Konjunktur Quadratur des Kreises. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang Juni ein weiteres umfangreiches geldpolitisches Massnahmenpaket zur Stimulierung der Wirtschaft verabschiedet. Im Kern geht es dabei um Zinssenkungen und Massnahmen zur Ankurbelung der nach wie vor schwachen Kreditvergabe seitens der Banken an die Realwirtschaft. Besonders erwähnenswert ist die Einführung von Negativzinsen. Geschäftsbanken müssen inskünftig einen Strafzins von 0.1% für Einlagen bei der EZB zahlen. Zudem behält sich die EZB weiterreichende Schritte vor. Sollte es die wirtschaftliche Lage erfordern, scheinen mittlerweile auch quantitative Lockerungsprogramme nach dem Vorbild der US-Notenbank kein Tabuthema mehr zu sein. Der energische Kurs der EZB hat schon seit geraumer Zeit zu einer Entspannung der Lage in der Eurozone geführt. Die nachstehende Grafik veranschaulicht den Renditerückgang 10-jähriger spanischer Staatsanleihen in den letzten zwei Jahren stellvertretend für die Entwicklung in den Peripherieländern. Die vom Markt eingepreisten Kreditrisiken sind damit wieder auf Vorkrisenniveau gesunken. Oder mit anderen Worten: Für die Finanzmärkte ist die Eurokrise passé. Ein Blick auf die Entwicklung der Schuldenquote d.h. der Staatsschulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung in der obigen Grafik signalisiert allerdings, dass nachhaltige Struktur- und Wirtschaftsreformen in der Eurozone weiter auf sich warten lassen. In diversen Ländern ist die Staatsschuldenquote sogar weiter gestiegen. Dies ist nicht verwunderlich, weil die ultratiefen Zinsen falsche Anreize setzen. Wenn man in den Genuss von absoluten Vorzugskonditionen kommt, liegt die Versuchung nahe, durch weitere Verschuldung das Wirtschaftswachstum ankurbeln zu wollen oder zumindest den dringend nötigen Schuldenabbau nicht konsequent voranzutreiben. Genau in der Verschiebung der wirtschaftlichen Anreize durch die Geldpolitik der Notenbanken liegt wohl generell eines der grössten strukturellen Probleme unserer Zeit. Nicht nur war die Geldschwemme der Notenbanken ein massgeblicher Faktor, der überhaupt zur Finanzund Schuldenkrise geführt hat. Wenn man nun geldpolitisch bedingt Verschuldung mit Verschuldung und wirtschaftliche Verzerrungen mit neuen Verzerrungen zu bekämpfen versucht, erstellt am 7. Juli 2014 Seite 1 von 8
beschreitet man einen gefährlichen Pfad. Bekanntlich hat nämlich jede wirtschaftspolitische Massnahme kurz- und langfristige bzw. direkte und indirekte Effekte. Oft wirken diese zudem genau diametral. Was kurzfristig hilft, schadet langfristig und umgekehrt. Leider sind die politisch motivierten Interessen meist nur von kurzfristiger Natur. Man setzt lieber auf sofort wirksame Massnahmen, verschiebt die Probleme in die Zukunft und verlässt sich auf das Prinzip Hoffnung. Ökonomisch korrekt müsste man sich aber viel stärker auf die langfristigen und indirekten Konsequenzen wirtschaftspolitischer Entscheide fokussieren. Damit stellt sich im aktuellen Umfeld unweigerlich die Frage nach den volkswirtschaftlichen Kosten künstlich zu tiefer, ja zwischenzeitlich schon negativer Zinsen. Diese sollten längerfristig auf keinen Fall unterschätzt werden. Der Zins als wichtigste ökonomische Variable in einem marktwirtschaftlichen System hat eine zentrale Steuerungs- und Lenkungsfunktion. Heutiger Verzicht, um morgen mehr zu erhalten, ist eine entscheidende Bedingung für Innovation und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und muss über den fairen Preis für die Zeit abgegolten werden. Ansonsten kann es leicht zu Kapitalverschwendung und sich verstärkenden Fehlentwicklungen kommen. Im intertemporalen Sinne gleicht deshalb die Krisenbewältigung durch Notenbanken und Politik bis dato der Quadratur des Kreises. Während uns die strukturelle Wirtschaftsproblematik also weiterbeschäftigen wird, schreitet die konjunkturelle Erholung auf globaler Ebene voran. Die nachstehende Grafik zeigt, dass der globale Frühindikator für das verarbeitende Gewerbe in der wirtschaftlichen Expansionszone (>50) an Schwung gewinnt. Angeführt wird die Konjunkturerholung von der expandierenden US-Wirtschaft. Auch für die Schweiz und Grossbritannien signalisieren die Vorlaufindikatoren eine überdurchschnittliche Wirtschaftsdynamik. In der Eurozone hat der wirtschaftliche Aufschwung dagegen kürzlich wieder an Kraft verloren. Die Entwicklung bleibt jedoch heterogen. Während Frankreich tiefer in die konjunkturelle Kontraktionszone abrutschte, kletterte der spanische Einkaufsmanagerindex jüngst auf ein 7-Jahreshoch. Die Schwellenländer scheinen das Konjunkturtief durchschritten zu haben. Insbesondere die chinesischen Frühinkatoren für den Industriesektor zeigen wieder nach oben und dämpfen damit die Ängste vor einer harten Landung im Reich der Mitte. erstellt am 7. Juli 2014 Seite 2 von 8
Aus der makroökonomischen Perspektive besteht damit im aktuellen Wirtschaftsumfeld die grosse Herausforderung darin, die strukturellen Risiken und die konjunkturellen Chancen im Rahmen der Vermögenanlage unter einen Hut zu bringen. Obligationen Zu tiefe Risikoprämie. Im zweiten Quartal setzten sich der Abwärtstrend der Kapitalmarktrenditen und damit die Hausse an den Anleihenmärkten fort. In den europäischen Peripherieländern haben die geldpolitischen Massnahmen der EZB zu einer Neubewertung der Bonitätsrisiken geführt. Aber auch die langfristigen Renditen von Staatsanleihen etablierter Industrienationen haben sich nochmals deutlich zurückgebildet. Mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung überrascht im bisherigen Jahresverlauf vor allem der Renditerückgang in den USA. Die Frühindikatoren signalisieren nämlich schon seit Monaten eine deutliche Konjunkturerholung. Und auch der Arbeitsmarkt verbessert sich stetig. Die Arbeitslosenrate ist in den letzten gut 5 Jahren von 10% auf 6.1% gesunken. Wenn sich dieser Prozess im gleichen Tempo fortsetzt, könnte es in absehbarer Zeit durchaus zu mehr Lohndruck und anziehenden Inflationserwartungen kommen. Die nachstehende Grafik zeigt auf jeden Fall, dass die US-Teuerung die Talsohle erreicht hat und langsam an Fahrt aufnimmt. Ein mittelfristiger Zinsanstieg in den USA würde also nicht überraschen. Einer solchen Entwicklung am US-Anleihenmarkt könnten sich in einer global vernetzten Welt wohl auch die anderen Industrieländer inklusive der Schweiz nicht entziehen. Nach den Ankündigungen der wichtigsten Notenbanken, die Leitzinsen noch für geraume Zeit tief zu halten und dem Renditerückgang am Kapitalmarkt in diesem Jahr, bewegt sich das per se schon asymmetrische Chancen-/Risikoverhältnis im festverzinslichen Bereich mittlerweile wieder auf einem äusserst unvorteilhaften Niveau. Mini-Erträgen im Status quo stehen dabei hohe potentielle Verluste gegenüber, wenn die Zinsen zu steigen beginnen. Die Wirtschafsgeschichte zeigt leider immer wieder, dass Anleger aus einem emotionalen Kalkül heraus für kleine unmittelbare Zusatzerträge zu hohe künftige Risiken eingehen. Opportunistisch betrachtet wird man jedoch auf dem erstellt am 7. Juli 2014 Seite 3 von 8
derzeitigen Zinsniveau mit keiner adäquaten Prämie für die eingegangenen Zinsänderungsrisiken entschädigt. Im Obligationenbereich sind wir deshalb weiterhin vorsichtig positioniert und bleiben in soliden Unternehmensanleihen mit durchschnittlich kurzen Restlaufzeiten investiert. Aktien Sorglosigkeit. Die Aktienmärkte bewegten sich im zweiten Quartal bei tiefer Volatilität und gestützt auf die nach wie vor grosszügige Liquiditätszufuhr der Notenbanken auf neue Höchststände. Im Zuge dieser Entwicklung sind Anlegeroptimismus und Bewertung weiter angestiegen. Die aktuelle Sorglosigkeit unter Investoren zeigt sich besonders augenscheinlich im Verlauf der Volatilitätsindizes in der nachstehenden Grafik. Die abgebildeten Schwankungserwartungen der Markteilnehmer an verschiedenen Börsenplätzen notieren auf mehrjährigen Tiefstständen. Aus Anlegersicht bietet eine solche Marktkonstellation den Vorteil, dass Absicherungen mit Put- Optionen historisch betrachtet sehr günstig sind. Wir haben die aktuellen Marktbedingungen an den Optionsmärkten deshalb genutzt, um die Absicherung der Aktienquote bis Dezember zu verlängern. Gründe für eine vorsichtige Haltung gegenüber der weiteren Aktenmarktentwicklung gibt es nach wie vor genügend. Neben der gestiegenen fundamentalen Bewertung nehmen insbesondere die geldpolitischen Risiken je länger desto mehr zu. Das voraussichtliche Ende der Liquiditätsspritzen der US-Notenbank im Verlauf der zweiten Jahreshälfte könnte die stark liquiditätsgetriebenen Aktienmärkte zusehends belasten. Des Weiteren deuten die im bisherigen Jahresverlauf gesunkenen Kapitalmarkzinsen darauf hin, dass der Anleihenmarkt von einer eher schwachen Konjunkturerholung mit potentiell negativen Auswirkungen auf Gewinnerwartungen und Aktien-kurse ausgeht. erstellt am 7. Juli 2014 Seite 4 von 8
Andererseits bleibt markttechnisch der globale Aufwärtstrend im Gang. Trend und Momentum an den Aktienmärkten zeigen weiterhin nach oben. Für Trendfolgeinvestoren liegen derzeit also ideale Marktbedingungen vor. Zudem können Märkte, wie einst der berühmte Ökonom John Maynard Keynes sagte, länger irrational bleiben als Anleger solvent und neigen damit immer wieder zu Übertreibungen. In diesem Sinne haben wir keine Reduktion der Aktienquote vorgenommen, sondern erachten mit Blick nach vorne die Kombination von Aktienanlagen und Absicherung als optimale Möglichkeit, um den Chancen und Risiken im aktuellen Anlageumfeld am besten gerecht zu werden. Immobilien Verschärfte Vorgaben. Die Schweizerische Bankiervereinigung hat kürzlich mit neuen Richtlinien auf sich aufmerksam gemacht. Wer künftig ein Immobilien-Investment plant, muss verschärfte Finanzierungsbedingungen erfüllen. So wird die Amortisationsfrist der Hypothekarschuld auf zwei Drittel des Belehnungswerts von 20 auf 15 Jahre verkürzt. Die Amortisation muss zudem in regelmässigen Tranchen (linear) erfolgen, damit die Rückzahlung nicht mehr bis zum Ablauf der Hypothek hinausgezögert werden kann. Bestehende Hypotheken und Verlängerungen sind von den Änderungen nicht betroffen. Eine Änderung der Eigenmittelerfordernisse ist vorerst nicht geplant. Weiterhin muss mindestens 20 Prozent des Kaufpreises selber aufgebracht werden. Mindestens 10 Prozent müssen echte Eigenmittel sein, dürfen also nicht aus Vorbezug von Pensionskassenguthaben stammen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) gibt keine Entwarnung und beobachtet die Entwicklung am Hypothekar- und Immobilienmarkt weiterhin aufmerksam. Um einer Überhitzung vorzubeugen hat der Bundesrat, auf Antrag der SNB, den antizyklische Kapitalpuffer von 1% auf 2% erhöht. Banken sind dadurch ab dem 30. Juni 2014 verpflichtet höhere Eigenmittel für Wohnbauhypotheken zu halten. erstellt am 7. Juli 2014 Seite 5 von 8
Der von der UBS entwickelte Wohnimmobilienblasenindex ist im ersten Quartal 2014 erstmals seit dem zweiten Quartal 2012 leicht gefallen. Von einer Trendwende kann allerdings noch nicht gesprochen werden, die Grafik deutet jedoch eine Konsolidierung an. Die Schweizer Immobilienfonds (SWIIT) und die Schweizer Immobilen Anlagestiftungen (KGAST) konnten per 30. Mai 2014 mit +4.3% resp. +1.9% abermals zulegen. Die Agios von Immobilienfonds (Aufpreis gegenüber dem Nettovermögenswert) belaufen sich aktuell auf rund 17%, womit indirekte Immobilienanlagen im Verhältnis zu den tiefen langfristigen Zinsen attraktiv bewertet bleiben. Aufsehen erregte kürzlich das Hotel InterContinental in Davos (das Goldene Ei ). Die Betreibergesellschaft musste nur sechs Monaten nach der Eröffnung Konkurs anmelden. Der Credit Suisse Real Estate Fund Hospitality (Hotelbesitzer) konnte nahtlos einen neuen Pächter finden, der den Hotelbetrieb weiterführt. Sobald eine vertiefte Standortbestimmung betreffend Betrieb des Hotels vorliegt, wird der Wert des Hotels durch einen externen Schätzer aktualisiert. Immobilien als klassische Realwerte bieten weiterhin zumindest einen partiellen Inflationsschutz und bleiben für uns im aktuellen Tiefzinsumfeld auch aus Renditeüberlegungen ein wichtiger strategischer Bestandteil in der Vermögensallokation von gemischten Portfolios. erstellt am 7. Juli 2014 Seite 6 von 8
Die Märkte im Überblick (Performanceentwicklung 2014 in %) Aktien Schweiz (CHF) Aktien Europa (EUR) Aktien USA / Welt (USD) Aktien Japan / Emerging Markets Festverzinsliche Schweiz 10 Jahre (CHF) Festverzinsliche Europa 10 Jahre (EUR) Festverzinsliche USA 10 Jahre (USD) erstellt am 7. Juli 2014 Seite 7 von 8
Immobilien Schweiz (CHF) Rohstoffe (USD) Private Equity (EUR) Hedge Fonds (USD) Währungsentwicklung 2014 Währungen (CHF) Währungen (EUR) erstellt am 7. Juli 2014 Seite 8 von 8