Veränderungsprozesse verstehen und gestalten Große Schulleiterdienstbesprechung SSA Künzelsau 19.02.2013
Inhalt 1. Grundsätzliche Veränderungstypen 2. Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung von Veränderungsprozessen 3. Die Veränderungskurve 4. Anregungen für hilfreiche Interventionen der Führung 5. Veränderungen und Lernangst 6. Was reduziert Angst in Veränderungsprozessen und aktiviert Ressourcen? 7. Überwindung der Lernangst durch Schaffung psychologischer Sicherheit 8. Der Blick in die Zukunft als Treiber für Veränderungsprozesse 9. Formel für Veränderungsprozesse 10. Wie verändern sich Menschen? 11. Wie verändern sich Organisationen? 12. Voraussetzungen für erfolgreiches Change Management 2
1. Grundsätzliche Veränderungstypen Veränderungen 1. Ordnung Veränderungen 2. Ordnung Veränderungen <20% erfordern Optimierung bestehender Praktiken und Verhaltensweisen Veränderungen >20% erfordern neue Geschäftsmodelle, neue Organisationsformen, aber auch neue Regeln, Rollen und Verhalten 3
Veränderung zweiter Ordnung Wir können die Probleme nicht auf demselben Niveau des Denkens lösen, auf dem wir waren, als wir sie erschufen. Albert Einstein 4
Grundsätzliche Veränderungstypen OPTIMIERUNG Wandel erster Ordnung Austausche von Elementen ohne Änderung der inneren Systemlogik, der sozialen Grammatik (Kultur) Muster und Regeln, wie kommuniziert bzw. kooperiert wird und wie Entscheidungen zustande kommen, bleiben gleich Frage der Effizienz: Tun wir die Dinge richtig? Musterwechsel Wandel 2. Ordnung Kultur und innere Systemlogik selbst erfahren eine Transformation Regeln, Werte, Normen geraten in Bewegung: Personen und Gruppen verändern ihr Verhalten, Systeme ihre Kooperations-, Reaktions- und Entscheidungsmuster Frage der Effektivität: Tun wir die richtigen Dinge? Tabelle von Conecta, Wien 5
2. Was sind die größten Schwierigkeiten? Die Zukunft entzieht sich der Planung. Die Techniken des Steuerns und Regelns taugen deshalb nur bedingt für Veränderungsprozesse, es geht eher um gemeinsames Experimentieren, um das Finden neuer Wege. Beteiligung und Resonanz sind deshalb wichtige Begriffe. Soziale Systeme sind, da sie aus Menschen bestehen, in ihrem Verhalten nicht kausal berechenbar. Deshalb sind die Reaktionen in Veränderungsprozessen nur sehr schwer vorauszusehen. Das erhöht die Komplexität, erschwert die Planbarkeit, es braucht große Ohren (Resonanz) und große Flexibilität in der Steuerung von Veränderungsprozessen. In jedem großen Veränderungsprozess gibt es heftige Emotionen, mit denen so umgegangen werden muss, dass sie den Veränderungsprozess nicht blockieren, aber die Beteiligten auch nicht innerlich aussteigen (Verbindung von Organisations- und Personenperspektive). 6
3. Die Veränderungskurve 7
4. Anregungen für hilfreiche Interventionen der Führung Verdrängung/ Verleugnung Erneuerung Zuhören, zur Reflexion anregen Erneuerungs- und Leistungsziele vereinbaren Fragen, Erkunden Wissensmanagement: Erfolge und Fehler für andere Forum zum Auskotzen schaffen Projekte nutzen Empathie, Verständnis zeigen Kooperation in der Gruppe stärken Nicht gegen Führung verbünden Cheerleading (Weiter so, unerwartete Information geben (was, warum?) Belohnungen) Konfrontation: Ja, die Veränderung wird kommen, Informationen geben (Erfolge, Erfahrungen) erwartet nicht, dass alles so weitergeht wie bisher. Fördermaßnahmen einleiten Ehrlichkeit, Offenheit Klarheit Widerstand Nachfragen, Erkunden (Was steckt dahinter?) Hypthesen bilden Unterstützung anbieten (was kann ich tun? Was können Sie tun?) Konstruktives Denken anregen (Was sind die Ziele des Kollegen? Kann er sie mit dem derzeitigen Verhalten erreichen? Was kann er gewinnen? Was muss er aufgeben?) Informationen geben (Sinnhaftigkeit, Notwendigkeit) Als letztes Mittel: Konfrontation, Konsequenzen Erforschung Perspektiven und Chancen aufzeigen Verbesserungspotentiale identifizieren, Entwicklungsmaßnahmen einleiten Unterstützen und Hilfe anbieten Informationen geben (Statusberichte, Teilerfolge) Anerkennung für das Erproben neuer Verhaltensweisen Fehler zulassen Erfolge feiern (quick wins) 8
5. Veränderungen und Lernangst Veränderungsprozesse, die neben dem Lernen neuer Verhaltensweisen und Werte auch das Verlernen bisheriger Verhaltensweisen erfordern, erzeugen Lernangst: Die Angst vor (vorübergehender) Inkompetenz Die Angst, wichtige Teile des beruflichen Identitätsgefühls zu verlieren Angst vor dem Verlust der Gruppenidentität (Ich gehöre nicht mehr dazu!) Angst vor Sanktionen Angst vor dem Verlust von Wertschätzung und Bedeutung Angst vor der Entwertung des Bisherigen Nach: Ed Schein, Organisationkultur, S. 146 9
6. Was reduziert Angst in Veränderungsprozessen und aktiviert Ressourcen? Vertrauen in eigene Fähigkeiten Vertrauen in Sinn und Bedeutung Vertrauen in soziale Unterstützung Angst Prof. Dr. Gerald Hüther, 2006 10
7. Überwindung der Lernangst durch Schaffung psychologischer Sicherheit Die Lernangst kann durch folgende Schritte überwunden werden: Ein motivierendes, konkretes Zukunftsbild Training Räume, in denen ein straffreies Experimentieren mit dem neuen Verhalten möglich ist Wertschätzendes, korrigierendes Feedback Ein Belohnungs- bzw. Sanktionssystem, das zum neu Erlernten passt Positive Rollenmodelle und Beispiele Unterstützungs- und Reflexionsgruppen Nach: Ed Schein, Organisationkultur, S. 146 11
8. Der Blick in die Zukunft Die Richtung der Veränderungsprozesse und die Veränderungsenergie müssen aus der Beschäftigung einer Organisation mit der Zukunft kommen, also aus strategischer Arbeit. Strategie ist der Zwilling von Change und Change braucht Strategie als Treiber, weil 1. nur so die nötige Veränderungsenergie entsteht 2. Themen wie Qualität und Zusammenarbeit ohne die nötige strategische Untermauerung nicht nachhaltig zu verändern sind 3. Strategie Vision konkret, messbar und umsetzbar macht 4. Strategie Organisationen dazu zwingt, sich mit ihrem Umfeld zu beschäftigen, und damit der Veränderung Sinn und Legitimation zu verleihen. 12
Antizipation Ich bin nie da, wo der Puck im Augenblick ist, sondern immer da, wo der Puck sein wird. Wayne Gretzky, der beste Eishockey-Spieler aller Zeiten 13
9. Formel für Veränderungsprozesse U X Z X E > W U Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen oder zu erwartenden Situation Z Konkretes Zukunftsbild Es bedarf eines gemeinsamen (kollektiven) Verständnisses des Veränderungsbedarfs. Es bedarf eines Zukunftsbildes mit einer gemeinsam entwickelten konkreten Vorstellung über das Danach und eines Weges zum Ziel. E Erste Schritte zur Veränderung W Widerstand gegen die Veränderung Veränderung wird erst durch die Umsetzung zur Realität. Erste Schritte führen zu ersten Erfolgen und zum Vertrauen in die Machbarkeit der Veränderung Nur wenn das Produkt aus U x V x E größer ist als der Widerstand, kann Veränderung stattfinden. nach Simma-Consulting, 2003 14
10. Wie verändern sich Menschen? Erfahrungen und die dazu gehörenden Emotionen verbacken zu Haltungen (Gerald Hüther) Es müssen neue Erfahrungen gemacht werden oder schon bekannte mit einer neuen Emotion verknüpft werden können MitarbeiterInnen, die gemeinsam wirklich Neues kreieren sollen, benötigen Einladungen zum Tabubruch sowie geschützte Räume, in denen sie miteinander straffrei kreativ denken und neue Verhaltensweisen und Muster ausprobieren können. Dr. Karl Prammer 15
11. Wie verändern sich Organisationen? Veränderungsdruck, der nicht ignoriert werden kann (Schubkraft) Attraktives Zukunftsbild (Zugkraft) Veränderungsinseln Beteiligung und Resonanz Kultur des Wandels: Musterreflexion (soziale Grammatik), Regelbrüche, Rituale, Rotation, Gestaltung von Teams, Auszeichnung von Querdenkern und Avantgardisten 16
12. Was ist Change Management? Change Management bedeutet, die von der Veränderung betroffenen Menschen in angemessener Weise in Mitverantwortung für die Veränderung zu nehmen, ihnen Gestaltungsspielräume zu schaffen, in denen sie Erfahrungen mit dem Neuen machen können und durch das Erleben von Selbstwirksamkeit die Veränderung bewältigen können. Unabdingbare Voraussetzungen: Veränderungsziele sind durch das Management klar definiert Wesentliche Orientierungspunkte der Strategie und der Strategieumsetzung sind festgelegt Partizipationsspielräume sind definiert Commitment des Top-Managements und der Führungskräfte ist durch Verhalten sichtbar ( Taten sprechen lauter als Worte ) Der Prozess der Umsetzung spiegelt die Ziele der Veränderung 17