Projektorganisation in der IT- und Medienbranche



Ähnliche Dokumente
Medienbranche. Herausforderungen an Management, Mitarbeiter und Interessenvertretung. Mit ausführlichen Fallbeschreibungen.

Social Supply Chain Management

Was sind Jahres- und Zielvereinbarungsgespräche?

Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung. Antoine de Saint-Exupery. Das Beratungsteam. Iris Güniker + Silke Schoenheit

1. Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß

«PERFEKTION IST NICHT DANN ERREICHT, WENN ES NICHTS MEHR HINZUZUFÜGEN GIBT, SONDERN DANN, WENN MAN NICHTS MEHR WEGLASSEN KANN.»

Leitbild. Verwaltungsgemeinschaft Tangerhütte-Land

econstor zbw

ZIELE erreichen WERTSTROM. IDEEN entwickeln. KULTUR leben. optimieren. KVP und Lean Management:

Es gilt das gesprochene Wort. Anrede

TELEARBEIT IM DORNRÖSCHENSCHLAF AKZEPTIERT, ABER KAUM GENUTZT! 1/08

Personalmanagement in Museen. Notwendigkeit, Grundansatz und Perspektiven

Entrepreneur. Der Aufbruch in eine neue Unternehmenskultur

Human Resources Strategie

Mobile Intranet in Unternehmen

pm k.i.s.s. Einleitung 1. Kapitel pm k.i.s.s. Einleitung pm k.i.s.s. Seite 9

Vorbereitungs- und Gesprächsbogen zum Mitarbeiterjahresgespräch für Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter

Projektmanagement in der Spieleentwicklung

Deutschland-Check Nr. 35

Gesprächsleitfaden Mitarbeitergespräch (MAG) für Mitarbeiter/innen

Organisation des Qualitätsmanagements

I. Allgemeine Angaben zur Person und zum Unternehmen

- Global Food NRW Wachstum und Beschäftigung von KMU der Ernährungsbranche NRW sichern:

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

Projekte für reale Herausforderungen Projektarbeit: Einleitung und Gliederung. Projekte für reale Herausforderungen

17. Treffen Führungskraft als Coach geht das überhaupt und welche Unterstützung ist nötig? 24. August 2015

Ehrenamtliche weiterbilden, beraten, informieren

Karrieremanagement! Einstieg und Aufstieg, wertvolle Tipps für Ihre Karriereplanung. Referent: Christian Runkel, Geschäftsführender Gesellschafter

Helga Dill, LMU München

Studie über Umfassendes Qualitätsmanagement ( TQM ) und Verbindung zum EFQM Excellence Modell

Welches sind die wichtigsten Aufgaben des Strategischen Projektmanagements? Die Aufgaben des Strategischen Projektmanagements sind wie folgt:

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Social Media Einsatz in saarländischen Unternehmen. Ergebnisse einer Umfrage im Mai 2014

Unternehmensleitbild. Vision Mission Werte Spielregeln

Psychologische Unterstützung. Psychologen Die Experten im betrieblichen Gesundheitsmanagement

Lassen Sie sich entdecken!

Aktuelle Informationen und Verhandlungsergebnisse M+E Mitte Sonderbeilage zum Tarifabschluss

Vertrauen in Medien und politische Kommunikation die Meinung der Bürger

Führung und. Personalmanagement

Wie wirksam wird Ihr Controlling kommuniziert?

Azubi Plus. projekt zukunft. Gestalten Sie Ihre Ausbildungen attraktiver, interessanter und wirkungsvoller mit...

Volksbank BraWo Führungsgrundsätze

[Customer Service by KCS.net] KEEPING CUSTOMERS SUCCESSFUL

Neue Medien in der Erwachsenenbildung

POCKET POWER. Projektmanagement. 3. Auflage

Welche strategischen Ziele verfolgt ein Unternehmen durch die Projektorientierung?

Project ManageMent PM FIreFIgHterS UnD PMFX consulting SteLLen SIcH Vor

Das Ziel ist Ihnen bekannt. Aber was ist der richtige Weg?

Projekt- Management. Landesverband der Mütterzentren NRW. oder warum Horst bei uns Helga heißt

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Bei der Tagung werden die Aspekte der DLRL aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Ich habe mich für die Betrachtung der Chancen entschieden,

Mehr Effizienz und Wertschöpfung durch Ihre IT. Mit unseren Dienstleistungen werden Ihre Geschäftsprozesse erfolgreicher.

Gutes Leben was ist das?

PIERAU PLANUNG GESELLSCHAFT FÜR UNTERNEHMENSBERATUNG

Planspiele in der Wirtschaft.

IdM-Studie der Hochschule Osnabrück Identity Management lokal oder aus der Cloud?

Test: Sind Sie ein Unternehmertyp?

Personalentwicklung. Umfrage zur Personalentwicklung. Februar Cisar - consulting and solutions GmbH. In Zusammenarbeit mit

Ablauf Vorstellungsgespräch

Personalentwicklung als betriebliches Handlungsfeld Workshop am

Erfolg im Verkauf durch Persönlichkeit! Potenzialanalyse, Training & Entwicklung für Vertriebsmitarbeiter!

GFO Beratung: Organisationshandbuch

INNOVATIONEN UND QUALIFIZIERUNG WAS SAGEN BETRIEBSRÄTE?

Alle gehören dazu. Vorwort

Wie kann Ihr Unternehmen von Leadership Branding profitieren?

Mittendrin und dazwischen -

Führung und Gesundheit. Wie Führungskräfte die Gesundheit der Mitarbeiter fördern können

Neue Arbeitswelten Bürokultur der Zukunft

DAS TEAM MANAGEMENT PROFIL IM ÜBERBLICK. Sie arbeiten im Team und wollen besser werden. Das erreichen Sie nur gemeinsam.

B&B Verlag für Sozialwirtschaft GmbH. Inhaltsübersicht

HUMAN ASSET REVIEW


MICROSERVE Informations-Management GmbH Wickrather Hof Gertrudisstraße Köln Fon Fax

GPP Projekte gemeinsam zum Erfolg führen

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

ÜBERGABE DER OPERATIVEN GESCHÄFTSFÜHRUNG VON MARC BRUNNER AN DOMINIK NYFFENEGGER

Dr. Heiko Lorson. Talent Management und Risiko Eine Befragung von PwC. *connectedthinking

Führungsgrundsätze im Haus Graz

3. Der behinderte Mensch auf dem Arbeitsmarkt

Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung nach 5 Arbeitsschutzgesetz

Warum Projektmanagement?

Fachtagung Weiterbildung Karlsruhe 22. Oktober Die 10 Trends in der Arbeitswelt von Morgen

Markus Demary / Michael Voigtländer

Zeit lässt sich nicht wie Geld für schlechte Zeiten zur Seite legen. Die Zeit vergeht egal, ob genutzt oder ungenutzt.

visionary experts who we are...

Zwischenbericht der UAG NEGS- Fortschreibung

Herzlich Willkommen! Marketing Insights (Oktober 2012) H:\16832MCL\doc\report\16832_MCL_report.ppt

Mission Statement. des. Unternehmen für Gesundheit - Unternehmensnetzwerk zur betrieblichen Gesundheitsförderung

MODUL 5: BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT

Herzlich Willkommen zum Vortrag: Mitarbeiterführung und Ausbildung. für UNITEIS e.v. Andrea Mills M.A.

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

2 Aufbau der Arbeit und wissenschaftliche Problemstellung

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

Geyer & Weinig: Service Level Management in neuer Qualität.

Was man mit Führung an- und ausrichten kann. Und wie professionelle Konfliktbearbeitung

Studie über die Bewertung von Wissen in kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein

Akzeptanz strategischer Erfolgsfaktor für die Energiewirtschaft von heute. Ostdeutsches Energieforum. Leipzig, 29./30. April 2013

Talentmanagement IPA. Personalentwicklung und Arbeitsorganisation

... aus Ihrem Abitur machen.

Transkript:

141 Peter Kalkowski Otfried Mickler Projektorganisation in der IT- und Medienbranche edition der Hans Böckler Stiftung Fakten für eine faire Arbeitswelt.

Peter Kalkowski Otfried Mickler Projektorganisation in der IT- und Medienbranche Herausforderungen an Management, Mitarbeiter und Interessenvertretung. Mit ausführlichen Fallbeschreibungen. 1

edition der Hans-Böckler-Stiftung 141 Dr. Peter Kalkowski, geboren 1952, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) und wurde dort für die Durchführung des Projekts»Projektorganisation im Bereich qualifizierter Dienstleistungsarbeit«am Institut für Soziologie der Universität Hannover beurlaubt. Seine Themenschwerpunkte waren in letzter Zeit Produktinnovation, Technik-- einsatz, Reorganisation, Koordination und Regulierung insbesondere wissensintensiver Arbeit. Prof. Dr. Otfried Mickler, geboren 1940, ist Professor für Industriesoziologie am Institut für Soziologie der Universität Hannover und Mitarbeiter des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI). Seine Forschung konzentrierte sich in den letzten Jahren auf Fragen der Reorganisation fordistischer Betriebsund Arbeitsstrukturen, der Modernisierung kommunaler Dienste und des Wandels der Arbeitsverhältnisse in der Informationswirtschaft. Copyright 2005 by Hans-Böckler-Stiftung Hans-Böckler-Straße 39, 40476 Düsseldorf Buchgestaltung: Horst F. Neumann Kommunikationsdesign, Wuppertal Produktion: Setzkasten GmbH, Düsseldorf Printed in Germany 2005 ISBN 3-86593-018-2 Bestellnummer: 13141 Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des öffentlichen Vortrages, der Rundfunksendung, der Fernsehausstrahlung, der fotomechanischen Wiedergabe, auch einzelner Teile. 2

VORWORT Mit diesem Bericht präsentieren wir Ergebnisse des Forschungsprojekts»Projektorganisation im Bereich qualifizierter Dienstleistungsarbeit«, das von August 2002 bis Februar 2004 am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Hannover durchgeführt wurde. Wir danken der Hans-Böckler-Stiftung für die finanzielle Förderung der Studie und den Mitarbeiterinnen der Stiftung Ina Drescher und Martina Klein für die freundliche und konstruktive Betreuung unserer Arbeit. Unser Dank gilt darüber hinaus all jenen Gesprächspartnern, die uns einen Teil ihrer Zeit für die Beantwortung unserer Fragen geopfert haben. In großer Aufgeschlossenheit für unsere Themenstellung bestätigten sie, dass Projektkompetenz gegenwärtig für eine rasch wachsende Anzahl von Aufgaben und Unternehmen zu einem kritischen Erfolgsfaktor avanciert, und dass das Interesse an Perspektiven für die Professionalisierung des Projektmanagements entsprechend groß ist. Projekte sind jedoch nicht nur Problemlösungen. Wie auch diesem Bericht zu entnehmen sein wird, verbinden sich mit ihnen für Management, Mitarbeiter und Interessenvertretung auch ungewohnte neue Herausforderungen, für deren Bewältigung es keine Patentrezepte gibt. Bei der Untersuchung handelte es sich um eine explorative Studie. Sie erfolgte in Form von Fallstudien in Betrieben der IT-, Medien- und Beraterbranche. Dazu wurden ca. 80 zweistündige Expertengespräche mit Führungskräften und Betriebsräten sowie Gespräche am Arbeitsplatz geführt. Die Gespräche fanden zu etwa gleichen Teilen mit Vertretern des Managements und Beschäftigten statt (wobei Projektleiter, je nachdem, ob mit oder ohne Personalverantwortung, der einen oder anderen Gruppe zuzurechnen sind). Ergänzend wurden Verbandsvertreter befragt und Dokumente und Sekundärmaterialien ausgewertet. Die Aufnahme und Transkription der Gespräche besorgte Matthias Helmer, der uns auch bei der Organisation der Gespräche sowie der damit verbundenen Reisen tatkräftig unterstützt hat. Peter Kalkowski 3

4

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 3 1. EINLEITUNG 15 1.1. Anlass und Fragestellung 15 1.1.1. Herausforderungen für das Management 18 1.1.2. Projektorganisation aus der Perspektive der Projektmitarbeiter 21 1.1.3. Ansatzpunkte für die Interessenvertretung 22 1.2. Berichtsaufbau und Darstellungsweise 23 A. IT-INDUSTRIE 27 A 1. DER KONTRAKT DER ARBEIT BEI WISSENS- INTENSIVEN DIENSTLEISTUNGEN 29 1. KONTRAKUALISIERUNG VON WISSENSARBEIT IN ABHÄNGIGEN BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSEN 29 1.1. Umgang mit Unsicherheit und Projektifizierung 29 1.2. Management by Objectives als zentrales Instrument der Leistungssteuerung 30 1.3. Ansprüche und Arbeitssituation angestellter Wissensarbeiter 32 1.3.1. Arbeitssituation 32 1.3.2. Ansprüche und Widersprüche 34 1.3.3. Vom Kollektiv- zum Individualmodell? 36 2. TRADITIONELLES BESCHÄFTIGUNGSSYSTEM UNTER VERÄNDERUNGSDRUCK 36 2.1. Trend von langfristigen zu kurzfristigen Verträgen 36 2.2. Neue Selbständige 38 2.3. Zur Diskussion um die Zukunft des Normalarbeitsverhältnisses 40 2.4. Kurzfristige Verträge Verlust an sozialem Kapital? 44 5

3. HERAUSFORDERUNG FÜR DIE GEWERKSCHAFTEN WAS FÜR UNTERSTÜTZUNGSLEISTUNGEN UND INSTITUTIONEN BRAUCHEN WISSENSARBEITER? 46 3.1. Heterogenität als Herausforderung an das etablierte Verhandlungssystem 46 3.2. Zum Image der Gewerkschaften bei Wissensarbeitern Wandel von der Besitzstandswahrung zur Zukunftsorientierung gefordert 47 3.3. Dienstleistungen für Wissensarbeiter Ansatzpunkte für Interessenvertretung 49 3.3.1. Vertragsgestaltung 49 3.3.2. Employability Beschäftigungsfähigkeit aktiv fördern 49 3.3.3. Langzeiturlaub 50 3.3.4. Ausweitung des Serviceangebots 50 3.4. Metaregeln statt inhaltlich normierte Vorschriften 51 3.5. Netzwerkbildung 52 3.6. Exkurs:»Gilden«52 3.7. Weitergehendes politisches Mandat 55 A 2. AUSGEWÄHLTE BEFUNDE ZUM PROJEKTMANAGEMENT IN IT-UNTERNEHMEN 57 1. Projektarbeit zwischen Entformalisierung und Reformalisierung 57 2. Implementierung und Aufwertung von Projektkarrieren 61 3. Organisatorische Zusammenfassung von Projektmanagementkompetenzen 63 4. Zum Verhältnis von Projekt und Linie 64 5. Perspektive: Partizipatives Projektmanagement Interessenkonvergenz? 71 A 3. FALLDARSTELLUNGEN IT-INDUSTRIE 75 I. PROJEKTMANAGEMENT-ORGANISATION FÜR GROSSPROJEKTE BEI EINEM IT-DIENSTLEISTER 77 1. Das Unternehmen 77 6

2. Die Projekt-Management-Organisation (PMO) 78 3. Wirtschaftlichkeit Auslastung der PMO 82 4. Ablauf 83 5. Projektrollen 91 6. Position und Status der Projektmanager 97 7. Arbeitskonditionen 100 8. Ansprüche der Projektmanager an die Arbeit 104 9. Verbesserungspotentiale Todsünden 105 II. PROJEKTMANAGEMENT-INITIATIVE IN EINEM HIGH-TECH-KONZERN 109 1. Die PM-Initiative 109 1.1. Ausgangssituation und Anlass 109 1.2. Ziele und Schwerpunktthemen 109 1.3. Aufbau- und Ablauforganisation der PM-Initiative 110 1.4. Schwerpunktthemen der Initiative 111 1.4.1. Vertragsmanagement 111 1.4.2. Projekt Controlling 112 1.4.3. Personalmanagement 113 1.4.4. Qualifizierung 115 1.4.5. Projekt-Assessments 117 1.4.6. IT-Systeme/Tools 117 1.4.7. Transfer und Umsetzung der Initiative 117 2. Projektleitung bei Kundenprojekten: Ablauf und Inhalte 119 3. Konsistente Projektkultur durch Standardisierung 123 4. Beschäftigungskonditionen und Arbeitssituation von Projektleitern 124 III. PROJEKTORGANISATION BEI EINEM IT-DIENSTLEISTER 127 1. Das Unternehmen 127 2. Aufbauorganisation des Unternehmens 128 2.1. Vertrieb 128 2.2. Service 129 2.3. Verwaltung/Finanzen 130 3. Projektarten: Roll-Out-, Implementierungs-, Betriebsprojekte 132 4. Projektablauf Verantwortlichkeiten 133 4.1. Projekte mit und ohne dedizierte Projektmanager 133 7

4.2. Ressourcenkonflikte als Eskalationsgrund 135 5. Ablaufphasen bei Kundenprojekten 136 5.1. Initiierungsphase 136 5.2. Konzeptions- und Planungsphase 138 5.3. Kick-off und Durchführung 138 5.4. Projektabschluss Review 140 6. Zur Entwicklung des Projektmanagements im Unternehmen 140 7. Verhältnis von Vertrieb und Projektmanagern/Systemingenieuren 141 8. Ressourcenmanagement 142 8.1. Service Back Office 142 8.2. Skilldatenbanken 143 9. Professionalisierung des Projektmanagements 144 10. Unsichere Weiterbildungsbedarfe 145 11. Arbeitssituation und Interessen 146 11.1. Führen mit Zielen 146 11.2. Beurteilungsgespräche 147 11.3. Entgeltregelungen 147 11.4. Arbeitszeiten Belastungen 148 11.5. Interessenperspektiven 149 IV. PROJEKTORGANISATION BEI EINEM SYSTEMLIEFERANTEN 155 1. Das Unternehmen 155 1.1. Die Entwicklung 155 1.2. Die Technik 156 1.3. Knappe Ressourcen, Outsourcing und Abstimmungsprobleme 156 2. Das Projektmanagement 157 2.1. Projektmanagement im Bereich Entwicklung 157 2.2. Projekte im Bereich Technik 162 3. Defizite und Verbesserungspotenziale 167 3.1. Personalentwicklung vermisst 167 3.2. Probleme in der bereichsübergreifenden Kooperation 171 4. Lösungsperspektiven 178 V. BUSINESS-DEVELOPMENT-PROJEKT 181 1. Ausgangssituation: Anlass und Ziel 181 1.1. Der Geschäftsbereich 181 8

1.2. Anlass und Ziele des Projekts 181 2. Die Projektorganisation 184 2.1. Rahmenorganisation des Projekts 184 2.2. Das engere und weitere Ökosystem der Initiative 185 2.3. Die Focus Teams 186 2.4. Die Projektleiter Tätigkeiten, Rekrutierung, Kompetenzen, Anforderungen 187 2.5. Projektmitarbeiter Rekrutierung, Anforderungen, Ansprüche 190 3. Gegenwärtige und künftige Phase des Business Development Projekts 193 3.1. Erste Projektphase Konstitutions-/Missionarsphase 193 3.2. Zweite Projektphase Implementierungs-/Strukturierungsphase 196 3.3. Perspektiven für das End-to-End-Solutions-Projekt 201 VI. PROJEKTE ZUR PROZESSVERBESSERUNG BEI EINEM IT-DIENSTLEISTER 205 1. Zentralisiertes Projektmanagement 205 2. Projektablauf 206 3. Projektbeispiele 208 4. Kritische Würdigung 210 5. Positive Kundenwirkung 212 VII. KOSTENSENKUNGS-PROJEKT IN EINEM GESCHÄFTSBEREICH 215 1. Ausgangssituation: Anlass und Projektziel 215 2. Das Projekt 217 2.1. Aufbauorganisation 217 2.2. Zum Projektablauf Projektkonzept 219 2.3. Kommunikation 222 2.4. Maßnahmen-Controlling 223 9

B. MEDIENSEKTOR 231 B 1. ARBEIT UND INTERESSENVERTRETUNG IN DER KULTURINDUSTRIE 233 1. Einleitung: Die Zukunft in der Gegenwart? 233 2. Die Branche 239 2.1. Branchenkonturen Branchensegmente 239 2.2. Branchenwachstum? 241 2.3. Arbeitsfelder in ausgewählten Teilbranchen 243 2.4. Branche mit einem hohen Anteil Projektarbeit und freier Mitarbeit 245 3. Berufe in der Medienwirtschaft 249 3.1. Zugang Berufseinstieg 249 3.2. Berufseinstieg: Praktikum und Volontariat, duale Ausbildung, Hochschulausbildung 253 3.2.1. Ausbildung Journalismus 253 3.2.2. Ausbildung audio-visuelle Medien 254 3.2.3. Ausbildung Multimedia 255 4. Kontraktualisierung Grundformen des Erwerbsstatus 257 4.1. Freie Mitarbeiter 257 4.2. Feste freie Mitarbeiter 259 4.3. Pauschalisten und Scheinselbständigkeit 261 4.4. Vorkehrungen der Rundfunkanstalten gegen Statusklagen 262 4.5. Zur Arbeitsmarktsituation der Freien 264 4.6. Freie zwischen abhängiger Beschäftigung und Unternehmertum 264 5. Arbeitbedingungen 267 5.1. Arbeitsbedingungen bei Film und Fernsehen 267 5.2. Arbeitsbedingungen Multimedia 270 5.3. Arbeitsbedingungen der Kreativen und Freien 271 6. Interessenvertretung: Gewerkschaftliche Betreuungsarbeit in der Medienbranche 273 6.1. Schwierige Ausgangsbedingungen für die kollektive Interessenvertretung 273 6.2. Schwache Flächentarifverträge und Orientierung ohne Rechtsverbindlichkeit 277 10

6.3. Gewerkschaftsarbeit zwischen Zentralisierung und Projekt 280 6.3.1. Organisationsdilemma und projektorientierte Arbeitsweise 280 6.3.2. Zielgruppengenaue Interessenvertretung: Gewerkschaften und Berufsverbände 285 6.3.3. Zielgruppen der Gewerkschaftsarbeit und Organisationsprobleme 287 6.3.4. Gewerkschaftliche Organisierung von Freien 289 7. Fazit: Medienbranche als Vorreiter einer neuen Arbeitswelt? 291 7.1. In mancherlei Hinsicht durchaus 291 7.2. Vorreiter, aber zur Nachahmung nicht empfohlen 294 B 2. FALLDARSTELLUNGEN MEDIENSEKTOR 297 VIII. P R OJEKTORGANISATION BEI EINEM MULTIMEDIA-DIENSTLEISTER 299 1. Das Unternehmen 299 2. Das Arbeitsklima in den Pioniertagen Commitment 299 3. Ungezügeltes Wachstum Struktur- und Kulturprobleme 300 4. Zur Aufbauorganisation 303 5. Projektorganisation 305 5.1. Funktionsbereiche und Grundsequenz 305 5.2. Projektverlauf 308 6. Beschäftigungskonditionen 310 6.1. Problemfeld: Zeitmanagement Arbeitszeiten 310 6.2. Problemfeld: Mitarbeitergespräche und Entgelt 312 6.3. Problemfeld: Personalbeurteilungen und Weiterbildung 314 7. Partizipation Dezentralisierung von Verantwortung und Kompetenzen 315 8. Betriebsrat 316 IX. ENTWICKLUNG DER ARBEIT IN DER KULTURREDAKTION EINES HÖRFUNKSENDERS 319 1. Zwischen öffentlichem Kulturauftrag und Einschaltquote 319 2. Kontraktualisierung der Arbeit Beschäftigungskonditionen und Arbeitssituation 322 11

3. Entwicklung der Arbeitsbedingungen 324 3.1. Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für freie Mitarbeiter 324 3.2. Entwicklung der Arbeitsbedingungen für Redakteure 324 4. Zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz Hauen und Stechen 327 5. Interessenvertretung 328 X. TV-MOVIE-PROJEKT 333 1. Projektstruktur und Projektrollen 333 1.1. Rolle des Senders Eigenproduktion 333 1.2. Produzent 336 1.3. Produktionsleitung 337 1.4. Aufnahmeleitung 339 1.5. Regieassistenz 340 1.6. Continuity 342 1.7. Regisseur 343 1.8. Departments 343 2. Das Zusammenwirken von Sender, Produzent und Regie Rolle und Status 344 3. Arbeitssituation Filmschaffender 350 4. Interessenvertretung: Berufsverbände und Gewerkschaft USA im Vergleich 352 C. UNTERNEHMENSBERATER 357 C 1. GEWERKSCHAFTSNAHE BERATUNG UNTER VERÄNDERTEN RAHMENBEDINGUNGEN 359 C 2. FALLDARSTELLUNGEN UNTERNEHMENSBERATER 363 XI. RESTRUKTURIERER MIT EINEM ARBEITNEHMER- NAHEN ANSATZ 365 1. Das Unternehmen 365 12

2. Die Arbeitsweise 370 3. Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsweise 371 4. Arbeitskonditionen, Arbeits- und Unternehmenssituation 374 5. Veränderte Anforderungen an Gewerkschaften und Betriebsräte 377 XII. PROJEKTE ZUR WEITERENTWICKLUNG ARBEITNEHMERORIENTIERTER BERATUNG 381 1. Das Unternehmen Der Betrieb 381 2. Die Arbeitsweise Projektmanagement 387 3. Störungen im Projektablauf Verbesserungsmöglichkeiten 390 4. Arbeitskonditionen 393 5. Anforderungen an Betriebsräte und Gewerkschaften 395 XIII. SINKENDER ANTEIL LANGFRISTIGER UND ENTWICKLUNGSINTENSIVER PROJEKTE 399 1. Das Unternehmen 399 2. Ansätze zur Verbesserung Professionalisierung des Projektmanagements 405 3. Arbeitssituation/-konditionen 410 LITERATUR 413 SELBSTDARSTELLUNG DER HANS-BÖCKLER-STIFTUNG 425 13

14

1. EINLEITUNG 1.1. ANLASS UND FRAGESTELLUNG Anlass Der typische Industriebetrieb der fordistischen Ära zeichnet sich durch vergleichsweise fest gefügte und dauerhafte Organisations- und Arbeitsstrukturen sowie einen hohen Anteil standardisierter Abläufe und Tätigkeiten aus. Detaillierte Planung und Kontrolle von Arbeitshandlungen, klare Kompetenzregelungen, detaillierte Stellenbeschreibungen, Aufgabenzuschnitte, inhaltlich spezifizierte Arbeitsanweisungen, definierte»normalleistungen«sowie die an ausdifferenzierte Hierarchien gekoppelten Aufstiegswege waren nicht nur Instrumente hegemonialer Disziplinierung, sondern auch zentrale Ansatzpunkte für die Standardisierung der Arbeitsbedingungen und für die Beobachtungs- und Kontrollchancen der kollektiven Interessenvertretung. Wenngleich es neben der Massenproduktion in den fordistischen Schlüsselindustrien immer auch kleinere Firmen und andere Arbeit gab, waren die Institutionen und Formen der Arbeitsregulation ebenso wie die Politikformen und organisatorischen Strukturen der Gewerkschaften an der tayloristisch-fordistischen Produktionsweise orientiert und sind es zum großen Teil auch heute noch (vgl. Klotz 1999, Welsch 1998). Unter nachfordistischen Wettbewerbsbedingungen gewinnen für Betriebe jedoch Organisations- und Koordinationsformen an Bedeutung, die für den Umgang mit Unvorhersehbarem geeignet und zur schnellen Anpassung an veränderliche Umweltbedingungen in der Lage sind. Sie müssen dazu geeignet sein, sich zunehmend ausdifferenzierende Wissensbestände zu integrieren, die für die Kapitalverwertung genutzt werden können, und die gestiegenen Marktturbulenzen und wachsenden strategischen Unsicherheiten zu bewältigen. Damit erfahren flexible temporäre Organisationsformen eine Aufwertung gegenüber den vergleichsweise fest gefügten und dauerhaften Formen der Linien- und Funktionalorganisation. Es kann davon ausgegangen werden, dass mit dem relativen Bedeutungsverlust der klassischen Massenproduktion der Anteil standardisierter und standardisierbarer Arbeitstätigkeiten sinkt (zumal diese gegenwärtig Vorreiter bei der Auslagerung ins kostengünstigere Ausland sind), während die immaterielle Arbeit und Produktion für die Wertschöpfung an Bedeutung gewinnt und der Anteil problemlösender Wissensarbeit steigt. Dabei kommt es zunehmend darauf an, Expertise, Kennt- 15

nisse und Fähigkeiten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen flexibel und befristet zusammenzuführen: Projektorganisation ist der Modus einer solchen Wissensintegration. Projektorganisation und Projektmanagement sind nicht neu. Neu ist das Interesse, das Projekten als flexibler, temporärer und marktnaher Organisationsform gegenwärtig in Theorie und Praxis entgegengebracht wird (vgl. Lundin/Midler 1998, Grabher 2001). Projekte gelten als das herausragende Merkmal der flexiblen Organisierung wirtschaftlicher Aktivitäten. Für die Transformation der Industriegesellschaft verwenden Ekstedt et al. den Begriff»neo-industrial organising«:»three general observations are found important to keep in mind when analysing this development: (1) the prevalence of projects is increasing, (2) relations between permanent and temporary organisations are poorly developed, (3) the character of permanent organisations is undergoing transformation«(ekstedt et al 1999: 5). Projekte und die Projektifizierung von Organisation und Arbeit reflektiert die Sozialwissenschaft aber nicht nur als Antwort auf strukturell veränderte Markt- und Wettbewerbsanforderungen. Für Boltanski und Chiapello (2003) ist die Generalisierung projektförmigen Managements»der neue Geist des Kapitalismus«. Das»Projekt-Regime«ist für sie der zeitgenössische Modus der Regulierung gesellschaftlichen Handelns schlechthin. Dieser neue Geist leitet sich für sie nicht aus dem Wandel der materiellen Produktionsweise her, sondern gilt als das neue Rechtfertigungssystem des»flüssigen Kapitalismus«. Diesem Rechtfertigungssystem sei es gelungen, vergangene Kritik in sich aufzunehmen und in einen neuen hegemonialen Diskurs, in ein neues kulturelles Leitbild zu verwandeln: Der Kritik starrer hierarchischer Strukturen, der Fremdorganisation, der Entfremdung und Verdinglichung trage dieser Transformation Rechnung, indem sie Projekte, Flexibilität, Individualität, persönliche Entfaltung und Autonomie zu Leitbildern der Managementdiskurse erhebt. Mit Projektarbeit werden auch flache Hierarchien und ein lockerer Umgangston mit Vorgesetzten, Ganzheitlichkeit, kollegiale Zusammenarbeit jenseits bürokratischer Vorschriften, Autonomie sowie Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten assoziiert. Die Arbeitsform Projekt dürfte aus dieser Perspektive in vielerlei Hinsicht den Wertvorstellungen und Ansprüchen (Arbeitsorientierungen) entsprechen, die hochqualifizierte Wissensarbeiter mit ihrem Job verbinden. Die zu lösenden Probleme können von ihnen als Möglichkeit begriffen werden, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und weiter zu entwickeln, als Chance zur Selbstentfaltung in der Arbeit. Darin könnten Projekte als kulturelles Leitbild ein empirisches Pendant haben. 16

Dass das Ende der klassischen Industriegesellschaft und der Übergang zur Wissens- oder Dienstleistungsgesellschaft auch von einer Veränderung der Regulationsformen und -strukturen von Arbeit begleitet wird, wird inzwischen von mehreren Autoren konstatiert. Unterschiedlich sind jedoch die Einschätzungen über die Qualität und Reichweite dieser Veränderung. Vielfach wird festgestellt, dass verbetrieblichte und individualisierte Formen der Arbeitsregulation gegenüber der kollektiv tariflichen Arbeitsregulation auf Basis des Flächentarifvertragssystems an Bedeutung gewinnen (vgl. Abel et al. 1998, Heidenreich/Töpsch 1998). Die überkommenen, vor allem an industriell-tayloristischen Arbeitsabläufen orientierten Regulationsweisen und die auf Kollektivität, Zentralität und weitgehender Verrechtlichung beruhenden dualen Interessenvertretungsstrukturen (vgl. Schmierl 2001) passen demnach immer weniger zu postfordistischen Produktionsmodellen, Managementkonzepten, Arbeitsformen, Interessenlagen. Mittlerweile werden auch in der empirisch fundierten Soziologie Positionen salonfähig, die in Ansätzen etwa von dem Managementtheoretiker Peter Drucker schon Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre vertreten wurden, und hier bislang weitgehend verpönt waren. Mit der zunehmenden Verbreitung des Arbeitstyps Wissensarbeit und dem Übergang zur Wissensgesellschaft verändert sich demnach auch das Verhältnis von Kapital und Arbeit fundamental:»während in traditionellen Arbeitsmärkten das Kapital sich Arbeit zu seinen Bedingungen sucht, suchen im Bereich von Wissensarbeit hochqualifizierte Wissensarbeiter Kapital zur Realisierung ihrer Ideen und Projekte«(Heisig/Ludwig 2004: 97; ähnlich wenn auch anders nuanciert z.b. Willke und Castells). Fragestellungen Abgesehen von derart weitreichenden Hypothesen, die vor allem im Hinblick auf ihre Allgemeingültigkeit der empirischen Überprüfung bedürfen, liegt unserem Interesse an der soziologischen Untersuchung von Formen der Projektorganisation die Hypothese zugrunde, dass (erstens) Wissensarbeit im Besonderen und die künftige Arbeitswelt insgesamt von einer zunehmenden Projektifizierung der Organisation und Arbeit geprägt sein werden 1, und (zweitens) die Arbeit in wissensinten- 1 Die Projektfizierung ist freilich nicht grenzenlos. Einige Autoren weisen darauf hin, dass Wissenssysteme zerfließen würden, wenn das Know-How nicht immer auch durch dauerhafte Organisationen gestützt werden würde. Komplementär zur Projektifizierung würden sich daher immer wieder auch stabilere Organisationsformen herausbilden (Lundin/Söderholm 1998). 17

siven Projekten nicht wie standardisierbare Routinearbeit koordiniert und reguliert werden kann. Ausgehend von diesen Grundannahmen geht die Untersuchung der Frage nach, welche besonderen Herausforderungen sich für (1) Management, (2) Mitarbeiter und (3) Interessenvertretung mit wissensintensiver und projektförmig organisierter Dienstleistungsarbeit verbinden. 1.1.1. Herausforderungen für das Management Entformalisierung: Wenn unsere Grundannahmen zutreffen, dann dürfte die Professionalisierung des Projektmanagements in Unternehmen gegenwärtig eine hohe Priorität auf der Agenda des Managements haben. Diese Vermutung, so viel kann hier schon vorweggenommen werden, wurde bei unseren Gesprächen (zum Teil emphatisch) bestätigt. Wir erwarteten, dass mit der Projektifizierung, mit der die Defizite der reinen Funktionalorganisation überwunden werden sollen, einerseits eine Entformalisierung der betrieblichen Arbeits- und Leitungsregulation verbunden sein wird, da sich wissensintensive Projektarbeit der Formalisierung und Standardisierung weitgehend entzieht: Die weithin immateriellen Arbeitshandlungen (insbesondere die interne psychische Regulation) sind bei diesem Arbeitstypus für Vorgesetzte und andere Außenstehende inhaltlich nicht oder nur sehr begrenzt einsehbar. Im Vergleich zu anderen Arbeitsformen ist das Management bei Projektorganisation mit einem Kontrollverlust über die einzelnen Projektaktivitäten und Projektergebnisse konfrontiert; zum einen, weil in Projekten»Subkulturen«entstehen, die sich gegenüber Kontrollzumutungen abschotten können, vor allem fallen aber fachliche Kompetenz und Entscheidungsmacht in wissensintensiven Organisationen auseinander, denn über die Richtigkeit fachlicher Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen kann häufig hierarchisch nicht entschieden werden. Zudem sind Ambiguität und unscharfe Grenzen, wechselnde Arbeitsanforderungen und Kooperationsbeziehungen genuine Merkmale von Projekten (vgl. Engwall 1998) und widersetzen sich der Formalisierung und Standardisierung. Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereiche sind in Projekten selten eindeutig vorgegeben, sondern zum großen Teil selbst Gegenstand von Aushandlungsprozessen (vgl. Kötter 2002). Von Projektmitgliedern wird ein Verhaltensrepertoire erwartet, das sich in stark formalisierten Organisationsstrukturen gar nicht entfalten kann. Rekursiv-polyzentrische Kommunikations- und Kooperationsformen gewinnen gegenüber den hierachischlinearen an Bedeutung. Das Management steht damit vor der Aufgabe, Koordinations- und Kontrollformen zu nutzen, die diesen Anforderungen gerecht werden 18

und die sich von den überkommenen Ansätzen der Formalisierung und Standardisierung der betrieblichen Arbeits- und Leistungsregulation unterscheiden. Formalisierung: Andererseits läuft gerade ein Großteil der zumeist ingenieurwissenschaftlich fundierten Ansätze zur Professionalisierung des Projektmanagements auf eine Perfektionierung der (computergestützten) Planung und Kontrolle von Projekten, auf eine stärkere Formalisierung und technisch-betriebswirtschaftliche Umklammerung vormals lose gekoppelter Projektstrukturen und damit auf eine Einengung von Spielräumen hinaus. Zudem war und ist zu erwarten, dass Unternehmen, für die Projekte quantitativ und qualitativ an Bedeutung gewinnen, ein Interesse an solchen Projektmanagementmodellen entwickeln, die die Aufbauund Ablauforganisation von Projekten formal regeln. Handbücher, in denen die Betriebe ihr Projektmanagementmodell definieren, sind eine gängige Reaktion auf die Ambivalenzen, die sich mit der Projektorganisation verbinden. Definiert werden darin bestimmte Begriffe, Projektrollen, Verantwortlichkeiten sowie Arbeitsprozesse, ein an Projektphasen orientiertes Modell, das festlegt, wann, wer, wie Entscheidungen zu treffen hat, welche Dokumente erforderlich sind usw. Auch das sind Ansätze, die primär auf eine Formalisierung und Standardisierung des Projektmanagements hinauslaufen. Ein Projektmanagement, bei dem Kontrollbedürfnisse und Effizienzsteigerung durch Ausschaltung von Redundanzen im Mittelpunkt stehen, droht aber gerade die subjektiven Potentiale und interdisziplinären kooperativen Lernprozesse zu blockieren, die durch die Projektorganisation freigesetzt und gefördert werden sollen (vgl. DeMarco 2001). Projektmanagement, das die Logik der Zentralisierung von Information und (Ressourcen-)Entscheidungen fortsetzt und die Trennung von Planung und Entscheidung nicht durchbricht, verharrt in einem mechanistischen Projektmanagementverständnis. Formale Regelungen werden aber im Management für gewöhnlich hoch geschätzt, weil sie dem Wunsch nach Steuerbarkeit der Projekte entgegenkommen. Ingenieurwissenschaftliche versus sozialwissenschaftliche Methodik: Gegenüber Modellbildungen, bei denen ein mathematisch-naturwissenschaftliches Wissenschaftsverständnis Pate stand, wird eingewendet, dass sie an der sozialen Wirklichkeit scheitern müssen. Die zentrale Herausforderung professionellen Projektmanagements sei gerade nicht eine stärkere Formalisierung der Projektplanung und -abwicklung.wichtiger für das Projektgeschehen sei die Gestaltung der Beziehungen der Projekte zu ihrem Organisationsumfeld, zur funktionalen Organisation. Projekte sollten außerdem nicht als abgegrenzte, planbare Organisationseinheiten, sondern als»emerging processes«betrachtet werden, in denen Commitment, Emotionen und Macht die entscheidende Rolle spielen (Lundin/Söderholm 1998, Lun- 19

din/midler 1998, Söderlund 2002). Grundlegender als die Implementation ausgefeilter Koordinierungstechniken sei bei Projekten:»Sense making, mutual understanding, leadership, learning capacity, involvement, solidarity, ect. All of these are social phenomena on which every project is based as a collective, creative co-operation. ( ) The project techniques are a direct extrapolation of production techniques that have not much to do with the learning side of the project approach«(lundin/midler 1998: 235). Gegenüber Projektmanagementansätzen, die auf eine Perfektionierung der Planung von Arbeitsprozessen (dispatching model) zielen, wird eingewendet:»rather commitments, dependencies and expectations developing in the process of interaction drive the project to realization. Ambiguity regarding objectives may be beneficial, because paticipants can relate the project a meaning according to their interest and context«(koskela/howell 2002: 9). Es schien uns angesichts dessen naheliegend, danach zu fragen, welche Anforderungen sich aus Sicht des Managements mit der Projektorganisation und der Professionalisierung des Projektmanagements verbinden, und welche Ansätze/ Konzepte es verfolgt, um diesen Anforderungen zu genügen. Wir erwarteten zudem, auf unterschiedliche Varianten von Projektorganisation zu stoßen, die sich vor allem durch die Art der Einbettung der Projekte in die betriebliche Führungsstruktur unterscheiden würden. In diesem Zusammenhang interessierte uns vor allem, wie die Betriebe mit dem (Spannungs-)Verhältnis von Linie und Projekt umgehen (die beide um knappe Ressourcen und um Einflussdomänen konkurrieren), wie die Betriebe dieses Verhältnis ausgestalten, welche Begründung das verantwortliche Führungspersonal für die gewählte Form des Projektmanagements anführt, und wo aus seiner Sicht Potentiale für die Verbesserung der Projekt-organisation liegen. Eine weitere Annahme bestand darin, dass Arbeitsleistung in wissensintensiven Projekten durch den Einsatz spezifischer Steuerungs- und Führungsmethoden nicht nur prinzipiell anders kontraktualisiert wird als bei standardisierter Fabrikarbeit, sondern dass die Art und Weise, wie dies jeweils konkret erfolgt, von zentraler Bedeutung für die betriebliche Projektkompetenz ist und auch aus Sicht der Projektmitarbeiter entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Projektarbeit haben dürfte. Die Unternehmen dürften ihrerseits ein hohes Interesse haben, dass die Wissensarbeiter die Unternehmensziele zu ihren eigenen Zielen machen (Commitment, Loyalität). In diesem Zusammenhang kann schließlich davon ausgegangen werden, dass die Ansprüche, die (formal) Hochqualifizierte an ihre Arbeit und Arbeitssituation haben, sich schon aufgrund ihrer beruflichen und vorberuflichen Sozialisation von denen anderer Erwerbstätigengruppen unterscheiden. Gefragt 20