Lösungsskizze zur Ex-Ü-Klausur vom



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Transkript:

Prof. Dr. Andreas Hoyer WS 2014/2015 Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht einschl. Wirtschaftsstrafrecht der CAU Lösungsskizze zur Ex-Ü-Klausur vom 21.11.2014 1. HANDLUNGSABSCHNITT: BESUCH UM 20 UHR I. Freiheitsberaubung des A gem. 239 I durch das Fesseln Freiheitsberaubung auf andere Weise (+) II. Nötigung des A gem. 240 I durch das Fesseln Das Fesseln stellt eine Gewaltanwendung dar; der dadurch herbeigeführte Nötigungserfolg liegt in dem Unterlassen des Z, sich fortzubewegen. Die Norm tritt aber im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter den spezielleren 239 I zurück, weil der einzige von A verfolgte Nötigungszweck darin liegt, dass Z sich nicht fortbewegen kann. 2. HANDLUNGSABSCHNITT: RÜCKKEHR UM 21 UHR I. Raub des A gem. 249 durch das Mitnehmen der Gegenstände 1. fremde, bewegliche Sachen: (+) Es handelt sich bei dem Geldschein und den Bierflaschen um bewegliche Sachen, die im Eigentum des Z stehen und daher für A fremd sind. 2. Wegnahme (+): Ursprünglich hatte Z Gewahrsam an diesen Sachen, die sich in seiner Wohnung befanden. Diesen Gewahrsam hat A spätestens (beim Geld wohl schon vorher durch Einstecken) durch das Verlassen der Wohnung mit diesen Gegenständen aufgehoben, was gegen den Willen des Z geschah, so dass ein Bruch des Gewahrsams vorliegt. Gleichzeitig hat A eigenen Gewahrsam an den Bierflaschen und dem Geld begründet. Gewalt gegen eine Person: (+) Das Fesseln stellt eine Gewaltanwendung dar. 3. Vorsatz: (+)

2 4. Zueignungsabsicht (+) 5. Finalzusammenhang (wird obwohl nach h.m. subjektives Element häufig auch im objektiven Tatbestand geprüft): A müsste Gewalt angewendet haben, um Bier und Geldschein wegnehmen zu können; das ist hier nicht der Fall; zwar besteht die Gewaltwirkung noch fort Z ist zum Zeitpunkt der Wegnahme immer noch gefesselt jedoch hat A die Gewaltanwendung (das Fesseln) schon zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem er noch nicht darauf abzielt, Gegenstände des Z mitzunehmen. Ein Raub in Gestalt einer Gewaltanwendung durch aktives Tun liegt also nicht vor (sichere Anhaltspunkte für das Fortbestehen einer Drohung lassen sich dem Sachverhalt nicht entnehmen). (Hinweis: Ob der BGH in einem solchen Fall dementgegen Raub durch aktives Tun annehmen würde, lässt sich nicht sicher prognostizieren, da der BGH leider in einem Fall, in dem der Fesselung noch eine starke Gewaltanwendung voranging und der zeitliche Abstand zwischen Fesseln und Wegnehmen deutlich geringer war [BGHSt 48, 365 ff.], die Abgrenzung zur fortwirkenden Gewaltanwendung offengelassen hat; da der BGH in seiner Entscheidungsbegründung auch auf den zeitlich-räumlichen Abstand zwischen Fesselung und Wegnahme abgestellt hat, dürfte er hier [aufgrund des einstündigen Abstandes und des zwischenzeitlichen Verlassens des Tatorts] eher ebenfalls 249 durch aktives Tun ablehnen.) II. Raub des A gem. 249, 13 durch Unterlassen Es kommt jedoch ein Raub mit Gewaltanwendung durch Unterlassen in Betracht. 1. Wegnahme fremder beweglicher Sachen (+) s.o. 2. Garantenstellung: (+) Ingerenz aufgrund des vorherigen Fesselns 3. Möglichkeit der Abwendbarkeit des Nötigungserfolgs: (+) A könnte Z losbinden 4. Modalitätenäquivalenz ( 13 I 2. Hs.) Es ist jedoch fraglich und umstritten, ob es eine Gewaltanwendung durch Unterlassen beim Raum überhaupt geben kann (diese Problematik kann unter den drei Tatbestandsmerkmalen Gewalt, Modalitätenäquivalenz und Finalnexus erörtert werden): Argumente gegen die Annahme einer Gewalt durch Unterlassen: - in der normalsprachlichen Wortbedeutung setzt Gewalt Kraftentfaltung voraus; - Gewalt durch Unterlassen passt daher nicht zur finalen Struktur des 249;

3 - die Gegenansicht privilegiert den brutaleren Täter, der das Opfer zuvor nicht nur gefesselt oder eingesperrt, sondern z.b. in Ohnmacht versetzt hat (dann kann ein entsprechender Unterlassungsvorwurf nicht erhoben werden, da sich die Ohnmacht anders als die Fesselung oder das Einsperren nicht einfach aufheben lässt). Argumente für die Annahme einer Gewalt durch Unterlassen: - die Gegenansicht ist einem zu naturalistischem Gewaltbegriff verhaftet; - es besteht kein Grund, die in 13 I 1. Hs grundsätzlich vorgesehene Gleichbehandlung von aktivem Tun und garantenpflichtwidrigem Unterlassen nicht vorzunehmen. Wenn man 249, 13 I bejaht hat: III. 250 I Nr. 1b, 13 (wegen des Seils) Wenn A schon beim Fesseln die Absicht gehabt hätte, durch die Fesselung die Gegenstände besser entwenden zu können, würde die Qualifikation unproblematisch vorliegen; es steht nicht entgegen, dass A das Seil nicht mitgebracht hat und vor dem Erscheinen in der Wohnung gar nicht von dem Seil wusste; denn es reicht aus, wenn der Täter ein Werkzeug oder Mittel am Tatort vorfindet und es dann zum Zwecke der Gewaltanwendung anwenden will. Fraglich ist jedoch, wie es sich verhält, wenn der Täter wie hier das Werkzeug nicht mehr aktiv anzuwenden gedenkt, sondern es lediglich unterlässt, die Gewaltwirkung des bereits zuvor aktiv angewendeten Werkzeugs zu beenden. Der BGH hat 250 I Nr. 1b in der schon oben genannten Entscheidung, bei der es ebenfalls um ein gefesseltes Opfer ging, bejaht (BGHSt 48, 365 ff.: Auch dann, wenn er den Wegnahmevorsatz erst später gefasst und die durch die Fesselung bewirkte, schon bestehende Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt hat, da gerade durch den Einsatz des Stricks zur Fesselung eine fortdauernde Zwangslage geschaffen wurde. ). Das wird teilweise auch anders gesehen; so wird darauf abgestellt, dass bei sich führt mehr als ein bei sich hat sein müsse, so dass nur diejenigen Fälle erfasst seien, in denen der Täter auf die Lage des Werkzeugs Einfluss nehme, was nicht durch Unterlassen gehe (so Walter, NStZ 2004, 623 [624]). Hier kommt es nicht darauf an, ein Meinungsbild zu kennen, sondern zu erkennen, dass sich die Problematik der Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun für dieses Qualifikationsmerkmal noch einmal stellt (und nicht automatisch gleich zu beantworten ist).

4 Wenn man 249, 13 verneint hat: III. 242 an Geldschein und Bierflaschen (+), einschließlich des Regelbeispiels des 243 I 2 Nr. 6 (Ausnutzen der durch die Fesselung bedingten Hilflosigkeit) als Strafzumessungsregel VI. 244 I Nr. 1b: Auch hier stellt sich (wie oben zu 250 I Nr. 1b für diejenigen, die einen Raub angenommen haben) die Frage nach der Qualifikation. Wenn man jedoch Gewalt durch Unterlassen ablehnt, kann A kein Werkzeug bei sich geführt haben, um etwas durch Gewalt zu erreichen (man kann Nr. 1b auch an anderen Merkmalen scheitern lassen). 3. HANDLUNGSABSCHNITT: BESUCH BEI F I. Strafbarkeit des A: 1. 259 durch das Weitergeben einiger Flaschen scheidet aus, da A Vortäter ist, das Bier also für ihn nicht aus einer Tat stammt, die ein anderer begangen hat. 2. 303 (am Bier durch Verzehr): Eine Sachbeschädigung durch den Mitverzehr des Biers scheidet jedenfalls nach überwiegend vertretener Ansicht aus, da 303 nicht die bestimmungsgemäße Verwendung erfasst, die beim Bier im Austrinken liegt (und nicht spezieller nur im Austrinken mit Zustimmung des Eigentümers). 3. 246 scheidet entweder schon tatbestandsmäßig aus (Tatbestandslösung) oder tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter dem vorangegangenen Raub oder Diebstahl zurück (hier für das Ergebnis [keine Bestrafung aus 246] irrelevanter Streit zur Unterschlagung im Falle der Zweitzueignung). II. Strafbarkeit des F 1. 259 (Sichverschaffen) a) Sachen, die ein anderer durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftat erlangt hat. (+). b) Sicherverschaffen: F müsste im einvernehmlichen Zusammenwirken mit dem Vortäter die von diesem unabhängige Verfügungsmacht erlangt haben; es entspricht dem freien Willen des A, dass F einen Teil des Bieres trinkt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob F die von A unabhängige Verfügungsgewalt an demjenigen Bier hat, das er austrinkt.

5 Ob der Mitverzehr unter sich verschafft subsumiert werden kann, ist umstritten. Die einen stellen darauf ab, das Insichbringen sei die intensivste Form des Ansichbringens; es mache keinen Unterschied, ob der Eingeladene die Nahrungsmittel zum alleinigen Verzehr geschenkt bekomme oder zusammen mit dem Einladenden verzehre. F hätte sich spätestens durch das Trinken den Inhalt von drei Bierflaschen verschafft. Die Gegenansicht lehnt die Hehlerei ab, weil der Eingeladene nicht nach Belieben mit der Sache verfahren könne und daher nicht die vom Einladenden unabhängige Sachherrschaft erlange. Eine gute Fallbearbeitung wird sich an dieser Stelle dadurch auszeichnen, dass sie eng an der Definition des Sichverschaffens arbeitet, anstatt nur einen Meinungsstreit abzuladen, und dabei die Eigenart des Falles herausarbeitet: Wenn wie hier der Einladende beim Eingeladenen zu Besuch ist, es sich um Freunde handelt und die Nahrung klar aufgeteilt ist (jeder hat drei Flaschen für sich), liegt die Annahme einer beim Einladenden verbleibenden Verfügungsmacht deutlich ferner als in anderen Einladungsfällen. Wenn man das Sichverschaffen und damit den objektiven Tatbestand bejaht, liegen auch die subjektiven Voraussetzungen vor (Vorsatz und Absicht der Eigenbereicherung bei F). 2. Unterschlagung gem. 246 (+) Es handelt sich bei den Bieren für F um fremde bewegliche Sachen; spätestens mit dem Trinken liegt eine Zueignung vor. Falls man zuvor 259 bejaht, tritt 246 im Wege der (formalen) Subsidiarität zurück. 3. 303 (am Bier durch Verzehr): s.o. zur Strafbarkeit des A 4. HANDLUNGSABSCHNITT: DAS GELDWECHSELN IN DER BANK I. Betrug des A gem. 263 gegenüber dem Bankangestellten zulasten der Bank 1. Täuschung/Irrtum: Gegenstand von Täuschung und Irrtum könnte die Verfügungsbefugnis über das Eigentum an dem 100-Euro-Schein sein (aus meiner Sicht ist es kein beachtlicher Fehler, wenn die Bearbeiter auf die Eigentümerstellung als Gegenstand der Kommunikation zwischen A und dem Bankangestellten abstellen; zur Vereinfachung ist nachfolgend nur noch von der Eigentümerstellung des A die Rede).

6 Es handelt sich im Falle von Eigentumsübertragungen bei dem Eigentum um eine Grundlage des getätigten Rechtsgeschäfts, weil grundsätzlich nur der Eigentümer das Eigentum übertragen kann. Daher erklärt der Veräußernde grundsätzlich, Eigentümer zu sein; hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die fehlende Eigentümerstellung des A der Übereignung nicht entgegensteht, da der Bankangestellte gutgläubig i.s.v. 932 BGB (ergibt sich aus der lebensnahen Auslegung des Sachverhalts) und das Abhandenkommen des Geldscheins wegen der Ausnahme für Geld in 935 II BGB irrelevant ist. Die Konstellation entspricht der Problematik zu den Sparbuchfällen, in denen es darum geht, ob der Bankangestellte sich trotz 808 I BGB Gedanken dazu macht, ob er den Berechtigten vor sich hat. Gegen die Annahme eines Irrtums (und dann konsequent auch gegen die Annahme einer Täuschung, jedenfalls des Täuschungsvorsatzes) spricht, dass der Bankangestellte sich eben wegen 932, 935 II (oder parallel 808 I) BGB keine Gedanken machen muss; für die Annahme von Täuschung und Irrtum wird angeführt, dass 932 (wie 808 I) BGB bei grober Fahrlässigkeit ausscheidet, so dass der Bankangestellte doch über die Berechtigung nachdenken muss (und der Täter daher auch eine täuschende Erklärung abgibt). (Hinweis: diese Thematik wird im Schrifttum häufig zum Tatbestandsmerkmal Irrtum behandelt, so dass zu erwarten [und aus meiner Sicht nicht negativ zu bewerten] ist, dass diese Frage nicht schon im Rahmen der Täuschung, sondern erst beim Irrtum problematisiert wird.) Wenn man Täuschung und Irrtum bejaht hat: 2. Vermögensverfügung: Der Bankangestellte übereignet zwei 50-Euro-Scheine der Bank an A (eine stillschweigend vereinbarte Bedingung, an der die Übereignung an A gescheitert ist, dürfte nicht vorliegen, da die Bank Eigentum an dem Hunderter erlangt hat). Das für einen Dreiecksbetrug notwendige Näheverhältnis zwischen dem Angestellten und der Bank ist auch nach der engsten Ansicht (Befugnistheorie) gegeben, da es zu den Aufgaben des Schalterangestellten gehört, Geld beim Wechseln an den Kunden zu übereignen. 3. Vermögensschaden: Liegt dann nicht vor, wenn dieser Verlust der Bank vollständig kompensiert wird; wie bereits ausgeführt erlangt die Bank Eigentum an dem 100-Euro-Schein, so dass eine vollständige Kompensation der verfügungsbedingten Vermögensminderung vorliegt. Ein relevantes Beweislastrisiko hinsichtlich der Gutgläubigkeit des Bankangestellten liegt angesichts der Beweislastverteilung des 932 BGB nicht vor (auch wenn die Makeltheorie des Reichsgerichts seit Ewigkeiten nicht mehr vertreten wird, erfreut sie sich bei Studierenden großer Beliebtheit, so dass damit zu rechnen ist, dass dieser Aspekt angesprochen wird).

7 Somit liegt kein Betrug gegenüber dem Angestellten zulasten der Bank vor; wenn man diesen Betrug nur am Schaden hat scheitern lassen, ist aber fortzusetzen mit einem II. Betrug des A gem. 263 gegenüber dem Bankangestellten zulasten des Z 1. Täuschung und Irrtum (+) s.o. 2. Vermögensverfügung: a) Die Grunddefinition der Vermögensverfügung ist erfüllt, da durch das Verhalten des Schalterangestellten, das zum gutgläubigen Eigentumserwerb der Bank an dem 100-Euro-Schein führt, das Vermögen des Z durch den Eigentumsverlust am Geld unmittelbar gemindert wird. b) Fraglich ist jedoch, ob vor dem Hintergrund des Auseinanderfallens von Verfügendem und Geschädigtem das Näheverhältnis gegeben ist, das vorausgesetzt wird, um die exklusive Abgrenzung zwischen dem Fremdschädigungsdelikt Betrug und Selbstschädigungsdelikt Diebstahl zu ermöglichen; die Anforderungen an das Näheverhältnis sind umstritten. In der vorliegenden Konstellation geht es nicht um den Streit zwischen der Befugnistheorie und der Lagertheorie (die alle Befugnisfälle erfasst und darüber hinausgeht), sondern um die Frage, ob nach der Befugnistheorie ein Näheverhältnis gegeben ist (was dann nach der Lagertheorie erst recht als Näheverhältnis ausreichen würde). Gegen die Annahme eines Näheverhältnisses spricht, dass 932 BGB keine Befugnisnorm darstellt, sondern den gutgläubigen Eigentumserwerb gerade trotz Fehlens einer Befugnis anordnet; für einen Dreiecksbetrug wird angeführt, 932 BGB verleihe dem gutgläubig Erwerbenden (oder wie hier seinem Vertreter) eine Position, die ihn aus dem Kreis beliebiger Dritter heraushebt. Die Annahme eines Schadens scheitert nicht daran, dass Z durch den Diebstahl keinen Zugriff mehr auf den Geldschein hatte; der Verlust der formellen Eigentümerstellung dürfte sich daher als eine Vertiefung des Vermögensverlusts darstellen. (Hinweis: Die Frage nach einer Abgrenzung zwischen dem [Raub oder] Diebstahl und dem Betrug stellt sich hier nicht, da es zwar um Diebstahl und Betrug am selben Geldschein, nicht aber durch dieselbe Handlung geht.)

8 5. HANDLUNGSABSCHNITT: DIE ÜBERGABE DER 50 I. Strafbarkeit des F gem. 259 I (Sichverschaffen) wegen Hehlerei durch das Entgegennehmen des 50-Euro-Scheins Sache, die aus der gegen fremdes Vermögen gerichteten Straftat eines anderen stammt: Falls man für das Geldwechseln einen Betrug angenommen hat: (+), der Geldschein stammt unmittelbar aus diesem Betrug, so dass sich die nachstehend erörterten Fragen zu Ersatzhehlerei und Wertsummentheorie nicht stellen. Wenn kein Betrug angenommen wurde, kommt als Vortat nur der Diebstahl an dem 100-Euro-Schein in Betracht; über die Lösung herrscht Streit: Nach der überwiegend vertretenen Ansicht scheidet Hehlerei aus, da der 50-Euro-Schein nicht unmittelbar aus dem Diebstahl stammt, sondern aus dem nachfolgenden Tausch; demnach könnte an diesem Geldschein nur eine straflose Ersatzhehlerei vorgenommen werden. Etwas anderes ergibt sich, wenn man mit der Gegenansicht auf den Wertsummengedanken abstellt, wonach es bei Geld nicht auf die Identität des Geldscheins ankommt (die Geldscheine sind danach nur Träger der gestohlenen Wertsumme, um die es auch dann geht, wenn der die Wertsumme repräsentierende Schein nicht unmittelbar aus der Vortat stammt; dagegen spricht jedoch, dass der Wertsummenansatz (anders als im Rahmen der Zueignungsabsicht bei 242, 249) zulasten des Täters gegen den Wortlaut verstößt, der auf die Identität der Sache abstellt ( Sache, die ein anderer gestohlen oder ). Wenn man 259 abgelehnt hat, kommt in Betracht eine Bestrafung wegen II. Unterschlagung gem. 246 I durch Entgegennahme des Geldscheins 1. bewegliche Sache (+) 2. fremd: Ursprünglicher Eigentümer war die Bank des A; A hat gem. 929 S. 1 BGB Eigentum an dem Fünfziger erlangt (s.o. zur Vermögensverfügung beim Betrug zulasten der Bank). Daher scheitert der Tatbestand der Unterschlagung entweder schon daran, dass F im Augenblick der Zueignungshandlung von A Eigentum erworben hat (keine Fremdheit), oder aber an der Einwilligung des A als (Noch-)Eigentümer im Augenblick des Übergabevorgangs.

9 6. HANDLUNGSABSCHNITT: BITTE UM EIN ALIBI Strafbarkeit des A wegen versuchter Anstiftung zum Meineid ( 154, 30 I) Tatentschluss: (+) der Vorsatz des A ist darauf gerichtet, dass F möglicherweise vor Gericht unter Eid vorsätzlich falsch aussagt (Verbrechen des 154) und dass er (A) F möglicherweise dazu bestimmt. Versuchsbeginn (+) selbst nach der strengsten Ansicht (Meinungsstreit muss aus meiner Sicht nicht gekannt werden), wonach die Anstiftungserklärung dem Adressaten zugegangen sein muss. Hinweis: eine gelungene Prüfung der unproblematisch eingreifenden Strafbarkeit sollte bei der Bewertung nicht zu gering geachtet werden, da dies im Zusammenhang mit der versuchten Anstiftung erfahrungsgemäß den meisten nicht gelingt.) Typische Fehler sind: - Übersehen der Strafbarkeit; - Abstellen auf falsche Normen ( 154, 26, 22 oder [nur] 30); - der Versuchsaufbau wird übersehen oder nicht korrekt eingehalten.