Was ist eigentlich Psychotherapie? Ein kleiner Leitfaden - zusammengestellt von Jürgen Plass, Diplompsychologe



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Transkript:

Was ist eigentlich Psychotherapie? Ein kleiner Leitfaden - zusammengestellt von Jürgen Plass, Diplompsychologe Vorbemerkung: In der Beratung werden oft von Methoden wie Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Familientherapie usw. gesprochen und dabei manchmal vorausgesetzt, dass jedem klar ist, was dort eigentlich passiert. Dies ist jedoch oft nicht der Fall. Daher sollen im Folgenden die wichtigsten Verfahren sowie einige ähnlich häufig verwendete Methoden in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erläutert werden. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Therapie Als Therapie bezeichnet man in der Medizin Maßnahmen zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen. Ziel der Therapie ist die Heilung, die Beseitigung oder Linderung der Symptome oder die Wiederherstellung der körperlichen oder psychischen Funktion. Voraussetzung für eine adäquate Therapie ist die Erstellung einer korrekten Diagnose. Wenn eine Therapie aufgrund eines Krankheitsbildes angezeigt ist, spricht man von einer Indikation. Therapie beruht auf einer direkten oder indirekten Einwirkung des Therapeuten auf den Patienten/Klienten. Die Möglichkeiten der Einwirkung sind vielfältig, die Therapiemethoden bei psychischen Methoden beruhen zum großen Teil auf systematischer Kommunikation zwischen Therapeut und Patient. Gewöhnlich muss die Überprüfung der Wirksamkeit eines Therapieverfahrens nach wissenschaftlichen Methoden erfolgen, um als allgemein anerkannt zu gelten. Dennoch werden, vor allem außerhalb von Krankenhäusern und Arztpraxen häufig Methoden eingesetzt, die diese Forderung nicht erfüllen (s. z. B. Alternativmedizin, Naturheilkunde). Psychotherapie (griechisch: Pflege der Seele) ist die Behandlung psychisch, emotionaler und psychosomatisch bedingter Krankheit, Leidenszustände oder Verhaltensstörungen mit Hilfe von psychologischen Methoden durch verschiedene Formen verbaler und non-verbaler Kommunikation. Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörung und Leidenszuständen, die in einem Konsensus zwischen Klient und Therapeut für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel anhand lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. (Haar-Strotzka, Psychotherapie 1978) Psychotherapie ist eine eigenständige Wissenschaft mit eigenständigen Forschungs- und Behandlungsmethoden. Anerkannte Psychotherapie-Verfahren: Innerhalb der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung in Deutschland sind zurzeit folgende Behandlungsformen als Psychotherapie für Erwachsenen sowie Kinder und Jugendliche anerkannt:

1. Psychoanalytisch begründete Verfahren Im Unterschied zu übenden bzw. trainierenden Verfahren (Verhaltenstherapie) zählt die Psychoanalyse zu den aufdeckenden Therapien, die versuchen, dem Patienten ein vertieftes Verständnis der ursächlichen Zusammenhänge seines Leidens zu vermitteln, was oft mit dem Begriff der Einsicht verbunden wird. Es ist jedoch ein Missverständnis, eine rationale Einsicht in die Verursachungszusammenhänge als wesentliches Ziel einer psychoanalytischen Therapie zu verstehen. Vielmehr wird eine weitergehende Umstrukturierung der Persönlichkeit und insbesondere des Gefühllebens in denjenigen Bereichen angestrebt, die zur Aufrechterhaltung psychopathologischer Elemente (Symptome, Persönlichkeitseigenschaften) beitragen. Die klassische Psychoanalyse findet über einige Jahre oft mehrmals in der Woche statt. Der Klient sagt möglichst unzensiert, was ihm gerade durch den Kopf geht. Der Analytiker hört mit einer Haltung gleichschwebender Aufmerksamkeit zu und teilt dem Analysanten die während des psychoanalytischen Prozesses erworbenen Kenntnisse mit (Deutung), wann immer er es für günstig hält. Insbesondere bemüht sich der Analytiker, die sich in der Beziehung zu ihm einstellende Übertragung typischer emotionaler Muster bzw. Motive des Analysantens aufzuspüren und ihren Stellenwert innerhalb der Psychodynamik des Klienten zu interpretieren, um sie einer Veränderung zugängig zu machen. Psychoanalytische Vokaltherapien bzw. Kurzzeittherapien versuchen ein zentrales, mehr oder weniger klar umschriebenes Problem in insgesamt ca. 20 bis 30 Sitzungen zu behandeln. Unterformen: Tiefenpsychologisch fundierte Therapie, katatym-imagitative Psychotherapie, dynamische Psychotherapie, analytische Psychotherapie, Individualpsychotherapie 2. Verhaltenstherapie: Diesen Formen ist gemeinsam, dass die Hilfe zur Selbsthilfe für den Klienten im Mittelpunkt steht, ihm nach Einsicht in Ursache und Entstehungsgeschichte seiner Probleme Methoden an die Hand zu geben, mit denen er zukünftig besser zurecht kommen kann. Charakteristisch für die VT ist die Konzentration auf gegenwärtige statt auf vergangene Handlungsdeterminanten. Der Schwerpunkt liegt auf beobachtbarem Verhalten und dessen Veränderung. Es wird angenommen, dass Verhaltensweisen erlernt werden und dass man sich empirischen Methoden verpflichtet fühlt. Um Veränderung zu bewirken, ist es nicht notwendig, die Ursprünge des psychologischen Problems zu verstehen. Bei den sog. kognitiven Verfahren steht die Kognition im Mittelpunkt, diese umfasst Einstellung, Gedanken, Bewertungen, Überzeugungen. Es steht somit die aktive Gestaltung des Wahrnehmungsprozesses im Vordergrund. Nicht die objektive Realität, sondern die subjektive Sicht der Dinge, also die Wahrnehmungsselektion und die Wahrnehmungsbewertung sind entscheidend für das Verhalten. Affekte und

Verhalten sind weitgehend aufeinander abgestimmt, wie die Menschen die Welt strukturieren. Unterformen: rational-emotive Therapie kognitive Verhaltenstherapie systematische Desensibilisierung Selbststeuerungsmethoden Methoden der kognitiven Strukturierung 3. Gesprächspsychotherapie (auch klientzentrierte Psychotherapie): Sie ist noch nicht als Regelverfahren anerkannt. Es kam bei der Überprüfung zu formalen Fehlern, dennoch gibt es die Chancen, in den Leistungskatalog der Kassen aufgenommen zu werden. Sie gilt weitgehend als überprüft. Hilfesuchende Personen mit ihren jeweiligen Gefühlen, Wünschen, Wertvorstellungen, Zielen stehen im Mittelpunkt der therapeutischen Interaktion. Die Sichtweise des Therapeuten soll dabei weitgehend in den Hintergrund treten, Ratschläge und Bewertungen sind zu vermeiden (nicht direktives Verhalten). Der Therapeut soll dem Klienten quasi als Spiegel dienen, indem er die Aussagen und Gefühle des Klienten deutlich herausarbeitet und wiedergibt, so soll der Klient selbstgesteuert zu Einsichten gelangen (Selbstexploration). Durch das Erschaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre soll der Klient angstfrei und kreativ an der Lösung seiner eigenen Schwierigkeiten arbeiten können. Systemische Therapie / Familientherapie: Der gemeinsame Nenner liegt in der Annahme, psychische Probleme entstünden als Symptom in größeren menschlichen Systemen und seien am einfachsten auch in diesem Zusammenhang feststell- und veränderbar, auch wenn einzelne Personen (Indexpatienten) als Symptomträger auftreten. In der Familientherapie werden positive Veränderungen der Beziehungen zwischen den Mitgliedern von Familien angestrebt. Dabei wird betont, dass die Qualität der Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern sowie die Entwicklung von Verständnis und Empathie füreinander ein wesentlicher Faktor für das Funktionieren des familiären Systems (Triade) und das Wohlergehen der Familienmitglieder ist. Die unterschiedlichsten Schulen der Familientherapie teilen die Grundannahme, dass auch bei der Behandlung psychischer Störungen die Einbeziehung der Familie in den Therapieprozess die Effektivität der Therapie steigert. Rein beratende Ansätze legen den Schwerpunkt zumeist auf die Aktivierung und Stärkung der Ressourcen der Familie, die zur selbstständigen Lösung der familiären Probleme verfügbar sind. Die Berater geben Hinweise, Anregungen und versuchen gemeinsam mit der Familie Lösungswege und Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Anbieter von Familientherapie sind Psychotherapeuten, Psychologen sowie Fachkräfte aus anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen (siehe auch www.wikipedia.org). Familienberatung und therapie werden auch von institutionellen Trägern wie den Erziehungsberatungsstellen angeboten. Die Anerkennung als Regelverfahren wird angestrebt.

Unterformen: Psychoanalytische Familientherapie Strukturelle Familientherapie Humanistische Familientherapie Gängige, aber von den deutschen Psychotherapierichtlinien nicht anerkannte Therapien: Gestalttherapie klientenzentrierte Psychotherapie (s. oben) Logotherapie Psychodrama Paartherapie systemische (Familien-)Therapie (s.o.) Hypnotherapie Weitere übende oder pädagogische Verfahren Progressive Muskelentspannung oder progressive Muskelrelaxation (PMR): Dies ist ein Verfahren, bei dem durch die willkürliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreicht wird. Die Konzentration der Person wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung der unterschiedlichen Muskelpartien gerichtet und auf die Empfindung, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen. Ziel des Verfahrens ist eine Senkung der Muskelspannung unter das normale Niveau aufgrund einer verbesserten Körperwahrnehmung. Somit können durch die Entspannung der Muskulatur auch andere Zeichen körperlicher Unruhe oder Erregung reduziert werden bzw. Herzklopfen, Schwitzen, Zittern. Die Psychotherapierichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sehen im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung Autogenes Training, PMR und Hypnose als Einzelbehandlung vor. Die Heilmittelverordnung kennt zur Therapie psychischer Störungen außerdem Ergotherapie an, innerhalb der auch Gestaltungstherapie und Arbeitstherapie stattfinden können. Ergotherapie: Ein medizinisches Heilmittel für Menschen mit motorisch-funktionellen, sensomotorisch-präzeptiven und neuropsychologischen, aber auch Psychosozialstörungen. Ziel der Ergotherapie ist es, durch den Einsatz von Aktivitäten, Betätigung und Umweltanpassung dem Menschen eine größt mögliche Handlungsfähigkeit im Alltag, Lebensqualität und gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen. Die ergotherapeutische Behandlung umfasst handwerkliche, gestalterische sowie spielerische Übungen. Ein elementarer Bereich stellt das Üben von Tätigkeiten dar. Durch Verbesserung, Wiederherstellung oder Kompensation der

beeinträchtigten Fähigkeiten soll dem Patienten/Klienten eine möglichst große Selbständigkeit und Handlungsfreiheit im Alltag ermöglicht werden. Neben den geeigneten Übungen soll auch der Einsatz von Hilfsmitteln dazu beitragen, dass die verbleibenden Fähigkeiten angepasst werden und so ein Optimum an Habilitation oder Rehabilitation erreicht wird. Sensorische Integration: Dies bezeichnet die Koordination, das Zusammenspiel unterschiedlicher Sinnesqualitäten und Systeme. Sensorische Integrationsstörungen sind Störungen des Zusammenspiels der Sinnesmodalitäten. Klassische Indikation sind die Wahrnehmungsprobleme bei Kindern. Arbeitstherapie: Bezeichnet die stufenweise Heranführung von Klienten mit psychischen Störungen an die Grundanforderungen des Arbeitslebens. Durch Arbeitsleistung sollen Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Übernahme von Verantwortung, Belastbarkeit und Konzentration, Anpassungs- und Ausdauerfähigkeit, Gewöhnung an Zeitstruktur, Teamarbeit und das Erfassen von Arbeitsvorschriften gefördert und gefestigt werden. Krankengymnastik: Ist eine Sonderform der Bewegungstherapie. Sie ist in der Regel ein Teil der Behandlung einer bestehenden Krankheit oder wird in der Nachbehandlung von Krankheit, Operationen oder Unfällen eingesetzt. Die Anwendung erfolgt unter Anleitung von Krankengymnast oder Physiotherapeuten. EMDR = Eye movement dessencitation and reprocing Behandlungsmethode für Trauma-Betroffene aus dem Bereich der Psychotraumatologie. Bei EMDR regt der Therapeut den Klient nach strukturierten Vorbereitungen zu bestimmten Augenbewegungen an, wodurch es möglich werden solle, unverarbeitete traumatische Inhalte zu verarbeiten. Es soll keine Veränderung des Bewusstseinszustandes sondern vielmehr eine Integration der mit dem Trauma verbundenen Emotionen und Empfindungen erreicht werden. Psychoedukation: Ist ganz allgemein der Versuch, komplizierte medizinisch-wissenschaftliche oder pädagogisch-psychologische Fakten so zu übersetzen, dass sie von betroffenen Klienten und deren Angehörigen gut verstanden werden. Ihnen soll geholfen werden, die wichtigsten Informationen über die Störung/Erkrankung und die erforderlichen Therapiemaßnahmen begreifen und nachvollziehen zu können. Das Verstehen können der eigenen Problematik ist die Grundvoraussetzung für den selbstverantwortlichen Umgang mit dem Problem und der erfolgreichen Bewältigung. Der Begriff Education ist abgeleitet von dem lateinischen Wort educere, das

wörtlich übersetzt herausführen heißt, d. h. Klienten und Angehörige sollen aus dem Zustand der Unwissenheit und der Unerfahrenheit herausgeführt werden. Psychoedukation bedeutet somit die therapeutisch angeleitete Begleitung von Klienten und Angehörigen auf dem Weg zu mehr Fachwissen und mehr Überblick über die Störung, die erforderlichen Therapiemaßnahmen und die möglichen Selbsthilfestrategien. Allgemeine Hinweise zur Psychotherapie: Psychotherapie wird im Rahmen einer Vielzahl von Schulen und Therapien mit eigenem Weltbild, Störungskonzepten und Methoden gelehrt und ausgeübt. Die ungeheure Vielzahl von geschätzten ca. 400 versch. Schulen verwirrt oft die Ratsuchenden. Während aus der Anerkennung durch die Krankenkassen darauf geschlossen werden kann, dass sich ein Verfahren in der Praxis bewährt hat und zur Heilung psychischer Störungen grundsätzlich geeignet ist, ist der umgekehrte Schluss nicht möglich: Unter den nicht anerkannten Verfahren auf dem Psychomarkt finden sich nutzlose oder sogar gefährliche Scharlatanerie ebenso wie Splitterverfahren und Neuentwicklung mit viel entsprechenden Ideen und Schulen, die in anderen Ländern durchaus anerkannt sein können. Eine gemeinsame Schulen- und Fächerverbindende Basis ist zu empfehlen, in den letzten Jahren versuchen einige Autoren interdisziplinär diese Basis zu entwickeln. Wirkfaktoren: Es lassen sich über Therapieschulen hinweg grundlegende Wirkfaktoren der Psychotherapie nachweisen: 1. Therapeutische Beziehung: Die Qualität der Beziehung zwischen dem Psychotherapeuten und dem Patienten /Klienten trägt signifikant zu einem besseren oder schlechteren Therapieergebnis bei. 2. Ressourcenaktivierung Die Eigenarten, die die Patienten / Klienten in die Therapie mitbringen, werden als positive Ressource für das therapeutische Vorgehen genutzt. Das betrifft vorhandene motivationale Bereitschaft, Fähigkeiten und Interessen der Patienten. 3. Problemaktualisierung Die Probleme, die in der Therapie verändert werden sollen, werden unmittelbar erfahrbar. Das kann z. B. dadurch geschehen, dass Therapeut und Klient reale Situationen aufsuchen, in denen die Probleme auftreten oder dass sich durch besondere therapeutische Techniken, wie intensives Erzählen, Imaginationsübungen, Rollenspiele, u. Ä. die Probleme erlebnismäßig aktualisieren.

4. Motivationale Klärung: Die Therapie fördert mit geeigneten Maßnahmen, dass der Patient ein klares Bewusstsein der stimmenden Faktoren (Ursprung, Hintergründe, aufrechterhaltende Faktoren) seines problematischen Erlebens und Verhaltens gewinnt. 5. Problembewältigung Die Behandlung unterstützt den Patienten mit bewährten Problemen spezifischen Maßnahmen (direkt oder indirekt) darin, positive Bewältigungserfahrungen im Umgang mit seinen Problemen zu machen. (nach Grave Empirische Qualität der Wirkungsfaktoren statt Therapiemethoden, Report Psychologie 7/8 2005, S. 311) Woran erkennt man eine gute Beratungsstelle / Praxis für Psychotherapie? Checkliste für Ratsuchende: - Nimmt der Berater/Therapeut mich und mein spezielles Problem ernst? - Erhalte ich eine umfassende und verständliche Aufklärung? - Erhalte ich weiterführendes Informationsmaterial und Informationen - Kann ich gemeinsam mit meinem Berater/Therapeut über die Art meiner Behandlung entscheiden bzw. unterstützt er mich darin, eine Entscheidung zur Behandlung treffen zu können? - Werde ich von Berater und Personal freundlich und respektvoll behandelt? - Erhalte ich ohne Probleme Zugang zu meinen Klienten- /Patientenunterlagen? - Akzeptiert mein Therapeut, dass ich im Zweifelsfall eine zweite Meinung einholen möchte? - Wird in der Praxis/Beratungsstelle meine Intimsphäre gewahrt? - Wird in der Praxis/Beratungsstelle der Schutz meiner persönlichen Daten gewahrt? - Bietet mein Therapeut/Berater eine Praxisorganisation, die mir den Besuch erleichtert? - Sind Qualitätsmaßnahmen in der Beratungsstelle/Praxis für mich als Ratsuchender erkennbar? Fulda, Juni 2010