Literatur Phonologie VII noch mehr Merkmalshierarchie Féry, C. (2010) Phonologie des Deutschen. Eine optimalitätstheoretische Einführung. http://web.unifrankfurt.de/fb10/fery/teaching.html/phonologie ganz.pdf - Kapitel IV und V Gerrit Kentner 1 / 20 1 / 20 Heute: Merkmalsassoziation über Segmentgrenzen Phonologie VII mehr zur Merkmalsgeometrie Die Silbe als Domäne für phonologische Prozesse Lernziele: 1. weitere Argumente für und Darstellung von hierarchischer Merkmalsorganisation 2. Analyse silbenbasierte Prozesse nochmal türkische Vokalharmonie /adam+ler/ zugrundeliegend /a m l E/ Segmentpositionen V C C V Vokal-Spezifikation +hinten +hinten Oberklassenmerkmale kons/ +son +kons/ +son +kons/ +son kons/ +son C-Ort +lab +kor nasal + nas nas Laryngal (adamlar) 2 / 20 3 / 20
Merkmalsassoziation über Segmentgrenzen Merkmalsassoziation über Segmentgrenzen Assimilation im Kimatuumbi Sg Pl Sg Pl lubau mbau Rippe lwa:mbo na:mbo Perle lwimo nimo Acker lugoloka Ngoloka gerade ludzingaja ndzingaja? lula:la nda:la Pfeffer lupala:i mbala:i Glatze lute:la nde:la Holz lutswitswi ndzwitswi Tomate lukiligo Ngiligo Festplatz lukili Ngili Palme 1. Regressive Ortsassimilation bei Nasalen (sehr häufig in den Sprachen der Welt) 2. Stimmhaftigkeitsprozeß (progressive Stimmhaftigkeitsassimilation) Regressive Ortsassimilation bei Nasalen progressive Stimmhaftigkeitsassimilation /N+pala:i/ [mbala:i] zugrundeliegend /# n p a Segmentpositionen C C V Vokal-Spezifikation +tief Oberklassenmerkmale +kons/ +son +kons/ son kons/ +son C-Ort +kor +lab +lab nasal + Laryngal +sth sth +sth 4 / 20 5 / 20 Merkmalsgeometrie Merkmalsgeometrie Der Formalismus der Merkmalsgeometrie erlaubt spezifischere Vorhersagen, als die Regelformulierung. Theoretisch wäre es denkbar, folgende Regel zu Formulieren: C [+ lab ] / V [+gespannt] C So eine Regel sieht wohlgeformt aus, tatsächlich wird es aber keine Sprache geben, die verlangt, dass ein Konsonant labial sein muss, wenn er auf eine Sequenz von gespanntem Vokal und Konsonant folgt. In der Regel beeinflussen sich Gespanntheissmerkmale von Vokalen und Ortsmerkmale von Konsonanten nicht. In der Merkmalsgeometrie lässt sich zeigen, dass Assimilation jeweils nur a) voneinander abhängige und b) benachbarte Domänen betrifft. Z.B. beeinflusst die Stimmhaftigkeit eines Segments die Stimmhaftigkeit eines benachbarten Segments. Im Fall der Vokalharmonie (s.o.) sind zwar nicht direkt benachbarte Segmente betroffen, aber Segmente, deren Vokalspezifikationen direkt benachbart sind (die zwischen den Vokalen liegenden Konsonanten haben keine V-Spezifikation!!). Damit kann man die Vorhersage machen, dass Vokalharmonie alle betreffenden Vokale der relevanten Domäne betrifft kein Segment mit V-Spezifikation sollte immun sein. Ebenso sollte ein Ortsassimilationsprozess nicht über Segmente hinweg stattfinden, die für einen anderen Ort spezifiziert sind. 6 / 20 7 / 20
Mögliche und unmögliche Prozesse Mögliche und unmögliche Prozesse eine mögliche Sprache Sg Pl vilat zvilat Rippe bligu zbligu Acker pledo spledo Halm batu zbatu Glatze nupik znupik Tomate pinak spinak Palme kefe skefe Frage teke steke Hirn Pluralmorphem erbt das Stimmhaftigkeitsmerkmal des Folgekonsonanten. /S+bligu/ [zbligu] /S+pedo/ [spedo] zugrundeliegend /S b l Segmentpositionen C C C Oberklassenmerkmale +kons son +kons son +kons +son C-Ort +kor +lab +kor kont + + Laryngal +sth +sth 8 / 20 9 / 20 Ein unmöglicher Prozeß Ein unmöglicher Prozeß Sg Pl vilat zvilat Rippe bligu zbligu Acker pledo zpledo Halm batu sbatu Glatze nupik snupik Tomate pinak zpinak Palme kefe skefe Frage teke steke Hirn Pluralmorphem erbt Stimmhaftigkeitsmerkmal des übernächsten Konsonanten der Basis. Eine Merkmalsvererbung über ein Segment hinweg, das für das betreffende Merkmal spezifiziert ist, sollte es nicht geben!! Pluralmorphem erbt das Stimmhaftigkeitsmerkmal des übernächsten Konsonanten. /S+kefe/ [skefe] /S+pledo/ [zpledo] zugrundeliegend /S p l Segmentpositionen C C C Oberklassenmerkmale +kons son +kons son +kons +son C-Ort +kor +lab +kor kont + + Laryngal +sth sth +sth 10 / 20 11 / 20
Merkmalshierarchie Das Konzept der Klassenknoten (Oberklassen, nasaler KK, laryngaler KK, C-Ort) ermöglicht die hierarchische Darstellung der Merkmale. Assimilationsprozesse sind so gut analysierbar und man kann Vorhersagen über mögliche und unmögliche Prozesse machen. Die Silbe als Domäne: Manche phonologischen Phänomene haben die Silbe als Domäne, so z.b. die Betonung, die oft ganzen Silben zugewiesen wird, und die Tonzuweisung in Tonsprachen, die ebenfalls ganze Silben betrifft. Fürs Deutsche gilt: Auslautverhärtung (am Silbenende) Aspiration von Plosiven (am Anfang einer betonten Silbe) Panne [p h an@]; Spanne [Span@] Phonotaktische Regeln: [nf], [lf]... sind mögliche Konsonantenabfolge am rechten Silbenrand, aber nicht am linken. 12 / 20 13 / 20 Wortspiele betreffen oft bestimmte Konstituenten der Silbe (1) a. Mund Mulewund b. Apfel Alewapfelewel c. Haus Haulewaus d. Krume Krulewumelewe e. Banane Balewanalewanelewe Alewapfelewel Häufig erzeugen phonologische Prozesse wohlgeformte Silben: Viele Sprachen haben nur wenige erlaubte Silbenstrukturen. Um die erlaubte Silbenstrukturen zu gewährleisten, können unterschiedliche phonologische Prozesse applizieren. Vokalepenthese Vokaltilgung Approximierung von Vokalen Konsonantenepenthese Konsonantentilgung 14 / 20 15 / 20
Fula......erlaubt keine komplexen Silbenansätze Indikativ Kausativ hula hulna lachen jara jarna trinken woja wojna weinen dzu:la dzu:lna Muslim sein wurto wurtina herauskommen wudz:a wudz:ina stehlen jot:o jot:ina ankommen Englisch: Eine Folge von zwei Sibilanten ([s] [z] [S] [ts] [dz] [Z]) ist im Silbenauslaut nicht möglich. (2) a. book: [buk - buks] b. clutch: [kl2ts - kl2tsiz] c. tree: [tôi: - tôi:z] d. bus: [b2s - b2siz] e. pen: [pen - penz] 16 / 20 17 / 20 Im Yawelmami gibt es Verben mit der zugrundeliegenden Segmentabfolge /CVC/ und /CVVC/. Die Silbe hat höchstens 3 Segmentpositionen zur Verfügung, einen Ansatz und zwei Reimsegmente ( [CVX] wobei X ein Vokal- oder Konsonantsegment sein kann). Non-future Imperativ Dubitatativ Aorist Passiv /xat/ xathin xatka xatal xatit essen /dos/ doshin dosko do:sol do:sit berichten /sa:p/ saphin sapka sa:pal sa:pit brennen /wo:n/ wonhin wonko wo:nol wo:nit verstecken Kimatuumbi erlaubt keine Abfolgen von drei Vokalsegmenten mi-ka:te Blätter mj-o:to Feuer [pl] li-kunu:nda Bier lj-o:wa Bienenstock ki-kala:ngo Pfanne kj-u:la Frosch i-kala:ngo Pfannen j-u:la Frösche lu-to:ndwa Stern lw-a:te Banana hand??? ku-su:le zur Schule kw-i:siwa zur Insel mu-kikala:ngo in der Pfanne mw-i:kala:ngo in den Pfannen 18 / 20 19 / 20
Konsonantenepenthese oder Approximierung von Vokalen Das Deutsche vermeidet ansatzlose betonten Silben Wie wird die Vokalabfolge realisiert? (3) a. Boa b. Oase c. Theobald d. Theoderich e. Liliane f. Liane g. Beurlaubung h. Kilian i. Bea j. Beamter k. Julia l. Juliane 20 / 20