Jetzt reicht s mit dem Lärm Lärm stört und macht krank



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Transkript:

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW. Bester Service für Sie. Jetzt reicht s mit dem Lärm Lärm stört und macht krank 1

Liebe Kollegin, lieber Kollege, im April eines jeden Jahres findet weltweit der Tag gegen Lärm statt, der International Noise Awareness Day. Weltweit zum 14. Mal, in Deutschland am 29.4.2009 zum 12. Mal. In diesem Jahr steht er unter dem Motto: Horch, was kommt von draußen rein!. Die Deutsche Gesellschaft für Akustik wie viele andere Institutionen, die sich dem Thema Lärmschutz verpflichtet haben, führen zahlreiche Veranstaltungen zur Bewusstmachung, zu Schallpegel-Messverfahren, Nachhallzeiten und Reduzierungsmöglichkeiten von Lärm durch als Umweltthema. Kommunen bieten Beiträge zur Aufklärung mit umfangreichen Aktions- und Informationsprogrammen, u.a. Duisburg in NRW. Im Netz sind unter dem Titel Tag gegen Lärm unzählige Beiträge zur Lärmbelastung und zum Lärmschutz zu finden, je nach Interessenlage individuell abzurufen. Die GEW NRW hat sich in den letzten Jahren aktiv an der Bewusstmachung des Lärmproblems und wie es reduziert werden kann beteiligt mit Veranstaltungen zum Thema Lärm am Arbeitsplatz Bildung, mit pädagogischen und praktischen Empfehlungen für den Arbeitsalltag und mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit, u. a. Pressemitteilungen zum Tag gegen Lärm. Diese kleine Broschüre fasst die Erfahrungen und Erkenntnisse zusammen, die die Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz der GEW NRW in den letzten Jahren gewonnen hat. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass Kolleginnen und Kollegen in den Bildungseinrichtungen besonders unter den Lärmbelastungen am Arbeitsplatz leiden, Langzeitschäden davon tragen und von uns wissen wollen, wie sie sich am Arbeitsplatz gegen Lärm schützen können. Diese Broschüre will informieren und Anregungen geben. Für die Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz Renate Boese

Inhalt A. Die Klasse nicht im Griff Lärm stört Lernen und kann krank machen Weitere Maßnahmen zur Lärmreduzierung Seite 5 B. Eine kleine Handreichung für Schulen Seite 11 C. Lärm Gesetze, Vorschriften und Normen Gesetzliche Bestimmungen Arbeitsstättenverordnung Lärm- und Vibrations- Arbeitsschutzverordnung DIN 18041 DIN EN ISO 11690 Schulspezifische Vorgaben Seite 15 D. Wo steht das? Seite 22

Jetzt reicht s mit dem Lärm lautes Händeklatschen aus 1m Entfernung Discman, Martinshorn 10 m entfernt laute Fabrikhalle Staubsauger 1 m entfernt Kühlschrank 1 m Entfernung, Vogelgezwitscher im Freien 15 m entfernt ruhiges Schlafzimmer bei Nacht, Flüstersprache Blätterrauschen in der Ferne Schall - druckpegel in db (A) 140 120 100 80 60 40 20 0 Akute, nicht reversible Schäden Düsenjäger 30 m entfernt Schmerzschwelle Rockkonzert, Trillerpfeife 1 m entfernt Presslufthammer 10 m oder Kreissäge 7 m entfernt starker Straßenverkehr, Fahrradklingel 1 m entfernt Kommunikations- Beeinträchtigung normale Sprache 1 m Abstand, Fernseher, Zimmerlautstärke normale Wohngeräusche mechanischer Wecker 1m Abstand Hörschwelle

A. Die Klasse nicht im Griff? Lärm stört Lernen und kann Lehrende krank machen 1. Problemstellung Die dienstliche Beurteilung zur Verbeamtung der Kollegin M. naht und der Konrektor gibt ihr noch ein paar Hinweise: In Ihrer Klasse ist es immer zu laut haben Sie Ihre Klasse nicht im Griff?! Das muss sich ändern! Leider gibt er keinerlei Ratschlag, wie denn der Geräuschpegel bei einer munteren siebten Klasse mit 28 Techno-Beat-erprobten Kids gesenkt werden könnte. 2. Erfahrungen Kollegin M. ist sich des Problems durchaus bewusst, weiß aber nicht, wie sie es lösen kann. Schließlich möchte sie gern offene Unterrichtsformen durchführen. Was ihr, wie vielen anderen Kolleginnen und Kollegen auch, nicht klar ist: Es gibt Lärm, den man relativ leicht vermeiden kann, aber ebenso viele objektive, äußere Ursachen, die andere Maßnahmen erfordern. Und: Eine verlärmte Umwelt ruft noch mehr Krach hervor. Beim Berufseinstieg wird geraten, die Stimme zu senken, wenn es in der Klasse zu laut wird. Denn es stimmt schon: Wenn jemand versucht, andere zu übertönen, entwickelt sich rasch ein übergroßer Lärmpegel. Der Grund: Die Stimme des Sprechenden muss etwa zehn Dezibel lauter sein bei Menschen mit Hörproblemen sogar 15 Dezibel um von Hintergrundgeräuschen unterschieden werden zu können. Die Lehrkraft hebt ihre Stimme, um verstanden zu werden, und das wiederum führt dazu, dass auch die Schülerinnen und Schüler lauter reden. Wenn in einem Klassenraum schon 50 Dezibel gemessen werden, ohne dass jemand anwesend ist, erreicht der durchschnittliche Lärmpegel mit den Schülerinnen und Schülern im Klassenraum rasch Höhen, bei denen eine Verständigung anstrengend wird und das Sprachverständnis der Kinder leidet. 5

3. Studien In einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind Werte aus Klassenzimmern ermittelt worden, die als unzulässig für informatorische Arbeit betrachtet werden. Es wurden Schallpegel zwischen 60 und 85 db(a) gemessen, während maximal 55 db(a) und eine Nachhallzeit von ca. 0,4 sec empfehlenswert für eine gelingende Kommunikation im Klassenzimmer wären. Nebenbei: Wären Turnhallen Betriebe, benötigte man oft auf Grund der hohen Lärmfrequenzen eine Sondergenehmigung für den Unterricht. Untersuchungen der Universität Oldenburg zeigten, dass ca. 15 % der Grundschülerinnen und Grundschüler nicht verstehen, was in der Klasse gesagt wird. Kommunikation kann durch Störgeräusche wirkungslos werden, da nicht nur das Verstehen, sondern auch das Verarbeiten von Informationen beeinträchtigt wird. Wirkungslose Arbeit zählt zu den belastenden Stressoren im Lehrerberuf; insofern bedeutet Lärm doppelten Stress für Lehrerinnen und Lehrer. 4. Gründe Gründe für lärmauffällige Klassen gibt es viele: Schulbauten bestimmter Epochen sind ohne Rücksicht auf akustische Erfordernisse gebaut worden. Die üblichen Sparmaßnahmen der Kommunen verhindern raumakustische Sanierungen schallharter Räume. Wenige Schulen liegen in verkehrsberuhigten Vierteln; der Straßenlärm kann zu einer ständigen, schädlichen Geräuschkulisse werden (wie auch Treppenaufgänge, Pausenhallen, ). Häufig ist schon in einer leeren Klasse der für geistige Arbeiten zulässige Grenzwert überschritten. 66

Die Haustechnik, aber auch Computer oder Drucker, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, sondern das billigste Gebot an die Kommune waren, produzieren oft schon für sich allein genommen mehr Lärm, als zulässig ist. Schülerinnen und Schülern ist nicht bewusst, dass Lärm (das Lernen) stört. Auch das Zulassen von Pop- Musik während einer Still - Arbeitsphase wirkt sich nachteilig auf den Aufnahmeprozess aus. Lernförderlich kann allenfalls in gezielte Unterrichtseinheiten eingebettete Musik sein. (In der Literatur wird z. B. Mozart genannt). Musik zum Lernen wird jedoch oft als positiv empfunden, weil sie die verlärmte Geräuschkulisse in der Klasse überdeckt. Kinder, die besonders lärmempfindlich sind, können ihr eigenes Geschrei besser ertragen als fremden Lärm und versuchen, Störungen durch eigenes Getöse oder Schreien zu übertönen. Hörprobleme werden gerade bei jungen Kindern nicht als solche erkannt, sondern als Verhaltensprobleme gedeutet ( Könnt ihr denn nicht hören! ). Selten wird daran gedacht, die Raumakustik zu überprüfen. Dabei wäre zumindest bei fälligen Renovierungsarbeiten für relativ wenig Geld ein raumakustisch sanierter Klassenraum zu bekommen. Die wenigsten Schulen haben die leise Schule bewusst in ihr Schulprogramm aufgenommen. Wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse über mangelndes Sprachverständnis bei Kindern in Folge von Lärm scheinen keinen Einfluss auf die Bildungspolitik zu haben werden sie von den Verantwortlichen bewusst ignoriert? 7

5. Folgen Noch kann Kollegin M. den Lärm recht gut aushalten. Was sie nicht weiß: Auch Lärm, der nicht akut als Belastung empfunden wird, wirkt sich langfristig schädigend aus. In jüngeren Jahren kann der Rechner Hirn den Lärm scheinbar wegschalten er kommt jedoch durchaus im Kopf an. Evolutionär gab es nur wenig starke Geräusche (Donner, Wasserfall,...), die für den homo sapiens allesamt mit drohender Gefahr verbunden wurden d. h. für den Organismus ist Lärm gleichbedeutend mit Stress, auch wenn er nicht als solcher wahrgenommen wird. Der Organismus reagiert auf den Dauerstress Lärm (in der Schule) u. a. mit Erhöhung von Stresshormonen im Blutspiegel, Verengung von Blutgefäßen, Verringerung der Magen-Darm-Bewegung, verstärkter Magnesium-Ausscheidung und mit Stimmbandproblemen der Lehrkraft als Nebenprodukt. Kein Wunder, dass Lärm in allen bekannten bundesdeutschen Untersuchungen zur Lehrerbelastung unter den Hauptfaktoren genannt wird, oft an erster Stelle. 6. Maßnahmen Wie kann man dem allen entgegenwirken? 1. Lärm erst einmal bewusst wahrnehmen Wenn die Schule als zu laut empfunden wird, kann im Rahmen der jährlich stattfindenden Gefährdungsbeurteilung der arbeitsmedizinische Dienst (BAD) zu einer ersten Messung herangezogen werden! 2. Lärm in der Schule zum Thema machen Lehrerrat, Lehrerkonferenz und Sicherheitsbeauftragte an Schulen können sich damit befassen, wie das Schulklima lärmfreier wird. 3. Eltern zum Thema Lärm informieren Auch Eltern sofern informiert werden ein Interesse daran haben, dass ihre Kinder ungestört lernen können; Lärm ist ggf. ein Thema für die Schulkonferenz. 8

4. Gesundheitsschutz als Aufgabe des Personalrates Der Personalrat kann sich für die Kolleginnen und Kollegen einsetzen, das Thema Lärm auf die Tagesordnung der Arbeitsschutzausschüsse bringen, zum Gegenstand des Gesprächs mit der Dienststelle machen. 5. Lärmreduzierung an Schulen als Aufgabe der Kommunen Die verantwortlichen Politiker/innen der Kommunen zum Thema Lärm anschreiben, informieren und nicht aus der Pflicht lassen, für ein gesundes Lärmklima an unseren Schulen zu sorgen; eine raumakustische Sanierung oder Verbesserung der Raumakustik muss gar nicht so teuer sein. 6. Einladung des Schulträgers in die Schulkonferenz Schulen laden Fachleute und/oder politische Entscheidungsträger zum Thema Lärm in die Schule ein (oder am besten die GEW). Wichtig ist, den Lärm nicht als unabänderliche Begleiterscheinung des Schullebens hinzunehmen, sondern ihn aktiv zu bekämpfen! Weitere Maßnahmen zur Lärmreduzierung Bauliche Maßnahmen zur Lärmeindämmung sind in der Regel schwer durchsetzbar, da sie mit Kosten verbunden sind. Es gibt jedoch zahlreiche kostengünstige Sofortmaßnahmen. Hier eine kleine beispielhafte Auflistung von möglichen Maßnahmen für Lärmreduzierung. Maßnahmen im organisatorischen Bereich Regeln für das Verhalten in Fluren, Treppenhäusern, Pausenhallen usw. gemeinsam aufstellen; Filzunterkleber an Tischen und Stühlen anbringen; schrille Schulklingel durch Gong ersetzen; Einbringen von schallabsorbierenden Einrichtungsgegenständen (Blumen, Regale, Trennwände); 9

Wände verkleiden, Regale aufstellen, Decke mit Stoffbahnen abhängen; Meditationsräume einrichten; Ruhebereiche für Lehrkräfte und Schülerschaft schaffen; Pausen für Lehrkräfte ohne Schüler und Elterngespräche organisieren; zeitliche und räumliche Trennung zwischen den lärmerzeugenden Ereignissen und den Mitarbeitern vornehmen. Maßnahmen im pädagogischen Bereich Stoßlüftung statt Dauerlüftung zur Verringerung des Lärmeintrags von außen; langsames Sprechen zur Verbesserung der Sprachverständlichkeit; Verhaltenstechniken zum Hören und Zuhören üben; Lernprojekte zur Verbesserung des Sozialverhaltens durchführen; visuelle Hilfsmittel zur Lärmreduzierung einsetzen, z. B. die Lärmampel oder das Sound-Ear (Informationen dazu auf der GEW Homepage); Thematisierung von Lärm und Lärmwirkungen im Unterricht (Materialien bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA, kostenlos erhältlich); bei nachlassendem Konzentrationsvermögen Bewegungsübungen anbieten, möglichst nach jeweils 20 Minuten (siehe hierzu auch die Studie der Universität Bremen); Sprachtraining für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler anbieten; Reduzierung der Klassen- und Gruppengrößen; kleinere Klassenräume einrichten. Maßnahmen im personenbezogenen Bereich Gehörschutz, z. B. Stöpsel oder Kapseln tragen; arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in Lärmbereichen durchführen lassen. 10

B. Eine kleine Handreichung so könnte es in Schulen ablaufen 1. Hörprobleme/Befindlichkeitsstörungen bei Kolleginnen und Kollegen Die Kollegin/der Kollege sollte als erstes in die Gefährdungsanalyse der Schule Einsicht nehmen. Falls keine Gefährdungsbeurteilung vorliegt oder eine Einsicht verweigert wird, sollte sich die Kollegin/der Kollege mit dem Personalrat in Verbindung setzen, um festzustellen, ob hier eine Gefährdung in diesem Bereich festgehalten wurde. Es wäre durchaus möglich, dass der Schulträger bereits auf dieses Problem hingewiesen wurde und eine Sanierung ansteht. Ggf. auf einer erneuten Gefährdungsbeurteilung bestehen, die auch das Lärmempfinden erfasst. Die Befindlichkeitsstörung der Kollegin/des Kollegen sollte diese/dieser in einem Mängelbuch festhalten und zusammen mit der/dem Sicherheitsbeauftragten an der Schule der Schulleitung eine Vorgehensweise zur Behebung vorschlagen. In den meisten Fällen wird nur eine Lärmpegelmessung bei Unterrichtsgeschehen Erkenntnisse bringen. Diese Messung muss vom Arbeitgeber/Dienstherrn bzw. vom Schulträger veranlasst werden, sofern das Land ihm diese Aufgabe übertragen hat. Falls dies nicht erfolgt, muss der Betriebsarzt eingeschaltet und um Mithilfe gebeten werden. Der Arbeitsmedizinische Dienst kann ebenfalls solche Messungen veranlassen. Die zuständigen Stellen für die Durchführung der Messungen im Schulgebäude sind das Gesundheitsamt und die Unfallkasse (UK). 11

Falls die Kollegin/der Kollege bereits Erkrankungen wegen der Lärmbelastung hatte, sollte sie/er sich diese bei einem Mediziner attestieren lassen, mit Angabe des möglichen Grundes nach Auffassung des Arztes. Bei zu hoher Lärmbelastung in Unterrichtsräumen (Turnhallen, Musikräumen) besteht ebenfalls die Möglichkeit, nach Konsultation eines Arztes einen Antrag auf Kostenerstattung eines Gehörschutzes bei der Bezirksregierung einzureichen, denn das Land als Dienstherr hat für die Kosten des Arbeitsschutzes nach 3 Abs. 3 ArbSchG aufzukommen. Parallel dazu sollte der Personalrat mit allen Informationen versorgt werden, damit dieser die Fürsorgepflicht der Bezirksregierung für die Beschäftigten reklamiert. In vielen Fällen hat der Personalrat die Möglichkeit, über Initiativanträge gegenüber dem Arbeitgeber tätig zu werden. 2. Maßnahmen allgemeiner Art 1. Gefährdungsbeurteilung nach 5 ArSchG in Schulen durchführen und dokumentieren; 2. Gefährdungsbeurteilung analysieren Problembereich Lärm? 3. Fragebogen zur Einschätzung der Lärmbelastung einsetzen; 4. Auswertung der Befragung/Gefährdungsbeurteilung und Thematisierung auf der Lehrerkonferenz (mit Expertenunterstützung wie z. B. Fachkräfte für Arbeitssicherheit/Personalrat); 5. Messung des Lärmpegels (BAD oder UK, ev. auch das Gesundheitsamt zur Messung in die Schule holen); 6. Auswertung der Messergebnisse unter Berücksichtigung von: Richtwerten laut Arbeitsstättenverordnung; Nachhallzeiten laut DIN 18041; Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV, insbesondere 3 Abs. 1, Satz 6) vom 09.03.07; 12

arbeitmedizinischen Erkenntnissen der Lärmforschung (siehe Studien der BAuA); 7. Sanierung der Gebäude unter Berücksichtigung baurechtlicher Vorschriften, z. B. durch: schallabsorbierende Gestaltung von Decken und ggf. Wänden; Montage von Akustik-Paneelen; Demontage schallharter Flächen; Austausch alter Akustikdecken; 8. Zu den Maßnahmen nach 7 LärmVibrationsArbSchV Absatz 1 gehören insbesondere: alternative Arbeitsverfahren, welche die Exposition der Beschäftigten durch Lärm verringern; Auswahl und Einsatz neuer oder bereits vorhandener Arbeitsmittel unter dem vorrangigen Gesichtspunkt der Lärmminderung; die lärmmindernde Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze; technische Maßnahmen zur Luftschallminderung, beispielsweise durch Abschirmungen oder Kapselungen, und zur Körperschallminderung, beispielsweise durch Körperschalldämpfung oder -dämmung oder durch Körperschallisolierung; Wartungsprogramme für Arbeitsmittel, Arbeitsplätze und Anlagen; arbeitsorganisatorische Maßnahmen zur Lärmminderung durch Begrenzung von Dauer und Ausmaß der Exposition und Arbeitszeitpläne mit ausreichenden Zeiten ohne belastende Exposition; 9. Aufstellung eines Lärmminderungsprogramms ; 10. Als Unterstützung und weitere Informationen können z. B. herangezogen werden: Beispiele von lärmsanierten Schulen Hulda-Pankok-Gesamtschule Düsseldorf unter: http://www.hulda-pankok-gesamtschule.de Klassenzimmerpakete der Firma Ecophon unter: http://www.ecophon.de/templates/webproductsyst empage 2559.aspx. 13

Übrigens: Laut LärmVibrationsArbSchV, 11-13 muss bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Grenzwerte für eine Unterweisung durch den Arbeitgeber, für eine Beratung der Beschäftigten und für deren arbeitsmedizinische Vorsorge gesorgt werden. In vielen Schulen sieht es so aus: Dauerschallpegel Ist-Zustand Klassenraumunterricht: 55-65 db(a) Sport und Werken: 72-75 db(a) Pausen: >> 70 db(a) 8-Stunden-Messung: LAeq = 62,5 db(a) Soll-Zustand Innengeräuschpegel: LAeq = 30-35 db(a) Sprechpegel:: LAeq 60 db(a) (Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse Nr. 103) Beurteilungspegel: LAeq < 55 db(a) Arbeitsstättenverordnung 15 Nachhallzeit Ist-Zustand Soll-Zustand 0,6-1,5 Sekunden (in Abhängikeit von der Frequenz) 0,7 Sekunden DIN 180 41 (1968) 0,57 Sekunden DIN 180 41 (November 2003) Quelle: Lärm in einer Grundschule, Niedersächsischer Bildungsserver Anmerkung: Erfahrungsgemäß werden diese Werte jedoch häufig überschritten. 14

C. Lärm Gesetze, Vorschriften und Normen Es gibt in diesem Bereich eine ganze Reihe recht allgemein gehaltene gesetzliche Grundlagen, darüber hinaus technische Normen und gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse bezogen auf bestimmte Tätigkeiten. Zuletzt wurden durch die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung zwingende Vorgaben des europäischen Rechts in deutsches Recht umgesetzt. Bei der Umsetzung dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestehen noch erhebliche Defizite. 1. Gesetzliche Bestimmungen Der Personalrat hat eine wichtige Unterstützungsaufgabe und die Möglichkeit, auch für die Umsetzung von lärmreduzierenden Maßnahmen die Mitbestimmung gegenüber dem Arbeitgeber einzufordern. Zu nennen sind hier: Landespersonalvertretungsgesetz 64 Überwachungspflicht 72, 4 Mitbestimmungspflichtige Angelegen heiten 77 Bekämpfung von Unfall- und Gesund - heits gefahren Darüber hinaus haben das Land und die Schulleiterin bzw. der Schulleiter Fürsorgepflichten für das Kollegium. Dies bezieht sich auch auf den Schutz vor lärmbelastenden Einrichtungen. Hier greift sicherlich das Schulgesetz: Schulgesetz 59, 60 Verantwortung der Schulleitung, der Beauftragten 15

Der Arbeitgeber, d. h. das Land NRW und die Schulleiterin/ der Schulleiter als Vertreter dieses Arbeitgebers, hat die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes zu beachten. Hier ist u. a. festgehalten, dass eine Gefährdungsbeurteilung in der Schule durchgeführt und die Ergebnisse schriftlich dokumentiert werden. Dies bezieht sich auch auf Lärm und Nachhallzeiten. Generell besteht die Pflicht, Gefährdungen für die Gesundheit zu vermeiden bzw. soweit als möglich zu minimieren. Zu finden ist dies im: Arbeitsschutzgesetz 4 Allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes 5, 6 Beurteilung der Arbeitsbedingungen und deren Dokumentation 2. Arbeitsstättenverordnung von 2004 Eine Regelung findet sich in Anhang 3.7 ArbStättV. Dort wird u. a. ein Grenzwert von 85 db(a) genannt für Lärm, der zu Gehörschädigungen führt. Es ist aber auch Lärm zu vermeiden, der zu sonstigen gesundheitlichen Schädigungen und Fehlbeanspruchungen führt (d. h. auch unter 85 db(a)). Zu beachten sind hier gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse und der Stand der Technik und Arbeitsmedizin. So können auch hohe Schallpegel, die nur kurze Zeit auftreten, zu Erkrankungen führen bzw. ausreichen, dass bestimmte Tätigkeiten nicht ausgeführt werden können. In Räumen, in denen vorwiegend geistig gearbeitet wird, sollte ein Geräusch-Schallpegel von maximal 55 db(a) vorherrschen, wenn Sprechen vorherrscht nur 35 (s.u.) db(a). Der Unterschied zwischen dem Sprechpegel und dem Störgeräuschpegel (Schalldruckpegelabstand zwischen Nutz- und Störschall S/N) sollte 10-15 db(a) betragen. Wenn die gesprochene Sprache für die Hörer eine Fremdsprache ist, werden 15-20 db(a) Differenz empfohlen. Ein Sprechpegel von 60 db(a) wird als noch angenehm empfunden. 16

Lärmobergrenzen bei verschiedenen Tätigkeiten Der Stand der Lärmminderungstechnik hat seit den siebziger Jahren, als er zum ersten Mal in der damaligen Arbeitsstätten verordnung festgehalten wurde, erhebliche Fortschritte gemacht. Ein Ratgeber der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits medizin kommt deswegen zu deutlich niedrigeren Lärmgrenz werten für abgestufte Tätigkeiten. Sie sind sowohl in der Arbeitsstättenverordnung von 2004 also auch im Entwurf der Ver ordnung zu Lärm und Vibrationen nicht berücksichtigt, müssen aber mit bedacht werden. Tätigkeitsart Grenzwert nach anzu- (mit Beispielen, Raumart) Arbeitsstätten- strebende verordnung Werte in db(a) in db(a) Überwiegend geistige Tätigkeiten 55 35-45 (wiss. Arbeit, Lehre, Führen von Sitzungen/Verhandlungen, Software entwickeln, Arbeiten in Funkzentralen, ärztliches Operieren Einfache und überwiegend 70 45-55 Routinetätigkeiten in Büros und verleichbare Tätigkeiten, z. B. Arbeiten an Bildschirmgeräten, Buchen und Disponieren, Beobachtungs-, Steuerungstätigkeiten u. ä. Sonstige Tätigkeiten, z. B. Arbeiten 85 75-80 an/mit Wekzeug- oder Fertigungs- (Ausnahmefall 90) (Ausnahmemaschinen, Wartungs-, Instand- fall 85) setzungs-, Reinigungs-, u. Trans- Wert portmaschinen, handwerkliche nach BGV Arbeiten B3:80 Pausen-, Bereitschafts-, Liege- u. 55 Sanitätsräume Quelle: BAuA, Ratgeber zur Ermittlung gefährdungsbezogener Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb. Handbuch für Arbeitsschutzfachleute, 4. Auflage, Dortmund/Berlin 2004, download unter www.baua.de 17

HINWEIS: Diese Normen sollen allerdings lt. Arbeitgeber nicht uneingeschränkt auf Schulen übertragbar sein, da hier solche Schallpegel nicht während der gesamten Arbeitszeit vorherrschen! Dies ist arbeitsschutzrechtlich so nicht zutreffend. Die noch hinnehmbare Belastung mit Lärm hängt vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ab. Generell besteht die arbeitsschutzrechtliche Verpflichtung, Gefährdungen für die Gesundheit unter Berücksichtigung des Standes der Technik und der gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu vermeiden bzw. soweit als möglich zu minimieren. Ggf. sind bei hoher Belastung kompensierende Maßnahmen wie z. B. Lärmpausen angezeigt. Grundsätzlich hält das Arbeitsschutzrecht Lehrerinnen und Lehrer nicht für weniger schutzwürdig als andere Beschäftigte. Es ist damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit besondere vom BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) verkündete Technische Regeln über Lärm veröffentlicht werden. 3. Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung von 09.03.07 (Ersatz der GUV-VB 3, Unfallverhütungsvorschrift Lärm) 2 Begriffsbestimmung (1) Lärm im Sinne dieser Verordnung ist jeder Schall, der zu einer Beeinträchtigung des Hörvermögens oder zu einer sonstigen mittelbaren oder unmittelbaren Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten führen kann. 3 Gefährdungsbeurteilung (1) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Lärm oder Vibrationen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten. Ist dies der Fall, hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu beurteilen. Dazu hat er die auftretenden Expositionen am Arbeitsplatz zu ermitteln und zu bewerten. Der Arbeitgeber kann sich die notwendigen Informationen beim Hersteller oder 18

Inverkehrbringer von Arbeitsmitteln oder bei anderen ohne weiteres zugängliche Quellen beschaffen. Lässt sich die Einhaltung der Auslöse- und Expositionsgrenzwerte nicht sicher ermitteln, hat er den Umfang der Exposition durch Messungen nach 4 festzustellen. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festzulegen. (2) Die Gefährdungsbeurteilung nach Absatz 1 umfasst insbesondere bei Exposition der Beschäftigten durch Lärm a) Art, Ausmaß und Dauer der Exposition durch Lärm, b) die Auslösewerte nach 6 Satz 1 und die Expositions - werte nach 8 Abs. 2, c) die Verfügbarkeit alternativer Arbeitsmittel und Ausrüstungen, die zu einer geringeren Exposition der Beschäftigten führen (Substitutionsprüfung), d) Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie allgemein zugängliche, veröffentlichte Informationen hierzu, e) die zeitliche Ausdehnung der beruflichen Exposition über eine Achtstundenschicht hinaus, f) die Verfügbarkeit und Wirksamkeit von Gehörschutzmitteln, g) Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten, die besonders gefährdeten Gruppen angehören, und h) Herstellerangaben zu Lärmemissionen. 6 Auslösewerte bei Lärm Die Auslösewerte in Bezug auf den Tages-Lärmexpositions - pegel und den Spitzenschalldruckpegel betragen: 1. Obere Auslösewerte: L (tief) EX,8h = 85 db(a) beziehungsweise L (tief) pc,peak = 137 db(c), 2. Untere Auslösewerte: L (tief) EX,8h = 80 db(a) beziehungsweise L (tief) pc,peak =135 db(c). Bei der Anwendung der Auslösewerte wird die dämmende Wirkung eines persönlichen Gehörschutzes der Beschäftigten nicht berücksichtigt. 19

4. DIN 18041 DIN 18041 (für Sporthallen gilt die DIN 18032) ist als allgemein anerkannte Regel der Technik bei allen Neubauten, Umbauten und Sanierungen zu beachten. Für Gebäude, die vor Mai 2004 errichtet, umgebaut oder saniert wurden, war die Vorgängernorm DIN 18041 von Oktober 1968, die etwas höhere Werte zuließ, anzuwenden. Die rechtliche Verpflichtung zur Anwendung dieser Normen ergibt sich aus dem Arbeitsschutzgesetz, der Arbeitsstättenverordnung, dem Sozialgesetzbuch VII sowie der Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention GUV-VA1. In der Norm DIN 18041 werden in Abhängigkeit verschiedener Nutzungsarten und des Raumvolumens Sollwerte der Nachhallzeit angegeben. Unter Nachhallzeit versteht man das Zeitintervall, innerhalb dessen der Schalldruck in einem Raum bei plötzlichem Verstummen der Schallquelle auf den tausendsten Teil seines Anfangswerts abfällt. Die Nachhallzeit soll laut DIN 18041 in Klassenräumen (mit Schülerinnen und Schülern) 0,55 Sekunden betragen. 5. DIN EN ISO 11690 Teil 1 Auszug aus Abschnitt 7.1 der DIN EN ISO 11 690-1: Lärmminderungsziele sollten auf der Grundlage beruhen, dass Geräusche unter Berücksichtigung des technischen Fortschrittes, des Produktionsprozesses, der Arbeitsaufgaben und der Lärmminderungsmaßnahmen auf den niedrigsten möglichen Pegel reduziert werden müssen. Folgende in DIN EN ISO 11 690-1 empfohlenen Zielwerte sollten bei der Geräuschimmission bzw. -exposition nicht überschritten werden: a) in industriellen Arbeitsstätten: 80 db (A), b) für routinemäßige Büroarbeit: 55 db (A), c) für Tätigkeiten, die besondere Konzentration verlangen: 45 db (A). 20

6. Verbindliche Vorgaben (schulspezifische Vorgaben) die Landesbauordnung (BauONW) die Grundsätze für die Aufstellung von Raumprogrammen für allgemein bildende Schulen und Förderschulen, Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 19. Oktober 1995, BASS 10-21 Nr. 1 für Raumprogramme die Schulbaurichtlinie (SchulbauR) Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport vom 29.11.2000, BASS 10-21 Nr. 5 Sicherheit im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht, RdErl. des MSW vom 10.02.2007, BASS 18-29 Nr. 5 Brandschutztechnische Ausstattung und Verhalten in Schulen bei Bränden, Gem. RdErl. des IM und des MSW vom 19.5.2000, BASS 18-29 Nr. 1 Unfallverhütungsvorschrift GUV-VS1 Schulen vom 1.10.2003 DIN 58125 Schulbau-Bautechnische Anforderungen zur Verhütung von Unfällen vom Juli 2002 21

D. Wo steht das? Rechtliche Grundlagen: Arbeitsstättenverordnung 2004, vor allem Abschnitt 3.7 des Anhanges zu 3 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung 2004 EN 13501-1 Europäischer Nachfolgestandard der bisherigen nationalen Baustoffklassifizierung nach DIN 4102 Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 6. März 2007 DIN 18041, Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen, Neufassung, Vorabdruck einiger quantitativer Angaben; Fa. Saint Gobain/Ecophon 2004 Wichtige Links: http://www.fluesterndesklassenzimmer.de/ http://www.hulda-pankok-gesamtschule.de http://www.ecophon.de/templates/webproduct SystemPage 2559.aspx Weiterführende Literatur: Lärm in Bildungsstätten Ursachen und Minderung, Schönwälder, H.-G.; Berndt, J.; Ströver, F.; Tiesler, G.; Schriftenreihe der BauA; FB 1030 Bremerhaven 2004 2222

Hören in Schulen, Schick, A.; Klatte, M. u. a. Universität Oldenburg 2003 Die akustisch gestaltete Schule Auf der Suche nach dem guten Ton, Huber, L., Kahlert, J., Klatte, M. (Hg.) 2002, Göttingen. Vanden-hoeck & Ruprecht, ISBN 3-525-48002 Auswirkungen von Geräuschen mittlerer Intensität in Schule, Aus- und Weiterbildung, Sust, Ch., Lazarus, H., (Hrsg.): BAuA, Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse 103, NW-Verlag, Bremerhaven 1997 Akustische Maßnahmen in Klassenräumen Grundlagen für effizienten Unterricht, Oberdörster, M., Tiesler, G., 2. Akustik-Forum 2005, Stuttgart Gesundheitsfördernde Einflüsse auf das Leistungsvermögen im schulischen Unterricht, H. Schönwälder, G. Tiesler, F. Ströver, Studie der Universität Bremen, Januar 2008 Lärm eine Belastung im Schulalltag, BAD Broschüre Hilfen für die Praxis Auf den Internetseiten der GEW sind unter dem Stichpunkt Lärm zahlreiche Informationen eingestellt, die konkrete Hilfestellung geben können. Sie finden sie unter: www.gew-nrw.de von der Startseite aus unter Arbeits- und Gesundheitsschutz oder unter http://www.gew-nrw.de/recht/aug/recht_aug.cfm 23

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen Nünningstr. 11 45141 Essen Tel.: 0201/29 403-01 Verantwortlich: Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz (AGAG) Uschi Hagmann-Teiner Renate Boese Anne Ruffert Manfred Etscheid info@gew-nrw.de Februar 2009 Mit freundlicher Unterstützung von: Dr. Ulrich Faber