Landgericht Leipzig 16 T 526/05 LG Leipzig 2 C 0401/04 AG Oschatz BESCHLUSS vom 9.6.2005 In dem Verfahren 1) 2) Prozessbevollmächtigte: zu 1,2 : - Kläger zu 1) / Beschwerdeführer - - Kläger zu 2) / Beschwerdeführer - Rechtsanwälte gegen 1) 2) - Beklagte zu 1 / Beschwerdegegnerin - - Beklagter zu 2 / Beschwerdegegner - Prozessbevollmächtigte: zu 1,2 : Rechtsanwalt wegen Forderung aus Mietvertrag hier: Beschwerde gegen Beschluss nach 91 a ZPO
hat das Landgericht Leipzig - 16. Zivilkammer - durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Knochenstiern als Einzelrichter beschlossen: 1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oschatz vom 13.4.2005 - Az.: 2 C 401/04 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. 3. Der Beschwerdewert wird auf bis 1.500,00 EUR festgesetzt. G r ü n d e: I. Die Parteien streiten um die Verfahrenskosten nach übereinstimmender Erledigungserklärung. Mit Klage vom 5.8.2004 haben die Kläger die Räumung der von den Beklagten angemieteten 3-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss des Anwesens...begehrt. Die Beklagten hatten mit Mietvertrag vom 10.10.2003 zu einem monatlichen Mietzins i. H. v. 430,00 EUR zzgl. Nebenkosten- Vorauszahlung i. H. v. 120,00 EUR die vorgenannte Wohnung zum Mietbeginn am 1.11.2003 angemietet. In 19 des Mietvertrages vom 10.10.2003 ist Folgendes geregelt: " 19 Mietsicherheit 1. Der Mieter zahlt bis zum 21.12.2003 dem Vermieter eine Mietsicherheit (bzw. Bankbürgschaft) i. H. v. 600,00 EUR, die zu dem üblichen Zinssatz für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist angelegt werden, ggf. als Bankbürgschaft. (...)"
Die Wohnung wurde an die Beklagten am 10.10.2003 übergeben. Die vereinbarte Mietkaution wurde nicht gezahlt. Mit Schreiben vom 17.5.2004 unter Fristsetzung zum 1.6.2004 haben die Kläger durch die beauftragte Hausverwaltung die Zahlung der Kaution angemahnt und zugleich darauf hingewiesen, dass bei Fristablauf mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 17.6.2004 wurde die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen und eine Räumung bis spätestens zum 30.6.2004, 10.00 Uhr begehrt. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, dass sie versucht hätten, das Kündigungsschreiben persönlich an die Beklagten zu übergeben. Diese hätten die Annahme verweigert, so dass das Schreiben in den für die Wohnung der Beklagten vorgesehenen Briefkasten eingeworfen worden sei. Die Beklagten haben den Zugang der Kündigungserklärung vom 17.6.2004 bestritten und zudem ausgeführt, dass mit Schreiben vom 23.7.2004 seitens der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht worden sei. Hintergrund des Zurückbehaltungsrechts war eine in den Mieträumen aufgetretene Erscheinung des sogenannten "Fogging". Darüber hinaus vertraten die Beklagten die Ansicht, dass die Nichtzahlung der Kaution nicht zu einer fristlosen Kündigung berechtige. Am 2.9.2004 haben die Beklagten die Wohnung geräumt an die Kläger zurückgegeben. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien hat das Amtsgericht Oschatz mit Beschluss vom 13.4.2005 die Kosten des Verfahrens den Klägern als Gesamtschuldner auferlegt.
Das Amtsgericht hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass allein aufgrund der Nichtzahlung der Kaution ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht bestanden habe. Deute man die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung um, so sei bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30.9.2004 die Wohnung von den Beklagten geräumt worden. Gegen den, dem Klägervertreter mit Empfangsbekenntnis am 18.4.2005 zugestellten Beschluss hat dieser mit Schriftsatz vom 29.4.2005, eingekommen per Telefax beim Amtsgericht Oschatz am 2.5.2005 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Kläger begründen ihre Beschwerde damit, dass das vertragswidrige Verhalten der Beklagten nach Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Die Kläger als Vermieter müssten sich nicht auf die Erfüllungsansprüche aus dem Mietverhältnis verweisen lassen. Das Amtsgericht Oschatz hat mit Beschluss vom 17.5.2005 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach der beiderseitigen Erledigungserklärung sind die Kosten des Verfahrens den Klägern als Gesamtschuldner aufzuerlegen, da sie voraussichtlich mit ihrem Räumungsanspruch unterlegen wären, 91 a Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. 1. Die sofortige Beschwerde der Kläger ist zulässig, 91 a Abs. 2 Satz 1, 569 Abs. 1, Abs. 2, 572 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert in der Hauptsache liegt nach der gerichtlichen Festsetzung des Amtsgericht Oschatz bei 5.160,00 EUR.
2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Räumungsprozesses zu tragen, da sie zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses - 2.9.2004 - mit ihrer Klage voraussichtlich unterlegen wären. Es entspricht daher billigem Ermessen, ihnen die Verfahrenskosten aufzuerlegen, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. a) Den Klägern ist insoweit zuzustimmen, als die Beklagten mit der Zahlung der vereinbarten Mietsicherheit sich in Verzug befunden haben, 551, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Gericht geht allerdings in Abweichung der vertraglichen Vereinbarungen davon aus, dass eine Zahlung der Kaution bis spätestens zum 31.1.2004 möglich gewesen ist. Die Vereinbarung der Parteien in 19 des Mietvertrages verstößt insoweit gegen die zwingende, 551 Abs. 4 BGB, Vorschrift des 551 Abs. 2 Satz 1 BGB. Hiernach ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt, wobei die erste Teilzahlung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist. Nachdem die Parteien hier den Beginn für den 1.11.2003 bestimmt haben, wäre eine zweite Rate bis Ende Dezember 2003 und eine dritte Rate bis Ende Januar 2004 zu zahlen gewesen. Soweit die Parteien eine vollständige Zahlung im Mietvertrag bis zum 31.12.2003 vorgesehen haben, stellt dies eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen dar, die insoweit zur Unwirksamkeit der vereinbarten Fristbestimmung führt, 551 Abs. 4 BGB, vgl. BGH, NJW 2004, 3045 ff.; BGH, NJW 2004, 1240; BGH, NJW 2003, 2899 f. Nachdem - unstreitig - weder zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Mahnung noch zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung die Kaution gezahlt wurde, ist jedenfalls ab 1.2.2004 eine Verzugslage anzunehmen.
b) Das erkennende Gericht geht nach dem beiderseitigen Sachvortrag der Parteien davon aus, dass die durch die Kläger selbst ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 17.6.2004 den Beklagten auch zugegangen ist. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, dass sie versucht hätten, dass Kündigungsschreiben den Beklagten persönlich zu übergeben. Diese hätten aufgrund vorheriger anwaltlicher Beratung eine Annahme des Kündigungsschreibens verweigert, so dass die Kläger das Schreiben in den Wohnungsbriefkasten der Beklagten eingeworfen hätten. Diesem detailierten Sachvortrag der Kläger sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Sie haben pauschal den Zugang der Kündigungserklärung bestritten, was nach Ansicht des erkennenden Gerichts nach dem detailierten Sachvortrag der Kläger als nicht ausreichend angesehen wird. c) Die Kläger sind gem. 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ihrer Pflicht zur vorherigen Abmahnung und Fristsetzung im Hinblick auf die ausstehende Kautionszahlung durch Schreiben vom 16.5.2004 in ausreichender Weise nachgekommen. In Anbetracht der verstrichenen Zeit und der - im Verhältnis zur Miete geringen - Kaution war die gesetzte Frist angemessen. d) Das Gericht vermag in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Amtsrichterin einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. 543 Abs. 1 BGB allein in der Nichtzahlung der Kaution durch die Beklagten nicht zu sehen. aa) Wie bereits aus der Neufassung des 543 Abs. 2 BGB zu erkennen ist, hat der Gesetzgeber die unterlassene Nichtzahlung der Mietsicherheit nicht als Regelbeispiel eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung angenommen.
bb) Vergleicht man im konkreten Fall die Höhe des ausstehenden Kautionsbetrages (600,00 EUR) mit der Höhe der monatlichen Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlung (550,00 EUR), so wird im Hinblick auf die Vorschrift des 543 Abs. 2 Nr. 3 a, b BGB i. V. m. 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB erkennbar, dass selbst unter der Voraussetzung, es würde sich um ausstehende laufende Mietzinszahlungen handeln, eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen wäre. cc) Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Abwägung der beiderseitigen Interessen gem. 543 Abs. 1 Satz 2 BGB führt nach Auffassung des erkennenden Gerichts zu dem Ergebnis, dass die am 17.6.2004 ausgesprochene Kündigung das Räumungsverlangen nicht zu stützen vermag. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Beklagten abgesehen von der streitigen Kautionszahlung vertragsgerecht verhalten haben; Mietund Nebenkosten wurden beanstandungsfrei geleistet. Weiterhin ist einzustellen, dass in der angemieteten Wohnung durch die Beklagten Verschmutzungen durch den sogannten "Fogging-Effekt" festgestellt wurden. Dieses unstreitig aufgetretene Phänomen ist zwar letztlich durch die Kläger zu vertreten, aber durch keine der Parteien des Rechtsstreites verschuldet worden. Auch für die Kläger war erkennbar, dass dieser Mangel der Mietsache letztlich zu der Vorenthaltung der Kautionszahlung führte, mithin erkennbar nicht fehlende liquide Mittel, sondern unstreitig vorliegende Mängel der Mietsache Grund für die Zurückhaltung des Kautionsbetrages war. Soweit ersichtlich geht die Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass eine fehlende Kautionszahlung zwar einen berechtigten Grund zu außerordentlichen Kündigung
darstellen kann. Sie fordert in jedem Fall aber eine Einzelfallprüfung. Zutreffend weisen die Beklagten darauf hin, dass die Entscheidungen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, im Bereich des Gewerberaummietrechts ergangen sind und insoweit nur eingeschränkt auf das Wohnungsmietverhältnis zu übertragen sind, vgl. KG, GE 2005, 236 f.; OLG Celle, NJW-RR 2003, 155 f.; OLG Celle, NJW-RR 1998, 265 ff.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1100 f., OLG München, NJW-RR 2000, 2251; OLG Düsseldorf, OLGR 1986, 85 f. Soweit im Bereich eines Wohnraummietverhältnisses die Nichtzahlung der Kaution als Grund für eine außerordentliche Kündigung angenommen wird, vgl. LG München, WuM 2001, 359; LG Berlin, GE 2000, 1475 ist jedenfalls eine Einzelüberprüfung dahingehend vorzunehmen, ob bereits die fehlende Kautionszahlung allein einen Kündigungsgrund darstellen kann, vgl. auch AG Hamburg-Wandsbek, ZMR 2002, 128 ff. Für das Gericht sind keine Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass es für die Kläger unzumutbar gewesen ist, eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der 3-monatigen Kündigungsfrist auszusprechen. Darüber hinaus wäre es im konkreten Fall - bei pünktlicher Zahlung von Miete und Nebenkostenvorauszahlung -, ohne weiteres möglich und zumutbar, dass die Kläger den geringen Kautionsbetrag durch Mahnbescheid oder Klage gegenüber den Beklagten geltend machen, um so zu der vereinbarten Mietsicherheit zu gelangen. Zurecht geht somit das Amtsgericht davon aus, dass zum Zeitpunkt der Räumung seitens der Beklagten ein Klageanspruch nicht begründet gewesen wäre. Allein aus der Tatsache der Räumung seitens der Beklagten kann im konkreten Fall nicht gefolgert werden, dass diese
sich freiwillig der Klageforderung unterworfen hätten. Nachdem zum Zeitpunkt der Räumung seitens der Beklagten der aufgetretene Mietmangel noch nicht behoben war und zumindest die Wahrscheinlichkeit bestand, dass eine Mangelbeseitigung dauerhaft nicht möglich sein wird, ist die Begründung der Beklagten für die Räumung der Wohnung im Hinblick auf den vorgetragenen Mietmangel gut nachvollziebar. III. Die Kostenentscheidung ergeht gem. 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. IV. Der Beschwerdewert ist gem. 72 Nr. 1, 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz GKG mit dem Betrag angesetzt, welcher sich aus den Kosten beider Prozessbevollmächtigter und der Gerichtskosten überschlägig errechnet.
V. Die Entscheidung hatte durch den Einzelrichter im Rahmen eines Beschlusses ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu ergehen, 572 Abs. 4, 568 Satz 1 ZPO. Knochenstiern VRiLG