Zufriedenheit am besten ab, was schon fast wie ein verzweifelter Hilferuf angesichts scheinbar ansonsten fehlender Benefits klingt (68% der Befragten). Aspekte wie Einsparungen, insbesondere im Personalbereich (38%) oder Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Seminaren (28%) wurden demgegenüber kaum als zutreffend gesehen (Abb. 5). Ziele von E-Learning Erhöhung der Akzeptanz von Weiterbildung 68% Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit Kosteneinsparung auf Sachmittelseite Schnellere Wissensvermittlung 58% 57% 57% Erhöhung der Kundenzufriedenheit 48% Kosteneinsparung auf Personalseite 38% Geringere Kosten als Seminare 28% Sonstiges 5% N=65 Abb. 5 - Ziele von E-Learning Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 8/14
Da E-Learning von den Experten meist (zu) hohe Kosten vorgeworfen werden, wurde hierzu nachgefragt: Gerade zu letzterer Frage betonten erstaunlicherweise immerhin 47% der Befragten, dass dieser Punkt nicht entscheidend sei. Auf der anderen Seite antworteten 39% der Befragten, dass sie Einsparungen von mindestens 20% durch den Einsatz von E-Learning erwarteten (Abb. 6). Höhe des Einsparungspotenzials durch E-Learning (N=57) >10 Prozent 14% >20 Prozent 21% nicht erheblich 47% >30 Prozent 18% Abb. 6 - Höhe des Einsparpotentials durch E-Learning Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 9/14
Unter Kostengesichtspunkten erscheint der Mehrheit der Befragten als wichtigster Faktor, dass das Ziel eines E-Learning-Projekts von Anfang an klar ist (80%). 70% sehen es unter Kostengesichtspunkten als wichtig an, dass das Projekt gut aktualisierbar ist (Abb. 7). Erfolgsfaktoren für E-Learning-Projekte Klares Projektziel 80% Aktualisierbarkeit 70% Koordinationsstelle Beratung durch Experten Offline-Beratung Interner Workflow 61% 59% 59% 54% Hohe Nutzer Zahlen Standardisierter Content ASP-Lösung 41% 41% 39% N=46 Abb. 7 - Erfolgsfaktoren für E-Learning Projekte Hervorzuheben ist auch, dass Antworten wie hohe Nutzerzahlen, die gemeinhin als wesentlich kostenbestimmender Faktor angesehen werden, den Befragten eher als zweitrangig erscheinen (41%), ähnlich wie die Möglichkeit ein hohes Frontend-Invest durch eine ASP-Lösung (39%) zu vermeiden oder durch E-Learning den internen Workflow zu optimieren (54%, Abb. 7). Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 10/14
Angesichts dieser Einschätzung verwundert es wenig, dass nur 15% der Befragten vorab eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt haben (Abb. 8). Kosten-/Nutzenanalyse für E-Learning- Projekte durchgeführt (N=55) In Planung 27% Ja 15% Nein 58% Abb. 8 - Kosten-/Nutzenanalyse für E-Learnig-Projekte durchgeführt Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 11/14
These 4: Es sind noch zu viele Fehler möglich bei der Einführung von E-Learning Mit den genannten Einflussfaktoren ist nur die eine Seite der Herausforderungen bei der Einführung von E-Learning beschrieben. Bei Nachfrage nach den potenziellen Hauptfehlern ergab sich ein breites Spektrum möglicher weiterer Einflussfaktoren wie z.b. Fehler bei der Content-Strategie, eine zu geringe Beteiligung der potenziellen Nutzer am Einführungsprozess, unzureichende interne Support-Strukturen oder die zu komplizierte Nutzung (jeweils 45 bis 47% der Befragten, Abb. 9). Fehler bei der Einführung von E-Leaning-Systemen Zu geringe Beteiligung der Nutzer am Einführungsprozess 46% Fehler bei Content-Strategie, falsche Inhalte 46% Zu komplizierte Nutzung 45% Unzureichende interne Support-Strukturen (Tutoren) Unzureichende interne Attraktivität der Nutzung 43% 45% Unzureichende Unterstützung durch Unternehmensleitung Unzureichende interne technische Voraussetzungen 38% 38% Anschaffung eines nicht ausreichend passgenauen Systems 32% Unzureichendes Kostenmanagement 20% Sonstiges 2% N=65 Abb. 9 - Fehler bei der Einführung von E-Learning Systemen Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 12/14
These 5: Nutzenpotenziale von E-Learning müssen dem Markt klarer und kompetenter zugänglich gemacht werden Aufgrund der sehr heterogenen Einschätzungen von Kosten- und Nutzenüberlegungen kann schließlich vermutet werden, dass die diesbezügliche Kommunikation und der Kompetenzerwerb zentrale Aktivitäten bei der Einführung von E-Learning sein müssten. Allerdings: Vorwiegend werden hierzu allgemeine Print-Publikationen und Fachartikel genutzt (57%). Immerhin die Hälfte der Befragten führt eine eigene Kalkulation durch, was aber gemessen an der Notwendigkeit, E-Learning als Produktivitätstool zu sehen, eher wenig ist. Die Gewinnung von Know-How durch dritte Experten, sei es von der Anbieterseite oder von Beratern, ist sogar noch schwächer verbreitet (Abb. 10). Mittel zur ROI-Berechnung von E-Learning Projekten Publikationen und Fachartikel zum Thema 57% Eigene interne Kalkulation 52% Besuch von Messen und Kongressen Aussagen von E-Learning-Anbietern Aussagen von E-Learning-Beratern 28% 34% 43% Sonstiges 5% N=65 Abb. 10 - Mittel zur ROI Berechnung von E-Learning Projekten Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 13/14
Ansprechpartner Deutsche Medienakademie Köln - Eine Unternehmung der Bertelsmann Stiftung Ekkehart Gerlach Geschäftsführer Im Media Park 6 50670 Köln Telefon +49 (0) 221 5743-7210, Fax +49 (0) 221 5743-7201 Email: egerlach@medienakademie-koeln.de Pixelpark AG Roland Westermaier Projektmanagement Friesenplatz 25 50672 Köln Telefon +49 (0) 221 951515-33, Fax +49 (0) 951515-66 Email: roland.westermaier@pixelpark.com Pixelpark AG, Deutsche Medienakademie Köln, 2004 Seite 14/14