Höhentraining zur Steigerung der Ausdauerleistung Ein paar (höhen)physiologische Grundlagen in Tallage ARGE Sporttheorie AHS (Höhentraining im Zentrum Kühtai - live high, train low) Martin Faulhaber Kühtai, 27. Mai 2013 Physikalische Veränderungen in natürlicher Höhe (1) Temperatur Strahlung Luftdruck Sauerstoffteildruck Der prozentuelle Anteil von Sauerstoff (ca. 21 %) ändert sich nicht! Physikalische Veränderungen in natürlicher Höhe (2) Luftdruck in Tallage (0 m) 760 mmhg (1013 hpa) bei 21 % Sauerstoffanteil Sauerstoffteildruck p I O 2 = 160 mmhg (213 hpa) pro 100 Hm Abfall des Luftdrucks um ca. 1 % in ca. 5500 m p I O 2 = 80 mmhg (106 hpa) zusätzliche geographische und klimatische Luftdruckveränderungen!!! Definition Hypoxie Reduzierter Sauerstoffgehalt (Sauerstoffteildruck) in der Umgebungs-/Einatemluft durch: A) Reduzierung des Gesamtluftdrucks HYPOBARE HYPOXIE B) Reduzierung des relativen Sauerstoffanteils (bei gleichem Gesamtluftdruck) NORMOBARE HYPOXIE IN DER PRAXIS: Natürliche Höhe, Unterdruckkammern Hypoxiegeneratoren Höhenkammern und zelte, Masken (Rückatemsysteme) Rest (N 2...) O 2 Hypoxie: hypobar vs. normobar 79 % 21 % Gesamtluftdruck 760 mmhg 380 mmhg 760 mmhg ca. 5500 m 79 % 21 % 90 % 10 % Normoxie Hypobare H. Normobare H. 1
Hypoxie in der Praxis (Auswahl) Aufenthalte und/oder Training in der Höhe/in Hypoxie Höhenerkrankungen Ausdauerleistung Regeneration Infektanfälligkeit Maximale Herzfrequenz Muskelmasse etc. Höhentraining zur Steigerung der Ausdauerleistung in Tallage??? Höhenerkrankungen: Akute Bergkrankheit (AMS) Leistungsfähigkeit bei akuter Höhenexposition Mairer et al. High Alt Med Biol 2009 (Milde) AMS Symptomatik: Kopfschmerzen + Übelkeit, Erbrechen, Abgeschlagenheit, Schlaflosigkeit etc. Wohlbefinden Training Regeneration Schnelligkeit, Maximalkraft, anaerobe Kraftausdauer nicht beeinflusst Aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit (maximal und submaximal) höhenabhängig reduziert im Training bei gleicher absoluter Intensität höhere Beanspruchung des Sportlers absolute Trainingsintensität bei gleicher Beanspruchung Individuell sehr große Unterschiede!!! Höhenbedingte Abnahme der Ausdauerleistungsfähigkeit Konsequenzen für das Training in der Höhe Ausdauerleistung VO 2 max: ca. 1% pro 100 Hm über 1500 m, Ausnahmen! Geringere absolute Trainingsintensitäten (z.b. Laufgeschwindigkeit) bei gleicher relativer Intensität Höhere Belastungsreaktionen (Hf, La) bei gleicher absoluter Intensität Höhere relative Trainingsintensitäten bei gleichen Bewegungsgeschwindigkeiten 2
Abnahme der Sauerstoffsättigung mit zunehmender Höhe 100 98 96 94 92 90 88 86 84 Höhenakklimatisation äußerst komplexer Vorgang ventilatorisch, hämatologisch, kardiovaskulär, metabolisch, autonom, kognitiv, Einzelprozesse laufen zeitlich versetzt ab Inter-Individualität sehr groß SaO2 (%) 82 80 78 76 74 72 70 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 hypobar normobar zielt darauf ab, ein Überleben in der jeweiligen Höhe zu ermöglichen bzw. zu erleichtern Führt nicht unbedingt zu Anpassungen, die sich der Sportler wünscht!!! Akklimatisationsprozesse Hyperventilation Sauerstoffsättigung (renale Kompensation) Plasmavolumen [Hb] und Hämatokrit 2,3-Diphosphoglycerat (2,3-DPG) in den Erythrozyten verbesserte O 2 -Abgabe Erythropoietin Erythrozytenneubildung Gesamthämoglobinmasse Bei langen Aufenthalten in großen Höhen: Muskelmasse, oxidative Kapazität Hämoglobinkonzentration vs. Gesamthämoglobinmasse Hämoglobin: Aufgabe(n)? Hämoglobinkonzentration (Hb) Hämatokrit (Hkt) Gesamthämoglobinmasse (total Hb mass ) Bestimmung? Beeinflussung? Auswirkungen? Höhentraining : Ziele und Einsatzbereiche Leistungssteigerung in Tallage: Wodurch? leistungsorientiert Vorbereitung auf Höhenunternehmungen Leistungssteigerung in der Höhe (Wettkampfvorbereitung) Leistungssteigerung in Tallage gesundheitsorientiert Prävention und Therapie von Erkrankungen Anpassungen an Hypoxie leistungsfördernd in Tallage und / oder Training in Hypoxie höhere Trainingsreize optimierte Trainingsanpassungen Hochleitungssport Topathleten 3
Höhentrainingskonzepte Klassisches Höhentraining Live high train high Live low train high Intermittierende Hypoxieexpositionen Live high train high Klassisches Höhentraining Aufenthalt und Training in mittlerer Höhe (1800 2300 m) über 1-4 Wochen Leistungsverbesserung bis zu gut Trainierten Bei Hochleistungssportlern? (-) Probleme: muskuläres Remodelling durch verminderte absolute Trainingsintensitäten, verschlechterte Trainingsmöglichkeiten Infekte, Live low train high (Teilweises) Training unter natürlicher oder künstlicher Hypoxie (2500-3500 (5000m)) Grundgedanke: kurze intensive Trainingsreize in Hypoxie setzen, lange Hypoxieexpositionen vermeiden, optimale Regeneration, v.a. muskuläre Anpassungen (Mitochondrien, etc.) keine systemischen Anpassungen Leistungssteigerung bei hochtrainierten Ausdauerathleten fraglich Eventuell anaerobe Kapazität Anwendung oftmals logistisch bedingt Aufenthalt über Wochen in der Höhe (2000-2500 m), Training / intensive Teile des Trainings in Tallage Grundgedanke: Ausnutzen der Akklimatisationseffekte, dennoch hohe Bewegungsgeschwindigkeiten im Training (Bisher) einziger Ansatz, der auch bei hochtrainierten Ausdauersportlern Erfolge zeigen konnte ( 1%) Nachteil: geographische Gegebenheiten nötig, z.b. Kühtai Beispielstudie 1 Ergebnisse: VO 2 max Live high train low Beispielstudie 1 5000m-Zeit n=39 Levine BD, Stray-Gundersen J. Living high-training low : effect of moderate-altitude acclimatization with low-altitude training on performance. J Appl Physiol 1997. Levine BD, Stray-Gundersen J. Living high-training low : effect of moderate-altitude acclimatization with low-altitude training on performance. J Appl Physiol 1997. 4
Beispielstudie 2 Beispielstudie 2 22 Läufer (VO 2 max 73 ml/min/kg) 3 Gruppen: 20 Tage a) live high (2000-3100m) - train low (600m) b) live moderate train moderate (1500-2000m) c) live low train low (600 m) Bestimmung der Laufökonomie (VO 2 bei 14, 16 und 18 km/h) Bestimmung des Gesamt-Hb VE, RER, HR, La Hbmass Keine Korrelation zwischen Veränderungen Laufökonomie - Hb-Masse Saunders et al. J Appl Physiol 2004. Saunders et al. J Appl Physiol 2004. : Mögliche Wirkungsmechanismen Levine and Stray-Gundersen Reproduzierbarkeit der Anpassungen durch Höhentraining (1) Hochtrainierte Läufer, kontrolliertes Design 2 x 3 Wochen live high - train low (simulierte Höhe 3000 m) Performance, VO 2 max, Laufökonomie, Gesamt-Hb Reproduzierbarkeit? Gore and Hopkins Robertson et al. Med Sci Sports Exerc 2010 Reproduzierbarkeit der Anpassungen durch Höhentraining (2) : Aktuelle Studienergebnisse (1) Doppelblindstudie: 4-wöchiges Höhentraining live high (16 h /Tag, 3000 m) - train low Schlussfolgerung??? Robertson et al. Med Sci Sports Exerc 2010 VO 2 max und Time-trial-performance Hb mass (bei 50 % ) Athleten mit Hb mass kein Anstieg der VO 2 max Keine Veränderung der Bewegungsökonomie Keine muskulären Veränderungen Robach et al. Br J Sports Med 2012 5
: Aktuelle Studienergebnisse (2) Intermittierende Hypoxie (IH) Grundgedanken: Dauer der Hypoxieexpositionen minimieren Unabhängigkeit von geographischen Gegebenheiten Training möglichst nicht beeinflussen Kurze Expositionszeiten in stärkerer Hypoxie (z.b. entsprechend 4500m) Lundby et al. Br J Sports Med 2012 Intermittierende Hypoxie und Bewegungsökonomie (1) Laufökonomie und 3000m-zeit? Intermittierende Hypoxie: passiv 14 aufeinanderfolgende Tage jeweils 3 Std. ca. 4300 m Intermittierende Hypoxie und Bewegungsökonomie (2) 1 = Pre-test zu Re-test 1 2 = Pre-test zu Re-test 2 3 = Pre-test zu Re-test 3 3000 m-zeit ( ) (p=0,06) in der Hypoxiegruppe Katayama K, et al. Eur J Appl Physiol 2004 (Burtscher et al. Int J Sports Med 2010) Probleme / Schwierigkeiten wissenschaftlicher Forschung bei Topathleten Stichprobengröße Zu erwartende Verbesserungen gering (Tag-zu-Tag-Variabilität) Compliance der Probanden Individuelle Unterschiede bezüglich: - leistungslimitierender Faktoren - Reaktionen auf Hypoxieexposition Trainingslagereffekte : Zusammenfassung Robustester Ansatz für eine Leistungssteigerung in Tallage bei Ausdauersportlern Hämatologische Veränderungen und Steigerung der VO 2 max (im Mittel) recht gut reproduzierbar Veränderungen in der Laufökonomie und eine etwaige Leistungsverbesserung von vielen weiteren Faktoren abhängig (Training?) Allerdings: aktuelle Studien machen auch diesen Ansatz fraglich Empfehlung: ca. 400 h (ca. 4 Wochen) auf 2000 2500 m wohnen Individuelle Unterschiede Responder - Nonresponder 6
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 7