Die fetale Hirnentwicklung zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche- Eine postmortale Untersuchnug von 117 Feten am 3Tesla- MRT



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Transkript:

Die fetale Hirnentwicklung zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche- Eine postmortale Untersuchnug von 117 Feten am 3Tesla- MRT Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. med. An der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig eingereicht von: Jörg Ermisch geb. 07.05.1981 in Nordhausen angefertigt an: Universität Leipzig Dep. für Bildgebung und Strahlenmedizin Selbstst. Abteilung für Kinderradiologie Liebigstraße 20a, D- 04103 Leipzig Betreuer: Prof. Dr. med. W. Hirsch Beschluss über die Verleihung des Doktorgrades vom: 28.05.2013

Bibliographische Beschreibung Jörg Ermisch Die fetale Hirnentwicklung zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche- Eine postmortale Untersuchung von 117 Feten am 3Tesla-MRT Universität Leipzig Juni 2012 106 S., Lit. 31, Abb. 81, Tab. 36 Referat: Ziel dieser Arbeit ist es, den zeitlichen Ablauf der normalen Reifung des Großhirns zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche mittels der Magnetresonanztomographie zu untersuchen. Für die Beurteilung der Hirnentwicklung erfolgte eine postmortale MRT- Untersuchung von totgeborenen Kindern im Rahmen einer virtuellen Autopsie. Besondere Berücksichtigung innerhalb dieses Datenmaterials fand die Oberflächenveränderung im Sinne der Entstehung von Gyri und Sulci. Weiterhin wurde geprüft, wie sich die morphologische Entwicklung und damit die Germination und Migration der Nervenzellen in diesem Schwangerschaftszeitraum in der MRT darstellen und beurteilen lässt. Im Ergebnis der Untersuchung zur Germination und Migration war vor allem zwischen der 18. und 25. SSW die zonale Gliederung des Hirnmantels mit ventricular zone, intermediate zone, subplate zone und cortical plate durch wechselnde Hypo bzw. Hyperintensitäten in der MRT gut zu beurteilen. Der zeitlich geordnete Ablauf in der Entstehung einzelner Sulci konnte in dieser Arbeit unter anderem auch mittels eines atlasartigen Teils abgebildet werden. Dabei zeigte sich eine häufig etwas frühere Darstellbarkeit einzelner Sulci im postmortalen MRT im Vergleich zu den Studien an pränatalen MRT s bei Schwangeren. Eine Streubreite des Auftretens der einzelnen Sulci von 2-3 Wochen bei gesunden Feten ist dabei zu berücksichtigen. II

Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung CP cortical plate g Gramm HASTE Half- Fourier aquisition single- shot turbo spin echo HH Hinterhorn IZ intermediate zone Kb Kortexbreite mm Millimeter MRT Magnetresonanztomographie MW Mittelwert n Anzahl untersuchter Feten p Statistische Signifikanz r p r s Korrelationskoeffizient nach Pearson Korrelationskoeffizient nach Spearman S. Sulcus SE spin echo S.F. Sylvi sche Furche SPSS Statistical Package for the Social Sciences SSW Schwangerschaftswoche SVZ subventricular zone SZ subplate zone T1 T1 gewichtete MRT- Sequenz T2 T2 gewichtete MRT- Sequenz Tab. Tabelle TE time echo TR time of repititation TrueFisp True fast imaging with steady state precession TSE turbo spin echo VH Vorderhorn VZ ventricular zone ZNS Zentralnervensystem III

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 1 2. Zielstellung der Arbeit... 2 3. Material und Methode... 3 3.1. Patientengut... 3 3.1.1. Einschlusskriterien... 3 3.1.2 Ausschlusskriterien... 4 3.2. Methodisches Vorgehen... 5 3.2.1. MRT- Technik... 5 3.2.2. Auswertung... 5 3.2.3. Statistische Methoden... 6 4. Ergebnisse... 8 4.1. Beschreibung der periventrikulären Germination und Migration zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche... 8 4.1.1 Grundlagen... 8 4.1.2 Germination und Migration in der 16. SSW... 10 4.1.3 Germination und Migration in der 17. bis 20. SSW... 12 4.1.4 Germination und Migration in der 21. bis 23. SSW... 14 4.1.5 Germination und Migration in der 24. bis 26. SSW... 16 4.1.6 Germination und Migration in der 27. bis 30. SSW... 18 4.2 Statistische Kennwerte der Germination und Migration... 20 4.3 Auswertung der Cortexbreite... 22 4.3.1 Breitenentwicklung des Kortex im Frontallappen... 22 4.3.2 Korrelation der frontalen Kortexbreite mit klinischen Daten... 23 4.3.2.1 Frontale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche... 24 4.3.2.2 Frontale Kortexbreite und Geburtsgewicht... 24 4.3.3 Breitenentwicklung des Kortex im Parietallappen... 25 4.3.3 Korrelation der parietalen Kortexbreite mit klinischen Daten... 27 IV

4.3.4.1 Parietale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche... 27 4.3.4.2 Parietale Kortexbreite und Geburtsgewicht.. 27 4.3.5 Breitenentwicklung des Kortex im Temporallappen... 28 4.3.6 Korrelation der temporalen Kortexbreite mit klinischen Daten... 29 4.3.6.1 Temporale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche... 29 4.3.6.2 Temporale Kortexbreite und Geburtsgewicht... 30 4.3.7 Breitenentwicklung des Kortex im Occipitallappen... 30 4.3.8 Korrelation der occipitalen Kortexbreite mit klinischen Daten... 32 4.3.8.1 Occipitale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche... 32 4.3.8.2 Occipitale Kortexbreite und Geburtsgewicht... 32 4.3.9 Unterschiede der Breitenentwicklung in den einzelnen Hirnlappen... 33 4.4 Auftreten der Hirnsulci im Schwangerschaftsverlauf... 35 4.4.1 Mediale Hirnoberfläche... 35 4.4.2 Ventrale Hirnoberfläche... 37 4.4.3 Laterale Hirnoberfläche... 38 4.4.4 Sulci des Vertex... 42 4.5 Übersicht zur Entwicklung der Sulci... 44 4.6 Corpus callosum... 46 4.7 Varianz einzelner Parameter der Hirnentwicklung zwischen der 21. und 24. Schwangerschaftswoche... 47 4.7.1 Frontale Kortexbreite... 47 4.7.2 Parietale Kortexbreite... 48 4.7.3 Temporale Kortexbreite... 48 4.7.4 Occipitale Kortexbreite... 49 4.7.5 Länge des Corpus callosum zwischen 21. und 24.SSW... 49 4.7.6 Entwicklungsvariabilität ausgewählter Sulci... 50 4.7.6.1 Sylvi sche Furche.. 50 V

4.7.6.2 Sulcus parietooccipitalis 51 4.7.6.3 Sulcus calcarinus... 52 4.7.6.4 Sulcus centralis... 53 4.7.6.5 Sulcus lateralis.. 54 4.7.6.6 Sulcus frontalis superior. 55 4.7.6.7 Sulcus praecentralis 56 5. Diskussion... 57 6. Zusammenfassung... 73 7. Limitationen... 75 8. Bildatlas als Zusammenfassung einer normalen zeitlichen Hirnentwicklung zwischen der 16. und 30. SSW... 76 Quellenverzeichnis... 98 Abbildungsverzeichnis... 101 Tabellenverzeichnis... 105 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit Lebenslauf Danksagung VI

1. Einleitung "Solange das Gehirn ein Geheimnis ist, wird auch das Universum - als Widerschein der Struktur des Gehirns - ein Geheimnis bleiben." - Santiago Ramón y Cajal, zitiert von William Feindel im Vorwort zu: "The Mystery of the Mind", 1950 In der bildgebenden Diagnostik von Hirnerkrankungen spielt die Magnetresonanztomographie (MRT) die zentrale Rolle. Aufgrund der Anfälligkeit für Bewegungsartefakte war sie jedoch lange Zeit ungeeignet für die pränatale Diagnostik des ungeborenen Kindes. Das Wissen über die pränatale morphologische Entwicklung des menschlichen zentralen Nervensystems basierte auf neuropathologischen Studien und der Sonographie. Die Sonographie ist seit vielen Jahren die bildgebende Methode der Wahl in der Pränataldiagnostik. In der Hand eines erfahrenen Gynäkologen lassen sich Störungen der normalen fetalen Entwicklung sicher diagnostizieren. Mit der technischen Weiterentwicklung der MRT sind mittlerweile qualitativ hochwertige Bilder im Bruchteil einer Sekunde zu erzeugen.. Bewegungsartefakte des Feten treten somit in den Hintergrund. Dadurch hat sich die MRT bei der Frage nach Fehlbildungen als wichtige Ergänzung zum pränatalen Ultraschall etabliert. Eine besondere Rolle spielt das MRT in der Diagnostik von Entwicklungsstörungen oder Fehlbildungen des Hirns. Die Beurteilung fetaler Hirnstrukturen und das Erkennen von Pathologien setzt eine genaue Kenntnis der Dynamik und des zeitlichen Ablaufs der normalen Hirnentwicklung und dessen Abbildung im MRT voraus. 1

2. Zielstellung Ziel der Arbeit war es, den Ablauf der normalen Reifung des Großhirns zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche im MRT zu untersuchen. Dazu erfolgte eine postmortale MRT-Untersuchung von tot geborenen Kindern zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche im Rahmen einer virtuellen Autopsie. Anhand dieses Datenmaterials sollte insbesondere der zeitliche Ablauf des Entstehens der Sulci und damit der Gyrierung dargestellt werden. Außerdem sollte untersucht werden, inwieweit sich Germination und Migration von Nervenzellen mittels MRT abbilden lassen und wie sich das MRT- Erscheinungsbild von Marklager und Cortex zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche verändert. In einem atlasartigen Teil soll die normale Entwicklung des Telenzephalons bildtechnisch dargestellt werden. Da nahezu die Hälfte der Untersuchungen zwischen 21. und 24. Schwangerschaftswoche erfolgten, ist ein weiteres Ziel der Arbeit die Untersuchung der Variabilität der physiologischen Hirnentwicklung in diesem Zeitraum. 2

3. Material und Methode 3.1. Patientengut Die Grundlage dieser Arbeit zur fetalen Hirnentwicklung bildet die 3Tesla- MRT- Untersuchung von tot geborenen Kindern aus der Selbständigen Abteilung für Geburtsmedizin der Universitätsklinik Leipzig zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche. Im Rahmen einer virtuellen Autopsie wurden diese zwischen September 2008 und März 2011 in der Abteilung Kinderradiologie durchgeführt. Nach Anwendung der Ein- und Ausschlusskriterien konnten von ursprünglich 212 insgesamt 117 Feten in dieser Studie ausgewertet werden. Ursache für die Beendigung der Schwangerschaft war in fast 32% ein Abort. In den übrigen Fällen erfolgte ein Schwangerschaftsabbruch aus psychosozialer Notsituation der Mutter bei nachgewiesener Hirnfehlbildung (25,9%), Chromosomenabberation (16,0%) oder anderer Entwicklungsstörung des Kindes. Die Abbildung 2 gibt eine Übersicht über die Ursachen der Schwangerschaftsbeendigung 5,7% 12,7% 31,6% 8,0% 16,0% 25,9% Abb. 1: Ursachen der Schwangerschaftsabbrüche 3.1.1. Einschlusskriterien Wir untersuchten alle von September 2008 bis März 2011 zwischen der 16. und der 30. SSW tot geborenen Kinder aus der Selbständigen Abteilung für Geburtsmedizin 3

der Universitätsklinik Leipzig im Rahmen einer virtuellen Autopsie, bei denen das Einverständnis der Eltern zur Obduktion und /oder zum MRT gegeben war. In die Studie eingeschlossen wurden alle Kinder, bei denen ein unauffälliger Ultraschallbefund des Hirns vorlag. 3.1.2. Ausschlusskriterien Beim Vorhandensein eines der folgenden Kriterien wurden die Patienten wurden aus der Studie ausgeschlossen: 1. Sonographischer Verdacht auf ZNS-Anomalie 2. Auffälliger MRT- Befund bezüglich jeglicher Malformationen des fetalen Hirns, z.b. Ventrikulomegalie, Balkenagenesie,oder Holoprosenzephalie. 3. Nachgewiesene genetische Erkrankung, die mit ZNS-Fehlbildungen assoziiert ist, z.b. Trisomie 13. 4. Zu starke Deformierung des Kopfes durch die Geburt, welche eine Auswertbarkeit der MRT-Bilder unmöglich macht. Nach Anwendung der Ein- und Auschlusskriterien wurden für die Studie 117 Feten in die Auswertung eingeschlossen. Eine Übersicht über die Verteilung in den einzelnen Schwangerschaftswochen gibt Abbildung 2. Abb. 2: Verteilung der Feten auf untersuchte Schwangerschaftswochen 4

Tab. 1 Anzahl der Feten pro Schwangerschaftswoche Schwangerschaftswoche 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Anzahl 3 5 7 4 6 16 14 23 13 8 3 7 3 3 2 3.2. Methodisches Vorgehen 3.2.1 MRT- Technik Alle MRT- Aufnahmen wurden am 3 Tesla Trio Tim (Siemens, Erlangen) durchgeführt. Dabei wurde eine Kniespule verwendet. Es erfolgte die Akquisition von dünnschichtigen T2-TSE-Sequenzen in transversaler, sagittaler und coronarer Schichtführung. Folgende Sequenzparameter wurden verwendet: Tab. 2 MRT-Parameter Schichten 25 Distanzfaktor 30% Phasenkodierungs- Richtung R - L Phasen- Oversampling 40% FOV Auslese 100mm FOV Phase 100% Schichtdicke 2mm TR 3600ms TE 98ms Mittelungen 3 Verknüpfungen 1 Flipwinkel 120 Basisauflösung 448 Phasenauflösung 80% 3.2.2. Auswertung Die Auswertung der MRT- Bilder erfolgte Im Magic Web, einem Dokumentationsprogramm für medizinische bildgebende Verfahren. 5

Zunächst wurde die oberflächliche Struktur des Telenzephalons hinsichtlich des Vorhandenseins oder Fehlens der einzelnen Sulci (siehe Tab. 2) beurteilt. Dabei erfolgte eine Differenzierung in gerade erkennbare, also sich in Entwicklung befindliche, sowie in vollständig ausgebildete Furchen. Tab. 3 Untersuchte Sulci des fetalen Großhirns Sulci der mittleren Hirnoberfläche Fissura longitudinalis superior Sulcus cinguli Sulcus parietooccipitalis Sulcus calcarinus Sulci der ventralen Oberfläche Sulci der lateralen Oberfläche Sulci des Vertex Sulcus collateralis Sylvische Furche Sulcus centralis Sulcus Sulcus frontalis Sulcus praecentralis occipitotemporalis superior Sulcus frontalis inferior Sulcus postcentralis Sulcus temporalis superior Sulcus temporalis inferior Sulcus lateralis Anschließend erfolgte analog zum Sonographiescreening die biometrische Erfassung von biparietalem Durchmesser und fronto-occipitalem Durchmesser. Zusätzlich wurde im Sagittalschnitt die Längsausdehnung des Corpus callosum bestimmt. Danach erfolgte die Messung der Cortexbreite im Frontallappen, Parietallappen und Temporallappen im 90 - Winkel zur Hirnoberfläche jeweils in 2 Projektionsebenen. Dabei wurde immer aus je 3 Messungen gemittelt. Außerdem wurde die Breite der periventrikulären Germinationszone im Sagittalschnitt am Vorderhorn und Hinterhorn der Seitenventrikel bestimmt. Die erhobenen Werte wurden in einer Microsoft Excel Tabelle festgehalten. 3.2.3 Statistische Methoden Die statistische Auswertung erfolgte mittels des Statistik- Softwarepaketes SPSS (Statistical Package fort the Social Sciences) 18.0 für Windows (Fa. SPSS Inc.). Hierfür musste das Datenmaterial aus der primären Excel- Tabelle numerisch umkodiert und in einer neuen Datenbank des genannten Programmes gespeichert werden. 6

Da es sich bei dem gewonnenen Datenmaterial um Stichproben handelt, wurde zunächst untersucht, ob diese normal im Sinne der Gauß schen Kurve verteilt vorliegen. Dazu wurde der Kolmogorov-Smirnov-Test zur Überprüfung der Verteilung einer Variablen durchgeführt (Bühl,A., Zöfel, P., SPSS12, 2005, S.312). Das zu verwendende Verfahren für die Korrelationsanalyse ergab sich aus dem Ergebnis des eben genannten Tests. Entweder ermittelte man den Sperman schen Rangkorrelationskoeffizienten für Nichtnormalverteilte oder die Maßkorrelation nach Pearson für normalverteilte Stichproben einer metrischen Variable. Um die Korrelationsanalysen auch graphisch darstellen zu können, bediente man sich des Scatter-Plot. Tab. 4 Verbale Beschreibung der Größe des Korrelationskoeffizienten (Bühl et al., 2005) Werte des Korrelationskoeffizienten Interpretation r 0,2 sehr geringe Korrelation 0,2 < r 0,5 geringe Korrelation 0,5 < r 0,7 mittlere Korrelation 0,7 < r 0,9 hohe Korrelation 0,9 < r sehr hohe Korrelation 7

4. Ergebnisse 4.1. Germination und Migration der Nervenzellen des fetalen Großhirns zwischen der 16. -und 30. Schwangerschaftswoche 4.1.1 Grundlagen Das sich entwickelnde Hirngewebe lässt sich im zweiten Trimenon grob in 3 Schichten einteilen: Die oberflächliche Schicht des Kortex, die darauf folgende intermediäre Zone als breiteste Schicht und in der Tiefe die periventrikuläre germinale Matrix, welche als zellreicher Ausgangspunkt für die Migration der Neurone zu ihrem jeweiligen Bestimmungsort gilt. (Griffiths et al., 2010) Kortikale Zone Germinationszone Intermediärzone Abb. 3 3-Zonen Beschriftung einer sagittalen Aufnahme Mit Hilfe histologischer Untersuchungen konnten Rados et al. (2006) die mittlere der 3 Zonen (intermediäre Zone) zwischen der 17. -und 24. Schwangerschaftswoche weiter unterteilen in sogenannte transiente Zonen: die subventricular zone, 8

intermediate zone und subplate zone, wobei die beiden letzten die spätere weiße Substanz des Großhirns bilden (Abb.4). Abb. 4 Rados et al. (2006). Zonale Gliederung in T1- Wichtung und histologischer Schnitt rechts (CP= cortical plate, SP= subplate zone, IZ= intermediate zone, SZ= subventricular zone, VZ= ventricular zone als Äquivalent zur germinalen Matrix, G= Ganglionic eminence) Da die transienten Zonen nur passagär im Verlauf der Hirnreifung nachweisbar sind, gelten sie als Indikator für die Unreife des Gehirns. Die MRT- Aufnahmen für diese Arbeit erfolgten, wie im methodischen Abschnitt erläutert, in T2-Wichtung. Somit ist von innen nach außen folgender Aufbau zu erwarten: 1. Ventricular zone (VZ) = Germinale Matrix - hypointens 2. Subventricular zone (SVZ) hyperintens 3. Intermediate zone (IZ) hypointens 4. Subplate zone (SZ) - hyperintens 5. Cortical plate (CP) = Kortex - hypointens Nach Griffiths et al. (2010) besitzen die subventricular zone, und die subplate zone einen erhöhten Anteil extrazellulärer Matrix, welche im Vergleich zu den benachbarten Schichten verstärkt Wasser bindet. Dies bewirkt das helle Signal in der T2-Wichtung, im Gegensatz zu den zellreichen dunklen Schichten ventricular zone, intermediate zone und cortical plate. Die subventricular zone ist in der 3 T MRT der Hirne nicht definiert abzugrenzen und wird im Folgenden mit der ventricular zone als germinale Matrix, bzw. Germinationszone zusammengefasst. Die sogenannte ganglionic eminence, der Ganglienhügel in der Region. der späteren Basalganglien tritt ebenfalls als zellreiche hypointense Struktur in Erscheinung. Sie ist als eine der ersten Strukturen abgrenzbar. 9

Im folgenden werden nun die Germinations- und Migrationsprozesse bei den untersuchten Feten beschrieben und bildlich dargestellt. Da der Germinationsprozess sowohl zeitlich, als auch örtlich nicht auf eine Region des Cerebrums beschränkt ist, beziehen sich die Vermessungen für eine bessere Objektivierbarkeit ausschließlich auf die periventrikulären Entwicklungsprozesse am Vorderhorn und Hinterhorn der Seitenventrikel. Die verbalen Beschreibungen umfassen das gesamte Großhirn. 4.1.2 Germination und Migration in der 16. SSW Im dieser Arbeit zugrunde liegenden Patientengut waren nur 3 Feten der 16. SSW auswertbar. Die germinale Matrix ist in der 16. SSW im Bereich des Ganglienhügels als hypointense Schicht in der Region der späteren Basalganglien deutlich erkennbar (Abb.5). Sie wird als ganglionic eminence (Purves et al., 2008) beschrieben, welche eine hohe Zelldichte aufweist und die Entwicklungsbasis für die weitere Ausbreitung und Anordnung der Neuronen bildet. Abb. 5: Ganglionic eminence in der 16. SSW (Axialschnitt) Während im Bereich des Vorderhorns keine periventrikuläre germinale Matrix erkannt werden konnte, war diese am Hinterhorn bei 2 von 3 Feten mit durchschnittlich 0,25mm eruierbar. Die in der Einteilung nach Rados et al. (2006) darauffolgende intermediate zone hatte eine Breite von durchschnittlich 0,9mm am Hinterhorn bzw. 1,2mm am Vorderhorn. Davon nach außen gut abgrenzbar war in der 16. SSW eine 10

hyperintense subplate zone, welche zu den transienten Zonen gehört (Abb. 6 und 7).Dabei ist diese am Hinterhorn etwa gleich breit wie die intermediate zone, am Vorderhorn nur halb so breit mit durchschnittlich 0,65mm. Eine kortikale Schicht war bei den 3 Feten noch nicht zu erheben. intermediate zone subplate zone Abb. 6: intermediate zone und subplate zone am Vorderhorn (16.Woche) Germinationszone Germinationszone intermediate zone subplate zone subplate zone intermediate zone Abb. 7 Zonale Gliederung am Hinterhorn (16. Woche) 11

4.1.3 Germination und Migration in der 17. bis 20. SSW Wir konnten 23 Feten dieses Gestationsalters untersuchen, wovon 2 aufgrund mangelnden T2-Kontrastes infolge fortgeschrittener Autolyse nicht verwertbar waren. Bei über 90% der Feten in diesem Zeitraum ist der Ganglienhügel als eine deutlich abgrenzbare, hypointense Struktur sichtbar.. Des weiteren ist die klassische Einteilung in Germinationszone, intermediate zone,, subplate zone und kortikale Schicht am Vorderhorn in 14 von 21 Fällen und am Hinterhorn der Seitenventrikel in 15 von 21 Fällen gegeben. Hierbei erreicht die Germinationszone einen Durchschnittswert von 0,3 bis 0,4mm, immer etwas höher im Vorderhornbereich (Abb.8). In Bezug auf die transienten Zonen der mittleren (klassisch intermediären) Schicht sind die intermediate zone (durchschnittlich 2,1mm am Vorderhorn und 1,0mm am Hinterhorn ) und subplate zone (durchschnittlich 1,3mm am Vorderhorn und 1,4mm am Hinterhorn bei 90% der Feten gut abgrenzbar. Wie in der Abbildung (8) zu erkennen ist, wird die Dicke des Hirnmantels hauptsächlich von diesen beiden Zonen gebildet. Am Frontallappen ist die Kortexbreite erstmals bei einem von 5 Feten in der 17. SSW messbar und wächst in den folgenden Entwicklungswochen kontinuierlich. Die höchsten Mittelwerte im Verlauf der 4 Wochen sind parietal zu verzeichnen und liegen im Bereich von 0,3-0,7mm. Occipital ist die cortical plate in der 17.SSW in etwa 50% der Fälle mit einer Durchschnittsdicke von 0,15mm zu erkennen und erreicht bis zur 20.SSW in etwa die durchschnittliche Breite von 0,35mm, ähnlich breit wie der frontale Kortex. 12

Germinationszone intermediate zone intermediate zone subplate zone Abb. 8 Vermessung der Germinationszone in der 17. SSW am Vorderhorn intermediate zone subplate zone Abb. 9: Hirnmantel am Hinterhorn in der 18. SSW 13

4.1.4 Germination und Migration in der 21. bis 23. SSW Insgesamt sind 52 Feten in diesem Schwangerschaftszeitraum untersucht wurden, wobei 10 Feten aufgrund mangelnder Bildqualität keine Aussage über die Germination und Migration zuließen Der Ganglienhügel ist auch in diesem Schwangerschaftsabschnitt der Bereich der stärksten Hypointensität (Abb.10). Dabei ist dieser bei Feten im Entwicklungszeitraum 21. 23.SSW nicht von Feten der vorangegangenen Wochen bezüglich Ausdehnung und Abgrenzung zu differenzieren. Abb. 10: Ganglionic eminence (sagittal 21. SSW und axial 23.SSW) In der 21. SSW war bei 50% der betrachteten Feten am Vorderhorn (7 von 14) und bei 79% der Fälle (11 von 14) am Hinterhorn eine eindeutige Germinationszone nachweisbar. Dabei ist diese am Vorderhorn in der 21.Woche mit durchschnittlich 0,8mm am breitesten (Abb.11), während sie am Hinterhorn der Seitenventrikel erst in der 23. SSW mit durchschnittlich 0,4mm ihre maximale Breite erreicht. Allerdings ist diese Zone in der 23. SSW nur noch in 50% der Fälle am Hinterhorn erkennbar, am Vorderhorn sogar nur noch bei 2 von 23 Feten. In der mittleren Schicht sind die bisher höchsten Werte für die transiente intermediate zone mit durchschnittlich 3,3mm im fronto-parietalen Bereich zu verzeichnen. Occipital nimmt diese Zone im Vergleich zu den Vorwochen auch zu und erreicht durchschnittlich 1,4mm. Regelmäßig (70% am Vorderhorn und 85% am 14

Hinterhorn) ist die subplate zone bei den fetalen Hirnen der 21. bis 23. Gestationswoche darzustellen mit Werten von 2,1mm am Hinterhorn und durchschnittlich 3,2mm am Vorderhorn. (Abb.11). Der oberflächennahe Kortex erreicht durchschnittlich 0,6mm frontal und 0,9mm parietal. Occipital ist bei allen Feten die cortical plate als dünnes Band von durchschnittlich ebenfalls 0,6mm Dicke erkennbar. subplate zone cortical plate Intermediate zone Germinationszone Abb. 11: Laminäre Schichtung des Großhirns am Vorderhorn in der 21. SSW Germinationszone cortical plate intermediate zone subplate zone Abb. 12: Laminäre Schichtung des Großhirns in der 23. SSW am Hinterhorn 15

4.1.5 Germination und Migration in der 24. bis 26. SSW Die hypointense ganglionic eminence ist in 80-90% der 24 untersuchten Feten zwischen der 24. 26. SSW lateral der Seitenventrikel gut zu differenzieren (Abb.13). Abb. 13: Ganglionic eminence im Axial -und Sagittalschnitt (25.SSW) Von den 11 untersuchten fetalen Hirnen der 24. SSW ist die periventrikuläre Germinationszone nur noch bei 2 Feten am Vorderhorn (durchschnittlich 0,5mm Breite) und bei 4 von 11 Feten am Hinterhorn (durchschnittlich 0,3mm Dicke) zu sehen. In den beiden darauffolgenden Gestationswochen ist sowohl am Vorderhorn, als auch am Hinterhorn der Seitenventrikel keine eindeutige periventrikuläre Germinationszone mehr abgrenzbar. Die intermediate zone wird im Vergleich zu früheren SSW zunehmend unscharf, sodass eine genaue Messung nicht mehr möglich ist. Dennoch ist sie in allen Abschnitten noch deutlich erkennbar. 16

keine abgrenzbare Germinationszone Abb. 14: Migration der Neuronen, keine eindeutige Germinationszone (25. Woche) Der Übergang zur subplate zone ist häufig fließend und schwierig zu differenzieren, wobei die subplate zone bei den möglichen Messungen in der Breite am Vorderhorn regelmäßig hinter der intermediate zone zurückbleibt (3,3 vs. 2,6) (Abb.15). Am Hinterhorn hingegen ist die subplate zone mit durchschnittlich 2,1mm breiter als die intermediate zone mit 1,6mm. Eindeutig zu trennen sind die Zonen aber nur bei knapp über 50% der Feten in diesem Schwangerschaftszeitraum. Die Kortexbreite erreicht im Verlauf der 3 Wochen Werte von 0,8mm frontal und 1,0mm parietal, womit sie etwa 75%, bzw. 90% der Maximalwerte erreicht. Abb. 15: Fließender Übergang zwischen intermediate zone und subplate zone (26.Woche) 17

Auch occiptital nimmt die Breite der cortical plate bei allen Feten zu und erreicht eine Dicke von durchschnittlich 0,8mm. 4.1.6 Germination und Migration in der 27. bis 30. SSW In diesen fortgeschritteneren Schwangerschaftswochen wurden Aufnahmen von 15 Feten angefertigt, wobei die Bildqualität bei 2 Feten eine Auswertung verhinderte. Die ganglionic eminence stellt sich in diesen letzten untersuchten Schwangerschaftswochen in Angrenzung an die Seitenventrikel.zunehmend weniger prominent dar. Bei mehr als der Hälfte der Feten in diesem Zeitraum sind die hypointensen Areale vorwiegend im Bereich des Zwischenhirns (Thalamus, siehe Abb.16 Pfeil) und der sich entwickelnden Basalganglien (bspw. Nucleus caudatus) vorzufinden. Abb. 16: Hypointense Strukturen des Zwischenhirns in der 28.SSW Bei 50% der Untersuchungen ist noch eine 3-Schichtung des Hirnmantels erkennbar. Von innen nach außen stellt sich zuerst eine nach außen unscharfe, breite leicht hypointense Intermediärzone, dar. An diese schließt sich eine schmale subplate zone an, welche nur noch durchschnittlich 1,75mm am Vorderhorn und 1,4mm am Hinterhorn breit ist. Die äußere Begrenzung bildet der hypointense Kortex mit den Maxima von durchschnittlich 1,1mm frontal und parietal (Abb.17). Occiptial nimmt die Breite der cortical plate auf durchschnittlich etwa 0,9mm, sowie temporal auf 1mm zu. 18

Abb. 17: 3- Schichtung in der 28.SSW Abb.18: Keine zonale Differenzierung zwischen subplate -und intermediate zone (28.SSW) 19

4.2 Statistische Kennwerte der Germination und Migration In den folgenden Tabellen sind die statistischen Kennwerte der laminären Schichtung zu den jeweiligen Schwangerschaftswochengruppen aus Punkt 4.1 zusammengetragen. Dabei wurden nur die Bilder statistisch ausgewertet und als gültig bezeichnet, welche eine eindeutige zonale Gliederung erkennen ließen. Tab. 5: Statistische Kennwerte bei Feten mit eindeutiger Germinationszone am Vorderhorn und Hinterhorn SSW- Kategorie Germination_VH_in_mm Germination_HH_in_mm Anzahl Gültige N Mittelwert Standard abweichung Anzahl Gültige N Mittelwert Standard abweichung 16 3 0.. 3 2,23,04 17-20 23 14,42,15 23 16,29,04 21-23 52 12,78,46 52 26,33,06 24-26 24 2,48,18 24 4,31,06 27-30 15 0.. 15 0.. Tab. 6: Statistische Kennwerte bei Feten mit eindeutiger intermediate zone am Vorderhorn und Hinterhorn SSW- Kategorie IZ_VH_in_mm IZ_HH_in_mm Gültige Standard Gültige Standard Anzahl N Mittelwert abweichung Anzahl N Mittelwert abweichung 16 3 3 1,23,21 3 3,87,12 17-20 23 18 2,08,68 23 21 1,02,22 21-23 52 32 3,28 1,33 52 43 1,41,31 24-26 24 9 3,32 1,07 24 13 1,63,54 27-30 15 1 1,80. 15 0.. 20

Tab. 7: Statistische Kennwerte bei Feten mit eindeutiger subplate zone am Vorderhorn und Hinterhorn SSW- Kategorie SP_VH_in_mm SP_HH_in_mm Gültige Standard Gültige Anzahl N Mittelwert abweichung Anzahl N Mittelwert Standard abweichung 16 3 3,67,29 3 3,90,10 17-20 23 19 1,32,49 23 21 1,43,39 21-23 52 35 3,20 1,49 52 45 2,10,38 24-26 24 11 2,58 1,57 24 15 2,05,54 27-30 15 6 1,75,22 15 9 1,39,17 21

4.3 Auswertung der Kortexbreite 4.3.1 Breitenentwicklung des frontalen Kortex Die frontale Hirnrinde konnte erstmals in der 17.SSW bei einem Feten als schmaler Saum und mit etwa 0,25mm erkannt und vermessen werden. In der darauffolgenden Woche war der Kortex schon bei drei Feten mit einer durchschnittlichen Dicke von 0,2mm zu erkennen. Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft kam es wie in Tab.8 und Abb. 20 ersichtlich zu einer kontinuierlichen Zunahme der Kortexbreite, das Durchschnittsmaximum von 1,1mm wurde in der letzten untersuchten Gestationswoche 30 erreicht. Die folgende Abbildung (19) zeigt exemplarisch die Messung der Kortexbreite im koronaren Schnitt der MRT- Aufnahme. Abb. 19: Vermessung des frontalen Kortex, koronarer Schnitt (21. SSW) 22

Tab. 8 Statistische Kennwerte der frontalen Kortexbreite in Abhängigkeit der SSW Kb_frontal_in_mm Anzahl Mittelwert Standardabweichung Maximum Minimum SSW 16 3,00,00,00,00 17 5,05,12,26,00 18 7,20,29,76,00 19 4,24,21,47,00 20 7,30,22,57,00 21 15,54,08,65,40 22 14,60,19,78,00 23 23,67,08,85,55 24 12,77,12,97,58 25 8,79,07,92,69 26 4,83,08,95,77 27 7,89,11 1,01,69 28 3,84,08,93,78 29 3,95,14 1,11,85 30 2 1,11,02 1,12 1,09 Abb. 20 Entwicklung der frontalen Kortexbreite in Abhängigkeit von der SSW 23

4.3.2 Korrelation der frontalen Kortexbreite mit klinischen Daten 4.3.2.1 Frontale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche Zwischen der Schwangerschaftswoche und der Dicke der Hirnrinde im Bereich des Frontallappens besteht eine hohe Korrelation r p =0,85, p<0,01, n=116. (Abb.21). Mit steigendem Alter des Feten wächst der frontale Kortex in der Breite. Abb. 21 Korrelation zwischen frontaler Kortexbreite und Schwangerschaftswoche mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 4.3.2.2 Frontale Kortexbreite und Geburtsgewicht Eine hohe Korrelation besteht zwischen dem Gewicht des Feten und der Ausprägung des frontalen Kortex r p 0,722, p<0,01, n=110 (Abb.22). Mit zunehmendem Gewicht wächst auch die Breite der Hirnrinde des Frontallappens. 24

Abb. 22 Korrelation zwischen frontaler Kortexbreite und Geburtsgewicht mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 4.3.3 Breitenentwicklung des Kortex im Parietallappen Erstmals ist in der 17.SSW ein Intensitätsunterschied in der T 2 Wichtung im Bereich der parietalen Rindenregion bei 3 Feten erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt erreicht die Dicke des parietalen Kortex der untersuchten Feten einen durchschnittlichen Wert von 0,19mm. Das Maximum der Durchschnittswerte beträgt 1,16mm in der 27.SSW. Insgesamt ist aus den Daten (Tab.9) ersichtlich, dass mit steigender Gestationswoche auch die Kortexbreite zunimmt, jedoch auch, dass es eine große Variabilität hinsichtlich der einzelnen Werte in der jeweiligen Schwangerschaftswoche gibt. 25

Tab. 9 Statistische Kennwerte der parietalen Kortexbreite in Abhängigkeit der SSW Kb_parietal_in_mm Anzahl Mittelwert Standardabweichung Maximum Minimum SSW 16 3,00,00,00,00 17 5,19,23,52,00 18 7,52,32 1,03,00 19 4,71,10,85,62 20 7,62,29,82,00 21 15,79,15 1,13,55 22 14,91,11 1,06,65 23 23,94,09 1,12,81 24 12 1,02,10 1,20,83 25 8 1,04,05 1,10,96 26 4 1,04,13 1,15,90 27 7 1,16,12 1,30 1,00 28 3 1,12,13 1,21,97 29 3 1,09,07 1,15 1,02 30 2 1,12,25 1,30,94 Die Entwicklung der parietalen Kortexbreite im Verlauf des untersuchten Zeitraumes veranschaulicht Abb.23. Die wesentliche Zunahme der Kortexbreite erfolgt zwischen der 16. und 25. SSW, das durchschnittliche Maximum ist bereits in der 27. SSW erreicht. Etwa ab der 25. SSW steigt die Breite des parietalen Kortex nur noch geringfügig. Abb. 23 Parietale Kortexbreite in Abhängigkeit von der SSW 26

4.3.4 Korrelation der parietalen Kortexbreite mit klinischen Daten 4.3.4.1 Parietale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche Zwischen der Schwangerschaftswoche und der Breite des parietalen Kortex besteht eine signifikant hohe Korrelation r p 0,815, p<0,01, n=117 (Abb.24). Mit steigendem Alter des Feten erhöht sich auch die Breite der parietalen Hirnrinde. Abb. 24 Korrelation zwischen parietaler Kortexbreite und SSW mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 4.3.4.2 Parietale Kortexbreite und Geburtsgewicht Auch der Zusammenhang zwischen Geburtsgewicht und der Breite des parietalen Kortex ist bei einer Korrelation von r p =0,764, p<0,01, n=111, als hoch zu bewerten (Abb. 25). Abb. 25 Korrelation zwischen parietaler Kortexbreite und Geburtsgewicht mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 27

4.3.5 Breitenentwicklung des Kortex im Temporallappen Auch der temporale Kortex ist wie der frontale und parietale Kortex in der 17.SSW erstmals bei einem Feten zu erkennen. Der gemessene Wert betrug 0,3mm. Im Verlauf lässt sich ein kontinuierlicher Anstieg der Breite in den einzelnen Schwangerschaftswochen verzeichnen. Das Durchschnittsmaximum von 1,01mm wird in der 30. Gestationswoche erreicht. In den Wochen 26 bis 30 unterscheiden sich die Mittelwerte nur noch geringfügig, d.h. es kommt in diesem Zeitabschnitt nicht mehr zu einer signifikanten Breitenzunahme des temporalen Kortex (Abb. 26) Tab. 10 Statistische Kennwerte der temporalen Kortexbreite in Abhängigkeit der SSW Kb_temporal_in_mm Anzahl Mittelwert Standardabweichung Maximum Minimum SSW 16 3,00,00,00,00 17 5,07,15,34,00 18 7,14,18,38,00 19 4,42,29,62,00 20 7,60,08,74,50 21 15,67,10,82,43 22 14,82,07,96,70 23 23,78,07,97,64 24 12,88,11 1,08,68 25 8,88,05,96,82 26 4,99,06 1,05,92 27 7,97,05 1,03,91 28 3,99,11 1,10,88 29 3,99,09 1,09,92 30 2 1,01,01 1,02 1,00 28

Abb. 26 Entwicklung der temporalen Kortexbreite in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche 4.3.6 Korrelation der temporalen Kortexbreite mit klinischen Daten 4.3.6.1 Temporale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche Zwischen dem Wachstum des temporalen Kortex und dem Alter des Feten besteht eine hoch signifikante Korrelation r s =0,873, p<0,01, n=116 (Abb.27). Abb. 27 Korrelation zwischen temporaler Kortexbreite und Schwangerschaftswoche mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 29

4.3.6.2 Temporale Kortexbreite und Geburtsgewicht Für die Parameter fetales Gewicht und Dickenwachstum des temporalen Kortex besteht ebenfalls eine hohe Korrelation r s =0,796, p<0,01, n=111 (Abb.28). Abb. 28 Korrelation zwischen temporaler Kortexbreite und Geburtsgewicht mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 4.3.7 Breitenentwicklung des Kortex im Occipitallappen Der occipitale Kortex ist bei einem Feten bereits in der 16. SSW mit 0,15mm zu erkennen und erreicht in der 17.SSW bei insgesamt 5 Feten einen Mittelwert von 0,15mm. Im Schwangerschaftsverlauf kommt es auch hier zu einem kontinuierlichen Anstieg der Breite, das Durchschnittsmaximum innerhalb des untersuchten Zeitraumes wird in der 30. SSW erreicht. Der maximale Durchschnittswert des occipitalen Kortex ist mit 0,88mm schmaler als in den anderen untersuchten Lappenregionen. Wie im temporalen und parietalen Lappen ändert sich der Mittelwert aber von der 26. bis 30. SSW nur noch minimal (Abb. 29). 30

Tab. 11 Statistische Kennwerte der occipitalen Kortexbreite in Abhängigkeit der SSW Kb_occipital_in_mm Anzahl Mittelwert Standardabweichung Maximum Minimum SSW 16 3,05,09,15,00 17 5,15,12,30,00 18 7,25,06,35,20 19 4,30,04,35,25 20 7,40,12,60,25 21 15,50,07,60,40 22 14,55,06,65,45 23 23,64,06,78,50 24 12,70,07,83,60 25 8,76,08,85,65 26 4,85,09,98,80 27 7,81,06,90,75 28 3,82,08,88,73 29 3,79,20,93,65 30 2,88,11,95,80 Abb. 29: Entwicklung der occipitalen Kortexbreite in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche 31

4.3.8 Korrelation der occipitalen Kortexbreite mit klinischen Daten 4.3.8.1 Occipitale Kortexbreite und Schwangerschaftswoche Zwischen dem Wachstum des occipitalen Kortex und dem Alter des Feten besteht eine sehr hoch signifikante Korrelation r s =0,925, p<0,01, n=113 (Abb.30). Abb. 30: Korrelation zwischen occipitaler Kortexbreite und Schwangerschaftswoche mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 4.3.8.2 Occipitale Kortexbreite und Geburtsgewicht Für die Parameter fetales Gewicht und Dickenwachstum des occipitalen Kortex besteht ebenfalls eine hohe Korrelation r s =0,850, p<0,01, n=108 (Abb.31). Abb. 31: Korrelation zwischen occipitaler Kortexbreite und Geburtsgewicht mit eingezeichneter linearer Regressionsgeraden 32

4.3.9 Unterschiede der Breitenentwicklung in den einzelnen Hirnlappen Anhand der folgenden Tabelle (12) und Abbildung (32) wird die unterschiedliche Breitenentwicklung zwischen Frontal-, Parietal, Temporal- und Occipitallappen dargestellt. Tab. 12 Mittelwerte der Kortexbreite in einzelnen Wochen 17.SSW (in mm) 20.SSW (in mm) 23.SSW (in mm) 26.SSW (in mm) 30.SSW (in mm) Frontallappen 0,05 0,30 0,67 0,83 1,11 Parietallappen 0,19 0,62 0,94 1,04 1,12 Temporallappen 0,07 0,60 0,78 0,99 1,01 Occipitallappen 0,15 0,40 0,64 0,85 0,88 Abb. 32: Unterschiedliche Breitenentwicklung des Kortex in einzelnen Hirnlappen Bis auf eine Ausnahme occipital war der Kortex in allen vier Regionen erstmals in der 17. Schwangerschaftswoche als messbare Struktur erkennbar ( n = 1 von 5 frontal und temporal, sowie 3 von 5 parietal) Dabei waren der parietale Kortex und der occipitale Kortex mit einer durchschnittlichen Breite von 0,19mm, bzw. 0,15mm breiter als der Kortex in den anderen beiden Regionen ( 0,05mm frontal und 0,07mm temporal). 33

Im gesamten zeitlichen Verlauf bleibt der parietale Kortex der breiteste Hirnrindenabschnitt, er erreicht bereits in der 25. SSW knapp 93% (1,04mm) des in der 27. SSW erreichten durchschnittlichen Maximalwertes (1,16mm). Die Breitenentwicklung des temporalen und des occipitalen Kortex vollzieht sich ähnlich wie die des parietalen Kortex. Auch in diesen Regionen werden bereits in der 26. SSW 98% (temporal) bzw. 97% (occipital) des maximalen Durchschnittswertes erreicht. Im Gegensatz dazu nimmt die Breite des frontalen Kortex bei den untersuchten Feten kontinuierlich bis zur 30. SSW zu. Sie liegt durchschnittlich 0,1-0,3mm unterhalb der Breite von temporalem bzw. parietalem Kortex. In der 26. SSW werden mit einem Mittelwert von 0,83mm erst knapp 75% des Maximaldurchschnittes in der 30 SSW ( 1,11mm) erreicht Die Maximalwerte der Kortexbreite in der 30.SSW unterscheiden sich nur geringfügig in den jeweiligen Hirnregionen. Während zwischen frontalem und parietalem Kortex praktisch keine Differenz besteht, verzeichnet man eine Abweichung der Breite des temporalen Kortex um etwa 10% (0,1mm) und ca. 17% beim occipitalen Kortex im Vergleich zu den anderen beiden Lappenregionen. Insgesamt bestehen also keine wirklich signifikanten Unterschiede zwischen den Kortexbreiten der 4 Hirnlappen. Anhand der konstant höheren Korrelationswerte bezogen auf die Kortexbreite für das Alter der Feten im Vergleich zum Geburtsgewicht, lässt eine stärkere Abhängigkeit für diese Variable in allen 4 Hirnregionen vermuten. 34

4.4 Auftreten der Hirnsulci im Schwangerschaftsverlauf In Anlehnung an die Literatur (Levine,D., 2005) wurde die Hirnoberfläche für eine bessere Übersichtlichkeit in 4 Regionen unterteilt: eine mediane, eine ventrale, eine laterale Lokalisation und den Vertex. Welche Sulci zu welcher Region gehören ist aus der bereits aufgeführten Tabelle 3 aus Punkt 3.2.2 zu entnehmen. Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Sulci in ihrer Entwicklung zwischen der 16. und 30. Schwangerschaftswoche näher erläutert 4.4.1 Mediale Hirnoberfläche Die Fissura longitudinalis superior trennt die linke und rechte Hemisphäre von kranial. Sie ist in der coronaren und transversalen Schnittebene darstellbar. Bereits bei den frühesten untersuchten Feten in der 16.SSW war sie komplett darstellbar. Daher ist mit der vorliegenden Untersuchung nicht zu erheben gewesen, wann sich diese Struktur zu entwickeln beginnt. Abb. 33: Fiss. longitudinalis superior in der 17. Schwangerschaftswoche Der Sulcus parietooccipitalis (Abb.34) trennt den Parietallappen vom Occipitallappen und war in sagittaler Bildebene bei 60% der Feten in der 17. SSW in Entwicklung zu beobachten. Schon eine Woche später bestand bei über 50% der untersuchten Feten ein ausgeprägter Sulcus parietooccipitalis. Zu 100% vorhanden war er ab der 22. Schwangerschaftswoche. 35

Abb. 34 Sulcus parietooccipitalis in der 18. Schwangerschaftswoche Als dritter Sulcus der mittleren Hirnoberfläche entwickelt sich der Sulcus calcarinus (Abb.35). Dieser begrenzt im Occipitallappen die Sehrinde. In der 18. Schwangerschaftswoche war er erstmals in Entwicklung zusehen, und dies bei 66% der untersuchten Feten. In der 20. SSW war er in 95% der Fälle erkennbar. In der 24. Schwangerschaftswoche war er bei der Hälfte aller Feten voll ausgeprägt, in der 26. SSW bei 95%. Abb. 35 Sulcus calcarinus in der 24. Schwangerschaftswoche 36

Der Sulcus cinguli (Abb.36) des Frontallappens tritt etwas später in Erscheinung. Er ist besonders in coronaren und parasagittalen Schichten gut erkennbar. In Entwicklung war er erstmals bei einem Feten in der 19. Schwangerschaftswoche darstellbar. Bei 50% der untersuchten Feten war er ab 24 Schwangerschaftswoche sichtbar, in der 26. SSW war er in 95% der Fälle erkennbar, dabei in 50% der Fälle schon vollständig ausgebildet. Ab der 29. SSW war er bei allen Feten vollständig entwickelt. Abb. 36 Sulcus cinguli in der 27. Schwangerschaftswoche 4.4.2 Ventrale (caudale) Hirnoberfläche Die beiden Sulci der ventralen (caudalen) Hirnoberfläche- der Sulcus collateralis und der Sulcus occipitotemporalis (Abb.37)- entwickeln sich erst zum Ende des zweiten Trimenons. Der Sulcus collateralis ist erstmals ab der 25. Schwangerschaftswoche in Entwicklung zu sehen und in der 27. SSW bei 95% erkennbar. In der 29. SSW ist er erst in der Hälfte der Fälle voll ausgeprägt. Der Sulcus occipitotemporalis entwickelt sich unter allen ausgewerteten Sulci am spätesten. Erst in der 29. Woche kann man diesen Sulcus bei einzelnen Feten wahrnehmen. Eine vollständige Ausprägung war innerhalb des untersuchten Zeitraums bis zur 30. SSW nicht nachweisbar. 37

Abb. 37 Sulcus collateralis und occipitotemporalis (dicker Pfeil) in der 30. SSW 4.4.3 Laterale Hirnoberfläche Die Sylvi sche Furche (Abb.38) ist der erste im MRT erkennbare Sulcus. Sie ist vor allem in coronaren und transversalen Schnitten schon in der 16. SSW bei allen 3 Feten als eine konkave Einsenkung zwischen dem Frontal und Temporallappen erkennbar. Im Verlauf der Entwickung vollzieht sie eine Formveränderung. Durch Wachstum und Ausformung der beiden eben genannten Lappen wird sie tiefer und eckiger.. So erscheint die Sylvi sche Furche um die 22. SSW bei 50% der untersuchten Feten U-förmig Zwischen der 25. und 26. SSW erreicht sie in 95% der Fälle ihre endgültiges, T-förmiges Aussehen. Die Phasen der Formveränderung sind in Abb. 54 unter Punkt 4.8.6.1 ausführlich dargestellt. Abb. 38 Sylvi sche Furche in der 25. Schwangerschaftswoche 38

Der Sulcus frontalis superior trat in der 21. SSW (Abb.39) erstmals in Erscheinung. Ab der 24. Gestationswoche war der Sulcus frontalis superior bei mindestens 50% der untersuchten Feten in Entwicklung darstellbar. In der 26. SSW war er bei 95% erkennbar,,d dabei in 50% der Fälle schon vollständig ausgebildet. Ab der 29. bis 30. Woche war dieser Sulcus an 95% der Feten vollständig nachzuweisen. Abb. 39 Sulcus frontalis superior in der 27. Schwangerschaftswoche Der Sulcus frontalis inferior (Abb. 40) war im Vergleich zum Sulcus frontalis superior eine Woche später, also in der 22. SSW erstmals nachweisbar. In der Woche 27 befand sich dieser Sulcus bei über 50% der Feten in Entwicklung und war anschließend etwa ab der 28.SSW ganzheitlich bei mindestens 50% der Feten in koronarer Ebene darstellbar. Bis zur 30.SSW war dieser Sulcus noch nicht bei 95% der Feten vollständig ausgeprägt. 39

Abb. 40 Sulcus frontalis inferior in der 27. Schwangerschaftswoche Im Bereich des Temporallappens entwickeln sich im Untersuchungszeitraum der Sulcus temporalis superior (Abb.41) und der Sulcus temporalis inferior. Ersterer war bei der Hälfte der Feten ab der 25. SSW in Entwicklung und bei 95% der Untersuchungen ab 29. Gestationswoche vollständig ausgeprägt erkennbar. Abb. 41 Sulcus temporalis superior in der 28. Schwangerschaftswoche Der Sulcus temporalis inferior (Abb.42) erschien in 50% der Feten erstmals ab 26. SSW. In der koronaren Schnittebene war er dann wie der Sulcus temporalis superior ab der 29. SSW bei allen Feten komplett darzustellen. 40

Abb. 42 Sulcus temporalis inferior in der 28. Schwangerschaftswoche Der den Frontal und Temporallappen trennende Sulcus lateralis (Abb.43) war erstmalig in der 18. bis 19. SSW nachweisbar und konnte ab der 20. Woche bei 50% der Feten in Entwicklung wahrgenommen werden. In axialer Bildgebung kam er bei 95% des untersuchten Patientenguts in der 25.SSW voll ausgebildet zur Darstellung. Abb. 43 Sulcus lateralis in der 25. Schwangerschaftswoche 41

4.4.4 Sulci des Vertex Der Sulcus centralis (Abb.44), welcher den motorischen vom sensorischen Cortex trennt, war erstmals in der 19. SSW erkennbar. In der 21. SSW war er bei 50% der Feten in Entwicklung darstellbar. Ab der 25. SSW war er bei allen Feten vollständig ausgebildet. Der Sulcus centralis ist besonders im Sagittalschnitt gut zu beurteilen.. Abb.44 Sulcus centralis in der 24.SSW Den primär motorischen Cortex begrenzend, entwickelte sich der Sulcus präcentralis (Abb.45) in 50% der Fälle in der 25. SSW. Erstmalig konnte dieser Sulcus in der 21./22. SSW nachgewiesen werden. Zwischen der 28. und 29. SSW war er in über 95% der fetalen Hirne voll ausgeprägt und ebenfalls in sagittaler Schnittebene gut zu beurteilen. Abb. 45 Sulcus praecentralis in der 26. Schwangerschaftswoche 42

Der dritte Sulcus des Vertex ist der die primär sensorische Rinde begrenzende Sulcus postcentralis (Abb.46), welcher in der 23. Gestationswoche erstmalig nachweisbar war. In Entwicklung erschien er bei 50% der Feten ab der 26. SSW. In der 28. Woche der Gestation sah man diese Furche bei allen untersuchten Feten.vollständig. Abb. 46 Sulcus postcentralis in der 26. Schwangerschaftswoche 43

4.5 Übersicht zur Entwicklung der Sulci In den folgenden Tabellen sind die Sulci in der Reihenfolge ihres zeitlichen Auftretens aufgeführt. Tab. 13 Sulcus gerade erkennbar in 50% der Fälle Sulcus 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Fiss. longitudinalis + + + + + + + + + + + + + + + sup. Sylvi sche Furche + + + + + + + + + + + + + + + (konkave Form) S. parietooccipitalis - - + + + + + + + + + + + + + Sulcus calcarinus - - - + + + + + + + + + + + + Sulcus lateralis - - - - + + + + + + + + + + + Sulcus centralis - - - - - + + + + + + + + + + Sulcus frontalis sup. - - - - - - - - + + + + + + + Sulcus cinguli - - - - - - - - + + + + + + + Sulcus praecentralis - - - - - - - - - + + + + + + Sulcus collateralis - - - - - - - - - + + + + + + S. temporalis sup. - - - - - - - - - + + + + + + S. temporalis inf. - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus postcentralis - - - - - - - - - - + + + + + S. frontalis inf. - - - - - - - - - - - + + + + S.occipitotemporalis - - - - - - - - - - - - - + + Tab. 14 Sulcus gerade erkennbar in 95% der Fälle Sulcus 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Fiss. longitudinalis + + + + + + + + + + + + + + + sup. S. parietooccipitalis - - - + + + + + + + + + + + + Sulcus calcarinus - - - - + + + + + + + + + + + Sulcus lateralis - - - - - - - + + + + + + + + Sulcus centralis - - - - - - - + + + + + + + + Sylvische Furche (U-förmig) - - - - - - - - - + + + + + + 44

S. frontalis sup. - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 S. temporalis sup. - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus cinguli - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus - - - - - - - - - - (+) + + + + postcentralis Sulcus - - - - - - - - - - (+) + + + + praecentralis Sulcus collateralis - - - - - - - - - - - + + + + Sulcus frontalis inf. - - - - - - - - - - - - + + + Sulcus temporalis - - - - - - - - - - - - + + + inf. S. occipitotemporalis - - - - - - - - - - - - - - + Tab. 15 Sulcus vollständig ausgebildet in 50% der Fälle Sulcus 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Fissura + + + + + + + + + + + + + + + longitudinalis sup. S. parietooccipitalis - - - + + + + + + + + + + + + Sulcus calcarinus - - - - - - - + + + + + + + + Sulcus centralis - - - - - - - + + + + + + + + Sulcus lateralis - - - - - - - + + + + + + + + Sylvische Furche - - - - - - - - - + + + + + + S. frontalis sup. - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus - - - - - - - - - - + + + + + praecentralis Sulcus cinguli - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus - - - - - - - - - - - + + + + postcentralis S. temporalis sup. - - - - - - - - - - - - + + + S. temporalis inf. - - - - - - - - - - - - + + + S. frontalis inf. - - - - - - - - - - - - + + + Sulcus collateralis - - - - - - - - - - - - - + + S. occipitotemporalis - - - - - - - - - - - - - - - 45

Tab. 16 Sulcus vollständig ausgebildet in 95% der Fälle Sulcus 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Fissura + + + + + + + + + + + + + + + longitudinalis sup. S. parietooccipitalis - - - - - - - + + + + + + + + Sulcus centralis - - - - - - - - - + + + + + + Sulcus lateralis - - - - - - - - - + + + + + + Sulcus calcarinus - - - - - - - - - - + + + + + Sylvische Furche - - - - - - - - - - + + + + + Sulcus - - - - - - - - - - - - + + + postcentralis Sulcus cinguli - - - - - - - - - - - - (+) + + S. frontalis sup. - - - - - - - - - - - - - (+) + Sulcus - - - - - - - - - - - - - + + praecentralis S. temporalis sup. - - - - - - - - - - - - - + + S. temporalis inf. - - - - - - - - - - - - - + + S. frontalis inf. - - - - - - - - - - - - - - - Sulcus collateralis - - - - - - - - - - - - - - - S. occipitotemporalis - - - - - - - - - - - - - - - 4.6 Corpus callosum Das Corpus callosum ist in der 18. SSW erstmalig zu vermessen gewesen, jedoch nur bei 2 von 7 Feten mit einer durchschnittlichen Länge von 14,97mm. Aufgrund mangelhafter Bildqualität, bzw. unzureichendem T2-Kontrast im MRT waren die Corpora callosi bei den anderen Feten der 18. SSW nicht zu erkennen. In den folgenden SS-Wochen war der Balken bei jedem Feten abzugrenzen. Dabei nimmt die Länge pro Woche durchschnittlich etwa 1,5mm zu bis zur 25.SSW, in der wir einen im Durchschnitt 28mm langen Balken fanden. Von der 25. bis zur 27. Woche konnten wir keine Zunahme der Länge des Balkens nachweisen. In der 28.SSW ist die Untersuchungskohorte mit 2 Feten sehr klein und die Länge des Corpus callosum nicht statistisch verwertbar. In den letzten beiden Untersuchungswochen fanden wir nochmals eine Zunahme der Länge auf Werte bis durchschnittlich 37mm in der 30. SSW. 46