Begleiterscheinungen der Finanzmarktkrise insbesondere aus steuerlicher Sicht Die Börsen spielen weltweit verrückt und die Aktienindizes notieren teils auf einem Fünfjahrestief. Zahlreiche Depots weisen rote Zahlen auf. Kein Experte kann verlässlich vorhersagen, ob sich die Börsenkurse in absehbarer Zeit wieder erholen oder aufgrund neuer Hiobsbotschaften weiter nach unten gehen. Daher kann die Flucht in sichere Häfen ein Ausweg sein, um zumindest den derzeitigen Bestand zu retten. Dieser Ausstieg mit Verlust kann auch positive Effekte bewirken und den Schmerz über die zu beklagenden Einbußen ein wenig mildern: 1. Die jetzt realisierten Verluste lassen sich in gewissem Umfang bei der Einkommensteuer und ab 2009 unter der Abgeltungsteuer mindernd verwenden. 2. Der Verkaufserlös kann kurzfristig oder langfristig in Zinstitel von Schuldnern mit bester Liquidität neu angelegt werden. Damit wird das Risiko weiterer Kurseinbußen reduziert. 3. Die vorhandene Liquidität kann dazu verwendet werden, gezielt Produkte zur Rettung des Bestandsschutzes vor der Abgeltungsteuer ab 2009 zu suchen. Alternativ kommt auch eine Schenkung der Wertpapiere an den Nachwuchs in Betracht. Da für die Schenkungsteuer der Kurs zum Zeitpunkt der Zuwendung maßgebend ist ( 9 Abs. 1 Nr. 1, 11 ErbStG), fällt die Bemessungsgrundlage derzeit gering aus. 1. Verluste mit positiven Steuereffekten kompensieren Um steuerlich nutzbare Verluste zu generieren, muss auf die Besonderheiten der einzelnen Produkte sowie das Wechselspiel zwischen 20 und 23 EStG geachtet werden: Verluste zählen im Privatbereich steuerlich nur, wenn Papiere verkauft oder Termingeschäfte aufgelöst werden. Ein nur rechnerisches Minus im eigenen Depotbestand ist im Privatbereich grundsätzlich unerheblich. Lediglich bei Wertpapieren im Betriebsvermögen kommt eine Teilwertabschreibung wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung nach 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Betracht. Davon ist auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen (vgl. BFH, Urteil v. 26.9.2007, I R 58/06).
Werden Wertpapiere, die nicht als sog. Finanzinnovation eingestuft sind, im Privatbereich binnen Jahresfrist nach der Anschaffung veräußert oder Terminmarktgeschäfte aufgelöst, ist der Verlust mit Spekulationsgewinnen 2008 verrechenbar und bei einem nicht oder nicht ausreichend vorhandenem Plus aus Spekulationsgeschäften im Jahre 2008 entsprechend in 2007 nutzbar. Sofern der Verlust nicht aufgebraucht ist, kann er zweifach verwendet werden: a. Unbegrenzt in Folgejahren zur Verrechnung mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach 23 EStG (z.b. aus der Veräußerung von privaten Grundstücken innerhalb von 10 Jahren). b. Bis Ende 2013 zur Minderung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach 20 Abs. 2 EStG, die bereits der Abgeltungsteuer unterliegen (z.b. aus dem Verkauf von Aktien, Zertifikaten, Investmentanteilen). Dabei ist zu beachten, dass die An- und Verkaufsspesen sowie Nebenkosten (z.b. Ausgabeaufschläge bei Fonds) den Verlust erhöhen. Liegen Papiere somit bereits über zwölf Monate im Depot, verpuffen die realisierten Verluste, sofern sie nicht im Betriebsvermögen liegen, keine wesentliche Beteiligung nach 17 EStG darstellen oder nicht als Finanzinnovation eingestuft sind. 2. Was bei den einzelnen Anlageformen zu beachten ist a. Aktien Sofern Aktien kurz vor Ablauf der Spekulationsfrist stehen, lohnt ein Verkauf von Verlusttiteln, um das Minus nicht verfallen zu lassen. Die gleichen Werte können anschließend wieder geordert werden. Das kostet zwar Bankspesen, rettet aber neben dem Steuerminus auch den Bestandsschutz vor der Abgeltungsteuer. Allerdings wirken sich Spekulationsverluste bei Aktien über 3 Nr. 40 EStG nur zur Hälfte aus (sog. Halbeinkünfteverfahren). b. Investmentfonds Bei Investmentfonds gilt die Besonderheit des InvStG, dass die von den Fondsmanagern ver-
buchten Verkaufsverluste beim Anleger nicht direkt ankommen, da im Gegenzug Gewinne auf Fondsebene steuerfrei bleiben. Steuerlich lässt sich das Minus also nur retten, wenn der Sparer seine Anteile innerhalb der Spekulationsfrist abstößt. Dabei gilt bei Aktienfonds nicht das Halbeinkünfteverfahren, die Verluste zählen im Rahmen des 23 EStG in voller Höhe. c. Anleihen Auch bei Anleihen ist die Spekulationsfrist zu beachten, wenn es aufgrund der schlechten Bonität des Schuldners zu Kurseinbußen gekommen ist. 3. Steuerfallen a. First-in-First-out-Regel Bei Etappenkauf von Wertpapieren gelten pauschal die zuerst erworbenen Papiere als zuerst verkauft. Diese Regel führt dazu, dass vorrangig steuerlich unerhebliche Titel als aus dem Depot entnommen gelten, bei denen die Spekulationsfrist abgelaufen ist. b. Deklaration Verluste gehören in die Steuererklärung des Entstehungsjahres, auch wenn sie sich mangels vorhandener Kursgewinne nicht auswirken. Werden die Verluste erst mit Gewinnen späterer Jahre nachgemeldet, berücksichtigt das Finanzamt das Minus nach einer Änderung durch das JStG 2007 in 23 Abs. 3 Satz 9 EStG grundsätzlich nicht mehr. Hiernach ist der am Schluss eines VZ verbleibende Verlustvortrag nach Maßgabe des 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen. c. Freigrenze Sofern die jetzt realisierten Verluste nur dazu ausreichen, vorhandene Gewinne im laufenden Jahr unter die Freigrenze von 600 EUR oder auf Null zu senken, ergibt sich kein Steuereffekt. 4. Mögliche Maßnahmen Angesichts der in den vergangenen Monaten und Tagen deutlich gefallenen Kurse hat wohl nahezu jeder Anleger Aktien, Zertifikate oder Fonds mit roten Zahlen im Depot. Wer dieses Minus jetzt realisiert, kann gleich mehrere Steuervorteile auf einmal nutzen und braucht auf die veräußerten Papiere noch nicht einmal auf Dauer zu verzichten.
a. Verrechnungspotential nutzen Sofern bis zum Jahresende nicht ausreichend schwarze Zahlen vorhanden sind, wird der jetzt realisierte Spekulationsverlust unter der Abgeltungsteuer unbeschränkt mit zukünftigen Spekulationsgewinnen nach 23 EStG (z.b. aus der Veräußerung von privaten Grundstücken innerhalb von 10 Jahren) bzw. bis 2013 mit Veräußerungs- und Einlösungsgewinnen aus Kapitalanlagen nach 23 Abs. 3 Satz 9, 20 Abs. 6 Satz 1 EStG verrechnet. Der festgestellte Verlustvortrag 2008 ist also in den folgenden Jahren effektiv einsetzbar. Das Minus lässt sich z.b. mit folgenden Kapitaleinnahmen verrechnen, die der Abgeltungsteuer unterliegen: Realisierte Gewinne aus nach 2008 gekauften Wertpapieren oder eingegangenen Terminmarktgeschäften. Stückzinsen beim Anleiheverkauf, die ab 2009 als Gewinn nach 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gelten. Risikozertifikate, die ab Juli 2009 mit Gewinn fällig oder verkauft werden. Gewinne bei Verkauf oder Fälligkeit von Finanzinnovationen wie Zerobonds oder abgezinste Spar- und Bundesschatzbriefe. Eine Verrechnung mit laufenden Erträgen nach 20 Abs. 1 EStG ist nicht möglich! b. Schneller Rückkauf Anleger können die gerade veräußerten Aktien auch gleich wieder zurückkaufen. Dann bleibt der Depotbestand unverändert, außer den anfallenden Bankspesen kostet die Vorgehensweise nichts und bringt steuerliches Verlustpotential. Unklar ist derzeit noch, ob dies einen Gestaltungsmissbrauch darstellt, weil es keinen wirtschaftlichen Grund für diese Vorgehensweise gibt (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 9.7.2004, VII 52/02). Dieser Verdacht lässt sich wohl beim Rückerwerb innerhalb von wenigen Minuten kaum entkräften. Die Finanzgerichte Münster (Urteil v. 14.03.2007, 10 K 3380/04) und Baden-Württemberg (Urteil v. 1.8.2007, 1 K 51/06) berücksichtigen die roten Zahlen hingegen auch bei schnellem Rückkauf, da es sich bei 23 EStG um eine Spezialnorm handelt. Die Finanzverwaltung hat
gegen die beiden letztgenannten FG-Urteile Revision eingelegt. Daher sollten sich Anleger zur Sicherheit mit dem Rückkauf ein wenig Zeit lassen. In den hektischen Börsenzeiten wie derzeit lässt sich aber schon nach wenigen Tagen ausschließen, dass der Rückkauf nur steuerliche und keine wirtschaftlichen Gründe hatte. 5. Wie werden die Altverluste ab 2009 berücksichtigt? Die Banken behalten erst einmal Abgeltungsteuer auf die Kapitaleinnahmen ein. Hierüber stellen sie dem Kunden auf Antrag eine Steuerbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aus. Diese enthält die nach 32d EStG erforderlichen Angaben. Die Kapitaleinnahmen werden dann in der Steuererklärung angegeben. Das Finanzamt berücksichtigt im Rahmen der Veranlagung die festgestellten Verlustvorträge und erstattet zu viel bezahlte Abgeltungsteuer. Nach 2013 werden die noch nicht berücksichtigten Spekulationsverluste theoretisch zeitlich unbegrenzt im Rahmen des deutlich schlankeren 23 EStG vorgetragen. Sie mindern dann Immobiliengewinne und Erträge mit anderen beweglichen Wirtschaftsgütern innerhalb der Spekulationsfrist. Das könnte aus Anlegersicht etwa der Gewinn aus einem geschlossenen Flugzeug- oder Containerfonds sein. Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Firmengruppe Hansaberatung Hansaberatung GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Bremen Berlin Düsseldorf Hamburg Schwachhauser Heerstraße 266b 28359 Bremen Telefon: (0421) 2388-0 Telefax: (0421) 2388-330 contact@hansaberatung.de www.hansaberatung.de Geschäftsführer: StB Dipl.-Betriebsw. Steffen Ball, WP u. StB Dipl.-Kfm. Martin Beering WP u. StB Dipl.-Ökonom Holger Genenger, WP u. StB Dipl.-Kfm. Gerhard von der Heide WP u. StB Dipl.-Oec. Burkhardt Kuß, WP u. StB Dipl.-Kfm. Rolf Mählmann StB Dipl.-Finanzw. (FH) Günter R. Meier, WP u. StB Dipl.-Kfm. Holger Schaarschmidt StB Dipl.-Betriebsw. Ulrich Schröder Sitz Bremen - Handelsregister Bremen B 3710