Sozialpolitik I (Soziale Sicherung) Wintersemester 2005/06. Alterssicherung



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Transkript:

Sozialpolitik I (Soziale Sicherung) Wintersemester 2005/06 Alterssicherung Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Strengmann@wiwi.uni-frankfurt.de www.wiwi.uni-frankfurt.de/~strengma

entweder: Kolloquium Teilnahme an dem sozialpolitischen Kolloquium, dienstags 18-20 Uhr oder (kurzer) Vortrag und Moderation der Diskussion zu einem frei gewählten sozialpolitischen Thema im Anschluss an die Vorlesung 2

Gliederung 6. Alterssicherung 6.1 Theorie der Alterssicherung 6.2 Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten und Überblick über die Alterssicherung in Deutschland 6.3 Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland 6.4 Reformbedarf, Reformoptionen Literatur: zu 4.1.: Homburg, S. (1987): Theorie der Alterssicherung. Berlin u.a.: Springer; Breyer, Friedrich (1990): Ökonomische Theorie der Alterssicherung. München: Vahlen. zu 4.2: Bäcker et al., Kap. VIII. 4., zu 4.3.: Bäcker et al. (2000): Kap. VIII 5.; BMGS (2003): Übersicht über das Sozialrecht. Kap. 6 zu 4.4: Bäcker et al. (2000): Kap. VIII 8.-10. 3

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 1. private Alterssicherung a) Familie (privates Umlageverfahren) ursprüngliche Form der Alterssicherung b) Sparen: Wertpapiere, Aktien, Immobilien etc. (private Kapitaldeckung) Probleme: zu geringe Sparfähigkeit (insbesondere für Junge und Familien) zu geringe Sparbereitschaft (zu hohe Gegenwartsneigung, Kosten im Alter werden unterschätzt) Risiken (unbekannte Lebensdauer, unsichere Verzinsung) 4

1. privat Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten c) Lebensversicherung Möglichkeit des Schutzes gegen zu langes Leben, wenn die Lebensversicherung als Rente (Annuität) ausgezahlt wird sonstige Probleme von oben bleiben bestehen Kein Schutz der gesamten Bevölkerung Möglichkeit: Pflichtversicherung, aber: Frauen erhalten wegen längerer Lebenserwartung geringere Renten oder zahlen höhere Beiträge Unsicherheit der Kapitaldeckung 5

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 2. betriebliche Alterssicherung obligatorisch durch staatliche Regelungen durch Tarifvertragsparteien freiwillige Leistung der Arbeitgeber 6

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 3. staatliche Alterssicherung grundsätzliche Vorteile: Förderung von förderungswürdigen Tatbeständen (Kindererziehung, Ausbildung, Pflege von Familienangehörigen) Berücksichtigung von Phasen mit Nichterwerbstätigkeit (Arbeitslosigkeit, Krankheit etc.) Gleichstellung von Männern und Frauen Möglichkeit von Umverteilung höhere Sicherheit zwei prinzipielle Modelle: Versicherungsmodell Grundrentenmodell 7

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 3. staatliche Alterssicherung Versicherungsmodell: Zwangsmitgliedschaft einer Bevölkerungsgruppe, z.b. Arbeiter, Angestellte, alle Erwerbstätigen oder sogar der Gesamtbevölkerung (Volksversicherung) üblicherweise Anknüpfung am Erwerbseinkommen, denkbar wäre aber auch eine Ausdehnung auf andere Einkommen (Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen, Spekulationsgewinne,...) Volksversicherung und Ausdehnung auf andere Einkommen Bürgerversicherung Höhe der Rente abhängig von den gesamten gezahlten Beiträgen und eventuell der erwarten Lebensdauer (Äquivalenzprinzip) Abweichungen vom Äquivalenzprinzip: Bedingung: Mindestanzahl von Beitragsjahren Rentenhöhe abhängig vom letzten Einkommen Berücksichtigung von Kindererziehungs-, Ausbildungszeiten etc. Mindest- oder Höchstrenten 8

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 3. staatliche Alterssicherung Versicherungsmodell: zwei Finanzierungsvarianten: Kapitaldeckungsverfahren Umlageverfahren zwei grundsätzliche Varianten für das Umlageverfahren: contribution defined: Es wird ein fester Beitrag festgelegt, aus dem sich die Rentenhöhe/ das Rentenniveau ergibt benefit defined: Die Rentenhöhe wird vorgegeben, z.b. durch ein bestimmtes Rentenniveau. Daraus ergibt sich dann der Beitrag. 9

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 3. staatliche Alterssicherung Grundrentenmodell: drei Varianten: 1. es wird ausschließlich eine Grundrente gezahlt. Sonstige Alterssicherung auf freiwilliger Basis (betrieblich oder privat) 2. Grundrente als Sockel. Zusätzlich gibt es Sozialversicherungsrente und/oder obligatorische Betriebsrenten 3. Garantierente. Niedrige Renten werden aufgestockt 10

Grundsätzliche Ausgestaltungsmöglichkeiten 3. staatliche Alterssicherung Grundrentenmodell: Finanzierung: Steuern Beiträge - mit einheitlichem Beitragssatz (Versicherung gegen den Schadensfall Armut ) - Pflicht-Mindestbeitrag 11

Alterssicherung in Deutschland: Überblick 3 Säulen-System: 1. Säule: Regelsysteme a) Gesetzliche Rentenversicherung Arbeiterrentenversicherung (ARV) Angestelltenversicherung (AnV) Knappschaftliche Rentenversicherung (KnRV) rund 78% der im Sozialbudget erfassten Gesamtleistungen der Alterssicherung b) Beamtenversorgung (BV) c) Alterssicherungssysteme für Selbstständige und Freiberufliche 12

Alterssicherung in Deutschland: Überblick 2. Säule: Zusatzsysteme - Betriebliche Altersversorgung für ArbeitnehmerInnen in der Privatwirtschaft - Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst für ArbeiterInnen und Angestellte 3. Säule: private Altersvorsorge 13

Alterssicherung in Deutschland: Überblick 14