https://klardenker.kpmg.de/gotthardtunnel-und-staatliche-infrastruktur/ Was Deutsche von Schweizern lernen können KEYFACTS - Verantwortlichkeiten müssen vorher geregelt sein - Zentrale Planungsstelle ist hilfreich - Öffentliche Hand ist nicht immer der beste Bauherr 01. Juni 2016 Natürlich könnte man sich die Sache leicht machen und einfach aufzählen, was in Deutschland alles nicht klappt in Sachen staatliche Infrastruktur: Da stellen sie in Berlin einen Flughafen auf die grüne Wiese und geraten mit der Eröffnung immer wieder in Verzug. Da verlegen sie in Stuttgart einen Bahnhof unter die Erde mit einem kolportierten Bahngleisgefälle von sechs Metern Höhenunterschied was wohl bedeutet, dass Kinderwägen und Rollstühle Gefahr laufen, ins Gleis zu rollen. Und da bauen sie in Hamburg eine Elbphilharmonie, die wenn sie denn Anfang 2017 endlich eröffnen sollte ihre ursprünglich geplanten Baukosten um mehr als Zehnfache überschritten haben wird. 1/5
Sicher, so leicht könnte man es sich machen. Und dann einen staunenden Blick in die Schweiz werfen, wo heute der 57 Kilometer lange und rund 11 Milliarden Euro teure Gotthard- Basistunnel nach 17 Jahren Bauzeit eingeweiht wird. Siebzehn Jahre klingen nach einer langen Zeit. Tatsächlich ist es ein Jahr weniger als ursprünglich geplant. Elf Milliarden Euro klingen nach viel Geld. Tatsächlich ist es nur geringfügig mehr als ursprünglich geplant. Und jetzt? Warum funktioniert in der Schweiz, was in Deutschland seit Jahren schon unmöglich scheint: Bauprojekte realisieren, die sowohl im Zeitplan als auch im Kostenplan bleiben? Vor knapp einem Jahr hat die Bundesregierung den Aktionsplan Großprojekte vorgelegt, der konkrete Maßnahmen zur besseren Planung und Umsetzung solcher Projekte benennt. Der Aktionsplan fasst die Ergebnisse der zwei Jahre vorher ins Leben gerufenen Reformkommission Großprojekte zusammen, bei deren Ermittlung KPMG als Berater maßgeblich beteiligt war. 17 Jahre Bauzeit ein Jahr weniger als geplant Knapp gesagt: Wer Fehler künftig vermeiden will, muss aus den in der Vergangenheit gemachten lernen. Erst schauen, dann bauen wäre ein erster Schritt in eine bessere Zukunft. Auf der Grundlage eines guten Projektmanagements zahlt es sich aus, im Voraus mehr Zeit und Mittel in eine vollständige Planung zu investieren. Hier sind die Erfahrungen von Experten gefragt, die vor Baubeginn prüfen, ob dieser nach Abwägung aller Risiken durchführbar ist und innerhalb des vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmens verwirklicht werden kann. Ein systematisches Risikomanagement und mehr Transparenz bei der Kosten- und Terminplanung sind unerlässlich, um öffentliche Gelder künftig effizienter einsetzen zu können. Denn darum geht es neben dem Bedarf an neuen Flughäfen, Bahnhöfen oder Konzerthäusern am Ende auch immer: um Steuergelder. Das bedeutet, dass Verantwortlichkeiten, Entscheidungswege und Kompetenzen klar geregelt sein müssen. Zusammengefasst: Vor Projektstart ist eine noch viel intensivere Vorbereitung unter Einbindung der Beteiligten und Zuhilfenahme externer Berater erforderlich. Private Partner oft schneller und günstiger Und auch die öffentliche Hand ist nicht zwangsläufig der bessere Bauherr. Stattdessen ist immer wieder festzustellen, dass vergleichbare Bauvorhaben in privater Hand schneller und günstiger fertiggestellt werden. Sicherlich ist eine Schule nicht in allen Details vergleichbar mit einem einfachen Bürogebäude, doch der Vergleich zeigt: Überträgt man im Rahmen einer ÖPP 2/5
einem privaten Partner die Planung und Durchführung einer Baumaßnahme und bestraft Terminverzug und Kostensteigerung, so wird sich der Private im Zeit und Kostenrahmen bewegen. Tut er es nicht, handelt er vertragswidrig, zahlt Strafen und verliert das Geld seiner Gesellschafter. Das werden die nicht lange mit ansehen. Baut die öffentliche Hand teurer und länger, ist es das Geld der Gesellschaft also das Geld des Steuerzahlers das verschwendet wird. Beim Blick in die Schweiz fällt außerdem auf, dass die überregionale Verkehrsinfrastruktur dort einheitlich aus einer Hand geplant und umgesetzt wird. Das gilt auch für den Gotthardtunnel. In Deutschland gibt es zwar eine zentrale Ausbauplanung für die Bundesfernstraßen, nicht aber eine zentrale Detailplanung. Ganz zu schweigen von einer zentralen Durchführung der Baumaßnahmen. Auftragsverwaltung ist Ländersache und hier hakt es. Zuständigkeit in einer Hand Die Konsequenzen sind bekannt: Strecken werden regelmäßig später fertiggestellt und kosten regelmäßig mehr als geplant. Die zentrale Planung und Durchführung in die Hände einer Bundesfernstraßengesellschaft zu legen, wäre eine ernsthafte Alternative. Auch hier hilft der Blick über die südliche Bundesgrenze: Das Beispiel der österreichischen ASFINAG zeigt, dass sowas funktionieren kann. Hierzulande müsste es darum gehen, das überholte Prinzip der zersplitterten Zuständigkeiten in eine zeitgemäße Struktur zu überführen, die Verantwortungen gesamtstaatlich denkt und umsetzt. In der Schweiz läuft vieles besser als bei uns in Deutschland. Konkrete Vorschläge gibt es aber auch hier bereits, wie überschrittene Bauzeiten und Kostenkalkulationen zu verhindern wären. Es muss nur danach gehandelt werden, um das Vertrauen der Bürger in die öffentliche Hand als Bauherr wieder zu stärken. 3/5
Mathias Oberndörfer Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor Nachricht schreiben Unsere Services ZUSAMMENGEFASST»Auf der Grundlage eines guten Projektmanagements zahlt es sich aus, im Voraus mehr Zeit und Mittel in eine vollständige Planung zu investieren. 'Erst schauen, dann bauen' wäre ein erster Schritt in eine bessere Zukunft.«Vor dem ersten Spatenstich brauchen Großprojekte eine belastbare Planung, ob der vorgesehene Zeitund Kostenrahmen nach Abwägung aller Risiken eingehalten werden kann. Dafür sind die Erfahrungen von Experten gefragt, sowohl intern als auch extern. KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KMPG International Cooperative ("KPMG International"), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Recht vorbehalten. 4/5
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