geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären.



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Transkript:

VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 63 Beweisrecht Beweisthema Beweismittel Aussage des Beschuldigten Aussage von Zeugen Befund und Gutachten von Sachverständigen Urkunde (auch: Berichte, Untersuchungsberichte) Augenschein Beweisanträge Im Ermittlungsverfahren: 55 In der Hauptverhandlung (Unmittelbarkeit) Anklage ( 211 Abs 2), ergänzend ( 222) HV: 238 Im RM-Verfahren, NUR bei Berufung wegen Schuld Beweisanträge 55. (1) Der Beschuldigte ist berechtigt, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Im Antrag sind Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen. Soweit dies nicht offensichtlich ist, ist zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären. Beispiel: Antrag auf Vernehmung der Verkäuferin des Warenhauses XY als Zeugen zum Beweis dafür, dass der Besch. zur fraglichen Zeit dort eingekauft hat. Problem: Erkundungsbeweis : keine konkreten Angaben OGH verlangt Angabe: warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis (= Beweisthema) erwarten lasse Gesteigerte Anforderungen, je später der Antrag gestellt wird. Ablehnungsgründe (auch 55 Abs 2): unzulässige, unverwertbare und unmögliche Beweise Beweisthema offenkundig Beweisthema nicht erheblich Beweismittel zweifelsfrei nicht geeignet ist, eine erhebliche Tatsache zu beweisen ABER: Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung Beweisthema gilt als erwiesen Problem: freie Beweiswürdigung VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 64 Mittelbarkeit / Unmittelbarkeit Verwendung (Verwertung) der Ergebnisse von Beweisaufnahmen aus dem Vorverfahren in der Hauptverhandlung Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verschiebung auf die Hauptverhandlung 55 (3) Im Ermittlungsverfahren kann die Aufnahme eines Beweises der Hauptverhandlung vorbehalten werden. Dies ist unzulässig, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme geeignet sein kann, den Tatverdacht unmittelbar zu beseitigen, oder die Gefahr des Verlustes des Beweises einer erheblichen Tatsache besteht. Verfahren (4) Die Kriminalpolizei hat im Ermittlungsverfahren den beantragten Beweis aufzunehmen oder den Antrag mit Anlassbericht ( 100 Abs. 2 Z 2) der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat ihrerseits die Beweisaufnahme zu veranlassen oder den Beschuldigten zu verständigen, aus welchen Gründen sie unterbleibt. keine formelle Entscheidung durch die StA! Rechtsmittel bei Ablehnung: Einspruch nach 106, Beschwerde an OLG In Hauptverhandlung kein gesondertes RM Nichtigkeitsgrund 281 Abs1 Z 4 281. (1) Die Nichtigkeitsbeschwerde kann ergriffen werden, jedoch nur wegen eines der folgenden Nichtigkeitsgründe: 4. wenn während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht erkannt worden ist oder wenn durch einen gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefassten Beschluss Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet worden sind, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 oder sonst durch das Wesen eines die Strafverfolgung und die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist; VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 65 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 66

Die Person als Beweismittel Arten ihrer Verwendung durch ihre Aussage als Augenscheinsobjekt: körperliche Untersuchung, Eingriffe in der Körper Inwieweit ist ein Mensch verpflichtet, seinen Körper als Beweismittel zur Verfügung zu stellen? Hauptprobleme Freiheit der Aussage, Menschenwürde Belehrungspflichten Beratung durch Verteidiger Verbot des Zwanges zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum prodere) als Teil der Würde des Menschen Verwendung der Aussage aus dem Vorverfahren in der Hauptverhandlung Aussage vor der Polizei, vor dem StA, vor dem Richter mit / ohne Belehrung mit / ohne Verteidiger förmlich / formlos --> Erkundigung / Vernehmung Miranda-Warnings Problem: Verwertung des Schweigens? Möglichkeit, sich durch Schweigen einer wirksamen Verteidigung zu begeben VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 67 The following is a much more verbose Miranda warning, as outlined in the Miranda v Arizona case. A detainee may be asked to sign a statement acknowledging the following. You have the right to remain silent and refuse to answer questions. Do you understand? Anything you do say may be used against you in a court of law. Do you understand? You have the right to consult an attorney before speaking to the police and to have an attorney present during questioning now or in the future. Do you understand? If you cannot afford an attorney, one will be appointed for you before any questioning if you wish. Do you understand? If you decide to answer questions now without an attorney present you will still have the right to stop answering at any time until you talk to an attorney. Do you understand? Knowing and understanding your rights as I have explained them to you, are you willing to answer my questions without an attorney present? VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 68 Vernehmung des Beschuldigten Erkundigungen und Vernehmungen 151. Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Erkundigung das Verlangen von Auskunft und das Entgegennehmen einer Mitteilung von einer Person, 2. Vernehmung das Befragen von Personen nach förmlicher Information über ihre Stellung und ihre Rechte im Verfahren. Erkundigungen 152. (1) Erkundigungen dienen der Aufklärung einer Straftat und der Vorbereitung einer Beweisaufnahme; die Bestimmungen über die Vernehmung des Beschuldigten und von Zeugen dürfen durch Erkundigungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden. (2) Soweit die Kriminalpolizei nicht verdeckt ermittelt, hat sie bei Erkundigungen auf ihre amtliche Stellung hinzuweisen, wenn diese nicht aus den Umständen offensichtlich ist. Die Auskunft erfolgt freiwillig und darf nicht erzwungen werden, soweit sie nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung zu erteilen ist. keine Belehrungspflicht über Freiwilligkeit Verwendung in der Hauptverhandlung: 152 (3) Auskünfte und sonstige Umstände, die durch Erkundigungen erlangt wurden und für das Verfahren von Bedeutung sein können, sind in einem Amtsvermerk festzuhalten. 252 (2) Amtsvermerke über einen Augenschein ( 149 Abs. 2) und Befunde, gegen den Angeklagten früher ergangene Straferkenntnisse sowie Urkunden und Schriftstücke anderer Art, die für die Sache von Bedeutung sind, müssen vorgelesen werden. 152 (1) dürfen durch Erkundigungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden. Kein generelles Verwendungsverbot (wie in früheren Fassungen) VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 69 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 70

Pflichten des Beschuldigten: Erscheinungspflicht keine Aussagepflicht keine Wahrheitspflicht Verbot des Zwanges zur Selbstbelastung Vernehmung: durch die Kriminalpolizei durch den Staatsanwalt ausnahmsweise durch den HR-Richter Belehrung und Ablauf der Vernehmung 164. (1) Dem Beschuldigten ist vor Beginn der Vernehmung mitzuteilen, welcher Tat er verdächtig ist. Sodann ist er im Sinn des Abs. 2 und darüber zu informieren, dass er berechtigt sei, sich zur Sache zu äußern oder nicht auszusagen und sich zuvor mit einem Verteidiger zu beraten, soweit dieser Kontakt nicht gemäß 59 Abs. 1 beschränkt werden kann. 59. (1) Dem festgenommenen Beschuldigten Kontakt [mit dem Verteidiger] darf vor Einlieferung des Beschuldigten in die Justizanstalt überwacht werden und auf das für die Erteilung der Vollmacht und eine allgemeine Rechtsauskunft notwendige Ausmaß beschränkt werden, soweit dies erforderlich erscheint, um eine Beeinträchtigung der Ermittlungen oder von Beweismitteln abzuwenden. Der Beschuldigte ist auch darauf aufmerksam zu machen, dass seine Aussage seiner Verteidigung dienen, aber auch als Beweis gegen ihn Verwendung finden könne. (2) Der Beschuldigte hat das Recht, seiner Vernehmung einen Verteidiger beizuziehen; dieser darf sich an der Vernehmung selbst auf keine Weise beteiligen, jedoch nach deren Abschluss ergänzende Fragen an den Beschuldigten richten. Während der Vernehmung darf sich der Beschuldigte nicht mit dem Verteidiger über die Beantwortung einzelner Fragen beraten. Von der Beiziehung eines Verteidigers kann jedoch abgesehen werden, soweit dies erforderlich erscheint, um eine Gefahr für die Ermittlungen oder eine Beeinträchtigung von Beweismitteln abzuwenden. In diesem Fall ist nach Möglichkeit eine Tonoder Bildaufnahme ( 97) anzufertigen. VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 71 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 72 (Durchführung der Vernehmung und Fragen) (3) Dann ist ihm Gelegenheit zu geben, sich in einer zusammenhängenden Darstellung zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf zu äußern. Zu schwierigen Fragen, die besondere Sachkunde voraussetzen oder eine Beurteilung durch einen Sachverständigen erfordern, ist ihm zu gestatten, sich binnen angemessener Frist ergänzend schriftlich zu äußern. Rechtliches Gehör 6. Der Beschuldigte hat das Recht, alle gegen ihn vorliegende Verdachtsgründe zu erfahren und vollständige Gelegenheit zu deren Beseitigung und zu seiner Rechtfertigung zu erhalten. (Kein Zwang und Druck) (4) Es dürfen weder Versprechungen oder Vorspiegelungen noch Drohungen oder Zwangsmittel angewendet werden, um den Beschuldigten zu einem Geständnis oder zu anderen Angaben zu bewegen. Die Freiheit seiner Willensentschließung und seiner Willensbetätigung sowie sein Erinnerungsvermögen und seine Einsichtsfähigkeit dürfen durch keinerlei Maßnahmen oder gar Eingriffe in seine körperliche Integrität beeinträchtigt werden. 7. (2) Der Beschuldigte darf nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Es steht ihm jederzeit frei, auszusagen oder die Aussage zu verweigern. Er darf nicht durch Zwangsmittel, Drohungen, Versprechungen oder Vorspiegelungen zu Äußerungen genötigt oder bewogen werden. (Keine Fangfragen, Suggestivfragen nur ausnahmsweise) Dem Beschuldigten gestellte Fragen müssen deutlich und klar verständlich und dürfen nicht unbestimmt, mehrdeutig oder verfänglich sein. Fragen, mit denen ihm Umstände vorgehalten werden, die erst durch seine Antwort festgestellt werden sollen, dürfen nur dann gestellt werden, wenn dies zum Verständnis des Zusammenhanges erforderlich ist; solche Fragen und die darauf gegebenen Antworten sind wörtlich zu protokollieren. Fragen, die eine vom Beschuldigten nicht zugestandene Tatsache als bereits zugestanden behandeln, sind nicht zulässig. Gilt nicht in diesem Umfang für Erkundigungen Sinn des Umgehunsverbots: Beschuldigter soll nicht um diese Rechte gebracht werden Vernehmung ab Beginn der Beschuldigtenstellung VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 73 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 74

Vernehmung ab Beginn der Beschuldigtenstellung (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Beschuldigter jede Person, die auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben, sobald gegen sie wegen dieses Verdachts ermittelt oder Zwang ausgeübt wird, Verbotene Vernehmungsmethoden: Lügendetektor,... Verwertung in der HV: 245 245. (1)... Weicht der Angeklagte von seinen früheren Aussagen ab,... Der Vorsitzende kann in diesem Falle sowie dann, wenn der Angeklagte eine Antwort verweigert, das über die früheren Aussagen aufgenommene Protokoll ganz oder teilweise vorlesen... lassen. Gebot der Objektivität Objektivität und Wahrheitserforschung 3. (1) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten von Bedeutung sind. (2) Alle Richter, Staatsanwälte und kriminalpolizeilichen Organe haben ihr Amt unparteilich und unvoreingenommen auszuüben und jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden. Sie haben die zur Belastung und die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstände mit der gleichen Sorgfalt zu ermitteln. kein generelles Verwendungsverbot bei Verletzung der Vernehmungsregeln (Belehrungspflicht) außer bei Folter ABER: 166; 281 Abs 1 Z 4 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 75 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 76 Zeugen Tatsachen, typischerweise zufällig Zeugnisunfähigkeit zur Zeit der Aussage ( 155/1/5); keine starre Altersgrenze Zeuge vom Hörensagen (keine generelle hearsay-rule (US)) Pflichten: Erscheinungspflicht Aussagepflicht (Eid nicht mehr vorgesehen) Beugemittel ( Beugestrafe ): 93 Abs3 Geldstrafe bis 10.000 Euro Freiheitsstrafe bis sechs Wochen Wahrheitspflicht Strafbarkeit der Falschaussage (StGB) Falsche Beweisaussage (StGB) 288. (1) Wer vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. (4) Nach Abs. 1 ist auch zu bestrafen, wer als Zeuge eine der dort genannten Handlungen in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft begeht. Falsche Aussage? Ich habe etwas gesehen, aber ich sage es nicht. Ich habe nichts gesehen. Zeuge oder Beschuldigter? immer nur Beschuldigter oder Zeuge entscheidend: formale Stellung im Prozess (Vernehmung als Zeuge oder als Beschuldigter in diesem Verfahren) als Auskunftsperson? Pflicht, Verdächtige als Beschuldigte zu vernehmen ( Beschuldigungspflicht, Imputationspflicht ) Ggf. Aussagenotstand ( 290 StGB) VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 77 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 78

Aussagenotstand 290. (1) Wer eine falsche Beweisaussage ( 288,...) ablegt, um von sich... die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung...abzuwenden, ist nicht zu bestrafen, wenn er von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit war oder hätte befreit werden können und wenn er 1. nicht wusste, dass dies der Fall war, 2. den Befreiungsgrund nicht geoffenbart hat, um die schon aus der Offenbarung drohenden Folgen der bezeichneten Art abzuwenden, oder 3. zur Ablegung der Aussage zu Unrecht verhalten worden ist. (3) Der Täter ist jedoch auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 zu bestrafen, wenn es ihm insbesondere im Hinblick auf den aus der falschen Aussage einem anderen drohenden Nachteil dennoch zuzumuten ist, wahrheitsgemäß auszusagen. Ausnahmen von der Aussagepflicht Vernehmungsverbote: 155 Seelsorger (Z 1) Amtsgeheimnis (Z 2) Aussagebefreiung: 156 Angehörige (Z 1) manche Tatopfer, wenn schon kontradiktorisch vernommen (Z 2) unmündiges Tatopfer Opfer eines Sexualdelikts Absolute und Aussageverweigerung für die gesamte Aussage: 157 Gefahr der Selbstbelastung oder der Belastung eines Angehörigen (Z 1) Schutz von Berufsgeheimnissen (Z 2-4) Wahlgeheimnis (Z 5) Relative Aussagebefreiung für einzelne Fragen: 158 Bei besonderer Bedeutung dennoch Aussagepflicht. Schande oder vermögensrechtlicher Nachteil für sich selbst oder Angehörigen (Z 1) Opfer von Sexualdelikten, soweit Einzelheiten und Schilderung unzumutbar (Z 2) höchstpersönlicher Lebensbereich (Z 3) VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 79 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 80 Ablauf der Vernehmung 153: Ladung schriftliche Vorladung (Abs 2) durch die StA. Auch durch die KP (?) Vorführung, wenn angedroht Vorladung zur sofortigen Vernehmung (Abs 3) durch StA. Bei Gefahr im Verzug auch KP. 160: Durchführung grundsätzlich allein (ohne Anwesenheit des Beschuldigten oder anderer Zeugen) (Abs 1) Vertrauensperson auf Wunsch des Zeugen (Abs. 2) Ausschluss bei Verdacht, Beeinflussung (organisierte Kriminalität!) Vertrauensperson zwingend bei Unmündigen und behinderten Personen (Abs 3) Vernehmung zur Person zur Sache Aussage zusammenhängende Darstellung ergänzende Fragen zum höchstpersönlichen Lebensbereich nur, wenn unerlässlich Besondere Formen der Zeugenvernehmung Kontradiktorische Vernehmung durch einen Richter ( 165 Abs 1) voraussichtlich faktisch verhinderter Zeuge entschlagungsberechtigter Zeuge ( rechtliche Gründe ) (kontradiktorische) Vernehmung mit beschränkter Beteiligung der Parteien ( 165/3, 4) auch in der HV im Interesse des Zeugen (zb Alter unter 14) oder der Wahrheitsfindung Richter kann anordnen wenn Zeuge unter 14 Jahre Vernehmung ggf durch SV unmündiges Opfer eines Sexualdelikts (Abs 3) Beschränkte Beteiligung zwingend Angehöriger oder unmündiges Tatopfer (beliebiges Delikt) oder Opfer eines Sexualdelikts (über 14jährige) kann kontradiktorische Vernehmung im Vorverfahren mit beschränkter Beteiligung verlangen Anonymer Zeuge ( 162) gefährdet nicht verdeckter Ermittler ohne Gefährdung VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 81 VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 82

Ablauf der kontradiktorischen Vernehmung Gelegenheit zur Teilnahme: Staatsanwaltschaft, Beschuldigter, Opfer, PB, ihren Vertretern müssen nicht real anwesend sein haben Fragerecht Wirkung: Verlesung in der HV und Verwertung für das Urteil möglich ohne neuerliche Vernehmung Probleme: keine notwendige Verteidigung wie in der HV Änderung der Sachlage bis zur HV Europäische Menschenrechtskonvention, MRK Artikel 6: Recht auf ein faires Verfahren ( fair trial ) (1) Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über... die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat.... (3) Jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) die folgenden Rechte:... VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 83 d) Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken;... Verlesung von Protokollen in der HV 252. (1) Protokolle dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nur verlesen werden. 1. wenn die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind; wenn ihr Aufenthalt unbekannt oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen füglich nicht bewerkstelligt werden konnte; 2a. wenn Zeugen die Aussage berechtigt verweigern ( 156, 157 und 158) und die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Gelegenheit hatten, sich an einer gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen ( 165, 247); Sinn und Zweck des 252: Grundsatz der Unmittelbarkeit (unmittelbarer Eindruck für das erkennende Gericht) Fragerechte des Beschuldigten (Art 6 EMRK) VO StP 2012 1-8 120325.docm, 25.03.2012 20:04:20, 84