Vorsorgeverhalten in Deutschland



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Transkript:

Konferenz am 4. November 2003 in Berlin Riester-Rente: Top oder Flop? Anforderungen an eine zukunftsfähige Altersvorsorge Vorsorgeverhalten in Deutschland Johannes Leinert Bertelsmann-Stiftung Die Politik hat mit der Riester-Reform neben einer Senkung des Rentenniveaus seit 1.1.2002 ein massives Förderprogramm aufgelegt, um den (kompensierenden) Ausbau privater und betrieblicher Altersvorsorge zu fördern. Obwohl kaum noch ein Bürger davon ausgeht, dass die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Alterssicherung ausreichen, bleiben die bisherigen Abschlussquoten insbesondere bei der Riester-Rente weit hinter den Erwartungen zurück. Empirische Erhebungen lassen vermuten, dass die Abschlussquoten sich unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen auch mittel- und langfristig nicht wesentlich erhöhen werden. Im politischen Raum wird daher vermehrt der Ruf nach einer Verpflichtung zur kapitalgedeckten Zusatzvorsorge laut. Dieser Ansatz ist jedoch verfehlt, da die Möglichkeiten zur Förderung der freiwilligen Altersvorsorge bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Denn oft werden die einfachen, aber zwingenden Voraussetzungen für den Abschluss von Vorsorgeverträgen aus den Augen verloren: Vorsorgebereitschaft, Vorsorgeberechtigung und Vorsorgehandeln. Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen werden diesen Voraussetzungen nicht gerecht: Dem Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge steht eine Vielzahl von Hindernissen entgegen. Ein wesentliches Hindernis für die Vorsorgebereitschaft ist die weit verbreitete, oftmals erhebliche, Überschätzung der Rentenansprüche. Nur eine offene und ehrliche Information über die Rentenansprüche kann Fehleinschätzungen verhindern. Notwendig sind realistische Informationen aller Anbieter, d.h. sowohl der gesetzlichen wie auch der betrieblichen und privaten Rentenversicherer. Darüber hinaus ist ein wesentlicher Hinderungsgrund für den Abschluss von Vorsorgebeträgen der mangelnde Zugang zur staatlich geförderten Altersvorsorge. Die Regelungen bei der Riester- Berechtigung sind so komplex, dass sich auch viele Berechtigte subjektiv ausgeschlossen fühlen. Das Ziel, den Aufbau einer Zusatzvorsorge bei allen Bürgern zu fördern, die von den Kürzungen des Rentenniveaus in der GRV betroffen sind, erreichen die Regelungen zur Vorsorgeberechtigung ebenfalls nicht. Denn auch die meisten ausgeschlossenen Bürger bekommen die Niveaukürzungen zu spüren, da sie ihrem bisherigen Erwerbsleben gesetzliche Rentenansprüche erworben haben. Wirkungsvoll beseitigen lassen sich diese Probleme durch eine Öffnung der Riester-Rente für alle. Aber selbst wenn die Absicht und Möglichkeit zur Altersvorsorge bestehen, bedarf es noch konkreten Vorsorgehandelns, damit es tatsächlich zur Altersvorsorge kommt. Das Auseinandersetzen mit der Thesenpapiere zur Konferenz Riester-Rente am 4. November 2003 vzbv

2 Altersvorsorge gleicht jedoch in vielerlei Hinsicht der Beschäftigung mit einer Steuererklärung: die Materie ist komplex, unbekannt und zählt nicht zu den größten Freizeitvergnügen. Ähnlich wie viele Menschen die Abgabe der Steuererklärung immer wieder verschieben, verschieben auch viele Menschen den Abschluss eines eigentlich gewollten Vorsorgevertrages immer wieder. Im Gegensatz zur Steuererklärung gibt es bei der Altersvorsorge aber keine Frist man kann sie vor sich herschieben, bis es zu spät ist. Deswegen sind die Rahmenbedingungen der Altersvorsorge so zu verändern, dass ein Befassen mit der Altersvorsorge weniger abschreckend wirkt. Das reicht von vereinfachter und einheitlicher steuerlicher Behandlung des Vorsorgesparens über ein deutlich vereinfachtes Zulageverfahren bei der Riester-Rente bis hin zu leicht verständlichen, standardisierten Produktangaben oder einheitlichen (Kosten-) Kennziffern. Zudem ist mit der Förderung finanzieller Allgemeinbildung in Schulen und Betrieben dafür zu sorgen, dass sich die Bürger im Umgang mit finanziellen Angelegenheiten sicherer fühlen. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen muss man sich aktiv und mit allen damit verbundenen Mühen um den Abschluss eines Vorsorgevertrages kümmern. Unentschlossene oder Bürger, die bei der Auswahl eines konkreten Vorsorgeproduktes scheitern, bleiben außen vor. Die Konsequenzen für die Alterssicherung können dramatisch sein. Auf betrieblicher Ebene gibt es jedoch die Möglichkeit, den Spieß umzudrehen und auch Unentschlossene in die zusätzliche Altersvorsorge einzubeziehen: durch automatische Entgeltumwandlung. Wer nicht handelt, wird automatisch in die freiwillige betriebliche Altersvorsorge einbezogen; wer das nicht will, muss eine Unterschrift leisten, um den Automatismus zu stoppen. Wie eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung zeigt, erhält eine solche Lösung die größte Zustimmung - vor einer staatlich geförderten Altersvorsorge wie der Riester-Rente, um die man sich aktiv kümmern muss und vor einer verpflichtenden Zusatzvorsorge.

3 Konferenz am 4. November 2003 in Berlin Riester-Rente: Top oder Flop? Anforderungen an eine zukunftsfähige Altersvorsorge Erfahrungen mit der Riester-Rente in der Beratungspraxis Barbara Sternberger-Frey Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. Die Verbraucherzentralen bieten mittlerweile in allen Bundesländern ein breit gefächertes Beratungsangebot zur privaten Altersvorsorge an, das unter anderem persönliche Einzelfallberatungen, telefonische sowie schriftliche Beratungen umfasst. Dieses Angebot wurde im zweiten Halbjahr 2002 rege genutzt, wie die statistische Auswertung des Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. (vzbv) belegt. So führten die Verbraucherzentralen in der Zeit vom 1.7. bis 30.11. 2002 bundesweit über 5.700 persönliche Einzelfallberatungen, 3.500 telefonische und weitere 1.100 schriftliche Beratungen durch wobei gegen Jahresende ein regelrechter Run insbesondere nach persönlicher Einzelfallberatung einsetzte, der die vorhandenen personellen Kapazitäten in den meisten Beratungsstellen um das Doppelte bis Dreifache überstieg. Allein diese starke Nachfrage nach den Beratungsleistungen der Verbraucherzentralen belegt, dass die Verbraucher dem Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge keinesfalls ablehnend gegenüberstehen. Die Planung einer Anlage für die Altersvorsorge, deren Anlagehorizont je nach Einzelfall 30 Jahre und mehr betragen kann, ist jedoch für die meisten ein so komplexes Thema, dass sie unabhängigen Rat und Hilfestellung suchen. Das belegt auch die Auswertung einer repräsentativen Stichprobe 1 von 900 typischen Beratungsfällen aus diesem Zeitraum, die dem vzbv von den Verbraucherzentralen in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt wurden. Danach wollten immerhin rund 77 % aller Ratsuchenden über die neue Riester-Rente zumindest informiert werden. 65 % entschlossen sich im Verlauf des Beratungsgesprächs sogar zum Abschluss eines solchen Vertrags. Bei beiden Verbrauchergruppen wird aber deutlich, dass nach wie vor ein sehr großer Informationsbedarf zur geförderten Altersvorsorge besteht. Dieser wird von der Anbieterseite offenbar nicht gestillt Ein Grund dafür: Wenn es um Fragen der Altersvorsorge geht, denken die meisten Verbraucher nicht nur an die Riester-Rente. Typischer Weise lautet die erste Frage in jedem umfassenden Beratungsgespräch Wie gestalte ich meine Altersvorsorge am besten? (48,4 % aller Beratungsfälle). Mehr als ein Drittel der Verbraucher (35,7 %) wollte von den Beratern aber zugleich wissen: Lohnt sich die Riester-Rente für mich? Das deutet darauf hin, dass viele Vorsorgewillige ein Problem damit haben, diese Frage für sich allein zu entscheiden - eine These, die in den Interviews, die der vzbv mit den Beratern in den Verbraucherzentralen führte, noch erhärtet wird. Wie die meisten Berater berichten, kommen fast alle Verbraucher zunächst mit großer Skepsis in Bezug auf die Riester-Rente in die Beratung und wollen erst einmal über den Förderablauf, Förderberechtigung und Förderhöhe informiert 1 Die Stichprobe deckt rund 15,8 % der in diesem Zeitraum von den Verbraucherzentralen bundesweit durchgeführten Beratungen ab. Die Aufschlüsselung nach Erwerbsstatus zeigt zudem, dass nicht nur Riester-berechtigte Personen in die Beratung kamen. Vielmehr wird Beratungsangebot der Verbraucherzentralen zur Altersvorsorge von einem breiter Querschnitt der Bevölkerung - vom Angestellten, über Beamte, Selbständige bis hin zu Arbeitslosen, Hausfrauen, Auszubildenden und Studenten - genutzt.

4 werden. Insbesondere die steuerliche Förderung bei der Riester-Rente durch den Sonderausgabenabzug war den meisten Verbrauchern beispielsweise kaum bekannt war. Deshalb wird die Höhe der zu erwartenden Förderung - insbesondere von Singles und kinderlosen Ehepaaren sowie Besserverdienenden - häufig unterschätzt. Große Informationsdefizite bestehen aber auch bei den Produkten. In mehr als der Hälfte aller Fälle waren den Verbrauchern die Besonderheiten und Unterschiede der am Markt erhältlichen Riester- Produkte weder bekannt noch vertraut. Die ersten Produkttests, beispielsweise von Stiftung Warentest, waren deshalb durchaus hilfreich, um Verbraucher mit der Angebotsvielfalt vertraut zu machen. Doch selbst nach dem ausführlichen Studium solcher Tests sahen sich die wenigsten Verbraucher in der Lage, das für sie passende Angebot auszuwählen. Ein Grund dafür dürfte in undurchsichtigen Kostenregelungen zu suchen sein. Denn alle Tests belegen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis und damit auch der jeweils beste Anbieter bei Riester-Produkten je nach Einkommens- und Fördersituation variieren kann. Die meisten Verbraucher wollten daher im Beratungsgespräch wissen, welches Produkt in ihrem persönlichen Fall am besten geeignet ist. Von einer mangelnden Akzeptanz der Riester-Rente zu sprechen, wie es die Presse oftmals macht, nur weil die Absatzzahlen des Jahres 2002 hinter den Erwartungen der Anbieterseite zurück geblieben sind, ist deshalb nicht nur gefährlich. Vielmehr wird dadurch ein völlig falsches Bild vom Verbraucherverhalten gezeichnet. Denn auch wenn Verbraucher auf einen Riester-Vertrag verzichten, muss das noch nicht bedeuten, dass die Riester-Gesetzgebung nicht wirksam ist. Rund 26,7 Prozent aller Verbraucher, die sich letztlich gegen einen privaten Riester-Vertrag entschieden, kamen im Laufe der Beratung beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge für sie vorteilhafter ist. Aber auch jene 17,9 der Verbraucher, die die Riester-Rente definitiv ablehnen, wollen keinesfalls auf den Aufbau einer zusätzlichen, kapitalgedeckten Altersvorsorge verzichten. Sie wollen dieses Ziel aber mit ungeförderten Vorsorgeprodukten erreichen sei es, weil ihnen die Rahmenbedingungen der Riester-Rente zu starr erscheinen oder weil diese Produkte schlicht nicht in ihre Lebensplanung passen. Der wichtigste Grund für eine solche Entscheidung gegen die Riester-Rente war beispielsweise mit 11,4 % der Wunsch, über die angesparten Vorsorgegelder im Alter freier Verfügen zu können. Viele Verbraucher stören sich offenbar daran, das angesparte Kapital später nur in Form einer lebenslangen Rente abrufen zu können. Als weiterer Ablehnungsgrund wurde die mangelnde Flexibilität der Riester- Produkte in der Ansparphase (10,0 %) genannt, die in den neuen Bundesländern sogar 11,5 % alle Ratsuchenden stört. Berater im Osten führen dies vorwiegend auf die hohe Arbeitslosigkeit zurück. Zitat eines Beraters: Wer nicht weiß, mit wie viel Geld er künftig auskommen muss, schließt keinen Sparvertrag ab, bei dem er selbst in Notlagen zwischenzeitig nicht oder nur mit erheblichen Nachteilen über sein Geld verfügen kann. Die eingeschränkte Vererbbarkeit der Riester-Rentenansprüche nur an den Ehepartner hält ebenfalls 2,3 % der Verbraucher im Westen und immerhin 10,3 % der Verbraucher in den neuen Bundesländern vom Abschluss eines Vertrags ab. Denn diese Förderregel passt nicht zum Lebenskonzept vieler Bürger, die Partnerschaften ohne Trauschein bevorzugen. Auch der Wunsch, entweder in der Ansparphase im Ausland zu arbeiten oder im Alter den Wohnsitz jenseits deutscher Grenzen zu verlegen (3,6 %), ist ein echtes Hemmnis für die Abschluss eines Riester-Vertrags. Bisweilen war aber auch die finanzielle Situation der Verbraucher so eng, dass sie nicht in der Lage waren, die notwendigen Eigenbeiträge für die Riester-Rente aufzubringen. Das gilt insbesondere für Verbraucher in den neuen Bundesländern (4,3 %). In weiteren 7,0 % aller Fälle blieb kein Geld für die geförderte Altersvorsorge übrig, weil die aktuelle Risikoabsicherung, beispielsweise der Abschluss einer Berufsunfähigkeitspolice, dringlicher war.

5 Fazit: Die Verbraucher lehnen die Riester-Rente keinesfalls ab. Doch sie gilt in ihren Augen als hochkompliziert. Eine Vereinfachung der Förderregeln und des Procedere bei der Zulagenbeantragung wäre deshalb nach den Erfahrungen aus der Beratungspraxis durchaus geeignet, die Akzeptanz der Riester- Rente in der Bevölkerung zu erhöhen. Zugleich ist aber unabdingbar, für mehr Transparenz bei den Produkten zu sorgen. Denn nach den Erfahrungen der Verbraucherzentralen möchten Vorsorgesparer ihre Anlageentscheidungen anhand eines klaren und transparenten Chance-Risikorasters treffen und dabei genau wissen, welche Produktlinie und welcher Tarif in ihrem persönlichen Einzelfall die optimale Vorsorge verspricht.

6 Konferenz am 4. November 2003 in Berlin Riester-Rente: Top oder Flop? Anforderungen an eine zukunftsfähige Altersvorsorge Riester-Rente Erfahrungen und Reformvorschläge der Versicherungswirtschaft Günter Bost Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.v. 1. Die langfristigen Probleme des Umlageverfahrens in der GRV auf Grund massiver demographischer Veränderungen erfordern eine nachhaltige Stärkung der eigenverantwortlichen privaten Vorsorge. 2. Der mit der Rentenreform 2001 eingeleitete Einstieg in die ersetzende kapitalgedeckte Altersvorsorge ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Sicherung der Altersvorsorge für die jüngere Generation. 3. Trotz der bisher enttäuschenden Verkaufszahlen ist die Versicherungswirtschaft überzeugt, dass die Riester-Rente zu einem Erfolg werden kann. Dazu sind allerdings wesentliche Änderungen erforderlich. 4. Der Name Riester-Rente muss schnellstmöglich ersetzt werden, um einen Neuanfang zu symbolisieren. Mit dem Namen und dem Programm müssen sich Politik und Anbieter identifizieren können. 5. Die Botschaften Eigenverantwortliche Vorsorge und Vorteilhaftigkeit der staatlichen Förderung haben die Basis noch nicht erreicht. Politik, Verbraucherverbände und Anbieter müssen noch erhebliche Anstrengungen unternehmen. Die persönliche Beratung ist viel aufwendiger als angenommen. Den Vertrieben der Anbieter kommt daher eine erhebliche Bedeutung für die Verbreitung der Riester-Rente zu. 6. Die regulatorischen Hemmnisse müssen beseitigt, die Transparenz und Verständlichkeit des Produktangebots verbessert und wesentliche Vereinfachungen in der Abwicklung erreicht werden. 7. Die Förderung der betrieblichen Durchführungswege nach 3(63) EStG und nach 10a sollten gleichgestellt werden, die Riester-Treppe in der 10a-Förderung aufgehoben werden. 8. Förderung der Riester-Rente allein greift zu kurz. Entscheidend ist ein Gesamtversorgungskonzept mit Einbeziehung bewährter Formen der Altersvorsorge, aber auch der unverzichtbaren Komponenten der Absicherung biometrischer Risiken im Rahmen eines persönlichen Risiko-Managements.

7 Konferenz am 4. November 2003 in Berlin Riester-Rente: Top oder Flop? Anforderungen an eine zukunftsfähige Altersvorsorge Transparenzerhöhung im Produktvergleich Thomas Bieler & Stephan Kühnlenz Verbraucherzentrale NRW Stiftung Warentest Aktuelle Marktsituation Die öffentliche Diskussion wird nahezu täglich durch die Probleme bei den bestehenden Alterssicherungssystemen, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, bestimmt. Die Riester-Rente ist ein wichtiger Baustein zur Schließung der absehbaren Lücken bei der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem hierdurch bisher gewährten Versorgungsniveau. Allerdings hat diese staatlich unterstützte private Altersversorgung nach wie vor unter deutlichen Anlaufschwierigkeiten zu leiden. Der Grund hierfür liegt nicht in der mangelnden wirtschaftlichen Attraktivität der Anlageform. Die Riester-Rente stellt aufgrund der gewährten Förderung für die allermeisten Förderberechtigten eine lukrative Anlageform dar, die unter Wirtschaftlichkeitsaspekten bei vergleichbarem Sicherheitsniveau kaum von Produkten des freien Kapitalmarktes zu schlagen ist. Die Erfahrungen der Verbraucherzentralen aus der Beratung privater Endverbraucher zeigt allerdings, dass vielfach weitgehende Unkenntnis über die Vorzüge und das hohe Förderniveau der Riester-Rente bestehen. Zudem sehen sich die Verbraucher damit überfordert, aus der Vielzahl der Angebote das individuell bedarfsgerechte und renditestärkste Produkt herauszufinden. Transparenzproblem Ein zentrales Problem ist dabei die Transparenz der Produktgestaltung. Dies betrifft insbesondere die den Verträgen belasteten Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten. Trotz der gesetzlichen Vorgaben zur Offenlegung der Kosten hat vor allem die Versicherungswirtschaft den Willen des Gesetzgebers nach Transparenz durch eine Zerlegung der Gesamtkosten in eine Vielzahl von Einzelfaktoren in teilweise absurder Form unterlaufen. Kreditinstitute weisen bei ihren variabel verzinsten Banksparplänen meist keinerlei für den Anleger nachvollziehbare Maßstäbe für Zinsanpassungen aus. Investmentgesellschaften machen keine verbindlichen Aussagen zu den Kosten der Zielfonds und behalten sich spätere Veränderungen vor. Lösungsansätze Da die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Riester-Verträge nicht langfristig kalkulierbar ist, bringt ein fiktiver Leistungsvergleich von Produkten für die Anleger keine verlässlichen Informationen.

8 Das einzige Datum stellen die aktuellen Kosten der Produkte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dar. Anhand eines auf der Basis vorgegebener Renditeszenarien entwickelten Vergleichsmodells könnten die Kostenquoten für einzelne Produkte bzw. die Auswirkungen der Kosten auf die Norm- Renditen ermittelt werden. Bei Banksparverträgen wären die kalkulierten Zinsmargen als Kostenfaktor zu berücksichtigen. Die Ergebnisse eines solchen Kostenvergleichs würden den Anlegern konkrete Informationen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von Produkten liefern. Ergänzend ist ein maximal 2 3seitiges Schema zur systematisierten Darstellung der zentralen Eigenschaften und Besonderheiten der verschiedenen Produkte zu entwickeln, das anfragenden Kunden als Standardinformation ausgehändigt werden sollte. Dies ermöglicht dem Verbraucher eine strukturierte Gegenüberstellung von Angeboten, ohne die jeweiligen Vertragsbedingungen selbst mühsam auswerten zu müssen. Außerdem würde hierdurch nicht zuletzt auch eine systematische Produktberatung durch die Anbieter unterstützt. Neue Gesetzgebungsvorhaben Die jüngst vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung vorgestellten Veränderungen bzgl. der von Anbietern zu erfüllenden Produktkriterien werden dagegen keinen Fortschritt hinsichtlich der Produkttransparenz bringen. Im Gegenteil wird vor allem der Wegfall der Vorschrift zur Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten zu weiteren undurchsichtigen Strukturen führen.

9 Konferenz am 4. November 2003 in Berlin Riester-Rente: Top oder Flop? Anforderungen an eine zukunftsfähige Altersvorsorge Altersvorsorgekonto private Vorsorge einfach und flexibel fördern! Christine Scheel MdB Bündnis 90 / Die Grünen Die gegenwärtige Rentendiskussion führt es Bürgern noch einmal anschaulich vor Augen, dass sie über die gesetzliche Rente hinaus für ihr Alter vorsorgen müssen. Mit der steuerlichen Riester-Förderung haben wir erste finanzielle Anreize gesetzt. Im März dieses Jahres hatten 3,7 Millionen Bürger einen Riester-Vertrag privat abgeschlossen. Hinzu kommen noch geförderte Verträge in der betrieblichen Altersvorsorge, so dass wir von ungefähr 5 Millionen Verträgen ausgehen können. Das reicht bei weitem nicht aus. Denn etwa 35 Millionen Bürger hätten Anspruch auf die Förderung. Wir wollen die Fördermöglichkeiten wesentlich einfacher, verständlicher und flexibler ausgestalten, damit die Förderung von der Bevölkerung auch angenommen wird. Auf dem Rentengipfel Mitte Oktober haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen darauf verständigt die Riester-Förderung zu vereinfachen. Nur 3 der bisher 11 Kriterien sollen auf jeden Fall erhalten bleiben. Die Auszahlung soll grundsätzlich erst ab dem 60. Lebensjahr möglich sein, die Restverrentung soll spätestens ab 85 erfolgen und bei Versicherungsprodukten sollen Leistungen für Hinterbliebene und bei Erwerbsunfähigkeit enthalten sein. Alle anderen Kriterien stehen zur Disposition. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung Bündnis 90/Die Grünen wollen aber mehr erreichen. Wir schlagen ein steuerlich gefördertes individuelles Altersvorsorgekonto vor. Es soll jedem, der in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, die Möglichkeit geben ergänzend zu seiner gesetzlichen Altersvorsorge eine private und/oder betriebliche staatlich geförderte Altersvorsorge aufzubauen. Einzahlungen auf das Altersvorsorgekonto sind bis zu einer gewissen Höhe pro Jahr steuerfrei. Wo diese Grenze liegt, hängt von den haushaltspolitischen Spielräumen ab. Bei der Riester-Förderung beispielsweise sind es in der Endstufe ab 2008 bis zu 2.100 Euro. Für diejenigen, die keine oder wenig Steuern zahlen, kann eine Zulage vorgesehen werden. Solange das eingezahlte Kapital im Altersvorsorgekonto bleibt ist es steuerfrei und kann beliebig angelegt werden. Die laufenden Erträge, wie Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne sind auch steuerfrei. Die Entnahme muss dann aber in voller Höhe versteuert werden. Eine Ausnahme wollen wir für die Finanzierung des selbstgenutzten Wohneigentums machen. Zu diesem Zweck können Mittel steuerfrei entnommen werden. Voraussetzung ist aber, dass diese dann in absehbarer Zeit wieder eingelegt werden. Dieses einfache Modell setzt einen hohen Anreiz, für das Alter zu sparen, und ist flexibel genug, sich auf individuelle Lebenssituationen einzustellen. Gleichzeitig setzt es einen hohen Anreiz, das Ersparte auch erst im Alter anzugreifen, denn bei Entnahme in aktiven Zeiten schlägt die Steuerpflicht voll zu.

10 Über die möglichen Produkte im Altersvorsorgekonto entscheiden der Begünstigte und die Bank oder der Finanzdienstleister nach einem Beratungsgespräch. Der Begünstigte kann auch bei verschiedenen Banken oder anderen Finanzdienstleistern Altersvorsorgekonten eröffnen. Die Produktpalette wird von der jeweiligen Bank oder dem anderen Finanzdienstleister abgegrenzt. Der Begünstigte wählt daraus nach individuellen Wünschen aus. Für die Förderung ist nur die Vorlage eines Vertrages notwendig, der mit einer Bank oder einem anderen Finanzdienstleister abgeschlossen wurde. Außerdem muss der Begünstigte die auf das Altersvorsorgekonto eingezahlten Beiträge und auch die Entnahmen in seiner Einkommensteuererklärung angeben, um die steuerliche Abziehbarkeit zu erhalten bzw. die Entnahme zu versteuern. Das Finanzamt übernimmt die steuerliche Berücksichtigung im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Das Finanzamt nimmt gegebenenfalls auch die Günstigerprüfung vor, ob eine Zulage oder die Steuerfreiheit der einbezahlten Beiträge günstiger ist. Bei der Besteuerung kann zunächst beim Abfluss aus dem Altersvorsorgekonto an den Begünstigten eine Quellensteuer von z.b. 25 % auf den abfließenden Betrag als Vorauszahlung von der Bank oder einem anderen Finanzdienstleister an das Finanzamt weiter geleitet werden. Anschließend muss die Differenz zum individuellen Steuersatz über die Einkommensteuerklärung an das Finanzamt nachbezahlt werden, wenn dieser über 25 % liegt. Liegt der individuelle Steuersatz darunter, wird die Differenz vom Finanzamt erstattet. Hat der Begünstigte bei Auszahlung sonst keine Einkommen, hinterlegt er bei der Bank seine Lohnsteuerkarte. Dann kann schon bei der Quellenbesteuerung z.b. das Existenzminimum über den Grundfreibetrag berücksichtigt und eine überhöhte Besteuerung vermieden werden. Wird das Altersvorsorgekonto vererbt, wird Erbschaftsteuer fällig. Werden Beträge entnommen oder das Konto von den Erben ganz aufgelöst, wird die volle Höhe der jeweiligen individuellen Einkommensteuer unterworfen. Einbindung der Riester-Rente: Bestehende Riester-Verträge könnten problemlos bestehen bleiben, also weiter geführt, ruhend gestellt oder ohne Fördereinbuße auf ein Altersvorsorgekonto übertragen werden. Allerdings könnte für Neuprodukte die Zertifizierung abgeschafft werden. Da die Zertifizierungsbedingungen für die Altprodukte zugleich Vertragsbedingungen sind, bleiben alle Bedingungen für die Altprodukte unverändert bestehen. Einbindung der betrieblichen Altersvorsorge: Wir wollen grundsätzlich allen Formen der betrieblichen Altersvorsorge den Zugang zum Altersvorsorgekonto ermöglichen, solange der Arbeitnehmer einen direkten Anspruch auf die Altersvorsorgeleistung erhält. Dies gilt also vor allem für Entgeltumwandlung.