Strafrecht, nach allen Regeln der Kunst Banken im Cum-Ex-Fokus Rechtsanwalt Prof. Dr. Ahlbrecht 4. Bankrechtstag, Düsseldorf, 16. März 2016
Inhalte Prolog Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Die umstrittene Rechtslage Strafrechtliche Implikationen Ausblick
Prolog BaFin ordnet im Kontext von Cum-Ex-Ermittlungen Moratorium über Maple Bank an und verlangt von über 1.800 Banken Auskunft zu Cum-Ex-Geschäften Strafrechtliche Ermittlungen gegen verschiedene Bankhäuser und ihre Mitarbeiter sowie zentrale (steuer)anwaltliche Berater seit 2012; Zivilklagen von Anlegern Einrichtung eines Untersuchungsausschusses: Auftrag: Die Untersuchung betrifft Gestaltungsmodelle der sogenannten Cum/Ex-Geschäfte mit Leerverkäufen um den Dividendenstichtag, die auf eine mehrfache Erstattung bzw. Anrechnung von Kapitalertragsteuer gerichtet waren, obwohl die Steuer nur einmal bezahlt wurde. Der gegebenenfalls eingetretene Schaden für den Fiskus wird auf etwa 12 Milliarden Euro geschätzt.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Investor A ist Anteilseigner eines Großkonzerns. Er besitzt Aktien im Wert von 15 Millionen Euro.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Kurz vor dem Dividendenstichtag kommt Investor C ins Spiel und kauft seinerseits Aktien des Großkonzerns für 15 Millionen Euro. Verwirrenderweise übernimmt er aber nicht die Papiere von Investor A - sondern erwirbt sie von Investor B,obwohl der die Aktien gar nicht besitzt. Leerverkauf nennt man diese Art von Geschäft.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Die Dividende - 500.000 Euro - fließt. Tatsächlich erhält Investor A allerdings nur 375.000 Euro. Denn 25 Prozent, also 125.000 Euro, behält der Konzern als Kapitalertragssteuer für den Staat ein. Investor A bekommt eine entsprechende Bescheinigung, mit der er sich die Steuer unter bestimmten Umständen zurückerstatten lassen kann.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Die Dividende ist gezahlt, nun verkauft Investor A seine Aktien an Investor B (der das nötige Geld aus dem Leerverkaufsgeschäft mit Investor C hat). Statt 15 Millionen fließen allerdings nur 14,5 Millionen Euro von B zu A, schließlich sind die Aktien nach der Dividendenausschüttung (ex Dividende) nun 500.000 Euro weniger wert.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Nun leitet Investor B die Aktien, die er von Investor A gekauft hat, an Investor C weiter - und erfüllt damit seine Verpflichtung aus dem Leergeschäft (denn man erinnere sich: Investor C hatte Investor B ja bereits 15 Millionen Euro überwiesen). Allerdings: Investor C hatte zwar 15 Millionen Euro überwiesen, erhält (ex Dividende) aber nur Aktien im Wert von 14,5 Millionen Euro. Investor B überweist ihm darum zusätzlich die Netto-Dividende von 375.000 Euro. Und was ist mit den fehlenden 125.000 Euro? Dafür lässt sich Investor C von seiner Depotbank eine Steuerbescheinigung ausstellen.
Cum-Ex-Geschäfte eine Beschreibung Investor C leitet die Aktien für 14,5 Millionen an ihren ursprünglichen Besitzer zurück, also Investor A. Scheinbar ist damit alles wieder beim Alten, mit dem Unterschied, dass der Großkonzern zwischenzeitlich die fällige Dividende an Investor A ausgeschüttet hat. Tatsächlich aber ist viel Gravierenderes passiert: Der Staat hat nur einmal Steuern kassiert - dafür haben aber nun zwei Investoren einen Anspruch auf Rückerstattung, nämlich neben A auch C. Den Erlös aus der zusätzlichen Rückerstattung teilen die drei Investoren unter sich auf.
Die umstrittene Rechtslage BFH 1999 (I R 29/97): Dividende und steuerliches Anrechnungsguthaben steht dem wirtschaftlichen Eigentümer der Akte zu, wobei der Aktienerwerber wirtschaftliches Eigentum schon ab dem Zeitpunkt erlangt, ab dem er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann Abschluss des schuldrechtlichen Aktienkaufvertrages bestätigt durch BFH 2007 (I R 85/05); allerdings keine konkrete Entscheidung zu Cum-Ex-Gestaltung So auch seinerzeit Gesetzgeber in Gesetzesbegründung Jahressteuergesetz 2007 (BR-Drs. 622/06 und BT-Drs. 16/2712); BMJ-Einschätzung 2010: Gestaltungen nicht mit letzter Sicherheit rechtswidrig BFH 2014 (I R 2/12): Rückverweisung an FG, aber Übergang des wirtschaftlichen Eigentums fragwürdig bei modellhaft aufgelegtem Gesamtvertragskonzept
Die umstrittene Rechtslage FG Hessen 10.02.16 (Az. 4 K 1684/14) 1. Beim außerbörslichen Erwerb börsennotierter Aktien wird wirtschaftliches Eigentum an den Aktien regelmäßig nicht bereits mit Abschluss der schuldrechtlichen Vereinbarung erworben. Der Eigentumsübergang tritt erst im Zeitpunkt der Lieferung der Aktie ein. 2. Eine Erhebung der Kapitalertragsteuer i.s. des 36 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) liegt nicht bereits mit Auszahlung der Nettodividende / Dividendenkompensationszahlung an die inländische Depotbank des Aktienkäufers vor. Erforderlich ist zusätzlich, dass die mit der Nettodividende / Kompensationszahlung belastete Depotbank des Verkäufers den Bruttodividendenbetrag erhalten hat, von der die Steuer einzubehalten ist. Auf die tatsächliche Abführung der Steuer durch die Depotbank an die Finanzbehörde kommt es dagegen nicht an. 3. Dem die Anrechnung der Kapitalertragsteuer begehrenden Aktienkäufer obliegt die Feststellungslast für die Erhebung der Abzugssteuer.
Die umstrittene Rechtslage FG Hessen 10.02.16 (Az. 4 K 1684/14) 4. Die Kapitalertragssteuerbescheinigung nach 45a Abs. 2 o. 3 EStG liefert bei Zahlungen der Nettodividende durch eine inländische Depotbank lediglich einen Anscheinsbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer. 5. Für Geschäfte, bei denen die Aktien außerbörslich einschließlich eines Dividendenanspruchs erworben werden, deren Belieferung allerdings abweichend von der Vereinbarung erst nach dem Dividendenbeschlusstag erfolgt, wird dieser Anscheinsbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer regelmäßig erschüttert und kommt nicht zum Tragen. Dies gilt zumindest dann, wenn keine sog. Berufsträgerbescheinigung für die Aktiengeschäfte erteilt wird. In diesen Fällen obliegt es dem die Anrechnung begehrenden Aktienkäufer, den Vollbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer zu führen.
Strafrechtliche Implikationen Bundesregierung 27.5.13 BT-Drs. 17/13638 (auf kleine Anfrage; Drucksache 17/13233)
Strafrechtliche Implikationen
Strafrechtliche Implikationen
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Ausblick Abschließende Klärung durch den Bundesfinanzhof steht (noch) aus, Entscheidung aus 2014 liest sich tendenziell pro Fiskus Staatsanwaltschaften vertreten vehement Steuerrechtswidrigkeit Flächendeckende Ermittlungsverfahren erhöhen den Druck auf Beschuldigte und Banken Eine strafrechtliche Pilot -Anklage steht zu erwarten Einigung und (Rechts-) Frieden vs. Recht!?? Was sagt die Aufsicht?
Kontakt Wessing & Partner Rechtsanwälte mbb Rathausufer 16 17, 40213 Düsseldorf Tel. +49 211/16844-0, Fax +49 211/16844-444 info@strafrecht.de strafrecht.de
Kanzleipräsentation 16.03.16 19 Prof. Dr. Heiko Ahlbrecht ahlbrecht@strafrecht.de Tel. 0211/16844-0 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Münster von 1992 bis 1997; wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FernUniversität Hagen von 1997 bis 2000 Zulassung als Rechtsanwalt 2001 Seit 2007 Partner der Kanzlei Wessing & Partner Seit 2008 Lehrbeauftragter an der Leibniz Universität Hannover für Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht; seit 2015 Honorarprofessor der Leibniz Universität Hannover. Mitgliedschaften u.a.: Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins, European Criminal Bar Association, International Bar Association, Association of Defence Counsel ADICTY, Wirtschaftsstrafrechtliche Vereinigung, New Journal of European Criminal Law - Member of Editor's Board