I. Vorbemerkung Geringfügige und kurzfristige Beschäftigungen Regelungen ab 1. April 2003 Die Einstellung geringfügig oder kurzfristig Beschäftigter ist heute weit verbreitet. Mit den geringfügig oder kurzfristig Beschäftigten werden immer wieder auftauchende Arbeitsspitzen abgebaut oder ausfallende Vollzeitarbeitskräfte überbrückt. Die 400-EUR- Verträge,oder auch Minijobs, werden häufig bei Wartungs- und Reinigungsarbeiten oder bei Aushilfstätigkeiten angewendet. In der Gastronomie werden sie in Zeiten der alljährlichen Hochkonjunktur eingesetzt. Mit diesem Merkblatt sollen arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche Fragen über geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte praxisnah dargestellt werden. II. Arbeitsrecht 1. Das Arbeitsrecht gilt auch für sogenannte 400-EUR-Verträge Diese Verträge sind arbeitsrechtlich Teilzeitverträge mit der Besonderheit der grundsätzlichen Sozialversicherungsabgabenfreiheit für den Arbeitnehmer und der Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung. Verbreitet besteht die Auffassung, das Arbeitsrecht gelte bei derartigen geringfügigen oder kurzfristigen Beschäftigungen nicht. Diese Ansicht ist falsch. Für die 400-EUR-Verträge gelten folgende arbeitsrechtliche Regelungen: 1.1 Urlaub Die geringfügig oder kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer haben unabhängig von der Dauer ihrer Arbeitszeit und der Höhe ihres Arbeitsentgelts Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der nicht an allen betrieblichen Arbeitstagen beschäftigte Teilzeitarbeitnehmer muss sich dabei allerdings die für ihn arbeitsfreien Werktage auf den Urlaub anrechnen lassen. So hat z.b. eine Arbeitnehmerin, die regelmäßig freitags von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr für 10,- EUR je Stunde arbeitet, einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für mindestens 24 Werktage, also in der Praxis für vier Freitage mit einem Urlaubsentgelt von insgesamt 16 x 10,- EUR = 160,- EUR. Tariflich oder einzelvertraglich besteht meist ein Anspruch auf längeren als den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen. Kurzfristig Beschäftigte haben dann keinen Anspruch auf Urlaub, wenn ihre Beschäftigung insgesamt weniger als einen Monat beträgt.
2 1.2 Feiertagsbezahlung Fällt die Arbeit infolge eines gesetzlichen Feiertages aus, dann hat auch der Teilzeitbeschäftigte auf 400-EUR-Basis Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts, das er ohne diesen Arbeitsausfall erhalten hätte (Lohnausfallprinzip). Er ist zu unentgeltlicher Vor- und Nachleistung dieser ausgefallenen Arbeitszeit nicht verpflichtet. Voraussetzung ist, daß der Arbeitnehmer an diesem Tag regelmäßig zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre. 1.3 Lohnfortzahlung bei Krankheit Der teilzeitbeschäftigte Angestellte auf 400-EUR-Basis hat grundsätzlich Anspruch auf Lohn- oder Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle im Rahmen seiner Entgeltvereinbarung. 1.4 Weihnachts- und Urlaubsgeld Teilzeitbeschäftigte auf 400-EUR-Basis haben einen Anspruch auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld, wenn auch die übrigen Vollzeitarbeitskräfte einen solchen Anspruch haben. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass ein etwa gezahltes Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld anteilig auf die einzelnen Monate umgerechnet wird. Hierdurch kann ein höheres Monatsentgelt als 400,- EUR erreicht werden mit der Folge, dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird und die Sozialabgaben der sog. Gleitzone (401,01 800,- EUR) zum Tragen kommen. 1.5 Betriebsratswahlen Betriebsverfassungsrechtlich zählen die geringfügig Beschäftigten zu den Arbeitnehmern und sind bezüglich der Wahlen zum Betriebsrat sowohl wahlberechtigt als auch nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit wählbar ( 5 BetrVG). 1.6 Arbeitsschutzgesetze Für alle geringfügig Beschäftigten auf 400-EUR-Basis gelten die Arbeitsschutzgesetze, wie Mutterschutzgesetz, Schwerbehindertengesetz, Arbeitssicherheitsgesetz u. s. w. 1.7 Kündigungsschutz Für geringfügig Beschäftigte gelten die gleichen Kündigungsfristen wie für Vollzeitbeschäftigte, d. h. auch geringfügig Beschäftigte können nach sechsmonatiger Beschäftigungsdauer (und in der Regel mehr als fünf Beschäftigten im Betrieb) die Sozialwidrigkeit einer Kündigung durch Kündigungsschutzklage überprüfen lassen. Die geringfügig Beschäftigten sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. 1.8 Arbeitszeugnis
3 Auch die geringfügig Beschäftigten haben einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. 1.9 Gleichbehandlung Durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die arbeitsrechtliche Stellung sämtlicher Teilzeitbeschäftigter, auch wenn sie nicht mehr als 400-EUR im Monat verdienen, der eines Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt. Ein völliger oder teilweiser Ausschluss von Leistungen an Teilzeitbeschäftigte verstößt gegen das arbeitsrechtliche Verbot der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern. Grundsätzlich gelten also alle arbeitsrechtlichen Vorschriften für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Höhe ihres Einkommens und unabhängig von der Dauer ihrer regelmäßigen Arbeitszeit. III. Sozial - und Lohnsteuerrecht 1. Lohnsteuerrechtliche Vorschriften In 40a Einkommensteuergesetz (EStG) räumt der Gesetzgeber den Arbeitgebern die Möglichkeit einer pauschalen Lohnsteuererhebung für kurzfristig und für geringfügig Beschäftigte ein. Im Falle der Pauschalversteuerung übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuer. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn bleibt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer außer Ansatz. Im Einzelnen stellt sich dies wie folgt dar: 1.1 Kurzfristige Beschäftigung Eine kurzfristige Beschäftigung ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber? gelegentlich, d. h. nicht regelmäßig wiederkehrend, und? nicht mehr als 18 Arbeitstage zusammenhängend beschäftigt ist und? der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 62,- EUR durchschnittlich je Arbeitstag nicht übersteigt, es sei denn, die Beschäftigung ist unvorhergesehenerweise sofort erforderlich. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, so kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf die Lohnsteuerkarte den Arbeitslohn mit einem Pauschalsteuersatz von 25% versteuern. Die Pauschalierung ist unzulässig bei Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer durchschnittlich je Arbeitsstunde 12,- EUR übersteigt. 1.2 Geringfügig Beschäftigte Eine Beschäftigung in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn liegt vor, wenn der Arbeitslohn bei dem Arbeitgeber 400,- EUR im Monat nicht übersteigt. Der Arbeitgeber kann unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte den Arbeitslohn mit pauschal 2 % des Arbeitsentgeltes versteuern. In diesem Pauschsteuersatz sind Kir-
4 chensteuer und Solidaritätszuschlag enthalten. Für die Erhebung ist die Bundesknappschaft zuständig. Hat der Arbeitgeber keine Beiträge nach 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c oder nach 172 Abs. 3 oder 3a des Sechsten Sozialgesetzbuches zu entrichten, kann er unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte den Arbeitslohn wie bislang mit einem Pauschalsatz von 20 % versteuern (zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Beiträge zur Direktversicherung, werden bei der Berechnung der Pauschalierungsgrenze berücksichtigt. Rechnerisch erfolgt dies durch eine anteilige Verteilung der Sonderzahlung auf den Lohnzahlungszeitraum (ggf. Kalenderjahr). 1.3 Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag bei Lohnsteuerpauschalierung Kann die Lohnsteuer pauschaliert werden, so besteht diese Möglichkeit auch grundsätzlich bei der Kirchensteuer und beim Solidaritätszuschlag. Bemessungsgrundlage hierfür ist die Lohnsteuer. Achtung: Sonderzahlungen können zum Wegfall der Pauschalierungsmöglichkeit führen! Zusätzliche Hinweise: Die Arbeitnehmer müssen bei der Bundesknappschaft (www.minijob-zentrale.de) angemeldet zu werden, an die auch die Sozialversicherungsbeiträge sowie die 2%-tige Lohnsteuerpauschale zu entrichten sind. Weitere Meldepflichten: - beim Arbeitsamt - wenn der Arbeitnehmer Leistungen vom Arbeitsamt bezieht - bei der Berufsgenossenschaft - beim Finanzamt/Arbeitgeberstelle, sofern die 20%-tige Lohnsteuerpauschale zu entrichten ist 2. Sozialversicherung Eine geringfügige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung liegt vor, wenn - das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,- EUR nicht ü- bersteigt, - die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,- EUR im Monat übersteigt. Mehrere kurzfristige oder geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sind zusammenzurechnen. Allerdings ist nunmehr ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis neben einem versi-
5 cherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis möglich, ohne dass es der vollen Sozialversicherungspflicht unterfällt. Im Rahmen der Sog. Hartz-Reform wurden das Erste und das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verabschiedet, die Neuregelungen zu den geringfügigen Beschäftigungen enthalten. Diese Neuregelungen treten am 01. April 2003 in Kraft und sehen für die Entrichtung von Sozialabgaben für geringfügig Beschäftigte nunmehr eine Einteilung in Grund- und Gleitzonen vor. 2.1 Grundzone bis 400 EUR Die Grundzone umfasst Arbeitsverdienste bis 400 EUR. Sie ähnelt der bisherigen Regelung zur geringfügigen Beschäftigung. Arbeitgeber zahlen pauschal 25 Prozent Abgaben. Davon entfallen 12 Prozent auf Rentenversicherungsbeiträge, 11 Prozent auf Krankenversicherungsbeiträge. Mit den oben genannten 2 Prozent Steuern ergibt sich ein pauschaler Abgabenbetrag von insgesamt 25 Prozent. Der Arbeitgeber hat für geringfügig Beschäftigte einen Pauschalbeitrag von 12 Prozent des Arbeitsverdienstes an die Gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen. Hieraus erwachsen dem Beschäftigten entsprechend der Beitragszahlung Rentenvorteile in Form eines Rentenzuschlags sowie bei der Erfüllung der Wartezeit. Die vom Arbeitgeber zu zahlenden Pauschalbeträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind im übrigen auch für solche Arbeitnehmer zu leisten, die neben ihrer geringfügigen Beschäftigung eine versicherungsfreie Beschäftigung (z.b. als Beamter) ausüben. Daneben können Beschäftigte den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung mit einem eigenen Beitrag von 7,5 Prozent auf den vollen Rentenbeitragssatz aufstocken (entsprechend dem derzeitigen Satz von 19,5 Prozent). Mit diesem freiwilligen Zusatzbeitrag erwerben die Beschäftigten volle Leistungsansprüche in der Rentenversicherung, also auch auf Rehabilitation und den Schutz bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen geringfügig Beschäftigten über die Möglichkeit der Aufstockung zu informieren. Der Arbeitgeber hat Pauschalbeträge von 11 Prozent des Arbeitsentgelts (früher 10 Prozent) an die Krankenversicherung für solche geringfügig Beschäftigten zu zahlen, die bereits in der Gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, sei es als Mitglied, sei es als Familienversicherte. Ansprüche für den Versicherten entstehen daraus nicht, weil diese Versicherten bereits vollen Krankenversicherungsschutz haben. Ausgenommen von der Pauschalbeitragspflicht des Arbeitgebers an die Gesetzliche Krankenversicherung sind diejenigen geringfügig Beschäftigten, die nicht gesetzlich krankenversichert sind. 2.2 Gleitzone von 400,01 bis 800,- EUR An die Grundzone schließt sich die Gleitzone an. Die Gleitzone bringt lediglich Vorteile für den Arbeitnehmer, dessen Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Gleitzone stufenweise ansteigen. In der unteren Zone zahlen Arbeitnehmer ca. 4 Prozent Sozialabgaben bis ca. 21 Prozent in der oberen Zone. Wird allerdings eine Gleitzonen-Beschäftigung neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausgeübt, so sind die Entgelte zusammenzurechnen und unterliegen in vollem Umfang der Sozialversicherungspflicht.
6 Arbeitgeber zahlen beim Überschreiten des Grenzwertes von 400 EUR sofort Sozialabgaben in Höhe von ca. 21 Prozent. Die Unternehmen müssen alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse der Sozialversicherung melden. Das bedeutet, dass die geringfügig Beschäftigten in das normale Meldeverfahren einbezogen werden. Es sind somit nicht nur An- und Abmeldungen, sondern auch alle anderen Meldungen wie beispielsweise Unterbrechungsmeldungen zu erstatten. Arbeitnehmer in privaten Haushalten werden ebenfalls in das Meldeverfahren für geringfügig Beschäftigte einbezogen. Um das Beitrags- und Meldeverfahren durchzuführen, benötigen die privaten Haushalte eine Betriebsnummer, die von dem für den Sitz des Haushalts zuständigen Arbeitsamt vergeben wird. Die Meldungen sind bei der Krankenkasse einzureichen, bei der zur Zeit oder zuletzt eine Versicherung besteht oder bestanden hat. Bei Arbeitnehmern, die noch nie einer gesetzlichen Krankenkasse angehört haben, kann der Arbeitgeber die Krankenkasse wählen, bei der er die Beschäftigten meldet. Die bisherigen Regelungen zur Sozialversicherungsfreiheit bleiben für die kurzfristigen Beschäftigungen bestehen: Wird eine Beschäftigung nur kurzfristig ausgeübt - also innerhalb eines Kalenderjahres längsten für 50 Arbeitstage - sind Beiträge zu den Sozialversicherungen auch künftig für diese kurzfristigen Beschäftigungen nicht zu zahlen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt im Rahmen eines Arbeitsvertrages, dessen Laufzeit ein Jahr überschreitet. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen von Vereinen, Wohlfahrtsverbänden usw. sind kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung. Ansprechpartner: Assessor Jürgen Redlin Tel: (09 31)41 94-313; Fax: (09 31)41 94-100; email: redlin@wuerzburg.ihk.de Zahlenangaben ohne Gewähr Stand: 01.04.2003