Beziehungsgestaltung in der Sozialen Arbeit dargestellt am Beispiel klinisch sozialarbeiterischer Berufspraxis Masterthesis im Studiengang M.A. Klinische Sozialarbeit Annegret Böhme / September 2009 Klinische Sozialarbeit: Psychosoziale Gesundheit - hard to reach?
Therapiebeziehung Eine gute Therapiebeziehung hat eine unmittelbar positive Auswirkung auf den Klienten, der sich in seinem Selbstwert gestärkt fühlt und sich mit erhöhtem Zutrauen mit seiner Lebenssituation auseinander setzt (vgl. Grawe, 1992) Beziehungsgestaltung und Therapieerfolg (Sachse, 2006, S.23) 1 I13
Sozialarbeiter-Klient-Beziehung Eine gute Beziehung zwischen Sozialarbeiter und Klient wird in der Sozialen Arbeit als entscheidende Voraussetzung für einen gelingenden Hilfeprozess betrachtet (vgl. Heiner, 2007) Beziehungsarbeit wird aber als nicht planbares Element eines methodisch reflektierten Handlungskonzeptes betrachtet (ebd.) Beziehungsgestaltung wird eher als rein intuitiv erlebt und verstanden (ebd.) Sozialarbeiter- Klient- Beziehung und das in ihr eingeschlossene Vertrauen werden in der Fachliteratur eher randständig behandelt (Arnold, 2003) 2 I13
Merkmale psychosozialer Fallarbeit Psychosoziale Fallarbeit geschieht unter der Prämisse des doppelten Fokus: Klient und seine soziale Situation werden als wechselseitige Beziehung erfasst (vgl. Geißler-Piltz, 2005) Ziel und Thema psychosozialer Beratung ist die Bewältigung lebenspraktischer, psychischer und psychosozialer Probleme (vgl. Kottler, 2004) Klinische Sozialarbeit umfasst Interventionen, die auf interpersonale Interaktion, intrapsychische Dynamiken sowie Lebensbezüge und Managementangelegenheiten ihren Blick richten (National Federation of Societies for Clinical Social Work, zit. nach Kottler, 2004) 3 I13
Forschungsinteresse Ziel: Durchleuchtung des Beziehungsbegriffs bezogen auf das Handlungsfeld der Klinischen Sozialarbeit, auf Basis persönlicher und berufspraktischer Erfahrungen und Einstellungen von SozialarbeiterInnen Befragung von Sozialarbeitern, wie sie mit dem täglich angewandten Medium der professionellen Beziehung arbeiten und ob dieses eine relevante Dimension für erfolgreiches sozialarbeiterisches Handeln einnimmt. 4 I13
Forschungsteil Methodik: qualitatives Vorgehen in Form einer induktivzusammenfassenden Inhaltsanalyse (Mayring, 2008), halbstrukturiertes Leitfadeninterview InterviewpartnerInnen: Befra gter Berufsabschluss tätig im Feld der Klinischen Sozialarbeit aktuelles Arbeitsfeld Zusatzqualifikation B1 Pädagogin M.A. 2003 Ambulante Erziehungshilfe system. Paar- u. Familientherapeutin B2 Diplom- Sozialpädgogin 2001 Ambulante Mutter-Kind- Betreuung B3 Diplom-Sozialpädgogin 2002 Ambulante Erziehungshilfe system. Paar- u. Familientherapeutin B4 Diplom- Sozialpädgoge 2001 Wohnungsnotfallhilfe M.A. Klinische Sozialarbeit keine 5 I13
Ergebnisse aus den Interviews Vertrauen herstellen - eine wesentliche Dimension Umgang mit der strukturellen Asymmetrie - die andere Dimension Kontinuum zwischen Hilfe und Kontrolle - Begrenzung Selbstreflexion - die Basis 6 I13
Erkenntnisse Vertrauen herstellen - eine wesentliche Dimension Vertrauen entscheidet über Art der Annahme der Unterstützung und Grad der Problembearbeitung partnerschaftliche Beziehungsgestaltung Aufbau von personalem Vertrauen (vgl. Sachse, 2006) Kompetenzvertrauen (ebd.) Aufbau von Vertrauen des Klienten zu sich selbst (ebd.) 7 I13
Erkenntnisse Drei-Phasen-Modell des Vertrauensaufbaus (Petermann, 1985, S.121) 8 I13
Erkenntnisse Umgang mit der strukturellen Asymmetrie - die andere Dimension Machtgefälle aufgrund der Berufsrolle und des offiziellen Arbeitsauftrags Rolle bestimmt Beziehungsgestaltung einseitige vertrauensfördernde Vorleistung und intensive Reflexion des Sozialarbeiters erforderlich je klarer und transparent der offizielle Auftrag, desto leichter mit Klientensystem in Kontakt 9 I13
Erkenntnisse Kontinuum zwischen Hilfe und Kontrolle - Begrenzung Gratwanderung zwischen Zurückhaltung und Einflussnahme (vgl. Heiner, 2007) Rollenpolarität fördert Dilemma zutage: Anwendung von Techniken und Interventionen, die die Beziehung und Vertrauensgrundlage zum Klienten gefährden (vgl. Arnold, 2003) Differenzierung der vertrauensorientierten Perspektive zugunsten der Abwehr von Gefährdungsmomenten sozialarbeiterisches Handeln wird deutlich durch offiziellen Auftrag begrenzt 10I13
Erkenntnisse Selbstreflexion - die Basis Selbstreflexion nimmt wesentliche Steuerungsfunktion für die Beziehungsgestaltung ein Spannungsfeld zwischen Akzeptanz und Grenzen, welches stetig reflektiert werden muss eigene Übertragungsprozesse berücksichtigen reflektierte Empathie (vgl. Heiner, 2007) bewusste Reflexion sichert das bestehen der Handlungsfähigkeit 11 I13
Implikationen für die Praxis Vertrauen schaffen können: Anwendung von Beziehungsmodellen und Modellen zum Vertrauensaufbau (Petermann, 1985) Diagnostische Kompetenz (Pole der Beziehungsgestaltung nach Heiner, 2007) Methodenkompetenz (z.b. kongruente Beziehungsgestaltung) mit Rollenpolarität bewusst umgehen: Fallsteuerung: Methoden- und Gesprächsführungskompetenzen Selbstreflexion und (Selbst)Differenzierungsarbeit (z.b. Focusing) Selbstreflexion: bewusste Hinwendung zu sich selbst: durch Supervision, kollegiale Beratung 12I13
Zitat zum Schluß Ich schau, dass ich das offenlege von Anfang an, also den Zwangskontext benenne. Und an die Klienten ein Stück zurück gebe, was wir jetzt mit der Situation machen. [Ich] erkläre die Situation und frage die Familie, wie können wir jetzt das beste daraus machen? (...)Und wie wir das am (...) Sinnvollsten gestalten können. 13I13