LANDRATSAMT OBERALLGÄU Öffentlicher P ersonennahverkehr, Schülerbef örderung. Nahverkehrsplan 2010. Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten



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Transkript:

LANDRATSAMT OBERALLGÄU Öffentlicher P ersonennahverkehr, Schülerbef örderung Nahverkehrsplan 2010 Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten

Impressum Aufgabenträger: Landkreis Oberallgäu Oberallgäuer Platz 2 87527 Sonthofen Stadt Kempten (Allgäu) Kronenstraße 16 87435 Kempten (Allgäu) Bearbeitung: Omnipart Verkehrsdienstleistungen Hans-Lingl-Straße 1 86381 Krumbach Dipl.-Ing. Andreas Egert Dipl.-Geogr. Pascal Aschenbrenner Telefon: 08282 / 8812-153 E-Mail: andreas.egert@omnipart.de

I Inhaltsverzeichnis 1 Rahmenbedingungen und Zielvorgaben...7 1.1 Einführung...7 1.2 Geltungsbereich des Nahverkehrsplans...8 1.3 Rahmenvorgaben aus anderen Fachplanungen...9 1.4 Finanzielle Rahmenbedingungen...9 1.5 Rechtliche Rahmenbedingungen...10 1.6 Verordnung (EG) 1370/2007...11 1.7 Zielvorgaben...13 2 Bestandsaufnahme und Schwachstellenanalyse...15 2.1 Raumstruktur und soziodemografische Daten...15 2.1.1 Einteilung des Untersuchungsgebietes in Verkehrszellen...15 2.1.2 Zentralörtliche Gliederung...15 2.1.3 Entwicklungsachsen und Gebietskategorie...16 2.1.4 Bevölkerung...17 2.1.5 Schulstandorte...18 2.1.6 Gewerbeansiedlungen...19 2.1.7 Einkauf, Versorgung und Verwaltung...19 2.1.8 Freizeit und Tourismus...20 2.1.9 Angebotskriterien im Individualverkehr...21 2.2 Gesamtverkehrsnachfrage...22 2.2.1 Berufsverkehr...22 2.2.2 Ausbildungsverkehr...22 2.2.3 Besorgungs- und Freizeitverkehr...23 2.2.4 Verkehrsmittelwahl...24 2.3 Derzeitiges ÖPNV-Angebot...25 2.3.1 Leistungsangebot im SPNV...25 2.3.2 Leistungsangebot im allgemeinen ÖPNV...26 2.3.3 Erreichbarkeit...28 2.3.4 Bedienungshäufigkeiten...30 2.3.5 Infrastruktur und Schnittstellen...31 2.3.6 Information...32 2.3.7 Tarifsystem...33

2.4 Derzeitige ÖPNV-Nutzung...33 2.5 Schwachstellenanalyse...35 2.5.1 Räumliche Erschließung...36 2.5.2 Erreichbarkeit der übergeordneten Orte...37 2.5.3 Bedienungshäufigkeiten...38 2.5.4 Fahrzeuge...41 2.5.5 Fahrzeugauslastung...44 2.5.6 Infrastruktur und Schnittstellen...45 2.5.7 Fahrgastinformation und Tarifsystem...46 2.5.8 Befragung der Verkehrsunternehmen, Gemeinden und Schulen...46 2.5.9 Bürgerbeteiligung...49 3 Voraussichtliche Entwicklungen...50 3.1 Siedlungs- und verkehrsinfrastrukturelle Entwicklung...50 3.1.1 Bevölkerung...50 3.1.2 Siedlung und Gewerbe...53 3.1.3 Schulstruktur...54 3.1.4 Verkehrsinfrastruktur...54 3.2 Planungen anderer Aufgabenträger...54 3.3 Verkehrsprognose...56 4 Rahmenkonzeption...58 5 Qualitative Standards...61 5.1 Haltestellen...61 5.2 Fahrzeuge...62 5.3 Anschlusssicherung...63 5.4 Fahrplanstabilität...63 5.5 Personal...63 5.6 Kundenservice und Vertrieb...63 5.7 Fahrgastinformation...64 5.8 Sicherheit...65 6 Barrierefreier ÖPNV...66 6.1 Gesetzliche Grundlage...66 6.2 Mobilitätseingeschränkte Menschen...67

6.3 Anforderungen an einen barrierefreien ÖPNV...67 6.3.1 Linienführung...67 6.3.2 Haltestellen...68 6.3.3 Fahrzeuge...68 7 Maßnahmen...69 7.1 Leistungsangebot...70 7.1.1 Liniennetz der Stadt Kempten (L-A)...70 7.1.2 Hauptnetz (L-A)...70 7.1.3 Ergänzungsnetz (L-A, L-F)...72 7.1.4 Freizeitnetz (L-A)...73 7.1.5 Bedarfsverkehrsnetz (L-A, L-B)...73 7.1.6 Gesamtnetz (L-C, L-D, L-E)...74 7.2 Marketing und Vertrieb...75 7.2.1 Fahrgastinformation und Mobilitätszentrale (M-A, M-C)...75 7.2.2 Tarifgestaltung und Verkehrsverbund (M-B, M-D)...78 7.3 Infrastruktur...79 7.3.1 Haltestellen und Busbahnhöfe (I-C, I-D)...79 7.3.2 Rechnergestütztes Betriebsleitsystem (I-B, I-E)...81 7.3.3 Straßeninfrastruktur (I-A)...82 8 Bewertung der Maßnahmen und zeitliche Einordnung...83 8.1 Leistungsangebot...85 8.2 Marketing und Vertrieb...89 8.3 Infrastruktur...93 9 Quellenverzeichnis...96 10 Anlagenverzeichnis...98 11 Kartenverzeichnis...100

II Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Wegezwecke in Deutschland...24 Abbildung 2: Verkehrsmittelnutzung in Deutschland...25 Abbildung 3: Fahrtzwecke im südlichen Oberallgäu im Winter...34 Abbildung 4: Fahrtzwecke im südlichen Oberallgäu im Sommer...34 Abbildung 5: Beförderte Personen im Stadtverkehr Kempten im Jahresverlauf...35 Abbildung 6: Fahrzeugtypen im Regionalbusverkehr des Nahverkehrsraums...42 Abbildung 7: Fahrzeugtypen in Stadtbusverkehren des Nahverkehrsraums...43 Abbildung 8: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung bis 2028...50 Abbildung 9: Demografisches Profil Landkreis Oberallgäu...51 Abbildung 10: Demografisches Profil Stadt Kempten...52 Abbildung 11: Demografischer Wandel im Nahverkehrsraum...53 Abbildung 12: Entwicklung der Motorisierung in Deutschland...56 Abbildung 13: Zielvorgaben des Nahverkehrsplans...58 Abbildung 14: Ausprägungen des Richtungsbandbetriebes...71

III Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zuordnung der Gemeinden zu den Unter- und Mittelzentren...29 Tabelle 2: Grenz- und Richtwerte für die räumliche Erschließung...36 Tabelle 3: Grenz- und Richtwerte für die Erreichbarkeit...37 Tabelle 4: Beurteilungskriterien für das Reisezeitverhältnis ÖPNV/MIV...38 Tabelle 5: Grenz- und Richtwerte für die Bedienung im Landkreis Oberallgäu Mo-Fr...39 Tabelle 6: Grenz- und Richtwerte für die Bedienung im Landkreis Oberallgäu Sa/So...40 Tabelle 7: Grenz- und Richtwerte für die Bedienung in der Stadt Kempten Mo-Fr...40 Tabelle 8: Grenz- und Richtwerte für die Bedienung in der Stadt Kempten Sa-So...40 Tabelle 9: Beurteilungsmatrix...83

IV Abkürzungsverzeichnis AST Anrufsammeltaxi BayÖPNVG Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern BEG Bayerische Eisenbahngesellschaft mbh BGG Behindertengleichstellungsgesetz BOKraft Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr DB Deutsche Bahn AG DFI dynamische Fahrgastinformation DTV durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke EC EuroCity Ew Einwohner FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen HVZ Hauptverkehrszeit IC InterCity IV Individualverkehr KBS Kursbuchstrecke Kfz Kraftfahrzeug KE Kempten KVB Kemptener Verkehrsbetriebe- und Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co.KG MIV motorisierter Individualverkehr NVP Nahverkehrsplan NVZ Nebenverkehrszeit OA Oberallgäu ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr ÖPV Öffentlicher Personenverkehr P+R Park und Ride PBefG Personenbeförderungsgesetz Pkw Personenkraftwagen RBL Rechnergesteuertes Betriebsleitsystem SPNV Schienenpersonennahverkehr SVZ Schwachverkehrszeit StVO Straßenverkehrsordnung VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VG Verkehrsgemeinschaft ZUM Zentrale Bus-Umsteigestelle Kempten

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 7 1 Rahmenbedingungen und Zielvorgaben 1.1 Einführung Das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) weist in Art. 8 den Landkreisen und kreisfreien Städten die Planung, Organisation und Durchführung des allgemeinen ÖPNV (straßengebundener ÖPNV) als freiwillige Aufgabe im eigenen Wirkungskreis zu. Danach haben diese auf ihrem Gebiet Planungen zur Sicherung und Verbesserung des ÖPNV durchzuführen. Planungsinstrument zur Verbesserung des ÖPNV ist nach Art. 13 BayÖPNVG der Nahverkehrsplan. Dieser stellt einen Rahmenplan dar und soll - aufbauend auf einer Bestandsanalyse und der zu erwartenden strukturellen Entwicklung - vor allem Zielvorstellungen für den ÖPNV formulieren und mögliche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele in den Folgejahren aufzeigen. Nach Art. 13 Abs. 2 BayÖPNVG ist der Nahverkehrsplan in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf fortzuschreiben. Bei der Erstellung bzw. Fortschreibung des Nahverkehrsplanes ist die aktuelle vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie herausgegebene Leitlinie zur Nahverkehrsplanung (Stand Juli 1998) zu berücksichtigen. Auf diese Weise wird auch eine angemessene Mitwirkung der betroffenen Verkehrsunternehmen sichergestellt. Bereits zu Beginn der Arbeiten am Nahverkehrsplan wurden alle Verkehrsunternehmen, die Kommunen des Landkreises Oberallgäu und die weiterführenden Schulen im Rahmen einer Fragebogenaktion zur aktiven Mitarbeit aufgefordert. Es wurde eine projektbegleitende Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich aus politischen Vertretern des Landkreises Oberallgäu und der Stadt Kempten, aus Vertretern der Verkehrsunternehmen, aus den Behindertenbeauftragten von Landkreis und Stadt sowie aus einem Vertreter der Lokalen Agenda der Stadt Kempten/Arbeitskreis

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 8 Mobilität zusammensetzt. Sitzungen der Arbeitsgruppe fanden an nachfolgend gelisteten Terminen statt. am 12.10.2009 Präsentation der Bestandsaufnahme sowie der Vorgehensweise bei der Schwachstellenanalyse am 25.01.2010 Besprechung der Rahmenbedingungen im ÖPNV und Zielvorgaben zur ÖPNV-Entwicklung im Nahverkehrsraum am 23.02.2010 Besprechung der Schwachstellenanalyse und des Maßnahmenpakets am 28.04.2010 Besprechung der qualitativen Standards im ÖPNV und der Maßnahmenbewertung einschließlich zeitlicher Einordnung am 15.06.2010 Besprechung der Fahrzeugauslastung und des Entwurfs des Nahverkehrsplans 1.2 Geltungsbereich des Nahverkehrsplans Der Planungsraum des Nahverkehrsplans spiegelt auch dessen Geltungsbereich wieder. Er erstreckt sich über die Gebiete des Landkreises Oberallgäu (im folgenden als Landkreis bezeichnet) mit seinen 28 Städten, Märkten und Gemeinden sowie der kreisfreien Stadt Kempten. Der Planungsraum liegt im Regierungsbezirk Schwaben des Freistaates Bayern und ist der Planungsregion Allgäu zugeordnet. Zu letzterer gehören außerdem die Landkreise Lindau, Ostallgäu und die kreisfreie Stadt Kaufbeuren. An den Nahverkehrsraum grenzt im Norden der Landkreis Unterallgäu und im Osten der Landkreis Ostallgäu. Im Süden des Oberallgäus verläuft die Staatsgrenze zu Österreich, und zwar südöstlich entlang des Bezirks Reutte des österreichischen Bundeslandes Tirol und südwestlich entlang des Bezirks Bregenz des Bundeslandes Vorarlberg. Besonderheiten bilden hier die Gemeinden Mittelberg (Kleinwalsertal) und Jungholz: Da beide keine Straßenanbindung in ihr Heimatland Österreich haben, sind diese nur über den Landkreis Oberallgäu erreichbar. Im Westen des Nahverkehrsraumes liegt der Landkreis Lindau, im Nordwesten der zu Baden- Württemberg gehörende Landkreis Ravensburg.

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 9 1.3 Rahmenvorgaben aus anderen Fachplanungen Das Landesentwicklungsprogramm Bayern der bayerischen Staatsregierung fordert für stark frequentierte Tourismusgebiete, dass der ÖPNV als Alternative zum motorisierten Individualverkehr vorrangig ausgebaut und gefördert wird. Im ländlichen Raum sollen die Flächenbedienung durch den ÖPNV stabilisiert und die Bedienungsqualität weiter verbessert werden. Der Regionalplan der Region Allgäu legt besonderen Wert auf bessere Verbindungen zwischen den Gemeinden der Verflechtungsbereiche und den zentralen Orten, insbesondere auch zum Oberzentrum Kempten. Laut Nahverkehrsplan für den regionalen Nahverkehrsraum Ostallgäu/Kaufbeuren ist es für die Weiterentwicklung des ÖPNV im Allgäu durchaus vorstellbar, einen gemeinsamen Tarif für die Landkreise Oberallgäu und Ostallgäu sowie die Städte Kempten und Kaufbeuren zu entwickeln. Die Nahverkehrspläne der übrigen benachbarten ÖPNV-Aufgabenträger enthalten keine Inhalte, die Auswirkungen auf die Nahverkehrsplanung des Landkreises Oberallgäu oder der Stadt Kempten haben. Gemäß Schienennahverkehrsplan 2003-2005 wird die Ausdehnung der Gültigkeit des Bayern-Tickets auf alle Regionalbusse in Bayern angestrebt. 1.4 Finanzielle Rahmenbedingungen Die Finanzierung der durch den Landkreis und die Stadt im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs wahrgenommenen Aufgaben erfolgt durch Mittel der staatlichen ÖPNV-Zuweisung (Art. 27 BayÖPNVG) und durch Eigenmittel. Seit mehreren Jahren ist die Zuweisung der ÖPNV-Mittel an die Erbringung eines Eigenanteils von mindestens einem Drittel des Gesamtaufwandes gebunden. Die Höhe der staatlichen Zuweisungen wird nach Art. 28 BayÖPNVG unter Berücksichtigung folgender Parameter festgesetzt:

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 10 Im Gebiet des Aufgabenträgers erbrachte ÖPNV-Gesamtverkehrsleistung (Nutzplatzkilometer), finanzielle Leistungsfähigkeit des Aufgabenträgers, erforderlicher Aufwand zur Gewährleistung einer angemessenen Verkehrsbedienung und Umfang, in dem der Aufgabenträger die allgemeinen Anforderungen des ÖPNV und den Bedienungsstandard nach Art. 4 und 5 BayÖPNVG erfüllt. Die geplanten Investitionsmaßnahmen der Verkehrsunternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre sind, soweit hierzu Angaben seitens der Unternehmen gemacht wurden, aus der Anlage 1 ersichtlich. 1.5 Rechtliche Rahmenbedingungen Bereits in Abschnitt 1.1 sind allgemeine rechtliche Grundlagen zum Thema Nahverkehrsplanung aufgeführt. Darüber hinaus sind in Art. 13 BayÖPNVG als Aufgaben des Nahverkehrsplans vorgegeben: die Erfassung der im Nahverkehrsraum vorhandenen Verkehrseinrichtungen, die Prognose des künftig zu erwartenden Verkehrsaufkommens im motorisierten Individualverkehr und im ÖPNV auf Schiene und Straße, die Entwicklung von Zielvorstellungen über das künftig anzustrebende Verkehrsaufkommen im ÖPNV auf Schiene und Straße und die Planung von Maßnahmen, die eine bestmögliche Gestaltung des ÖPNV unter Berücksichtigung des Gesamtverkehrs zulassen. In Art. 13 Abs. 2 BayÖPNVG wird die Übereinstimmung des Nahverkehrsplans mit den anerkannten Grundsätzen der Nahverkehrsplanung, den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung (vgl. Abschnitt 1.3), der Städtebauplanung, den Belangen des Umweltschutzes sowie mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangt. Die seit Juli 1998 gültige Leitlinie zur Nahverkehrsplanung in Bayern beinhaltet die Bereiche Planungsgrundsätze, -organisation, -inhalte, -ablauf, -methodik und

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 11 kontrolle. Darüber hinaus enthält sie auch Grenz- und Richtwerte für wesentliche Zielkriterien. Um der Forderung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen ( 8 BGG) nach barrierefreier Gestaltung von öffentlich zugänglichen Verkehrsanlagen und Beförderungsmitteln möglichst weitreichend nachzukommen, sind die Interessen der mobilitätseingeschränkten Personen bei der Planung des ÖPNV stärker als bisher zu berücksichtigen. Das bedeutet, eine behindertengerechte Gestaltung der Zugangsmöglichkeiten zu den öffentlichen Verkehrssystemen ist vorzusehen. Dabei muss auf die Einhaltung der Anforderungen an eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit nach 4 BGG geachtet werden. Auch die technische und wirtschaftliche Machbarkeit muss Berücksichtigung finden. 1.6 Verordnung (EG) 1370/2007 Mit Wirkung vom 03.12.2009 ist die Verordnung (EG) 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (EU-Amtsblatt L 315 S.1) in Kraft getreten. Sie ist unmittelbar geltendes Recht. Ziel der neuen sogenannten EU-Nahverkehrsverordnung ist es, dass alle öffentlichen Mittel, die im Rahmen des ÖPNV fließen, transparent dargestellt sein müssen und dass alle Verkehre, für die öffentliche Ausgleichsleistungen gewährt werden, grundsätzlich einem Vergabeverfahren unterliegen, wenn die Schwellenwerte überschritten sind. Werden Ausgleichsleistungen gewährt, sind außerdem für die entsprechenden Verkehrsleistungen sogenannte öffentliche Dienstleistungsaufträge abzuschließen. Ausnahmen gibt es nur für sogenannte kommerzielle Verkehre (die neben den Fahrgeldeinnahmen nur durch Ausgleichsleistungen nach 45a PBefG, Erstattung für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten nach 145 SGB IX und Beihilfen nach primären Gemeinschaftsrecht nach Art. 9 Abs. 2 der EU Nahverkehrsverordnung finanziert werden) oder bestehende Altverträge (Abschluss vor Inkrafttreten am 03.12.2009) im Rahmen des Art. 8 Abs. 3 der EU- Nahverkehrsverordnung. Als kommerziell sind Verkehre auch dann anzusehen, wenn Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen auf Grundlage allgemeiner Vorschriften nach Art. 3

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 12 Abs. 2 der EU Nahverkehrsverordnung gewährt werden, insbesondere für Verbundtarife oder sonstige verbundbedingte Nachteile in Verkehrsverbünden. Die Landkreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträger nach Art. 8 des BayÖPNVG sind ggf. für die Durchführung der Vergabeverfahren und für den Abschluss der öffentlichen Dienstleistungsaufträge zuständig. Ihre Stellung wird damit durch die neue EU-Nahverkehrsverordnung gestärkt. Daneben besteht weiterhin das Personenbeförderungsgesetz, wonach die Verkehrsunternehmen für die Linien Genehmigungen einholen müssen. Zuständig für die Erteilung der Linienkonzessionen sind als Genehmigungsbehörden die Regierungen, für den Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten also die Regierung von Schwaben. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie hat durch Bekanntmachung vom 14.08.2009 (AZ VII/2-7410/160/1) Leitlinien zur Anwendung der EU-Nahverkehrsverordnung erlassen. Insbesondere wird darin auch das Verhältnis zum bestehenden PBefG geregelt und nochmals auf den Rechtsgedanken des Vorrangs kommerzieller Verkehre aus 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG verwiesen. Zur Vergabe von neuen Verkehrsleistungen: Soweit die Voraussetzungen für eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 1 und 4 der EU- Nahverkehrsverordnung (Dienstleistungskonzession und Einhaltung der maßgeblichen Jahresdurchschnittswerte) vorliegen, soll bei der Vergabe neuer Verkehrsleistungen bzw. nach Ablauf bestehender Verträge vorrangig die Direktvergabe erfolgen, jeweils aber unter der Maßgabe, dass die Kriterien für die Gewährung von Ausgleichsleistungen, die in Art. 4 und 6 sowie dem Anhang der EU- Nahverkehrsverordnung bezeichnet sind (Transparenz, Trennungskostenrechnung, Vermeidung der Überkompensation, vgl. Altmark-Trans-Urteil), durch den Unternehmer eingehalten sind. Wenn auf einer Linie nur für genau definierte abtrennbare Verkehrsleistungen (z.b. Zusatzkurse, Wochenendverkehr, Nachtverkehr, flexible Bedienungsformen) Ausgleichsmittel gewährt werden sollen, wird es als zulässig erachtet, wenn der

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 13 Verkehrsunternehmer die Linie in eine (kommerzielle) Hauptverkehrsleistung und eine (bezuschusste) Nebenleistung aufspaltet und dann nur die Nebenleistung den Vergabekriterien der EU-Nahverkehrsverordnung unterliegt. Hiervon unberührt bleibt jedoch die genehmigungsrechtliche Beurteilung (insbesondere die Frage der Teilbarkeit der Liniengenehmigung) nach dem Personenbeförderungsgesetz. Grundsätzlich ist die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über einen oder mehrere Anträge auf Erteilung einer Liniengenehmigung unabhängig von der Vergabeentscheidung des Aufgabenträgers. Der Landkreis Oberallgäu hat folgende Verkehrsverbesserungsverträge abgeschlossen (Altverträge im Sinne der EU-Nahverkehrsverordnung): 1. Linie Kempten - Wiggensbach (Firma Schweighart) 2. Linie Kempten - Buchenberg - Weitnau - Isny (Firmen RBA, Pfahler) 3. Linie Kempten - Sulzberg (Firma Berchtold) 4. Linie Immenstadt - Missen - Weitnau (Firmen RVA, Komm mit) 5. (Oberstdorf) - Obermaiselstein - Balderschwang (Firmen RVA, Komm mit) Bei den Verträgen 1, 2 und 3 hat die Stadt Kempten die Aufgabenträgerschaft auf den Landkreis übertragen. Die Rechte und Pflichten der Stadt hierzu sind in einer gesonderten Vereinbarung zwischen Stadt und Landkreis geregelt. 1.7 Zielvorgaben Ziel des Nahverkehrsplans ist eine nachfaltige Optimierung und Weiterentwicklung des allgemeinen ÖPNV im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte. Das heißt, das Verkehrsangebot soll auf Basis der Vorgaben des Nahverkehrsplans optimiert und dabei sowohl die Belange der Kunden als auch jene der Verkehrsunternehmen ausreichend berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck gibt die Leitlinie zur Nahverkehrsplanung im Anhang C für wesentliche Zielkriterien Grenz- und Richtwerte vor. Diese beziehen sich auf räumliche Erschließung, Erreichbarkeit übergeordneter Orte, Bedienungshäufigkeiten

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 14 sowie Auslastungsgrad. Außerdem werden Empfehlungen zu qualitativen Standards im ÖPNV (z. B. der Schnittstellen) gegeben. Während es sich bei den Grenzwerten um Mindestanforderungen an den ÖPNV handelt, stellen die Richtwerte einen guten ÖPNV-Standard dar und dienen der Beurteilung bestimmter Angebote. Werden die Grenzwerte unter- bzw. überschritten, muss anhand der jeweiligen speziellen Gegebenheiten von Fall zu Fall entschieden werden, ob die Notwendigkeit besteht, Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu ergreifen. Ist dies nicht der Fall, so soll dies begründet werden. Dabei spielen die Belange der Wirtschaftlichkeit und Finanzierung eine wichtige Rolle. Ziel ist eine effiziente und am Bedarf orientierte Gestaltung des ÖPNV-Angebotes. Vor allem im südlichen Landkreis Oberallgäu ist darüber hinaus der großen Bedeutung von touristisch geprägten Verkehren Rechnung zu tragen.

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 15 2 Bestandsaufnahme und Schwachstellenanalyse Ziel der Bestandsanalyse ist es, das gesamte Verkehrsgeschehen im Nahverkehrsraum zu erfassen und zu analysieren. Um Ursachen und Verteilung der vorhandenen Verkehrsströme beurteilen zu können, werden auch die Raumstruktur und die soziodemografischen Daten dargestellt. Im Zuge der Schwachstellenanalyse werden mit Hilfe der Strukturdaten das derzeitige ÖPNV-Angebot und dessen Nutzung bewertet. 2.1 Raumstruktur und soziodemografische Daten 2.1.1 Einteilung des Untersuchungsgebietes in Verkehrszellen Um das wechselseitige Verkehrsgeschehen im Untersuchungsgebiet erfassen zu können, ist die Einteilung des Raumes in Verkehrszellen erforderlich. Diese Raumeinheiten sollen in sinnvoller Detaillierung abgegrenzte Strukturen repräsentieren. Für den Landkreis Oberallgäu wird definiert, dass jeder Ort ab 300 Einwohner eine Verkehrszelle bildet. Soweit die statistischen Daten nur gemeindescharf vorliegen, werden sie im Folgenden auf dieser Ebene zusammengestellt. Die Unterteilung der Stadt Kempten in elf Verkehrszellen (vgl. Karte 4) wurde unter Berücksichtigung der geografischen Gegebenheiten, der Bebauungsgrenzen, der Flächennutzung, der Linienverläufe der Stadt- und Regionalbusse sowie der statistischen Blöcke vorgenommen. 2.1.2 Zentralörtliche Gliederung Ziel des landesplanerischen Konzepts der zentralen Orte ist die Sicherung und Entwicklung der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen unterschiedlicher Stufen. Unter- und Kleinzentren sollen die Versorgung der ihnen zugeordneten Nahbereiche mit Gütern des allgemeinen täglichen Bedarfs übernehmen. Aufgabe der Mittelzentren ist die Versorgung der Mittelbereiche mit

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 16 Gütern des gehobenen Bedarfs. Durch die Oberzentren soll die Versorgung der Region mit Gütern des höheren und spezialisierten Bedarfs abgedeckt werden. Die zentralen Orte sollen für die Bevölkerung ihres Versorgungsbereichs auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln günstig erreichbar sein. Die zentralörtliche Gliederung des Nahverkehrsraums kann der Karte 1 entnommen werden. Das Landesentwicklungsprogramm Bayern führt folgende zentrale Orte auf: Oberzentrum: Mittelzentren: Unterzentren: Kempten Oberstdorf Sonthofen/Immenstadt (Doppelzentrum) Bad Hindelang Oberstaufen Waltenhofen Im Regionalplan der Region Allgäu treten zu diesen nachstehende Kleinzentren: Kleinzentren: Altusried Blaichach Dietmannsried Durach Fischen i. Allgäu Lauben Oy-Mittelberg Weitnau (bevorzugt zu entwickeln) Wiggensbach 2.1.3 Entwicklungsachsen und Gebietskategorie Das Konzept der Entwicklungsachsen ergänzt das Netz der zentralen Orte. Durch Bündelung bandartiger Infrastruktureinrichtungen sollen die Voraussetzungen für eine Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten geschaffen werden. Darüber hinaus soll durch das Konzept der Entwicklungsachsen die nachhaltige Stärkung von

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 17 strukturschwachen Räumen erreicht werden. Die Achsen beschreiben in ihrem Verlauf den zu entwickelnden Raum. Die Entwicklungsachsen im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten orientieren sich teilweise an den vorhandenen Schienenstrecken, Autobahnen und Bundesstraßen (s. Karte 1): Kempten - Memmingen (KBS 975, A 7) Kempten - Marktoberdorf - Kaufbeuren (KBS 970, B 12) Kempten - Füssen - Reutte (KBS 976, A 7, B 309) Kempten - Immenstadt - Lindenberg - Lindau (KBS 970, B 19, B 308) Beim gesamten Untersuchungsgebiet handelt es sich gemäß dem Landesentwicklungsprogramm Bayern um Ländlichen Raum (s. Karte 1). Die kreisfreie Stadt Kempten zählt einschließlich der benachbarten Gemeinden des Landkreises Oberallgäu zum Stadt- und Umlandbereich im ländlichen Raum, der südliche Landkreis zum Alpengebiet. Die Gemeinden Missen-Wilhams und Weitnau sind der Gebietskategorie "Ländlicher Teilraum, dessen Entwicklung in besonderem Maße gestärkt werden soll zugeordnet. 2.1.4 Bevölkerung Im Nahverkehrsraum wohnen rund 212.600 Menschen, davon 150.500 im Landkreis Oberallgäu und 62.100 in der Stadt Kempten. Die mittlere Bevölkerungsdichte beträgt 134 Ew/qkm im Nahverkehrsraum, 99 Ew/qkm im Landkreis und 982 Ew/qkm in Kempten. Der Regierungsbezirk Schwaben weist im Vergleich dazu eine Bevölkerungsdichte von 179 Ew/qkm, der Freistaat Bayern von 177 Ew/qkm auf (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Stand 12/08). Die Verteilung der Einwohner auf die Gemeinden des Nahverkehrsraums und die sich daraus ergebenden Bevölkerungsdichten sind aus der Anlage 2 und der Karte 2 ersichtlich. Nach Kempten sind Sonthofen und Immenstadt die bevölkerungsreichsten Städte. Dies spiegelt sich auch bei der Betrachtung der Populationsdichten wieder. Die bei weitem größte Dichte weist die Stadt Kempten mit

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 18 ihrer direkten Umgebung auf, gefolgt vom Raum Sonthofen/Immenstadt. Die am dünnsten besiedelten Gebiete liegen am alpin geprägten südlichen Rand des Nahverkehrsraums. Die Anlage 3 veranschaulicht die Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Oberallgäu und der Stadt Kempten. Für den ÖPNV sind die Einwohner im Alter zwischen 6 und 17 Jahren von großem Interesse, weshalb deren Anzahl pro Gemeinde in die Anlage 2 aufgenommen wurde. Es handelt sich hier näherungsweise um die Schüler am Wohnort. Sie haben in der Regel noch keinen Führerschein und sind deshalb zwangsweise auf den ÖPNV angewiesen. Der größte Teil der Bevölkerung gehört allerdings den Altersklassen zwischen 30 und 64 Jahren an. Darunter befinden sich erfahrungsgemäß viele Berufspendler, die dauerhaft einen Pkw zur Verfügung haben. Diese Personen mit freier Verkehrsmittelwahl stellen eine Zielgruppe dar, die nur schwer für den ÖPNV gewonnen werden kann, besonders in ländlichen Räumen. Bei den über 64-jähringen ist der Anteil jener, welche das Angebot des ÖPNV nutzen, wieder höher, da viele einen eigenen Pkw nicht mehr fahren können oder wollen. Der Anlage 4, der Karte 3 und der Karte 4 können die Bevölkerungszahlen der einzelnen Stadt- und Gemeindeteile mit mindestens 300 Einwohnern entnommen werden. Dabei handelt es sich um die Verkehrszellen gemäß Abschnitt 2.1.1. Es wurden auch jene Einwohner berücksichtigt, welche nur ihren Zweitwohnsitz im jeweiligen Stadt- oder Gemeindeteil haben. Sonderfälle stellen die Gemeindehauptorte Balderschwang und Ofterschwang dar: sie bilden auf Grund ihrer Funktion eigene Verkehrszellen, obwohl sie keine 300 Einwohner aufweisen. In der Karte veranschaulichen die Kreisdurchmesser die Größe der Orte. Außerdem sind die Stadt- und Gemeindeteile durch ihre Farbgebung in Bevölkerungsklassen mit Bedeutung für die Schwachstellenanalyse eingeteilt. 2.1.5 Schulstandorte Die bedeutendsten Ziele der Ausbildungsverkehre im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten sind die Standorte der weiterführenden Schulen Immenstadt, Sonthofen sowie insbesondere Kempten. In Oberstdorf gibt es ebenfalls eine

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 19 weiterführende Schule (Gymnasium). Der Schulstandort fällt aber im Vergleich zu den oben genannten Standorten weniger ins Gewicht. Die Verteilung der Schulen im Nahverkehrsraum zeigen die Karte 5 und die Karte 6. Die Zeiten für Unterrichtsbeginn und -ende der weiterführenden Schulen und der Berufsschulen im Nahverkehrsraum können der Anlage 5 entnommen werden. 2.1.6 Gewerbeansiedlungen Im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten gibt es 112.700 Erwerbstätige, davon 66.600 im Landkreis Oberallgäu und 46.100 in der Stadt Kempten (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Stand 2007). Die 73.161 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Stand 06/08) machen davon einen Anteil von 65% aus. Für diesen Teil der Erwerbstätigen kann der Anlage 2 sowie der Anlage 6 die Verteilung auf die Arbeitsorte (Gemeinden) entnommen werden. Die bei weitem meisten Arbeitsplätze gibt es in Kempten, gefolgt von Immenstadt und Sonthofen. Im Rahmen einer Fragebogenaktion wurden die Städte, Märkte und Gemeinden u. a. gefragt, welche größeren Gewerbe- und Industriegebiete bzw. Gewerbe- und Industriebetriebe sich in den Ortsteilen ihrer Gemeinde befinden. Die Ergebnisse können der Anlage 7 entnommen werden. 2.1.7 Einkauf, Versorgung und Verwaltung Neben Schulen und Arbeitsstätten stellen auch Einkaufs-, Versorgungs- und Verwaltungseinrichtungen bedeutende verkehrliche Ziele dar. Je höher die Einstufung einer Ortschaft in der Hierarchie der zentralen Orte (vgl. 2.1.2), desto größer ist in der Regel dessen Bedeutung als Standort für verkehrintensive Einrichtungen. So verhält es sich auch im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten. In Anlage 8 sind jene Ortschaften ab 300 Einwohner und Gemeindehauptorte aufgeführt, in denen es keine Einkaufsmöglichkeit für Waren des täglichen Bedarfs gibt.

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 20 Die meisten Kliniken befinden sich in Kempten (u.a. das Klinikum Kempten- Oberallgäu und das Bezirkskrankenhaus). Weitere Krankenhäuser und Kliniken gibt es in Bad Hindelang, Immenstadt, Oberstaufen, Oberstdorf, Oy-Mittelberg, Sonthofen sowie Sulzberg. Auch die Pflegeeinrichtungen (Seniorenheime, betreutes Wohnen) konzentrieren sich hauptsächlich in Kempten. Weitere Einrichtungen dieser Art existieren an den Standorten Altusried, Bad Hindelang, Blaichach, Dietmannsried, Durach, Fischen, Immenstadt, Oberstaufen, Oberstdorf, Oy-Mittelberg, Rettenberg, Sonthofen, Sulzberg, Waltenhofen, Wiggensbach und Weitnau. 2.1.8 Freizeit und Tourismus Der Tourismus ist aufgrund der dafür günstigen geografischen Gegebenheiten ein zentraler Bestandteil in der Region Oberallgäu/Kempten; sowohl im Sommer, als auch im Winter. Ein gut ausgebauter ÖPNV ist folglich unverzichtbar, damit Touristen/Tagesgäste und Einheimische (zur Naherholung) ihre Ziele erreichen können. In der Karte 7 sind die Gästeankünfte und Gästeübernachtungen der Gemeinden im Nahverkehrsraum und des Kleinwalsertals dargestellt. Auffällig ist die Konzentration der Touristen auf den südlichen Teil des Untersuchungsgebiets. Der bedeutendste Tourismusort ist Oberstdorf, u.a. auch wegen seines gut ausgebauten Wintertourismus und Sportgroßveranstaltungen. Weitere gut besuchte Regionen sind die Gemeinden Oberstaufen und Bad Hindelang, die Hörnerdörfer (Fischen, Balderschwang, Bolsterlang, Obermaiselstein und Ofterschwang) sowie das angrenzende österreichische Kleinwalsertal. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Touristen ist im Allgemeinen mit ca. 6 Übernachtungen in den Orten des südlichen Oberallgäus deutlich höher als in Kempten (weniger als 2 Übernachtungen) und dessen Umgebung. Die wichtigsten Tourismus- und Freizeitziele in der Region zeigt die Karte 8. Für den Wintertourismus sind dies vor allem die Liftanlagen mit ihren Skipisten und die Loipenanlagen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Rodelbahnen, Winterwanderwege Eislaufzentren, etc. Für den Sommertourismus gibt es ein umfassendes Angebot an

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 21 Wanderwegen, Klettersteigen, Hochseilgärten, Radwegen, Bademöglichkeiten (Seen und Schwimmbäder), Wassersporteinrichtungen, Sommerrodelbahnen, etc. 2.1.9 Angebotskriterien im Individualverkehr Im Nahverkehrsraum Oberallgäu/Kempten sind 147.885 Kraftfahrzeuge gemeldet; davon 116.104 Personenkraftwagen. Dies entspricht einer Pkw-Dichte von 546 pro 1000 Einwohner. Dieser Wert liegt etwas höher als der Durchschnitt von Schwaben mit 535 Pkw pro 1000 Einwohner und jenem von Bayern mit 541 Pkw pro 1000 Einwohner. Die Pkw-Dichte in der Stadt Kempten beträgt 524 Pkw pro 1000 Einwohner und im Landkreis Oberallgäu 555 Pkw pro 1000 Einwohner (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Stand 01/09). Das Straßennetz ist bis in den kommunalen Bereich hinein gut ausgebaut. Es führen zwei Autobahnen und fünf Bundesstraßen durch den Nahverkehrsraum: A 7 Ulm - Kempten - Füssen A 980 Waltenhofen - Dreieck Allgäu (A 7) B 12 Isny - Weitnau - Kempten - Marktoberdorf B 19 Kleinwalsertal - Oberstdorf - Sonthofen - Immenstadt - Kempten B 308 Lindenberg - Oberstaufen - Immenstadt - Sonthofen - Bad Hindelang - Oberjoch B 309 Kempten - Oy-Mittelberg - Nesselwang - Füssen B 310 Oberjoch - Wertach - Oy-Mittelberg Die B 19, welche die wichtigsten Zentren der Region miteinander verbindet, ist zwischen Kempten und Sonthofen vierspurig ausgebaut. Für den ruhenden Verkehr werden im Stadtgebiet von Kempten insgesamt ca. 5.500 öffentliche Parkplätze angeboten (Quelle: Stadt Kempten).

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 22 2.2 Gesamtverkehrsnachfrage 2.2.1 Berufsverkehr Daten zur Verkehrsnachfrage mit dem Fahrtenanlass Arbeit liegen in Form von Pendlerstatistiken der Bundesagentur für Arbeit vor. Diese Auswertungen umfassen allerdings nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, also etwa 65% der arbeitenden Bevölkerung des Nahverkehrsraums (vgl. Anschnitt 2.1.6). Die Anlage 9 zeigt die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ein- und Auspendler der Gemeinden im Untersuchungsgebiet. Unter Einpendler versteht man Beschäftigte mit dem Arbeitsort in der jeweiligen Gemeinde und einem Wohnort außerhalb, unter Auspendler Beschäftigte mit dem Wohnort in der Gemeinde und einem Arbeitsort außerhalb. Die Städte mit den größten Pendlerströmen sind Kempten, Immenstadt und Sonthofen. Die Zahl der Einpendler nach Kempten ist mehr als doppelt so groß wie jene der Auspendler. Ähnlich verhalten sich die Relationen in Immenstadt und Oberstdorf. Die Pendlerverflechtungen mit Quelle und Ziel sind in Karte 9 für die Wegrichtung vom Wohnort zum Arbeitsort dargestellt. Es handelt sich um alle Relationen mit Quelle und/oder Ziel im Nahverkehrsraum und mindestens 50 Pendlern zwischen zwei Gemeinden. Dabei wird die Anzahl der Pendler zu der in Fahrtrichtung liegenden Gemeinde jeweils durch die Dicke des rechten Balkens symbolisiert. Alle Beziehungen mit über 100 Pendlern zwischen zwei Gemeinden sind auch in der Anlage 10 gelistet. Dabei wurden die Binnenverkehre im Nahverkehrsraum, die einbrechenden Verkehre und die ausbrechenden Verkehre jeweils separat in einer Tabelle zusammengefasst. Die bedeutendsten Relationen sind jene von Waltenhofen, Altusried, Durach und Dietmannsried nach Kempten sowie von Sonthofen nach Immenstadt. 2.2.2 Ausbildungsverkehr In der Karte 10 sind die Wohnort-Schulstandort-Beziehungen der auf Kosten des Landkreises Oberallgäu und der Stadt Kempten beförderten Schüler abgebildet.

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 23 Dabei handelt es sich um die im Nahverkehrsraum wohnenden Schüler bis einschließlich Klasse 10 (und Berufsschüler im Vollzeitunterricht) an öffentlichen (oder anerkannten privaten) Gymnasien, Realschulen, Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, Berufsschulen, Berufsfachschulen, Förderschulen und M-Zügen der Hauptschulen, die die nächstgelegene Schule ihrer Ausbildungsrichtung besuchen und deren Schulweg mindestens 3 Kilometer pro Fahrtrichtung beträgt. Die Anzahl der Ausbildungspendler zum in Fahrtrichtung liegenden Schulstandort wird jeweils durch die Dicke des rechten Balkens symbolisiert und selber wiederum rechts von diesem dargestellt. Überlagert wird diese Verkehrsstruktur durch die nicht dargestellten Schülerverkehre zu den Grundund Hauptschulen. Die stärksten Schülerströme führen aus den Gemeinden rund um Kempten zu den Schulen im Oberzentrum. Daneben gibt es auch bedeutende Wohnort-Schulstandort- Relationen mit dem Ziel Immenstadt. Die wichtigsten Schulstandorte außerhalb des Nahverkehrsraums sind Isny und Leutkirch. Die Pendlerverflechtungen der Schüler mit Wohn- und Schulstandort Kempten (also ohne die vom/zum Landkreis ein- und ausbrechenden Verkehre) sind in der Karte 11 dargestellt. Hier wurden auch die Schüler der Grund- und Hauptschulen berücksichtigt. 2.2.3 Besorgungs- und Freizeitverkehr Bei den Zielen der Be- und Versorgungsverkehre handelt es sich um die zentralen Orte der Raumplanung (vgl. Abschnitt 2.1.7). Stärke und zeitliche Verteilung dieser Verkehre variieren dagegen so sehr, dass eine Erfassung nur mit sehr hohem Aufwand möglich wäre. In noch verstärktem Maße gilt dies für die Freizeitverkehre, welche zudem auch räumlich nicht konstant sind (vgl. Abschnitt 2.1.8). Aussagen zum Thema Freizeitverkehr im ÖPNV des südlichen Oberallgäu werden im Abschnitt 2.4 getroffen. Darüber hinaus wird hier auf die Ergebnisse der Studie Mobilität in Deutschland 2008 zurückgegriffen, die im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstellt wurde.

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 24 Laut dieser Untersuchung entfallen auf die Bereiche Freizeit, Einkauf und private Erledigungen insgesamt 65% aller im Alltagsverkehr in Deutschland zurückgelegten Wege (alle Wege einschließlich der Fußwege für alle Personen ab 0 Jahre). Dagegen machen die in den beiden vorangegangenen Abschnitten behandelten Wege von und zur Arbeit oder Ausbildung zusammen nur 20% aus (vgl. Abbildung 1). Wegezwecke im Alltagsverkehr (Stand 2008) Begleitung 8% Ausbildung 6% dienstlich 8% Arbeit 14% private Erledigungen 12% Freizeit 32% Einkauf 21% Abbildung 1: Wegezwecke in Deutschland Quelle: Mobilität in Deutschland 2008 Die Kategorie Einkauf umfasst 21% und die Kategorie Private Erledigungen 12% der in Deutschland zurückgelegten Wege. Den größten Bereich bildet mit 32% der Freizeitverkehr. 2.2.4 Verkehrsmittelwahl Im Zuge der Studie Mobilität in Deutschland 2008 wurde auch die Verkehrsmittelnutzung untersucht (s. Abbildung 2). Für nur 9% aller in Deutschland zurückgelegten Wege wurde als Hauptverkehrsmittel der öffentliche Personenverkehr (umfasst ÖPNV und öffentlichen Personenfernverkehr) angegeben. Der ÖPV liegt somit an letzter Stelle. Das dominierende Verkehrsmittel ist dagegen

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 25 mit insgesamt 58% (43% Fahrer und 15% Mitfahrer) das Auto. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad werden 33% der Wege zurückgelegt (Quelle: Mobilität in Deutschland 2008). Wege nach Hauptverkehrsmittel (Stand 2008) MIV- Mitfahrer 15% ÖPV 9% zu Fuß 23% Fahrrad 10% MIV-Fahrer 43% Abbildung 2: Verkehrsmittelnutzung in Deutschland Quelle: Mobilität in Deutschland 2008 2.3 Derzeitiges ÖPNV-Angebot 2.3.1 Leistungsangebot im SPNV Das Angebot im SPNV wird von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) im Auftrag des Freistaates Bayern geplant. Die Erfassung und Analyse des bestehenden Angebots auf der Schiene ist aus gesamtplanerischen Gründen dennoch erforderlich. Der SPNV im Nahverkehrsraum wird von der DB Regio und der Länderbahn (Arriva Deutschland) bedient. Durch die Region führen die Bahnlinien München/Augsburg - Buchloe - Kaufbeuren - Kempten - Lindau/Oberstdorf (KBS 970), Ulm - Memmingen - Kempten - Oberstdorf/Lindau (KBS 975) und Kempten - Reutte - Garmisch- Partenkirchen (KBS 976).

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 26 Alle Strecken treffen sich am Hauptbahnhof in Kempten, der somit einen wichtigen Knotenpunkt für die Region darstellt. Von dort aus werden täglich mindestens 17 umsteigefreie Verbindungen nach Ulm, 24 nach Oberstdorf, 21 nach Lindau, 13 nach München, 9 nach Augsburg, 16 nach Pfronten und 8 nach Reutte angeboten (Stand Juli 2010). Im Bahnhof Immenstadt erfolgt bei einem Großteil der RE-Züge von/nach Ulm und Augsburg (- Nürnberg) bzw. des ALEX von/nach München eine Zugflügelung bzw. Vereinigung von/nach Oberstdorf und Lindau. Auf allen Strecken werden ganztägig Taktverkehre angeboten; z.b. auf der Verbindung München - Oberstdorf/Lindau mindestens ein 120-Minutentakt umsteigefrei. Auf der umsteigefreien Verbindung Ulm - Oberstdorf wird ein 120- Minutentakt angeboten. Der Abschnitt Kempten - Oberstdorf wird fast ganztägig alle 30 bis 45 Minuten umsteigefrei bedient. Der Abschnitt Kempten - Memmingen - Ulm wird stündlich umsteigefrei bedient. Inklusive der Umsteigeverbindungen ergibt sich auf allen Strecken mindestens ein 60-Minutenttakt. Mit wenigen IC/EC-Verbindungen pro Tag mit Halt in Kempten (teilweise auch Immenstadt, Sonthofen, Fischen und Oberstdorf) ist der Nahverkehrsraum nur sehr eingeschränkt direkt an das Fernverkehrsnetz angebunden (einzelne Fahrten auf den Achsen München - Zürich, Hamburg - Oberstdorf und Dortmund - Oberstdorf). 2.3.2 Leistungsangebot im allgemeinen ÖPNV Analysiert wurde das Fahrplanangebot mit Stand 2009 inklusiv bestehender Bedarfsverkehre. Als Referenzzeit für die saisonal unterschiedlichen Fahrpläne wurde Mitte Juni gewählt. Eine Übersicht über die ÖPNV-Linien des Nahverkehrsraums verschafft die Anlage 11. Es handelt sich neben den Bahnlinien (s. Abschnitt 2.3.1) um rund 50 Regionalbuslinien, die Stadtverkehre Kempten, Sonthofen und Immenstadt sowie den Ortsverkehr Oberstdorf. Auf zwölf Linien im Raum Kempten und drei Linien im Raum Sonthofen werden derzeit hauptsächlich in den Abend- und Nachtstunden AST-Verkehre angeboten. Die ÖPNV-Bedienung (Anzahl Linienfahrten je Richtung und Tag), aufgeschlüsselt nach Verkehrssystemen, ist in Karte 12 für einen Schultag und in Karte 13 für einen

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 27 Werktag in den Schulferien dargestellt. In den Ferien werden vor allem auf einigen Regionalbuslinien mit integriertem Schulverkehr weniger Fahrten angeboten, vereinzelt fallen sogar ganze Linienäste weg. So ist dann z.b. der Buchenberger Ortsteil Kreuzthal nur noch dienstags und donnerstags mit dem ÖPNV zu erreichen. An Samstagen (s. Karte 14) sowie Sonn- und Feiertagen (s. Karte 15) ist der Busverkehr auf den meisten Linien deutlich eingeschränkt und einige werden überhaupt nicht bedient (vgl. Anlage 11). Ein nahezu konstantes Angebot an allen sieben Wochentagen bieten die stark vom Tourismus geprägten Strecken im südlichen Oberallgäu, zum Beispiel jene zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal. Rund um Kempten und Sonthofen findet in der Schwachverkehrszeit (18:30 Uhr - 6:00 Uhr) teilweise nur eine Bedienung durch AST-Verkehre statt. In der Karte 16 ist das Liniennetz der Kemptener Kernstadt dargestellt. Die Stadtbuslinien werden durch zahlreiche Regionalbuslinien ergänzt, wobei die Linie 21 für den Stadtteil St. Mang die Funktion eines Stadtverkehrs übernimmt und auch die Linie 32 die Stadt Kempten nicht verlässt. Samstag Nachmittag und Sonnund Feiertags verkehren statt der Linien 1 bis 9 die Linien 100, 200, 300 und 400 auf eigenen Linienwegen (s. Karte 17). St. Mang wird abends und am Wochenende von der Linie 201 erschlossen. An allen Wochentagen wird die Bedienung nach 20:30 Uhr von AST-Verkehren übernommen. Die in der Anlage 12 aufgeführten touristischen Verkehre und Werksverkehre haben für den ÖPNV kaum Bedeutung und werden deshalb in der Analyse nicht berücksichtigt. Viele Schülerverkehre des Nahverkehrsraums sind in öffentliche Linien integriert. Die verbliebenen freigestellten Verkehre sind in der Anlage 13 gelistet. Darüber hinaus existieren Sonderverkehre bei Großveranstaltungen, um die auftretenden Menschenmassen an ihr Ziel zu bringen. An den Veranstaltungstagen werden zusätzliche Busse und Züge für die Hin- und Rückfahrt in die entsprechenden Orte eingesetzt. Außerdem werden Pendelbusse von Bahnhöfen oder Parkplätzen zu den entsprechenden Veranstaltungen eingerichtet. Solche

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 28 Sonderverkehre gibt es bei Sportveranstaltungen (z.b. Skispringen), traditionellen Events (z.b. Viehscheid) und Festen (z.b. Allgäuer Festwoche in Kempten). 2.3.3 Erreichbarkeit Die räumliche Erschließung der Orte durch werktags bediente Haltestellen ist in Karte 18 für den gesamten Nahverkehrsraum und in Karte 19 für den Bereich der Stadt Kempten dargestellt. Die Größe der Haltestelleneinzugsbereiche beruht dabei auf den Richtwerten der Tabelle 2 (s. S. 36). Die Analyse der Beförderungszeiten, der zeitlichen Erschließung und zum Teil der Bedienungshäufigkeiten (vgl. Abschnitt 2.3.4) wurde mit Hilfe einer Verkehrsplanungssoftware durchgeführt. Diese ermittelt ÖPNV-Verbindungen für die betroffenen Relationen zwischen den Ortschaften des Nahverkehrsraums und den übergeordneten Orten unter Berücksichtigung nachfolgender Parameter: Untersucht wurde der während der Schulferien geltende Fahrplan, da dieser für gewöhnlich ein im Vergleich zu Schultagen reduziertes Angebot abbildet. Stellvertretend für die Werktage Montag bis Freitag wurde der mittwochs geltende Fahrplan untersucht. Bei Fahrplänen mit saisonalen Unterschieden wurde der Juni als Beispielmonat herangezogen. Die Umsteigehäufigkeit ist auf maximal drei Umsteigevorgänge pro Verbindung beschränkt. Verbindungen, die im Vergleich zu den übrigen auf der gleichen Relation gefundenen Verbindungen besonders viel Zeit in Anspruch nehmen, werden nicht berücksichtigt (ein Umstieg wird durch einen Zeitaufschlag einkalkuliert). In großen Orten mit sehr vielen Haltestellen wird der Schwerpunkt auf einige wenige zentrale Haltestellen gelegt. Bei der Berechnung der Reisezeit werden die Fußwege zur Starthaltestelle und ab der Zielhaltestelle in der Regel nicht berücksichtigt. Bei Orten, die sich im Einzugsbereich eines außerhalb liegenden Bahnhofs befinden, werden die dort angebotenen Zugverbindungen in die Analyse einbezogen. In Einzelfällen trifft dies auch auf außerhalb von Ortschaften

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 29 liegende Bushaltestellen und die dort angebotenen Kurse zu. In allen diesen Fällen fließen dann Fußwegzeiten in die Reisezeitberechnung ein. Die Untersuchungsergebnisse zur Erreichbarkeit der übergeordneten Orte sind in der Anlage 14 aufgeführt. Überprüft wurden die Verbindungen zu bzw. von den Gemeindehauptorten sowie den Unter- und Mittelzentren gemäß Tabelle 1 (s. S. 29). Dabei wurde in zwei Fällen von der Einteilung der Mittelbereiche laut Landesentwicklungsprogramm Bayern abgewichen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Der Gemeinde Ofterschwang wurde wegen der kürzeren Entfernung das Mittelzentrum Sonthofen statt Oberstdorf zugeordnet und der Gemeinde Weitnau auf Grund der besseren Erreichbarkeit und der größeren Bedeutung das Oberzentrum Kempten an Stelle von Immenstadt. Gemeinde Unterzentrum Mittelzentrum Altusried Kempten Kempten Bad Hindelang Bad Hindelang Sonthofen Balderschwang Oberstdorf Oberstdorf Betzigau Kempten Kempten Blaichach Sonthofen Sonthofen Bolsterlang Oberstdorf Oberstdorf Buchenberg Kempten Kempten Burgberg Sonthofen Sonthofen Dietmannsried Kempten Kempten Durach Kempten Kempten Fischen Oberstdorf Oberstdorf Haldenwang Kempten Kempten Immenstadt Immenstadt Immenstadt Lauben Kempten Kempten Missen-Wilhams Immenstadt Immenstadt Obermaiselstein Oberstdorf Oberstdorf Oberstaufen Oberstaufen Immenstadt Oberstdorf Oberstdorf Oberstdorf Ofterschwang Sonthofen Sonthofen Oy-Mittelberg Kempten Kempten Rettenberg Immenstadt Immenstadt Sonthofen Sonthofen Sonthofen Sulzberg Kempten Kempten Waltenhofen Waltenhofen Kempten Weitnau Kempten Kempten Wertach Kempten Kempten Wiggensbach Kempten Kempten Wildpoldsried Kempten Kempten Tabelle 1: Zuordnung der Gemeinden zu den Unter- und Mittelzentren

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 30 Bei den aufgeführten Beförderungszeiten handelt es sich um Durchschnittswerte über die gefundenen Verbindungen in beide Fahrtrichtungen. Erreichbarkeit innerhalb des ersten Halbtages bedeutet die Möglichkeit einer Fahrt in den übergeordneten Ort am Morgen (6:00 Uhr bis 8:00 Uhr) und einer Rückfahrt am Mittag (12:00 Uhr bis 14:00 Uhr). Die Erreichbarkeit innerhalb eines Ganztages ist erfüllt, wenn eine morgendliche Hinfahrt und eine abendliche Rückfahrt (16:00 Uhr bis 18:30 Uhr) möglich sind. In der Karte 20 sind Reisezeitisochronen ab Kempten dargestellt (Haltestelle ZUM), in der Karte 21 jene ab Immenstadt und Sonthofen (jeweils Bahnhof und Busbahnhof) und in der Karte 22 die Isochronen ab Oberstdorf (Bahnhof und umliegende Bushaltestellen). Anhand der farbigen Kreisflächen um die Zielhaltestellen lässt sich erkennen, welche Bereiche des Nahverkehrsraums in einem bestimmten Zeitintervall mit dem ÖPNV erreicht werden können (einschließlich einer Gehzeit von maximal 15 Minuten ab der Zielhaltestelle). 2.3.4 Bedienungshäufigkeiten Für die Analyse der Bedienungshäufigkeiten montags bis freitags (wenn Werktag) wurde folgende Einteilung in Verkehrszeiten festgelegt. Hauptverkehrszeiten (HVZ) Nebenverkehrszeiten (NVZ) Schwachverkehrszeit (SVZ) 6:00 Uhr bis 8:00 Uhr 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr 16:00 Uhr bis 18:30 Uhr 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr 18:30 Uhr bis 6:00 Uhr Die Untersuchung für den ländlichen Raum (Landkreis Oberallgäu) wurde mit Hilfe der bereits angesprochenen Verkehrsplanungssoftware durchgeführt (vgl. Anmerkungen in Abschnitt 2.3.3). Ermittelt wurden hier die Bedienungshäufigkeiten in Bezug auf die übergeordneten Orte. Der Anlage 15 kann die Anzahl der Verbindungen zu und von den zentralen Orten an einem Ferientag getrennt nach

Nahverkehrsplan Oberallgäu/Kempten Seite 31 Verkehrszeit und Richtung entnommen werden. Die Anzahl der Fahrtmöglichkeiten an den Wochenenden und Feiertagen zum nächsten Mittelzentrum (zwischen 8 Uhr und 14 Uhr) und zurück (zwischen 13 Uhr und 19 Uhr) sind aus der Anlage 16 ersichtlich. Hier wurde darüber hinaus geprüft, ob in bestimmten Zeitspannen Hinfahrten (8 Uhr bis 11 Uhr und 11 Uhr bis 14 Uhr) bzw. Rückfahrten (13 Uhr bis 16 Uhr und 16 Uhr bis 19 Uhr) möglich sind und demzufolge sinnvolle Hin-Rück- Verbindungen (Fahrtenpaare mit einer hinreichenden Aufenthaltszeit am Zielort) vorhanden sind. Die Anlage 17 fasst die Ergebnisse der Untersuchung der Bedienungshäufigkeit für die Stadt Kempten zusammen. Für die Analyse wurden die Verkehrszellen der Stadt Kempten (vgl. Abschnitt 2.1.1 und Karte 4) unter Berücksichtigung der Buslinienverläufe in kleinere Abschnitte unterteilt, die jeweils eine relativ gleichmäßige Bedienung aufweisen. Im zweiten Spaltenblock der Tabelle wird die Bedienungshäufigkeit montags bis freitags während der Schulferien beschrieben und im dritten jene an den Wochenenden und Feiertagen (nicht jedes Mal explizit erwähnt wurde, dass nachts zwischen dem Betriebsschluss der AST-Verkehre und den ersten Bussen am Morgen keine Bedienung stattfindet). 2.3.5 Infrastruktur und Schnittstellen Die wichtigsten Schnittstellen (Umsteigepunkte) zwischen dem Schienenverkehr und dem allgemeinen ÖPNV sind die Bahnhöfe in Kempten, Sonthofen, Immenstadt, Oberstdorf, Oberstaufen, Fischen, Blaichach, Oy-Mittelberg und Dietmannsried. Gleichzeitig handelt es sich hier meist auch um bedeutende Verknüpfungspunkte zwischen verschiedenen Buslinien. In Kempten treffen sich alle Buslinien an der Zentralen Bus-Umsteigestelle (ZUM). Ein weiterer erwähnenswerter Umsteigepunkt verschiedener Buslinien ist der Busbahnhof in Bad Hindelang. Eine Aufstellung der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Verknüpfung zwischen der Bahn und dem Individualverkehr bzw. dem ÖPNV enthält die Anlage 18. Plätze für P+R sowie Fahrradabstellmöglichkeiten stehen an den meisten Bahnhöfen zur Verfügung.