Ernährungstherapie in der Naturheilkunde was ist gesund und wie umsetzbar? 42. Medizinische Woche Baden-Baden 2. November 2008

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Transkript:

Ernährungstherapie in der Naturheilkunde was ist gesund und wie umsetzbar? 42. Medizinische Woche Baden-Baden 2. November 2008 Rainer Stange Abteilung für Naturheilkunde Charité - Universitätsmedizin Berlin und Immanuel-Krankenhaus Berlin-Wannsee

Synergie der Klassischen Naturheilverfahren nach H.-D. Hentschel

Eduard Baltzer (1814 1887) wichtigster Vertreter des deutschen Vegetarismus Im 19. Jhdt.

Max Bircher-Benner (1867 1939) Die Ordnung in der Nahrung 1921

Max Bircher-Benner

aus: Nutri-Trend-Studie 2000, Befragung von 19706 Schweizer Frauen und Männern zu ihren Ernährungsgewohnheiten. Anteil der Vegetarier 493 2,5 %

Pieter Brueghel d.ältere Der Kampf zwischen Karneval und Fasten

Nichts wird von Dämonen bewirkt. Jeder kann zaubern, jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er warten kann, wenn er fasten kann. H. Hesse Siddartha

Dr. med. Otto Buchinger sen.

Dr.med Franz Xaver Mayr 1875-1965 Steiermark, Wien, Karlsbad

Rücknahme der Anforderungen an das Verdauungssystem (Schonung) mehr erhitzte Kost kleinere Portionen besser verdauliche Kohlenhydrate häufiger und länger essen, Tageszeit sorgfältig einspeicheln und kauen

1.Weizen 2.Roggen 3.Hafer 4.Gerste 5.Mais 6.Reis 7.Große Hirse 8. Mohrenhirse 9. Zwergweizen

Fallbeispiel Bösartige Erkrankungen

Klassische Risikofaktoren für Krebs Ernährung 35% Andere/Unbekannt 15% Medizin 1% Reproduktion 7% Tabak 30% Umweltfaktoren 2% Beruf 4% Alkohol 3% Geophysik 3% Doll & Peto, J Natl Cancer Inst 1981;66:1191-308

www.wcrf.org

Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch, Fisch und Geflügel (pro 100 g/d) und Risiko des kolorektalen Karzinoms (EPIC) Ln RR 1.50 4.48 RR 1.00 2.72 0.50 1.65 0.00 1.00-0.50 0.61-1.00 0.37-1.50 0.22 rotes und verarbeitetes Fleisch rotes Fleisch verarbeitetes Fleisch Fisch Geflügel 478,040 Teilnehmer, 1,329 Fälle mit kolorektalem Karzinom Adjustiert für Alter, Geschlecht, Energie aus Fetten und Nichtfetten, Größe, Gewicht, Alkoholkonsum, beruflicher körperlicher Aktivität, Rauchstatus und Ballaststoffverzehr. Stratifiziert nach Zentren. Norat et al., J Natl Cancer Inst 2005;97:906-16.

Women s Health Initiative (WHI) Randomisierte kontrollierte Multicenter Studie (40 Zentren) 48,835 postmenopausale Frauen 50-79 Jahre Ziel: Überprüfung ob eine geringe Gesamtfettaufnahme (<20% der Gesamtenergie) und eine hohe Aufnahme von Gemüse und Obst ( 5 Portionen/Tag) und Vollkornprodukten ( 6 Portionen/Tag) die Inzidenz von Brustkrebs und Kolonkrebs bei postmenopausalen Frauen senkt Beresford, Jama 2006;295:643-54

Risiko des Mammakarzinoms und des kolorektalen Karzinoms in der Women s Health Initiative Mammakarzinom Kolorektales Karzinom 48,835 Frauen, 50-79 Jahre Rekrutierung zwischen 1993 und 1998 40 Zentren 8,1 Jahre Follow-up 1727 Fälle mit Mammakarzinom 480 Fälle mit kolorektalem Karzinom Prentice, Jama 2006;295:629-42 Beresford, Jama 2006;295:643-54

Fallbeispiel Herz-Kreislauferkrankungen

Risikorate koronarer Herzkrankheiten [%] 30 Niederl.Männer 150 Japaner Eskimos Fischverzehr [g/tag] Aus Singer P. Was sind, wie wirken Omega-3-Fettsäuren Frankfurt/Main 2000 Fischverzehr und koronare Herzkrankheit Kromhout D, Plenum Press, New York (1989), 273-282

Überlebensrate von englischen Männern zwei Jahre nach überstandenem Herzinfarkt Aus Singer P. Was sind, wie wirken Omega-3-Fettsäuren Frankfurt/Main 2000 Burr M at al Lancet II (1989), 757-760

de Lorgeril, Michel MD; Salen, Patricia BSc; Martin, Jean-Louis PhD; Monjaud, Isabelle BSc; Delaye, Jacques MD; Mamelle, Nicole PhD Mediterranean Diet, Traditional Risk Factors, and the Rate of Cardiovascular Complications After Myocardial Infarction: Final Report of the Lyon Diet Heart Study Circulation 1999;99(6):779-785 1999 American Heart Association, Inc.

Fung TT, Chiuve SE, McCullough ML, Rexrode KM, Logroscino G, Hu FB Adherence to a DASH-style diet and risk of coronary heart disease and stroke in women Arch Intern Med 2008;168(7): 713-20

Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) diet has been shown to lower blood pressure also long-term effect on cardiovascular end points? prospective cohort study with 88,517 female nurses aged 34 to 59 without a history of cardiovascular disease or diabetes in 1980 7 assessments of diet during 24 years of follow-up (1980-2004) with validated food frequency questionnaires DASH score: 8 food and nutrient components (fruits, vegetables, whole grains, nuts and legumes, low-fat dairy, red and processed meats, sweetened beverages, and sodium) Arch Intern Med 2008;168(7): 713-20

2129 cases of incident nonfatal myocardial infarction, 976 CHD deaths, and 3105 cases of stroke relative risks of CHD across quintiles of the DASH score were 1.0, 0.99, 0.86, 0.87, and 0.76 (95% confidence interval, 0.67-0.85) (P<.001 for trend) adherence to the DASH-style diet is associated with a lower risk of CHD and stroke among middle-aged women during 24 years of follow-up Arch Intern Med 2008;168(7): 713-20

Fallbeispiel Chronisch entzündliche Erkrankungen

Westhoff G 1, Stange R 2, Zink A 1 Patienten mit früher rheumatoider Arthritis wenden alternative medizinische Maßnahmen unabhängig von der Krankheitsaktivität an Use of complementary and alternative medicine by patients with recent onset rheumatoid arthritis Forsch Komplementärmed 2007;14 (suppl 1):47 1 Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin 2 Abt. f. Naturheilkunde Charité - Universitätsmedizin Berlin und Immanuel - Krankenhaus Berlin

multizentrische Kohortenstudie von 916 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) 2. Befragung im 3. Jahr nach Erstdiagnose 96% der Teilnehmer (623 weibliche, bzw. 256 männliche) auswertbar u.a. Fragen zu Änderungen ihrer Ernährungsgewohnheiten und Nutzung komplementärer und alternativer Medizin 86 % mit DMARD, 55% Kortikoide, 36 % täglich NSAR Westhoff G, Stange R, Zink A Patienten mit früher rheumatoider Arthritis wenden alternative medizinische Maßnahmen unabhängig von der Krankheitsaktivität an

25 20 15 10 5 0 Nutzung alternativer und komplementärer Methoden in den letzten 6 Monaten (n=916) 22,1 20,7 12,8 10,8 6,8 6,3 3,3 kein Alkohol Antioxidantien A,E od.c kein Schweinefleisch Teufelskralle Fischölkaps. Homöopathie Fasten % Westhoff G, Stange R, Zink A Forsch Komplementärmed 2007;14 (suppl 1):47

Fallbeispiel Adipositas

Indikationen für naturheilkundlich orientierte Ernährungstherapie Metabolisches Syndrom, auch Fragmente Reizdarm-Syndrom chronisch entzündliche Erkrankungen chronische Schmerzerkrankungen

Umfassende ( Ganzheitliche ) Wahrnehmung vor Änderungen von Ernährungsgewohnheiten Motivation, Leidensdruck prävalenter Ernährungsstil sozioökonomische Möglichkeiten Autonomie, Psychodynamik Essgemeinschaft Kapazität zur Auswahl und Zubereitung von Mahlzeiten Zeit und Begleitumstände der Mahlzeiten

Synergie der Klassischen Naturheilverfahren nach H.-D. Hentschel