Organisationszeiten und Fahrt- und Wegezeiten Eine vierteilige Serie zu Zeiten und Minutenwerten in der Pflege, in der Organisation und als Fahrt- und Wegezeiten 1. Teil = Ist Pflege nach Zeit die bessere Pflege? 2. Teil = Vor- und Nachteile der Erbringung von Pflege mit Leistungskomplexen 3. Teil = Eine einfache Lösung zur Ermittlung von Zeiten für Leistungskomplexe mit neuem, exklusiven, umfangreichen und kostenlosen Download 4. Teil = Fahrt- und Wegezeiten und Organisationszeiten richtig definieren, erfassen und auswerten 4. Teil Fahrt- und Wegezeiten und Organisationszeiten richtig definieren, erfassen und auswerten Kennzahlen, Erhebung, Auswertung, Richtwerte und mögliche Maßnahmen Der große Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten (ca. 70%, ohne die Personalkosten der Leitung) erfordert eine differenzierte Analyse der Arbeitszeit der Mitarbeiter. Inzwischen haben viele Pflegedienste hierfür eine mobile Datenerfassung im Einsatz. Alternativ werden Einsatzpläne ausgedruckt und diese von den Mitarbeitern intensiv bearbeitet hinsichtlich von Veränderungen bei den Leistungen und/oder einer minutiösen Zeiterfassung. Die Kenntnis um die Organisationszeiten und die Fahrt- und Wegezeiten spielen eine große Rolle a) bei jetzigen oder zukünftigen Einzelverhandlungen, wenn es um Stundensätze gehen sollte, oder b) bei der Personal-Einsatz-Planung. Deshalb sollten hierzu Erhebungen stattfinden, die auch in Kennzahlen münden können. Kennzahlen zu den Organisationszeiten und den Fahrt- und Wegezeiten 1.) Die durchschnittliche Zeit von Patient zu Patient, gemessen in Minuten wird ermittelt durch die Division aller Fahrt- und Wegezeiten eines Monats Anzahl aller Hausbesuche. 2.) Der prozentuale Anteil der Fahrt- und Wegezeiten wird ermittelt durch die Division aller Fahrt- und Wegezeiten eines Monats Gesamte Anwesenheitszeit aller Mitarbeiter (= Ebene B des Stundenmodells). 3.) Der prozentuale Anteil der Organisationszeiten wird ermittelt durch die Division aller Organisationszeiten eines Monats Gesamte Anwesenheitszeit aller Mitarbeiter (= Ebene B des Stundenmodells). 1995 2014 Thomas Sießegger Seite 1
Weitere Kennzahlen zu Fahrt- und Wegezeiten und Organisationszeiten Zudem können die Organisationszeiten und die Fahrt- und Wegezeiten noch weiter differenziert erfasst und ausgewertet werden. Die Organisationszeiten sollten zunächst differenziert werden, indem die Aktivitäten und Tätigkeiten, die dazu gehören definiert werden, und siede sollten dann gegebenenfalls in 7-12 Kategorien erfasst werden. Die Fahrt- und Wegezeiten können weiter unterteilt werden in: - am Wochenende, tagsüber - am Wochenende, abends - werktags, abends - werktags, abends Insbesondere für eine individuelle, wirtschaftliche, minutiöse und individuelle Personal- Einsatz-Planung sind diese Informationen von großer Bedeutung. Außerdem werden diese Daten benötigt für das Führen von Einzelverhandlungen. Wenn eines Tages (oder schon im Namen des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes [PNG]) Stundensätze vorgeschrieben sind, wird es für Einzelverhandlungen dieser differenzierten Daten unbedingt benötigen. Definition der Fahrt- und Wegezeiten Ermittlung: Erfassen Sie für einen gesamten Monat alle Zeiten der Mitarbeiter a) vom Pflegedienst bis zum 1. Patienten 1, b) bei allen Patienten, die Zeit - beginnend bei Haustür schließen - sie endet beim Haustür öffnen des nächsten Patienten, c) vom letzten Patienten bis zum Pflegedienst 2. Anmerkung zu den Fahrt- und Wegezeiten Die Fahrt- und Wegezeit ist nicht wesentlich zu beeinflussen. Einzig die Tourenplanung ist immer wieder zu prüfen, ob die Abfolge der Einsätze der Mitarbeiter optimal ist. Aber ansonsten ist die Fahrt- und Wegezeit im Wesentlichen durch regionale Gegebenheiten geprägt [z.b. Berge, Stadtgebiet, Baustellen, dünne Besiedelung auf dem Land, das Versorgen einer Einrichtung des Betreuten Wohnens, aufgrund von Witterung, usw.]. Diese Gegebenheiten sind idealer Weise in der Vergütung der Hausbesuchspauschalen zu berücksichtigen. 1 sollte die Mitarbeiterin von ihrem Zuhause aus den ersten Patienten anfahren, gilt dies in der Regel nicht als Arbeitszeit bzw. auch nicht als Fahrt- und Wegezeit 2 sollte die Mitarbeiterin nach dem letzten Patienten nach Hause fahren, so gilt dies in der Regel nicht als Arbeitszeit bzw. auch nicht als Fahrt- und Wegezeit 1995 2014 Thomas Sießegger Seite 2
Definition der Organisationszeiten A = Normale vereinbarte (Jahres-)Arbeitszeit - Urlaub und Krankheit B = Anwesenheits-Zeit - Koordinations- und Organisations-Zeiten C = Einsatz-Zeit - Fahrtzeiten bzw. Wegezeiten D = Reine Netto-Pflege-Zeit für die Kunden Die Anwesenheitszeit der Pflege-Mitarbeiter (Ebene B) setzt sich zusammen aus - Pflegezeit (und Hauswirtschaft und Betreuung) - Fahrt- und Wegezeiten - Organisationszeiten. Zu den Organisationszeiten können folgende Tätigkeiten gerechnet werden: Vorbereiten der Pflegedokumentation für neue Pflegebedürftige Dienstbesprechungen, Dienstberatungen, Fallbesprechungen Dienstübergaben zwischen den Teildiensten Absprachen der Mitarbeiter untereinander Besprechungen der Mitarbeiter mit der Leitung des Pflegedienstes, Verwaltung oder Geschäftsführung Einsehen und Klärung der Dienstpläne Durchführung von Qualitätszirkeln, Vor- und Nachbereitung der Einsätze und der Touren, so genannte Rüstzeiten im Pflegedienst Vor- und Nachbereitung der Einsätze, teilweise auch zuhause, oft per Telefon Dienstbesprechungen, Dienstberatungen, Teambesprechungen, interne Fortbildungen, Supervision und Coaching Besuch von Messen, externe Fortbildungen, Literaturstudium / Umlauf von Fachzeitschriften / Hausmitteilungen Autopflege, Tanken von Pkw, Fahrten, um die Autos zur Reparatur zu bringen, Schlüsselübergaben, morgendliche kurze Besprechungen, Erfassen der Tagesberichte oder sonstiger Zeiterfassungen, Betriebsratstätigkeiten, Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Personalgespräche, Mitarbeiter- Jahresgespräche, Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit, Ausfallzeit wegen kurzfristiger Absagen, Besprechungen und Rücksprachen in persönlichen Angelegenheiten (mit der Leitung o.ä.), Absprachen der Mitarbeiterinnen untereinander über Einsätze bei gemeinsamen Pflegebedürftigen, 1995 2014 Thomas Sießegger Seite 3 Einsehen und Klären der Dienstpläne, Arbeitszeiterfassung, Rücksprachen mit Ärzten oder Betreuern Arztbesuche, Besorgen von Verordnung und Medikamenten 3.Aufgaben im Qualitätsmanagement: - Anlegen von Expertenstandards - Qualitätszirkel - und weitere Aspekte des Qualitätsmanagements Vorbereiten der Pflegedokumentationen für neue Pflegebedürftige, Aktenpflege, Anlegen von Ordnern, Wiedervorlagen, Aufgaben im Rahmen der Pflegeplanung (im Pflegedienst), Unterbrechungen des Arbeitsablaufes (Telefongespräche, Besuche), Mitarbeit in Gremien und Arbeitsgemeinschaften, persönliche Verrichtungen und persönliche Verteilzeit, 3 Diese Tätigkeiten oder Leistungen könnten auch als nicht abrechenbare Service-Leistungen definiert werden oder sie werden zu abrechenbaren Privatzahlerleistungen gemacht.
Die Beispielauflistung kann nicht erschöpfend sein, da mit einer detaillierten Auflistung auch bestimmte Tätigkeiten ausgegrenzt werden könnten. Man könnte aber die Organisationszeiten alternativ definieren: Alles, was bezahlte Arbeitszeit ist, aber nicht Fahrt- und Wegezeit oder Pflegezeit, ist Organisationszeit. Anhaltswerte für Organisationszeiten und für Weg- und Fahrtzeiten für Fahrt- und Wegezeiten: ca. 25%, dies ist aber sehr stark von regionalen Gegebenheiten abhängig für Organisationszeiten: ca. 8% als Zielgröße a] Darüber zu sein bedeutet ein Kostenproblem, b] darunter zu sein die Gefahr, dass Informationen ungenügend ausgetauscht werden oder dass es auf Kosten der [privaten] Zeit der Mitarbeiter geht, was wiederum zu Unzufriedenheit führen würde. Mögliche Maßnahmen zur Beeinflussung der Organisationszeiten Zu den Maßnahmen der Optimierung von Organisationszeiten gehören: Prüfen, ob alle Mitarbeiter zu den Dienstbesprechungen kommen müssen? Arbeitsverträge über z.b. 31 Std./Woche sind besser als über 19 Std./Woche, da anteilig weniger Organisationszeiten anfallen Wie oft sollen/müssen/dürfen Mitarbeiter in die Station kommen? Hier bedarf es einer Regelung mit jeder einzelnen Mitarbeiterin. Ständiges Überprüfen der Übergabe der Schlüssel der Patienten. Wenn mehr Schlüssel-Kopien vorhanden sind, lassen sich Zeiten einsparen. Festlegen, wie viel Organisationszeit einer Mitarbeiter zusteht bzw. wie viel sie aufschreiben darf Training von Kostenbewusstsein und Verantwortung der Mitarbeiter, bewusst mit dem Kostenfaktor Zeit umzugehen. Zentrale Organisation des Tanken und Waschens von PKWs usw. No 07 2014 pdl-praxis - Pflegezeiten Teil IV.doc 2014 Thomas Sießegger Seite 4
PDL-Praxis-Tipps (1) Trennen Sie Zeiterfassung in a) examinierte Pflegefachkräfte, und in b) andere Mitarbeiter. Diese Trennung ist wichtig, da die differenzierten Daten für eine verursachungsgerechte Kostenstellenrechnung benötigt werden. (2) Steigen Sie zeitnah um auf eine Mobile Datenerfassung (MDE). Erkundigen Sie sich, welche Möglichkeiten es hierfür gibt. In naher Zukunft wird aus es auf jeden Fall die Notwendigkeit einer Zeitabrechnung geben. Wenn diese Leistungen neben Einzelleistungen oder Leistungskomplexen erbracht werden, geht es praktisch ohne MDE nicht mehr. Service // Download Der Autor des Beitrags stellt eine kleine + neu programmierte EXCEL-Tabelle zur Verfügung, zur Erfassung und Auswertung der Organisationszeiten uns der Fahrt- und Wegezeiten. Diese enthält in ganz einfacher Form Möglichkeiten zur Erfassung und zur Auswertung von Kennzahlen. Grafiken werden automatisch für die wichtigsten Zeit-Kennzahlen erstellt: für die Organisationszeiten und die Fahrt- und Wegezeiten. >>> www.vincentz.net/... >>> www.facebook.de/siessegger Thomas Sießegger Dipl. Kfm., Organisationsberater und Sachverständiger für ambulante Pflegedienste Internet: www.siessegger.de Email: pdl-praxis@siessegger.de No 07 2014 pdl-praxis - Pflegezeiten Teil IV.doc 2014 Thomas Sießegger Seite 5