Netzwerkeffekte: Theoretische Grundlagen

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Transkript:

Netzeffekte und Netzexternalitäten WS 14/15 Grundlagenseminar Netzwerkeffekte: Theoretische Grundlagen Dr. Jürgen E. Blank Vorgelegt von: Pirmin Dewald und Sebastian Robers Pirmin Dewald Sebastian Robers Im Horst 4 Erlenstraße 12 67663 Kaiserslautern 67655 Kaiserslautern 7. Semester WI-Mb 7. Semester WI-Mb Matrikel-Nr.: 381899 Matrikel-Nr.:381953

I Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 1 2. Grundlagen... 2 2.1 Einführung in die Netzwerkeffekte... 2 2.2 Direkte Netzwerkeffekte... 2 2.2.1 Grundlagen direkter Netzwerkeffekte... 2 2.2.2 Direktionale direkte Netzwerkeffekte... 4 2.2.3 Metcalfe s Law... 5 2.2.4 Empirische Untersuchungen... 6 2.3 Indirekte Netzwerkeffekte... 7 2.3.1 Grundlagen der indirekten Netzwerkeffekte... 7 2.3.2 Ursachen für indirekte Netzwerkeffekte... 8 2.3.2.1 Komplementäre Produkte und Dienste... 8 2.3.2.2 Lerneffekte... 9 2.3.3 Positive Feedback Loop... 11 2.3.4 Größenvorteile auf der Nachfrageseite... 12 2.3.5 Leveraging... 13 2.3.6 Zweiseitige Märkte... 14 2.3.7 Empirische Untersuchungen... 15 2.4 Echte und virtuelle Netzwerke... 16 2.5 Natürliches Monopol... 17 2.6 Adapter... 19 2.7 Bestimmungsgrößen der Stärke von Netzwerkeffekten... 21 2.8 Standards und Standardisierung... 22 2.8.1 Grundlagen der Standardisierung... 22 2.8.2 Zentrales Standardisierungsmodell... 23 2.9 Pinguin-Effekt... 24 3. Ökonomische Wohlfahrt... 25 3.1 Konsumentenrente und Produzentenrente... 25 3.2 Auswirkungen durch Regulierung... 26 3.3 Wohlfahrtsverlust durch Monopolmacht... 28 3.4 Annahmen bei Netzwerkeffekten... 29 4. Risiken von Netzwerkeffekten... 30 4.1 Schocks und Ansteckungseffekte... 30 4.2 Schneeballeffekt... 31 5. Fazit... 31 Literaturverzeichnis... 33

II Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Der direkte Netzwerkeffekt... 5 Abbildung 2: Vertikales Netzwerk... 8 Abbildung 3: Zweiseitige Märkte... 15 Abbildung 4: Die verschiedenen Kompatibilitätsstufen... 20 Abbildung 5: Zentrales Standardisierungsproblem... 24 Abbildung 6: Wohlfahrt bei perfektem Wettbewerb... 26 Abbildung 7: Wohlfahrt bei Preisregulierung... 27 Abbildung 8: Wohlfahrt im Monopol... 29 Abbildung 9: Netzwerkeigenschaft und die Ausbreitung von Schocks... 30

1 1. Einleitung Netzwerkeffekte, die teilweise auch als Netzwerkexternalitäten bezeichnet werden, drücken aus, dass das Verhalten einer Person mindestens das Wohlergehen einer anderen Person beeinflusst. Daher treten Netzwerkeffekte auf, wenn die Nachfrage nach einem Gut davon abhängig ist, ob eine andere Person dieses Gut ebenfalls konsumiert. 1 Die weitläufigste Definition von Netzwerkexternalitäten liefern Michael Katz und Carl Shapiro. The benefit that a consumer derives from the use of a good often is an increasing function of the number of other consumers purchasing compatible items [...] we call these positive consumtion benefits netwerk externalities. 2 Daraus resultiert folgende Konsequnez: je mehr Konsumenten ein kompatibles Gut nutzen, umso höher ist der Nutzen jedes einzelnen Konsumenten. 3 In einigen Netzwerken kommt es vor, dass der Eigentümer aller Netzwerkknoten identisch ist. Da dies nicht der Definition von Externalitäten, die Handlung eines Wirtschaftssubjektes eine Wohlfahrtsänderung außerhalb des Marktes zu bewirken, entspricht, wurde in späteren Werken der Begriff Netzwerkeffekte verwendet. 4 Im Folgenden beziehen wir uns einheitlich auf den Begriff Netzwerkeffekte. Ein gutes Beispiel für Netzwerkeffekte lässt sich anhand von Telefonen zeigen. Ist ein Konsument alleiniger Nutzer eines Telefons, so zieht er daraus keinen Nutzen. Erst wenn eine gewisse Anzahl an Personen ein Telefon besitzt, sich also ein Netzwerk gebildet hat, profitieren die Nutzer. Im Allgemeinen können Netzwerkeffekte in direkte und indirekte Netzwerkeffekte unterschieden werden. 1 vgl. (Corsten & Gössinger, 2008a, S. 559) 2 (Katz & Shapiro, 1986, S. 146) 3 vgl. (Gröhn, Netzwerkeffekte und Wettbewerbspolitik: Eine ökonomische Analyse des Softwaremarktes, 1999, S. 25) 4 vgl. (Gröhn, Netzwerkeffekte und Wettbewerbspolitik: Eine ökonomische Analyse des Softwaremarktes, 1999, S. 28f.)

2 2. Grundlagen 2.1 Einführung in die Netzwerkeffekte In der Literatur wird häufig von Netzwerkexternalitäten 5, Netzwerkeffekt 6, Netzeffekt 7, increasing return of adoptionoder 8 von DEOS 9 (demand side economies of scale) gesprochen. Weiterhin wird zwischen horizontalen, also direkten, und vertikalen, also indirekten, Netzwerkeffekten unterschieden. 10 Im Folgenden verwenden wir einheitlich die gängigsten Bezeichnungen, direkte beziehungsweise indirekte Netzwerkeffekte. Bei direkten Netzwerkeffekten kann der einzelne Netzwerkteilnehmer einen direkten, das heißt unmittelbaren, Vorteil für sich ziehen. Indirekte Netzwerkeffekte ergeben für den Netzwerkteilnehmer nur einen mittelbaren Zusammenhang von Netzwerkgröße und kompatiblen Technologien. 11 2.2 Direkte Netzwerkeffekte 2.2.1 Grundlagen direkter Netzwerkeffekte Die geläufigste Definition direkter Netzwerkeffekte stammt von Katz und Shapiro, die noch von Netzwerkexternalitäten sprachen. So sei der Nutzen, den ein Verbraucher aus einem Gut zieht, von der Anzahl anderer Verbraucher des Guts abhängig. 12 Ein Konsument, der sich für ein Produkt entscheidet, fällt diese Entscheidung nicht über den Basisnutzen (T), also den persönlichen Anforderungen an ein Produkt, sondern bezieht auch die Netzwerkgröße (N) in 5 vgl. (Katz & Shapiro, 1986, S.146) 6 vgl. (Thum, 1995, S.5) 7 vgl. (Wiese, 1990) 8 vgl. (Arthur, 1989) ; (Arthur B. W., 1994) 9 vgl. (Farrel & Saloner, 1986, S.940) 10 vgl. (Gröhn, 1999, S.25f.) 11 vgl. (Farrel & Saloner, 1985, S.70) 12 vgl. (Katz & Shapiro, 1986, S.146)

3 seine Entscheidung mit ein, um seinen Nutzen (U) zu maximieren. Daraus ergibt sich: 13 U! = U! N, T mit U! N, T < U! N!, T für N < N Der Gesamtnutzen erhöht sich durch jeden neuen Netzwerkteilnehmer, der bei direkten Netzwerkeffekten als Knoten anzusehen ist. 14 Durch den Eintritt eines neuen Teilnehmers steigt der Nutzen demnach überproportional, weil der hinzukommende Nutzer mehr Nutzen einbringt als er selbst erhält. Des Weiteren baut der neue Nutzer mehr Verbindungen auf als sein Vorgänger. Folglich ist der Nutzen äquivalent zu den Verbindungen, die gestiftet wurden. Das Netzwerk besitzt einen Wert für die Teilnehmer, der stark von der Anzahl der Netzwerkteilnehmer abhängt. Je mehr Teilnehmer ein Netzwerk hat, desto wertvoller ist das Netzwerk für einen Teilnehmer. 15 Theoretisch können mit steigender Netzwerkgröße die Erträge für die Benutzer steigen, fallen oder konstant bleiben. Das bedeutet, dass die Größe des Netzwerks eine direkte Auswirkung auf den Nutzen des Netzwerkteilnehmers hat. 16 Ein Beispiel für fallende oder auch negative Netzwerkeffekte ist eine Überlastung des Mobilfunknetzes, sodass es nicht mehr möglich ist SMS beziehungsweise Telefonate zu tätigen. Somit sinkt der Nutzen des Netzwerkteilnehmers gegen Null, wenn er mit seinem Mobiltelefon nicht mit anderen Netzwerkteilnehmern in Verbindung treten kann. Bei konstanten Netzwerkeffekten sind auch die Skalenerträge konstant. Im Folgenden werden wir hauptsächlich positive Netzwerkeffekte betrachten. Die Vorteile positiver Netzwerkeffekte können bei wachsenden direkten Netzwerken als Skalenerträge auf der Nachfrageseite gekennzeichnet werden. 17 Skalenerträge sagen aus, in wie weit sich der Output ändert, wenn man alle Inputfaktoren variiert. Der Gesamtnutzen des Netzwerks ergibt sich aus der 13 vgl. (Blankart & Knieps, 1994, S.452) 14 vgl. (Lemley & McGowan, 1998, S.488f.) ; (Gröhn, 1999, S.25) 15 vgl. (Pohlmeier, 2004, S.29f.) 16 vgl. (Erhardt, 2001, S. 25) 17 vgl. (Rohlfs, 1974, S.16ff.)

4 Anzahl aller möglichen Verbindungen (F) zwischen den Knoten des Netzwerks. Die Summe aller möglichen Verbindungen folgt somit aus: 18! F =!!!( n 1 ) =! (!!! )! mit n = 1,, N 2.2.2 Direktionale direkte Netzwerkeffekte Die Kommunikation beziehungsweise die Verbindungen in einem Netzwerk können zum Einen in eine Richtung, also unidirektional, als auch in beide Richtungen, also bidirektional, gehen. 19 Bei unidirektionalen Netzwerken, in Abbildung 1 (Der direkte Netzwerkeffekt) entspräche dies beispielsweise Knoten A Knoten B, sind die Austauschmöglichkeiten generalisiert gesagt nicht zu berechnen. Die Berechenbarkeit des Netzwerks hängt hauptsächlich von der Struktur des Netzwerks ab. Ein Beispiel für unidirektionale Netzwerke ist die Kompatibilität von Software. Bei neuerer Software besteht meist eine Abwärtskompatibilität zu vorherigen Versionen, damit die Dateien der alten Software weiterhin gelesen und bearbeitet werden können. Bei der älteren Software sind Updates für Aufwärtskompatibilität jedoch höchst selten. Bei bidirektionalen Netzwerken, in Abbildung 1 (Der direkte Netzwerkeffekt) entspräche dies zum Beispiel den Knoten A Knoten B, lassen sich die Austauschmöglichkeiten, anders als bei den unidirektionalen Netzwerken, berechnen. Die Anzahl der Verbindungen ergibt sich aus N ( N 1 ) Austauschmöglichkeiten. Für den hinzukommenden Knoten ergeben sich somit ( N 1 ) neue Verbindungen. Die bereits im Netzwerk eingebundenen Knoten erhalten jeweils eine neue Austauschmöglichkeit. Die Differenz, also die Anzahl neuer Verbindungen, ergibt sich im bidirektionalen Netzwerk aus: 20 ΔF = 2 ( N 1 ) 18 vgl. (Gröhn, 1999, S.25f.) 19 vgl. (Economides, 1996, S.675) 20 vgl. (Gröhn, 1999, S.26)

5 2.2.3 Metcalfe s Law Je höher die Wahrscheinlichkeit mit einem anderen Nutzer der gleichen, beziehungsweise kompatiblen Technologie in Verbindung treten zu können, desto höher ist der Nutzen, der aus dem Netzwerk gezogen wird. Das geläufigste Beispiel ist das Telefonnetz. Ein Telefon allein stiftet keinen Nutzen. Die Nutzer A und B besitzen jeweils ein Telefon, folglich kann A mit B Kontakt aufnehmen und andersherum. So sind bereits zwei Verbindungen entstanden. Tritt nun Nutzer C hinzu steigt die Anzahl möglicher Verbindungen auf sechs, kommt ein weiterer Nutzer D hinzu sind bereits 12 Verbindungen möglich. 21 Folgende Abbildung veranschaulicht den Sachverhalt. Abbildung 1: Der direkte Netzwerkeffekt (Quelle: Saloner, Shepard, & Podolny, 2001, S.309) Dieses Wachstum lässt sich für kleine Netzwerke mit einer einfachen Formel für den Gesamtnutzen darstellen: n n 1 mit n = Anzahl der Nutzer Für große Netzwerke lässt sich der Gesamtnutzen durch die Rule of Squares darstellen. Der Gesamtnutzen entspricht hier: 22 21 vgl. (Erhardt, 2001, S.25f.) 22 vgl. (Shapiro & Varian, 1999, S.184ff.) ; (Saloner, Shepard, & Podolny, 2001, S.308ff.)

6 n! mit n = Anzahl der Nutzer 2.2.4 Empirische Untersuchungen In den Jahren von 1986 bis 1991 hat Neil Gandal versucht direkte Netzwerkeffekte empirisch zu belegen. Dazu hat er Tabellenkalkulationsprogramme empirisch untersucht. 23 Zu dieser Zeit war der Markt von Lotus 1-2-3 dominiert und damit als Standard angesehen worden. Die Mitbewerber von Lotus gestalteten ihre Produkte und die dazugehörigen Dateiformate kompatibel zum Branchenstandard. Neil Gandal verglich die direkten Netzwerkeffekte durch hedonische Preisindizes, welche durch eine große Variation verschiedener Einflussfaktoren, die für die Produkte bedeutsam sind, die Güter vergleichbar machen. 24 Ergebnis der empirischen Untersuchungen von Gandal war, dass Programme die kompatibel zum Standard Lotus 1-2-3 waren im Durchschnitt teurer waren, als die Programme auf dem Markt, die keine Kompatibilität zum Lotus-Standard aufwiesen. Durchschnittlich hatten die kompatiblen Programme einen Preis von 365$ und die inkompatiblen Programme einen Preis von 85$. Um möglicher Kritik zuvorzukommen, dass Gandal nur teure Produkte untersuche, die andere Marktsegmente abdecken und die Kompatibilität nur als Zusatzfunktion aufwiesen, untersuchte Gandal gesondert auch günstigere Produkte zu einem Preis unterhalb von 200$. Ergebnis dieser zweiten empirischen Untersuchung war, dass die Lotus 1-2-3 kompatiblen Programme im Durchschnitt einen Preis von 151$ hatten. Die inkompatiblen Programme wiesen im Durchschnitt einen Preis von 80$ auf. In diesen Untersuchungen konnte Gandal verdeutlichen in welchem Umfang Netzwerkeffekte ihre Wirkung entfalten und wie sich die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten erhöht beziehungsweise verändert. 25 Jedoch ist zu beachten, dass bei Kompatibilitätsstandards neben direkten Netzwerkeffekten auch indirekte Netzwerkeffekte eine Rolle spielen können. 23 vgl. (Gandal, 1994); (Gandal, 1995) 24 vgl. (Triplett, 1989, S. 127ff.) 25 vgl. (Erhardt, 2001, S. 26f.)

7 2.3 Indirekte Netzwerkeffekte 2.3.1 Grundlagen der indirekten Netzwerkeffekte Neben direkten Netzwerkeffekten wird auch in indirekte Netzwerkeffekte, beziehungsweise vertikale Netzwerke, unterschieden. Im Grunde genommen sagen indirekte Netzwerkeffekte aus, dass bei steigender Nutzerbasis ein bestimmtes Gut attraktiver wird, sobald eine Nutzenerhöhung stattfindet, ohne dass eine direkte Beziehung vorliegt. 26 Ein vertikales Netzwerk besteht aus unterschiedlichen komplementären Gütern (Abb. 2). Ein einzelnes Gut, beziehungsweise eine Komponente im vertikalen Netzwerk trägt alleine keinen Nutzen. Der Nutzen entsteht erst durch das gesamte System. Das Beispiel eines Computers veranschaulicht dieses Netzwerk sehr gut. Den Computer kann man ohne Betriebssystem, Hardware und Applikationen nicht nutzen. Erst wenn alle Komponenten vorhanden sind, entsteht ein voll funktionsfähiges Netzwerk. Wesentlich ist, dass es für jede Komponente selbstverständlich mehrere Anbieter geben kann. Ferner beeinflussen sich die Komponenten jedoch gegenseitig auf den unterschiedlichen Ebenen. 27 Im Folgenden werden wir auf die zwei wesentlichen Ursachen für indirekte Netzwerkeffekte eingehen. 26 vgl. (Erhardt, 2001, S. 27) 27 vgl. (Gröhn, 1999 S. 27)

8 Abbildung 2: Vertikales Netzwerk (Quelle: Gröhn, 1999, S.27) 2.3.2 Ursachen für indirekte Netzwerkeffekte 2.3.2.1 Komplementäre Produkte und Dienste Eine wichtige Ursache für indirekte Netzwerkeffekte ist auf komplementäre Güter zurückzuführen. Komplementäre Güter sind Güter, welche gemeinsam angeboten werden. 28 Zwar besitzt die Hauptkomponente ihren eigenen Nutzen, dennoch benötigt sie komplementäre Güter beziehungsweise Komponenten, um einen umfangreichen Nutzen für den Konsumenten darzustellen. Dies zeigt sich wiederum gut an einem Computer, welcher ohne Bildschirm, Drucker oder Speichermedien einen relativ gesehen kleinen Nutzen bietet. Auch ein Plattenspieler besitzt mit nur wenigen Platten keinen besonders großen Nutzen. Erst eine gewisse Anzahl und Auswahl an Platten führt zu einem relativ gesehen hohen Nutzen, welcher den Konsumenten zufriedenstellt. Demzufolge gewinnt ein Gut an Nutzen, wenn es eine möglichst breite Auswahl an komplementären 28 vgl. (Corsten & Gössinger, 2008, S. 389)

9 Produkten und Diensten gibt. Bei erhöhter Nachfrage kann es zu einer Steigerung der Anzahl an Komplementärgütern kommen, weil das Produktfeld für weitere Anbieter und Hersteller an Attraktivität gewinnt. Dies hat auch zur Folge, dass die anfangs möglicherweise hohen Kosten für ein Gut mit steigender Nutzeranzahl, durch erhöhte Produktion, sinken. Somit gewinnt das Netzwerk weiter an Nutzern, welches wiederum zu einem höheren Nutzen und niedrigeren Preisen aller Güter führt und daher für potentielle Nutzer attraktiver wird. An dieser Stelle ist es erwähnenswert, dass mit steigendem Nutzen auch die Zahlungsbereitschaft der Kunden erhöht werden kann. So kann die Steigerung von Attraktivität und Nutzen eines Gutes letztendlich wiederum das Verlangen höherer Preise rechtfertigen. 29 2.3.2.2 Lerneffekte Eine weitere Ursache für indirekte Netzwerkeffekte sind Lerneffekte. Diese werden auch als information spillovers bezeichnet. Sie sind nicht nur, wie im vorherigen Abschnitt, bei komplementären Produkten zu finden, sondern kommen generell bei innovativen Technologien vor. Die Auswirkungen, die innovative Technologien auf den Konsumenten haben, sind mit einer gewissen Unsicherheit belastet. Im Vorfeld ist nicht klar, welche Technologie, bei konkurrierenden Standards, die bessere darstellt und vor allem welche Anwendungen von den Nutzern bevorzugt werden. Als Beispiel kann man an dieser Stelle das Unternehmen Sony erwähnen. Sony hatte Videorekorder hergestellt. Deren ursprüngliche angedachte Funktion war es, als Aufzeichnungsmedium für die private Nutzung zu dienen. Es war damals noch nicht klar, dass Videorekorder dafür genutzt werden, um bereits beschriebene Kassetten, wie Spielfilme, abzuspielen. Das Anwendungsverhalten der Konsumenten spielt folglich eine zentrale Rolle für das Erschließen von Anwendungsmöglichkeiten und Eigenschaften, die an die Technologie gestellt werden. Die Konsumenten lernen mit der neuen Technologie umzugehen und entdecken durch den Gebrauch eventuell neue Einsatzmöglichkeiten für das Produkt. Dieser Lerneffekt hilft dem 29 vgl. (Erhardt, 2001, S. 27f.)

10 Hersteller sein Produkt zu optimieren und eröffnet neue Möglichkeiten für komplementäre Güter. 30 Einen weiteren wichtigen Aspekt stellen sehr starke Neuerungen dar, die in Form von Innovationen den Anwender mit unbekannten Technologien konfrontieren. Dies wiederum hat zur Folge, dass neue, noch unbekannte Anwendungsmöglichkeiten entstehen und die radikale Innovation mit einer hohen technischen Ungewissheit verbunden ist. 31 Können potentielle Nutzer das Ausmaß der Effektivität einer neuen Technologie noch nicht erahnen, bekommen Lerneffekte eine ausschlaggebende Bedeutung. Werden durch den Lerneffekt eines Konsumenten, welcher sich mit der neuen Technologie auseinander gesetzt hat, neue Informationen geliefert, führt dies zu einem sich selbst verstärkenden Prozess. Weitere potentielle Nutzer bekommen einen tieferen Einblick in die Anwendungsgebiete der neuen Technologie, sodass diese sich für die Technologie mit der geringsten Ungewissheit entscheiden können. 32 Robin Cowan erklärt dies folgendermaßen: Early adoptions provide information with which beliefs are updatet, and as the process proceeds opinons gain strength. Eventually beliefs that one technology is superior are strong enough that it is exclusively adopted. 33 Weiterhin zeigt sich, dass bezüglich empirischer Untersuchungen von indirekten Netzwerkeffekten nur wenige daraus resultierende Informationen vorhanden sind. Eine empirische Analyse wurde beispielsweise hinsichtlich des Zusammenhangs der Softwarenutzung und dafür verfügbarer Komplementärgüter erhoben. Es lies sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Komplementärgütern feststellen. Im Rahmen dieser Analyse wurden auch Schulungen zum Erlernen der Software wurden sehr häufig beobachtet. 34 Das Programm Lotus 1-2-3 wurde bezüglich indirekter Netzwerkeffekte gleichfalls empirisch untersucht. Unter anderem wurden hier die Nutzung von Komplementärgütern und Schulungen gemessen. Beide, sowohl Komplementärgüter, als auch Schulungen, wiesen eine höhere Nutzung bei Lotus 30 vgl. (Erhardt, 2001, S. 28) 31 vgl. (Kuhn, 1976) 32 vgl. (Cowan, 1992, S. 285f.) 33 (Cowan, 1992, S.286) 34 vgl. (Shurmer, 1993)

11 1-2-3 auf als bei anderen vergleichbaren Produkten. Dies lässt sich mit der Dominanzposition erklären, welche Lotus 1-2-3 auf dem Markt einnahm. 35 2.3.3 Positive Feedback Loop Unter positive feedback versteht man den Prozess, den der indirekte Netzwerkeffekt auslöst. Shapiro sagt dazu: Positive feedback makes the strong grow stronger and the weak get weaker 36 Damit ist gemeint, dass der Konsument bei seiner Kaufentscheidung mögliche Netzwerkeffekte mit einbezieht, und dass bei dieser Entscheidung besonders die Größenvorteile wirken. Hierzu sei das Beispiel eines Computerkaufs genannt. Der Nutzer wird sich bei dem Kauf auf eine bestimmte Software- und Hardwarekombination festlegen. Durch diese Festlegung entstehen Kosten, wodurch der Konsument versucht sein Geld bestmöglich zu investieren. Er muss also die gegenwärtigen und besonders die zukünftigen Entwicklungen der Technologien berücksichtigen, weil diese im hohen Maße das Softwareangebot in der Zukunft stark beeinflussen werden. Bei der Hardware wird der Konsument diejenige wählen, bei der er glaubt, dass auch Softwareentwickler die gleiche Entscheidung treffen werden. Somit ergibt sich eine Art Kreislauf. Je größer die Zahl der gegenwärtigen und zukünftigen Konsumenten für ein bestimmtes Gut ist, desto mehr komplementäre Güter werden in Zukunft angeboten, und daraus ergibt sich ein wachsender Wert des Produkts für den Konsumenten. Schließlich ist festzuhalten, dass nicht nur der gegenwärtige Nutzen, sondern auch der in Zukunft erwartete Nutzen für die gegenwärtige Kaufentscheidung, also der Nachfrage, für das Gut entscheidend ist. 37 35 vgl. (Swann & Gill, 1993, S. 165) 36 vgl. (Shapiro & Varian, 1999, S. 175) 37 vgl. (Evans, Nichols, & Schmalensee, 2002, S. 38ff.) ; (Pohlmeier, 2004, S. 32)

12 2.3.4 Größenvorteile auf der Nachfrageseite Aus Netzwerkeffekten können Größenvorteile entstehen, die auch economies of scale genannt werden. 38 Diese Größenvorteile können sowohl auf der Angebotsseite, als auch auf der Nachfrageseite entstehen. 39 Wenn zum Beispiel die Produktionskosten für eine doppelt produzierte Menge weniger als doppelt so hoch sind, wird von einem Größenvorteil auf der Angebotsseite gesprochen. Da nun die hohen Fixkosten auf eine im Verhältnis gesehen große Produktionsmenge verteilt werden, kommt es zu den nicht so schnell anwachsenden Produktionskosten. Dieser Effekt wird auch Fixkostendegression genannt. 40 Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass bei extrem großer Produktionsmenge auch hohe Kosten für Anfangsinvestitionen, wie beispielsweise teure Maschinen, anfallen. Somit kann man davon ausgehen, dass der Größeneffekt auf der Angebotsseite eine Grenze besitzt. 41 In den Fällen von überlasteten Produktionskapazitäten und schwer zu erhaltenden Rohstoffen können sich für das Unternehmen weitere Kostenprobleme ergeben. Daraus folgend können die Kosten für die Produktion stärker sein, als der Größenvorteil auf der Angebotsseite. In der Realität kommt es vor, dass deshalb der gesamte Markt von einem Unternehmen erst gar nicht versorgt werden kann, weil die dementsprechenden Grenzen bereits erreicht wurden. Den Größenvorteilen auf der Angebotsseite stehen Größenvorteile auf der Nachfrageseite gegenüber. Diese werden in der Regel über Netzwerkeffekte erreicht, da durch eine Steigerung der Nutzeranzahl auch der Wert eines Produkts steigt. Wie in den Kapiteln zuvor beschrieben steigt der Wert eines Hauptprodukts mit steigender Nutzeranzahl. Durch eine erhöhte Anzahl an Konsumenten kommt es auch zu einem höheren Angebot an Komplementärgütern. Somit lässt sich zeigen, dass ein anfänglich vorliegender Größenvorteil auf der Nachfrageseite einen zukünftigen Größenvorteil auf der Angebotsseite mit sich zieht. Der zukünftige Größenvorteil auf der Angebotsseite bezieht sich auf die 38 vgl. (Shapiro & Varian, 1999, S. 179) 39 vgl. (Baldwin, 1987, S. 164ff.) 40 vgl. (Pohlmeier, 2004, S. 33) 41 vgl. (Shapiro & Varian, 1999, S. 179)

13 komplementären Güter, die günstigere Preise und höhere Qualität mit sich bringen. 42 Bei der Informationstechnologie geht man in der heutigen Zeit davon aus, dass sich ein Größenvorteil in Form einer Kombination aus Angebots- und Nachfrageseite zeigt. 43 Die Kosten der Angebotsseite sinken somit durch einen Wachstum auf der Nachfrageseite. Dieses führt wiederum zu einer höheren Attraktivität, welche eine steigende Nachfrage mit sich zieht. 44 2.3.5 Leveraging Unter Leveraging versteht man die Möglichkeit, bei der Vereinigung mehrerer Produkte zu einem Gut, seine Monopolmacht aus einem Marktsegment auf ein anderes Marktsegment auszuweiten. Dies könnte zu einer Verdrängung von möglichen überlegenen Produkten führen. 45 Die Konsumenten streben die Zusammenstellung verschiedener Komponenten zu einem System an, wodurch es zu einer Vereinigung indirekter Netzwerkeffekte kommen kann. An dieser Stelle kann man das Beispiel der OPEC-Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries) anführen. Die OPEC-Länder besitzen generell eine Marktmacht hinsichtlich der Erdölvorkommen. Daher entstand die Angst, die OPEC könne ihre Macht aus dem Erdölgeschäft auf indirekt verbundene Industrien ausbauen. 46 Zwischen den Ebenen indirekter Netzwerke und indirekt integrierter Industrien herrschen starke komplementäre Beziehungen. 47 Eine andere Sichtweise bezüglich der Bündelung ist, dass dadurch eine Preisdifferenzierung vorangetrieben werden kann. 48 Des Weiteren wird in der Literatur von einer Reduzierung von Transaktionskosten bei der Bündelung von Produkten zu Gütern gesprochen. 49 Inwieweit Leveraging Erfolg verspricht, hängt 42 vgl. (Kolasky, 1999, S. 577ff.) 43 vgl. (Shapiro & Varian, 1999, S. 182) 44 vgl. (Pohlmeier, 2004, S. 34) 45 vgl. (Reback, Creighton, Killam, & Nathanson, 1994) ; (Reback, Creighton, Killam, Nathanson, & Gross, 1995) 46 vgl. (Siebert & Rauscher, 1985, S. 211ff.) 47 vgl. (Economides & White, 1994, S. 654) ; (Economides N., 1996, S. 676) 48 vgl. (Posner, 1976) ; (Blair & Kasermann, 1978) ; (Schmalensee, 1982) 49 vgl. (Williamson, 1979)

14 davon ab, welche Marktstruktur gegeben ist. Gelingt es einem Monopolisten seine Produkte zu Gütern zu bündeln, so kann er seine Monopolmacht in einem neuen Markt weiter ausdehnen. 2.3.6 Zweiseitige Märkte Ein gesetztes Ziel oder Ergebnis wird in einseitigen Märkten durch entsprechende Maßnahmen oder wettbewerbspolitische Konklusionen erreicht. In zweiseitigen Märkten kann man diese Maßnahmen allerdings nicht verwenden und sie können zu einem negativen Ergebnis führen. Demnach ist es wichtig zweiseitige Märkte differenziert zu betrachten. 50 Das Konzept der zweiseitigen Märkte basiert auf den indirekten Netzwerkeffekten. Bei den indirekten Netzwerkeffekten steigt der Nutzen der Netzwerkteilnehmer, wenn das andere verbundene Netzwerk wächst. Als anschauliches Beispiel bietet sich hier der Zeitungsmarkt an. Dieser besteht zunächst nur aus Anzeigenkunden und den Lesern der Zeitung. Die Anzeigenkunden profitieren auf der einen Seite, wenn die Leserschaft der Zeitung weiter wächst. Auf der anderen Seite profitieren die Leser, wenn die Zeitung viele Anzeigen schaltet, unter der Voraussetzung, dass die Anzeigen informativ sind. Diese Anzeigenform stiftet einen positiven Nutzen bei den Lesern. Anzeigen können jedoch auch einen negativen Nutzen stiften. Diese werden als negative Externalitäten bezeichnet. In einem weiteren Fall kann der Leser der Zeitung indifferent gegenüber der Anzeige sein. Resultieren würde ein einseitig indirekter Netzwerkeffekt, wobei hier nicht mehr von einem zweiseitigen Markt gesprochen werden kann. Als Vermittler zwischen Anzeigenkunden und Leserschaft, also den beiden Netzwerken, tritt der Zeitungverlag oder das Medienunternehmen auf, welcher oder welches im Konzept der zweiseitigen Märte als Intermediär (Abbildung 3: Zweiseitige Märkte) bezeichnet wird. Der Intermediär setzt nun mit Kenntnis der Netzwerkeffekte den Preis, sowie die Auflagengröße für die Zeitung. Dabei sind, neben Preiselastizität der Nachfrage und den Grenzkosten, auch die Stärke der 50 vgl. (Evans, 2003b) ; (Evans, 2003a) ; (Evans & Schmalensee, 2005) ; (Dewenter, 2006a) ; (Dewenter & Kaiser, 2006) ; (Peitz, 2005) ; (Wright, 2004)

15 Netzwerkeffekte zu berücksichtigen. Preiserhöhungen führen so zu einer Reduktion der Leserschaft und gleichzeitig zu einem Schrumpfen des Kreises der Anzeigenkunden. Darauf folgen Rückkopplungen auf die Leserschaft. 51 Aus diesem Beispiel kann man also folgern, dass die Preise dort relativ gering sind, wo die beiden Märkte stark auf Preisänderungen reagieren. Folglich ist eine Erhöhung der Preise nur attraktiv, wenn der Nutzen den Schaden aufwiegt. Abbildung 3: Zweiseitige Märkte (Quelle: Dewenter, 2006a, S.3) 2.3.7 Empirische Untersuchungen Zu indirekten Netzwerkeffekten wurden bisher nur wenige empirische Untersuchungen gemacht. Dadurch kann es zu unzureichenden Ergebnissen und Bewertungen dieser Netzwerkbeziehungen kommen. 52 Mark Shurmer untersuchte beispielsweise durch Befragungen von Computernutzern, wie die Softwarenutzung und die hierzu komplementär genutzten Güter korrelieren. So 51 vgl. (Cordon, 1952) ; (Bucklin, Caves, & Lo, 1989) ; (Blair & Romano, 1993); (Chaudhri, 1998); (Dewenter & Kaiser, 2006) 52 vgl. (Erhardt, 2001, S. 29)

16 konnte Shurmer eine starke Korrelation zwischen der installierten Software auf den Computern der Befragten und der Verwendung von Printmedien zur Informationsbeschaffung sowie die Teilnahme an Schulungen für die jeweilige Software nachweisen. 53 Des Weiteren wurde von Peter Swann und Jas Gill das Tabellenkalkulationsprogramm Lotus 1-2-3, die gleiche Software die auch von Neil Gandal zur empirischen Untersuchung von direkten Netzwerkeffekten benutzt wurde (siehe Abschnitt 2.2.4), zur Untersuchung indirekter Netzwerkeffekte herangezogen. Dabei haben Swann und Gill zur Messung des Netzwerkeffekts komplementäre Güter, wie zum Beispiel Zusatzprogramme und Zusatzprodukte, sowie die Verfügbarkeit von Schulungsmöglichkeiten näher untersucht. Sie erhielten das Ergebnis, dass der Marktführer Lotus 1-2-3 ein höheres Maß an Nutzen aufwies als die Produkte der Wettbewerber. 54 Folglich haben die bisherigen empirischen Untersuchungen, wenn es auch nicht viele sind, zeigen können, dass es positive Korrelationen zwischen komplementären Gütern gibt und damit die indirekten Netzwerkeffekte empirisch nachgewiesen werden. 2.4 Echte und virtuelle Netzwerke Neben den bereits behandelten direkten und indirekten Netzwerken wird unter anderem auch von echten Netzwerken und virtuellen Netzwerken gesprochen. Diese ähneln zwar stark den bereits behandelten Netzwerken, sind aber wichtig zu erwähnen, um ein umfassendes Gesamtbild über die netzwerktheoretischen Grundlagen zu erhalten. Amerikanische Ökonomen unterscheiden in echte und virtuelle Netzwerke. Hierbei bezieht man echt und virtuell auf die Funktion eines Guts, welches Netzwerkeffekte herstellt. 55 Von einem echten Netzwerk spricht man dann, wenn der alleinige Zweck eines Guts darin liegt, eine Verbindung zu einem anderen 53 vgl. (Shurmer, 1993, S. 231ff.) 54 vgl. (Swann & Gill, 1993, S. 165) 55 vgl. (Pohlmeier, 2004, S. 37)