Die 2010 European Resuscitation Councils (ERC) Leitlinien zur Cardiopulmonalen Reanimation (CPR) Prof. Dr. Robert Greif, MME Leiter Peripherer Operationsbereich, Leiter Medizinische Lehre ERC Educational Advisory Group, Instructor & Educator Development Universitätsklinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie
Conflict of Interest keine Ich bin nur an besserem CPR-Outcome und CPR-Unterricht interessiert Voraussetzung heute: Wissen um CPR Leitlinien 2005 Vortrag heute: bietet Einblicke leider keinen Veränderungen Wissen & Anwendung der 2010 CPR-Leitlinien benötigt Studium der Unterlagen & praktisches Üben 2/31
Inhalte der 2010 ERC Leitlinien CPR in 9 Kapitel 1. Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Erwachsener & Verwendung von AEDs 2. Elektrische Therapie 3. Erweiterte Reanimationsmaßnahmen für Erwachsene 4. Management des akuten Koronarsyndroms 5. Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern 6. Wiederbelebung von Neugeborenen 7. Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen 8. Prinzipien des Trainings der Wiederbelebung 9. Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende 3/31
Vortragsüberblick Warum neue Leitlinien 2010? Basismaßnahmen Erwachsene (BLS/ AED) Erweiterte Reanimationsmaßnahmen Erwachsene (ALS) Post-Resuscitation Care CPR bei Kindern Ausbildung Zusammenfassung und Ausblick Lernziel heute: Kennenlernen der Änderungen mit 2010 CPR- Guidelines, ohne Fokus auf spezielle Umstände 4/31
Warum neue Leitlinien 2010? In Europa ca. 500.000 Menschen/Jahr plötzlichen Herztod Ersthelfer Wiederbelebung 2-3 x Überleben aber heute nur bei jedem 5. Kreislaufstillstand CPR geleistet. Ziel ERC = Ersthelfer Häufigkeit - 100.000 Leben retten in EU International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) publiziert International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation (CPR) and Emergency Cardiovascular Care (ECC) Science with Treatment Recommendation (CoSTR) alle 5 Jahre = Basis für American Heart Association (AHA) & ERC CPR-Leitlinien Deutschsprachiger Raum: Deutscher Rat für Wiederbelebung (GRC) & Austrian Resuscitation Council (ARC) ERC autorisierter Fassung, gültig auch in Schweiz (SRC) & Italien (IRC) 5/31
CPR Leitlinien 2010 des ERC Guidelines: - systematisch entwickelte Aussagen - unterstützen Entscheidungsfindung und - fördern Transparenz der medizinischen Entscheidungen - entbinden Ärzte nicht von der Überprüfung der individuellen Anwendbarkeit im konkreten Fall Ziel = angemessene gesundheitsbezogene Versorgung in spezifischen klinischen Situationen CPR Leitlinien 2010 des ERC nicht der einzige Weg, wie reanimiert werden kann - repräsentieren weithin akzeptierte Sicht, sicherer und wirkungsvoller CPR. 6/31
Basic Life Support (BLS) Leitstellendisponenten schulen - nach vorgegebenen Abfrageprotokollen Situation erheben (Bewusstlosigkeit, Schnappatmung = CPR) Ersthelfer: Erkennt Atemstillstand - umgehend Start Herzdruckmassage Jeder Helfer, ob ausgebildet oder nicht, muss bei Kreislaufstillstand Herzdruckmassage durchführen Kompressionstiefe mind. 5cm (max. 6) Druckfrequenz von mind. 100/ min (max 120) Minimale Unterbrechungen der Herzdruckmassage 7/31
Basic Life Support (BLS) Trainierte Helfer - Herzdruckmassage zu Beatmung im Verhältnis 30 : 2 2 Beatmungen in 5 sec. Untrainierte Helfer telefonisch zur ausschließlichen Herzdruckmassage anleiten (compression only CPR) Ununterbrochene Herzdruckmassage mit AED bei anlegen & laden, sofortige Wiederaufnahme nach Schock Förderung von Geräten mit Benutzerführung/ Feedback 8/31
Basic Life Support (BLS) 9/31
Basic Life Support AED AED frühzeitig herbeiholen & einsetzen Keine Reaktion? Um Hilfe rufen Professionelle Helfer beginnt Herzdruckmassage, schnellstmögliche Rhythmusanalyse Indikation für Defibrillation Während Defibrillator laden - Herzdruckmassage fortführen Atemwege freimachen Keine normale Atmung? Kardiopulmonale Reanimation (CPR) 30:2 bis AED angeschlossen AED holen (lassen) Notruf 112* Pausen vor & nach Schock minimiert Routinemäßige Basisreanimation 2-3 Minuten vor Rhythmusanalyse & Schock - nicht mehr empfohlen! Schock empfohlen Beurteilung des Rhythmus durch AED Kein Schock empfohlen bei VF/VT z.b. während perkutaner koronarer Intervention - ev. bis zu 3 schnell Schocks hintereinander Programme & Stationierung von AEDs in Öffentlichkeit massiv empfohlen 1 Schock Sofort weiterführen: CPR 30:2 2 Minuten Fortfahren, bis der Patient beginnt aufzuwachen: sich bewegt, die Augen öffnet und normal atmet Sofort weiterführen: CPR 30:2 2 Minuten 10/31
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Erweiterte Reanimationsmaßnahmen Erwachsene (ALS) Nutzen von Frühwarnsystemen wird betont unbeobachteter/ beobachteter Kreislaufstillstand keine unterschiedlichen Handlungsabläufe! Keine 2 min Thoraxkompression vor 1. Schock Thoraxkompressionen ausschließlich für spezifische Maßnahmen unterbrochen! Nicht durch Laden des Defibrillators Bedeutung - präkordialen Faustschlags geringer keine Pharmaka über Endotrachealtubus Alternativ zu i.v.-zugang = intraossärer Zugang Kreislaufstillstand mit VF/VT Adrenalin nach 3. Schock, dann alle 3 bis 5 Minuten. Atropin nicht mehr Routine bei Asystolie/ PEA 13/31
Erweiterte Reanimationsmaßnahmen Erwachsene (ALS) weniger Gewicht auf frühe endotracheale Intubation, ausser sehr erfahrener Helfer intubiert mit min. Unterbrechung der Herzdruckmassage Intubation bleibt erfahrenen Helfern vorbehalten, alternative Atemwegshilfen einsetzen Kapnographie sichert korrekte Tubuslage und früher Indikator für ROSC Hyperoxämie nach ROSC = möglicherweise schädlich (Ziel-SaO 2 94 98%) Zusätzliche Nutzen primären koronaren Intervention bei entsprechenden Patienten mit andauerndem ROSC nach Kreislaufstillstand Therapeutische Hypothermie starten bei allen komatösen Überlebenden, unabhängig vom initialen Rhythmus 14/31
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Vortragsüberblick Warum neue Leitlinien 2010? Basismaßnahmen Erwachsene (BLS/ AED) Erweiterte Reanimationsmaßnahmen Erwachsene (ALS) Post-Resuscitation Care CPR bei Kindern Ausbildung Zusammenfassung und Ausblick 16/31
Post-Resuscitation Care Möglicher Schaden durch zu hohe O 2 -Konzentrationen nach ROSC arterielle Sauerstoffsättigung (SaO 2 ) auf 94-98% titrieren Behandlung des Post-Kreislaufstillstands-Syndroms Umfassende & strukturierte Post-Reanimations-Behandlungsprotokolle einführen verbessern Überleben nach ROSC verstärkte Durchführung primärer perkutanen Koronarintervention (komatösen Patienten mit anhaltenden ROSC) Kontrollierte Beatmung bei eingeschränkter Hirnfunktion, Magensonde Ausreichende Sedierung, möglichst keine Relaxation Blutzucker-Kontrolle: >10 mmol/l (>180 mg/dl) behandeln, Hypoglykämie jedoch vermeiden 17/31
Post-Resuscitation Care Therapie therapeutische Hypothermie bei allen Überlebenden Outcome-Prädiktoren bei Koma unzuverlässig (Hypothermie) Adrenalin: nach ROSC nur 50 100 μg Amiodaron: hämodynamisch instabilen Tachyarrhythmien Magnesium: Tachykardie & Mg 2+, Torsade de pointes, Digoxin Puffer nur nach BGA: bedrohlicher K +, trizyklische Antidepressiva Intoxikation Thrombolyse Sedierung: Hypothermie Krampfkontrolle (Krämpfe bei ca.10 %) - CT Clonazepam < Phenytoin < Valproat < Propofol/ Barbiturat 18/31
Tachykardie 19/31
Bradykardie 20/31
Acute Coronare Syndrom (ACS) Prähospitale EKG + Interpretation (evtl. Übertragung) = muss Voranmelden & Umgehen kleinerer Klinik: PCI bei STEMI um Zeitfenster einzuhalten PCI bei STEMI < 12 h Symptomdauer anderenfalls Lyse falls keine Kontraindikationen akzeptabler Zeitverlust PCI vs. Lyse variabel (40min - >180min) abhängig von: Symptomdauer (< 2 3 hrs) Alter >< 65 Jahre Infarktlokalisation (VWI vs nicht VWI) Ultima Ratio Lyse sinnlos! 21/31
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ACS: Medikamente Morphin 3-5 mg wiederholt bis Schmerzfreiheit Nitro 0,4 mg (max 1,2 mg) sl bei RR >90 mmhg O 2 nur bei Luftnot, Lungenstauung oder Sättigung <92% keine Routine-ß-Blocker prähospital ASS 160-325 mg po. oder iv. so früh wie möglich, auch durch nicht-ärztliches Personal (Cave echte Allergie) adjuvante antithrombozytäre Therapie Clopidogrel Prasugrel Gp IIb/IIIa Rezeptor Blocker nicht prähospital, nur während PCI 23/31
ACS-Basistherapie 24/31
CPR bei Kindern Entscheidung zur Reanimation soll in 10 sek fallen, nicht Puls suchen, sondern Lebenszeichen (Puls tasten erlaubt) Laien Einhelfer - 30 Kompressionen : 2 Beatmungen Professionelle Helfer - 15:2 wenn möglich Minimale no-flow-zeit, Frequenz min. 100/min (max. 120/min) Kompressionstiefe ⅓ des Thorax AED sicher ab 12 Mt (Kinder Pads, 50-75J), Adult-AED auch erlaubt Während Aufkleben und Laden Thoraxkompression Ein-Schock Strategie, 4J/kg Kapnographie, O 2 titrieren nach Spontankreislauf, Implementierung von innerklinischen Notfallteams wie bei Erwachsenen vorteilhaft 25/31
Ausbildung - ILCOR Schlüsselpunkte 2010 Ziel ist, Fertigkeiten & Wissen erwerben & behalten, um einen Kreislaufstillstand korrekt zu behandeln & Ergebnis für Patienten zu verbessern Kurze Video/Computer Kurse (Eigenstudium, minimaler Anleitung durch Ausbilder, mit hands on Übungen) effektive Alternative zu traditionellen BLS/ AED-Kursen Ideal alle Bürger in Standard-CPR (Herzdruckmassage & Beatmung) ausgebildet ausschließliches Herzdruckmassage Training sinnvoll (gelegentliches, sehr begrenzte Zeit). Compression-only CPR Ausgebildete sollen Standard-CPR lernen 26/31
Ausbildung - ILCOR Schlüsselpunkte 2010 Kenntnisse & Fertigkeiten BLS & ALS in 3-6 Mt. Überprüfung zeigt, wer Auffrischungstraining benötigt Hilfsmittel (CPR Kommandos, Feedback) verbessern Lernen & Behalten im Training von Laien und professionellen Helfern Nicht-technische Fähigkeiten (Führungsqualität, Teamarbeit, Prozesssteuerung, strukturierte Kommunikation) verbessern Reanimationsqualität & Patientenversorgung Teambesprechung vor (briefing) & Nachbesprechungen (debriefing) nach simulierter oder realer Reanimation verbessern Teamleistung & individuelle Fähigkeiten 27/31
Zusammenfassung 1. Schlüssel = Herzdruckmassage - verbessert Überlebenschancen des Patienten 2. Wenn der Patient nicht antwortet oder reagiert, dann drücken Sie mitten auf die Brust, & zwar min. 5 cm tief, min. 100-mal pro Minute! 3. Schnell und tief drücken, & sofort beginnen! 4. Ausgebildete Notfallzeugen kombinieren Herzdruckmassage mit Mund-zu-Mund-Beatmung (30 Kompressionen folgen 2 Beatmungen) 28/31
Zusammenfassung 5. 2. Schwerpunkt = automatisierten externen Defibrillators (AED) an vielen öffentlichen Plätzen & zu Hause 6. frühe Defibrillation kann - kombiniert mit Herzdruckmassage - Leben retten 7. therapeutische Hypothermie (32-34 C) nach Kreislaufstillstand für 12-24 Stunden erhöht Chance auf Überleben ohne Hirnschaden 29/31
Aufgaben für Sie & für Luxemburg Luxembourg Resuscitation Council (LRC) muss Führung im Roll-out der ERC Guidelines 2010 übernehmen Fachgesellschaften, Berufsverbände, Rettungsorganisationen Refresher 2010 Praxiskurse anbieten Laienkurse in BLS sind Schlüssel für verbessertes Überleben nach Kreislaufstillstand landesweite Kampagne (selbst-lern Hands-on Programme sind effektiv mit Multiplikatoreffekt) Ziel ist 1000 überlebende Luxemburger mehr pro Jahr 30/31
Ausblick Die Schlüsselfaktoren der neuen ERC-Leitlinien Reanimation 2010 - umgehend begonnene tiefe Herzdruckmassage - frühe Defibrillation - therapeutische Kühlung können 100.000 Leben/Jahr in Europa retten, wenn sich alle, Laien & professionelle Helfer, an dieser Strategie beteiligen & engagieren! Frei verfügbare Information, Komplettausgabe ERC Leitlinien Reanimation 2010, Poster für Laien & professionelle Helfer: www.erc.edu (englisch) www.grc-org.de (deutsch) 31/31