Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer 1
Referentenvorstellung Christian Kolmer Rechtsanwalt Ortwin Schneider Steuerberater 2
Übersicht Erbrechtliche Grundlagen Systematik der Erbschaftsteuer Übertragung von Betriebsvermögen Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer Vergleich Besteuerung von unterschiedlichen Vermögensarten Ausblick/Fazit 3
Erbrechtliche Grundlagen 4
Erbrechtliche Grundlagen Erbe Gesetz 1922 ff. BGB Wille 1937 ff. BGB Pflicht 2303 ff. BGB gesetzliche Erbfolge Testament Erbvertrag Mindestanspruch 5
Erbrechtliche Grundlagen 4. Ordnung Urgroßeltern Nachkommen 3. Ordnung Großeltern Cousin/Cousine Onkel/Tante Nachkommen 2. Ordnung Eltern Geschwister Neffe/Nichte Nachkommen Erblasser 1. Ordnung Ehegatte Kinder Enkel Urenkel 6
Gesetzliche Erbfolge 1. Ordnung Bei Zugewinngemeinschaft Bei Gütertrennung ohne Kinder: ohne Kinder: Ehegatte 3/4, Eltern etc. 1/4 Ehegatte 3/4, Eltern etc. 1/4 mit Kinder: mit 1 Kind: Ehegatte 1/2, Kinder 1/2 Ehegatte 1/2, Kind 1/2 mit 2 Kindern: Ehegatte 1/3, Kinder je 1/3 mit 3 Kindern: Ehegatte 1/4, Kinder 3/4 Problemfall: Eigenheim und Erbengemeinschaft 7
Testament Sechs Fragen zum Testament 1. Sie haben ein Leben lang gearbeitet und Vermögen erwirtschaftet. Egal was damit geschieht? 2. Wollen Sie Erbstreitigkeiten vermeiden? 3. Soll das nächste Familientreffen vor dem Landgericht stattfinden? 4. Wollen Sie das Ihr Ehepartner das Familienheim verkaufen muss um andere Erben auszuzahlen? 5. Wollen Sie, dass Ihre Erben nach Ihrem Tod einen Erbschein brauchen? 6. Wollen Sie, dass Vater Staat bei Ihrem Ableben mit kassiert? 8
gewillkürte Erbfolge Einzeltestament eine Person allein, keine Bindung gemeinschaftliches Testament Eheleute gemeinsam, Bindung ab Tod Erbvertrag mehrere Personen, Bindung ab sofort Übergabe zu Lebzeiten Kinder, nichteheliche Lebensgemeinschaften 9
handschriftliches Testament Form eigenhändig handschriftlich Unterschrift mit Vor- und Zuname, Ort und Datum Vorteil kostengünstig herzustellen Nachteil Form- und Formulierungsfehler Gefahr der Anfechtung Erbschein im Todesfall notwendig 10
notarielles Testament Form notarielle Urkunde Vorteil amtliche Verwahrung Notar prüft Testierfähigkeit (geringeres Anfechtungsrisiko) kein Erbschein im Todesfall notwendig Nachteil Kosten bei Errichtung erneute Kosten bei Änderung/Ergänzung Widerruf erschwert 11
Kostenvergleich Nachlasswert: 250.000 EUR privatschriftliches Testament öffentliches Testament Notar 432 EUR Antrag auf Erteilung eines Erbscheins 432 EUR Erteilung eines Erbscheins 432 EUR Testamentseröffnung 216 EUR 216 EUR gerichtliche Verwahrung 108 EUR 108 EUR Umsatzsteuer 70 EUR Gesamtkosten 1.188 EUR 826 EUR 12
Das verunglückte Testament Franz macht sein Testament. Dabei fällt im soviel ein, dass der Platz auf dem Papier immer weniger wird. Schließlich hat er unten keinen Platz mehr. Er weiß nur noch, er muss unterschreiben. Kurzerhand unterschreibt er oben rechts mit Ort und Datum. Er ist ledig und möchte sowohl seine beiden Brüder, als auch seine 6 Neffen gleichermaßen begünstigen. Andere Angehörige gibt es nicht mehr. Wert des Vermögens: 160.000 EUR Problem: Unterschrift 13
Erbschaftsteuer gewollt Alle Erben gehören zur Steuerklasse II mit einem Freibetrag von 20.000 EUR (2009). Jeder Erbe bekommt 20.000 EUR. Berechnung der Erbschaftsteuer für alle acht Erben: Wert des Erwerbs 20.000 EUR./. Freibetrag - 20.000 EUR steuerpflichtig 0 EUR keine Erbschaftsteuer 14
Erbschaftsteuer tatsächlich Alle Erben gehören zur Steuerklasse II mit einem Freibetrag von 20.000 EUR (2009). Erben sind jetzt nur die beiden Brüder. Berechnung der Erbschaftsteuer für die beiden Brüder: Wert des Erwerbs 90.000 EUR./. Freibetrag -20.000 EUR steuerpflichtig mit 30% 70.000 EUR = Erbschaftsteuer 21.000 EUR Gesamtbelastung 42.000 EUR 15
Pflichtteilanspruch ( 2303 ff. BGB) Berechtigte Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner Höhe Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils Bemessungsgrundlage Nachlass zzgl. 10-jährige Schenkungen mit Abschmelzung Vermeidbarkeit Entziehung nur in groben Ausnahmefällen Pflichtteilsverzichtvertrag 16
Systematik der Erbschaftsteuer Wer in einem Testament nicht bedacht worden ist, findet Trost in dem Gedanken, dass der Verstorbene ihm vermutlich die Erbschaftsteuer ersparen wollte. Peter Ustinov (1921-2004) 17
Bemessungsgrundlage Steuerpflichtiger Erwerb Schenkung unter Lebenden Bereicherung Erwerb von Todes wegen Vermögensanfall nach Steuerwerten./. Steuerbefreiungen./. Nachlassverbindlichkeiten = steuerpflichtiger Erwerb = Bereicherung./. Steuerbefreiungen = steuerpflichtiger Erwerb Steuerklassen 15 ErbStG Steuersätze 19 ErbStG 18
Steuerklassen 15 ErbStG I II III 1. Ehegatte 2. Kinder, Stiefkinder 3. Abkömmlinge von 2 4. Eltern, Voreltern bei Erwerb von Todes wegen 1. Eltern, Voreltern, sofern nicht I 2. Geschwister 3. Abkömmlinge 1. Grades von 2 4. Stiefeltern 5. Schwiegerkinder 6. Schwiegereltern 7. geschiedene Ehegatte alle übrigen Personen 19
Persönliche Freibeträge 16 ErbStG ab 2009 1. Ehegatte 500.000 2. Kinder, Stiefkinder, Kinder verstorbener Kinder und Stiefkinder 400.000 3. Enkelkinder 200.000 4. Eltern, Großeltern bei Erbschaften 100.000 5. Steuerklasse II 20.000 6. Lebenspartner 500.000 7. übrige Personen III 20.000 20
Sachliche Freibeträge 13 ErbStG Steuerklasse ErbStG Begünstigungstatbestand Freibetrag I Nr. 1a Hausrat, Wäsche, Kleidungsstücke 41.000 I Nr. 1b andere bewegliche körperliche Gegenstände 12.000 II Nr. 1c Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände 12.000 21
Steuersätze 19 ErbStG Stpfl. Erwerb I II III 75.000 7 15 30 300.000 11 20 30 600.000 15 25 30 6.000.000 19 30 30 13.000.000 23 35 50 26.000.000 27 40 50 darüber 30 43 50 22
Bewertung von Grundvermögen 176-198 BewG unbebaute Grundstücke Fläche / Bodenrichtwerte bebaute Grundstücke Vergleichswertverfahren (z. B. Wohneigentum) Ertragswertverfahren (z. B. Mietwohngrundstücke) Sachwertverfahren (andere Grundstücke) Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts Grundsatz der verkehrswertnahen Bewertung 23
Begünstigungen bei Grundvermögen 1. Bewertungsabschlag: bei Übertragung zu Wohnzwecken vermieteter Immobilien 10% 2. Übertragung des Familienwohnheims auf den Ehegatten/ Lebenspartner: auch anteilig bei einer Immobilie möglich keine Behaltefristen 3. Erwerb von Todes wegen unter Ehegatten: Erblasser muss die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben Erwerber muss die Wohnung auch zu Wohnzwecken nutzen Behaltefrist 10 Jahre, es sei denn Erwerber ist aus zwingenden Gründen gehindert (z. B. Pflegeheim) 24
Begünstigungen bei Grundvermögen 4. Erwerb von Todes wegen durch Kinder: Erblasser muss die Wohnung bis zum Tod selbst genutzt haben Erwerber muss unverzüglich nach Erwerb die Wohnung selbst nutzen Behaltefrist 10 Jahre Begrenzt auf 200 m² (Freibetrag) entspricht das der Lebensrealität? 25
Übertragung von Betriebsvermögen 26
Nicht nur erbschaftsteuerliche Überlegungen anstellen Was will der Erblasser tatsächlich? Wie geeignet sind die Erben? Ertragssteuerliche Konsequenzen z. B. Betriebsaufspaltung GmbH & Co. KG Berliner Testament (Freibeträge!) 27
Bewertung von Betriebsvermögen Kapitalgesellschaften (nicht börsennotiert) Einzelunternehmen/ Personengesellschaften Vergleichswerte wenn nicht möglich Ermittlung des gemeinen Werts auf Basis des vereinfachten Ertragswertverfahrens oder anderer anerkannter Methoden 28
Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer 29
Bei Steuerreformen immer beachten Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, dass man möglichst viel Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält. Jean Baptiste Colbert (1619-1683) 30
Steuerliche Vergünstigungen Regelverschonung Optionsmodell 100 85% des begünstigten Vermögens bleiben verschont Voraussetzungen: 1. Verwaltungsvermögen < 50% 2. Behaltefrist 5 Jahre 3. Lohnsumme in 5 Jahren 400% (gilt nicht, wenn bis zu 20 Beschäftigte) o der letzten 5 Jahre vor Erwerb Abzugsbetrag 150.000 EUR abschmelzend 100% des begünstigten Vermögens bleiben verschont Voraussetzungen: 1. Verwaltungsvermögen < 10% 2. Behaltefrist 7 Jahre 3. Lohnsumme in 7 Jahren 700% (gilt nicht, wenn bis zu 20 Beschäftigte) o der letzten 5 Jahre vor Erwerb kein Abzugsbetrag, da 100% Verschonung 31
Begünstigtes Vermögen Einzelunternehmen Personengesellschaft (auch Anteil) GmbH > 25% 32
Verschonungsregelungen - Verwaltungsvermögen Anteil Verwaltungsvermögens = Verwaltungsvermögen 13b Abs. 2 ErbstG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (Ausnahme: BA, SBV, Betriebsverpachtung an künftigen Erben, innerhalb Konzern, LuF Nutzung, gew. Wohnungsvermietungsges.) Anteile KapG <25% Pfandbriefe Geldmarktfonds Festgeldfonds Unternehmensanleihen Schuldbuchforderungen gem. Wert des Verwaltungsvermögens gemeiner Wert Betrieb Kein Verwaltungsvermögen Geld Sichteinlagen Sparanlagen Festgeldkonten Forderungen LuL Forderungen verb. Unternehm. Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen Immer mit dem gem. Wert anzusetzen ist Verwaltungsvermögen, das innerhalb zwei Jahre vor dem Erwerb BV wurde 33
Vergleich Besteuerung von unterschiedlichen Vermögensarten 34
Beispiel Der verstorbene Unternehmer A hat per Vermächtnis die folgenden Vermögenswerte auf seine 3 Kinder testamentarisch übertragen: Kind 1: Einzelunternehmen im Wert von 1 Mio EUR Kind 2: 2 Häuser a) Mietshaus im Wert von 500 T b) Familienwohnheim von 500 T Kind 3: Bargeld und festverzinsliche Wertpapiere im Wert von 1 Mio EUR. 35
Besteuerungsvergleich Text Betriebsvermögen Grundvermögen ½ Mietshaus ½ Familienheim Geldvermögen Wert 1.000.000 1.000.000 1.000.000 Steuerbefreiung - 850.000-500.000 Abzugsbetrag - 150.000-50.000 Steuerpfl. Erwerb 0 450.000 1.000.000 Persönlicher FB 0 400.000 400.000 BMG 0 50.000 600.000 Erbschaftsteuer 0 3.500 90.000 36
Ausblick Fazit 37
Unternehmensnachfolge Innerhalb Familie möglich? Alter: 55+ Ja, Nachfolge in 2013 sinnvoll? Beratung 38