Übung Erddruck 1 Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau L Erddruck Inhaltsverzeichnis L.1 Allgemeines 1 L.1.1 Flächenbruch Linienbruch 3 L. Erdruhedruck 4 L.3 Aktiver Erddruck 6 L.3.1 Winkeldefinitionen 6 L.3. Einfluss der Erddruckneigung 6 L.3.3 Beispiel 9 L.4 Passiver Erddruck 1 L.4.1 Winkeldefinitionen und Wandreibung 1 L.4. Beispiel 1 L.5 Teilmobilisierter Erdwiderstand E p,mob 14 L.5.1 Beispiel 15 L.1 Allgemeines Im Zusammenhang mit Setzungsberechnungen wurden bereits die im Boden wirksamen Vertikalspannungen aus Eigengewicht und zusätzlichen Auflasten betrachtet. Analog zum Verhalten von Feststoffen (Querdehnung) oder Flüssigkeiten (Hydrostatik) resultieren aus Vertikalspannungen auch Horizontalspannungen. Feststoffe besitzen eine ausreichende Festigkeit, um auch ohne seitliche Stützung stabil zu sein. Im Gegensatz dazu kann Wasser im Ruhezustand keine Schubspannungen übertragen, was dazu führt, dass die Spannungen in vertikaler und horizontaler Richtung gleich groß sind (hydrostatischer Spannungszustand). Das Verhalten von Boden liegt zwischen diesen beiden Fällen (siehe Bild L-1): Boden kann allenfalls (bei Vorliegen von Kohäsion) in geringem Maße Zugspannungen aufnehmen und ist somit bei vertikalem Abgraben ohne Stützung in der Regel nicht standsicher. Allerdings können aufgrund der vorhandenen Scherfestigkeit Schubspannungen übertragen werden, so dass die horizontalen und vertikalen Spannungen nicht gleich groß sind. Bild L-1: Spannungsverhältnisse: Wasser, Boden, Beton Lv/Vo 11.1 L:\ZG\L\Übung\Skript_EC7\L Erddruck\L-Erddruck.docx Ig / Be / Le 9.4.14 L:\ZG\L\Übung\Skript_EC7\L Erddruck\L-Erddruck.docx
Übung Erddruck Die zwischen einer stützenden Wand und dem Boden wirkende Kraft wird als Erddruck bezeichnet. Die Größe des Erddrucks ist abhängig von der Scherfestigkeit des Bodens. Sie hängt aber auch von der Relativverschiebung zwischen Wand und Boden ab: Findet keine horizontale Verschiebung der Wand statt, so werden keine Scherkräfte mobilisiert, es herrscht Erdruhedruck E. Bewegt sich die Wand vom Boden weg, so ist eine Entspannung möglich, die eine Mobilisierung von Scherkräften und damit eine Reduzierung des Erddrucks zur Folge hat; schon bei sehr geringen Verformungen wirkt das Minimum des Erddrucks, der aktive Erddruck E a. Entsteht allerdings eine Verspannung des Bodens durch eine Verschiebung der Wand zum Boden hin, so stellt sich im Extremfall der passive Erddruck oder Erdwiderstand E p ein. Zur Mobilisierung des vollen Erdwiderstands sind aber große Verformungen notwendig. Bild L-: Erddruck in Abhängigkeit von der Verschiebung In Abhängigkeit von der Verformung stellen sich Zwischenzustände ein: Zwischen dem Erdruhedruck und dem aktiven Erddruck spricht man vom erhöhten aktiven Erddruck E a,erh. Bei einer Verspannung des Bodens zwischen dem passiven Erddruck und dem Erdruhedruck wird ein teilmobilisierter Erdwiderstand E p,mob geweckt. Bei der Ermittlung des Erddruckes werden immer nur die effektiven Spannungen im Boden betrachtet. Die horizontalen und vertikalen effektiven Spannungen sind mit dem Erddruckbeiwert K miteinander verknüpft. Ändern sich die vertikalen Spannungen zz z.b. durch eine Änderung der effektiven Wichte von γ zu γ oberhalb und unterhalb des Grundwasserstandes, so geht dies auch mit einer Änderung der horizontalen Spannungen xx einher. Im Verlauf der Erddruckspannung wird dies durch einen Knick deutlich. Ändert sich die Scherfestigkeit an einem Schichtwechsel, so geht dies in eine sprunghafte Änderung des Erddruckbeiwertes ein es entsteht ein Sprung in der Erddruck- Spannungsverteilung.
Übung Erddruck 3 L.1.1 Flächenbruch Linienbruch Ist der Grenzwert des aktiven oder passiven Erddrucks erreicht, stehen keine weiteren inneren Reaktionskräfte zur Stützung des Bodens mehr zur Verfügung. Bei weiterer Verformung ist mit einem Zerscheren des Haufwerks zu rechnen. Dieses Versagen kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: - Flächenbruch: Hinter der Wand entsteht ein vollkommen plastifizierter Körper, Erddrucktheorie nach Rankine. - Linienbruch: Ein monolithischer Körper rutscht entlang einer Fuge ab, Erddrucktheorie nach Coulomb. Die möglichen Versagens -Mechanismen sind analog denen eines Probekörpers beim Triaxialversuch, Bild L-3. Bild L-3: a) Flächenbruch b) Linienbruch Das Versagen des Bodens hinter einer Wand, der durchschert wird, führt nicht zu einem Versagen des Gesamtsystems Wand + Boden, wenn die Wand hinreichend gestützt wird. Die Erddrucktheorie nach Rankine gilt bei geneigtem Gelände und Erddruck nur, wenn die Resultierende des Erddrucks parallel zur Geländeoberfläche verläuft. Außerdem können nur vertikale Oberflächenlasten korrekt berücksichtigt werden. Dadurch ist die Theorie in ihrer Anwendbarkeit eingeschränkt.
Übung Erddruck 4 L. Erdruhedruck Der Erddruck, der auf eine unverschiebliche Wand wirkt, wird als Erdruhedruck bezeichnet. Es treten keine Verformungen zwischen Bauwerk und Boden auf. Das Verhältnis zwischen horizontalen und vertikalen Spannungen wird durch den Erdruhedruckbeiwert K ausgedrückt: K = xx zz ' ' In der Bodenmechanik hat sich folgende empirische Beziehung zur Ermittlung des Erdruhedruckbeiwertes durchgesetzt: K = 1 sin ϕ (nach Jaky) Der Erdruhedruck ist danach nur vom Reibungswinkel des Bodens, nicht aber von der Kohäsion abhängig. Beispiel: Für den in Bild L-4 dargestellten Baugrund soll die Verteilung des Erdruhedrucks und der gesamten horizontalen Spannungen bis auf Kote - 7, m ermittelt werden. Zur Ermittlung des Erdruhedrucks muss zunächst die Verteilung der effektiven Vertikalspannungen berechnet werden. Unter Verwendung des Erdruhedruckbeiwerts lassen sich daraus die effektiven Horizontalspannungen bestimmen. Zur Vollständigkeit wird im Folgenden auch der Verlauf der Porenwasserdrücke und der totalen Spannungen dargestellt. Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Erddrucks ist es sinnvoll, effektive Spannungen und Porenwasserdrücke getrennt zu behandeln. GW = -3, Sand -5, Ton γ = 18 kn/m³ γ' = 1 kn/m³ ϕ' = 3,5 c' = kn/m² γ = kn/m³ γ' = 1 kn/m³ ϕ' = 17,5 c' = kn/m² Bild L-4: Baugrundaufbau für alle Beispiele zum Erddruck Kote Schicht γ / γ zz ϕ K xx = e [kn/m³] [kn/m²] [ ] [-] [kn/m²], -3, Sand 18, 3 18 = 54 3,5,463 5, -5, 1, 54 + 1 = 74 34,3-5, Ton -7, 1 74 74 + 1 = 94 17,5,699 51,8 65,8
Übung Erddruck 5 Vertikalspannungen [kn/m²] 54, 54, 74, 94, 94, 4, 134, effektive Spannungen zz Porenwasserdruck u totale Spannungen zz = zz + u Erdruhedruck [kn/m²] 5, 5, 34,3 51,8 54,3 71,8 65,8 4, 15,8 effektive Spannungen xx Porenwasserdruck u totale Spannungen xx = xx + u Bild L-5: oben: Verteilung der Vertikalspannungen unten: Verteilung der horizontalen Spannungen bei Erdruhedruck
Übung Erddruck 6 L.3 Aktiver Erddruck Aktiver Erddruck stellt sich bei einer Entspannung des Baugrunds durch eine Verformung der stützenden Wand ein. Es ist der kleinste mögliche Erddruck; zu seiner Mobilisierung sind horizontale Verformungen in der Größenordnung von etwa 1 der Wandhöhe erforderlich. L.3.1 Winkeldefinitionen Zur Ermittlung des Erddrucks auf geneigte Wände bzw. bei geneigtem Gelände müssen die Winkel einheitlich definiert werden, siehe Bild L-6: - Geländeneigung: β > bei ansteigendem Gelände. Der Erddruckbeiwert wird bei steigendem β größer. - Wandneigung: α < wenn die Wand gegen den Boden geneigt ist. Bei α > wird der Erddruck größer und umgekehrt. Bild L-6: Schnitt hinter Verbauwand; aktiver Erddruck, Winkeldefinition - Erddruckneigung: δ a > wenn die Erddruckkraft den abrutschenden Keil stützt. L.3. Einfluss der Erddruckneigung Gleitet ein Bodenkeil auf einer Bruchfuge ab, so stellt sich meistens auch eine Relativverschiebung zwischen dem Boden und der Wand ein. Bei rauen Wandoberflächen führen diese Relativverschiebungen zu Reibungskräften. Die Erddruckkraft ist dann nicht mehr horizontal, sondern geneigt anzusetzen. Die Größe und Richtung des Erddruckneigungswinkels ist abhängig von der Rauhigkeit der Wand sowie der Art und Richtung der Relativverschiebung. Bild L-7 zeigt den Einfluss des Erddruckneigungswinkels auf die Größe des Erddrucks. Setzt sich ein abrutschender Bodenkeil stärker als die Wand (δ a > ), so wirkt sich die Wandreibung mindernd auf den Erddruck aus. Dies ist bei Stützwänden in der Regel der Fall. Der Bodenkörper stützt sich quasi auf der Wand auf. Sollte sich aber die Wand stärker setzen (δ a < ) als der dahinterliegende Boden, wie dies z.b. bei vernagelten Spritzbetonschalen der Fall sein kann, so erhöht sich der Erddruck. δ a < E a δ a > δ a = G Q ϑ a = 45 + φ / φ E a E a Ea Q Q Q G G G δ a < δ a = δ a > Bild L-7: Einfluss des Erddruckneigungswinkels auf die Größe des aktiven Erddrucks
Übung Erddruck 7 Für den Regelfall setzt man einen Erddruckneigungswinkel von δ a = /3 ϕ an. Dies beinhaltet eine ausreichende Gleitsicherheit gegenüber dem maximal möglichen Erddruckneigungswinkel δ a = ϕ. L.3..1 Aktiver Erddruck nach Rankine Rankine hat eine Theorie für den Fall aufgestellt, dass der gesamte Bruchkörper hinter der Wand plastifiziert, das heißt, an jeder Stelle ist die Bruchbedingung des ebenen Verformungszustandes erreicht. Rankine definiert den aktiven Erddruckbeiwert als das Verhältnis der kritischen Hauptspannungen (Voraussetzung horizontales Gelände, senkrechte Wand, keine Erddruckneigung, α = β = δ a = ): Bild L-8: Flächenbruch nach Rankine (ohne Kohäsion) K a = 3 1 = tan (45 ϕ' /) Damit ergibt sich für die Horizontalspannungen im aktiven Fall für kohäsionslosen Boden: 1 sinϕ' 1+ sinϕ' 3 = K a 1 = 1 = tan (45 ϕ' /) Mit Berücksichtigung der Kohäsion eines bindigen Bodens ergibt sich: cosϕ 1+ sinϕ 3 = Ka 1 c = Ka 1 c' Ka Die durch Kohäsion aufnehmbaren Zugspannungen werden in der Regel nicht angesetzt. Nur im Zusammenhang mit Erddruckumlagerungen und Erddruck aus Lasten an der Geländeoberfläche wird die einwirkungsmindernde Wirkung der Kohäsion berücksichtigt (siehe Übung M). 1 Die Flächen, in denen das Spannungsverhältnis haben die Neigung ( 45 + ' / ) ϑ1, = 9 m ϕ (siehe Bild L-8) τ kritisch wird (Rankine sches Gleitlinienfeld) Der Rankine-Fall ist zwängungsfrei mit einer Fußpunktdrehung der Wand verträglich, die Verteilung der Erddruckspannung ist dann linear mit der Tiefe zunehmend.
Übung Erddruck 8 L.3.. Aktiver Erddruck nach Coulomb Geht man von einer Parallelverschiebung der Wand aus, so kann man das Versagen des Bruchkörpers entlang einer Fuge annehmen. Die Größe der Erddruckkraft lässt sich durch Gleichgewichtsbetrachtung am Bruchkörper leicht ermitteln (siehe Bild L-7); durch Variation der Bruchfugenneigung findet sich ein lokales Maximum. Der mit dieser Neigung ermittelte Erddruck ist der physikalisch mögliche minimale Erddruck, der aktive Erddruck. In einem kohäsionslosen Boden ergibt sich die maßgebende Bruchfuge als unter dem Winkel ϑ a = 45 + ϕ / gegen die Horizontale geneigte Gerade. Bei α = β = δ a = ergibt sich der aktive Erddruckbeiwert K a zu K a = tan (45 ϕ' /) Im allgemeinen Fall berechnet sich der horizontale Erddruckbeiwert K ah zu K ah = 1+ sin cos cos ( ϕ α) ( ϕ + δa ) sin( ϕ β) ( α + δ ) cos( α β) a cos α Für den Sonderfall horizontales Gelände und senkrechte Wand α = β = sind die Beiwerte für bestimmte Erddruckneigungswinkel tabelliert: ϕ' 1 15,5 5 7,5 3 3,5 35 37,5 4 Erddruckbeiwert K ah für δ a = δ a = /3 ϕ' δ a = ϕ' 1,,7,59,49,45,41,37,33,3,7,4, 1,,65,5,43,38,35,31,8,5,,,18 1,,63,5,4,36,3,9,6,3,,18,16 Es wird wiederum eine mit der Tiefe linear zunehmende Spannungsverteilung angesetzt. Herrscht Kohäsion in der Bruchfuge, so wirkt diese dem Abgleiten des Bruchkörpers entgegen. Von den effektiven Horizontalspannungen kann der Anteil ' (c') = c' xx K ah abgezogen werden.
Übung Erddruck 9 L.3.3 Beispiel Für den beim Erdruhedruck untersuchten Baugrundaufbau soll nun der aktive Erddruck auf eine vertikale Wand mit einem Erddruckneigungswinkel δ a = /3 ϕ ermittelt werden. Kote Schicht γ / γ zz ϕ K ah xx (K ah ) c xx (c ) xx = e a, -3, Sand 18, -5, 1, -5, Ton -7, 1 [kn/m³] [kn/m²] [ ] [-] [kn/m²] [kn/m²] [kn/m²] [kn/m²] 3 18 = 54 54 + 1 = 74 74 74 + 1 = 94 3,5,5 17,5,475 13,5 18,5 35, 44,6 7,6 13,5 18,5 7,6 17, effektive Vertikalspannungen [kn/m²] aktiver Erddruck [kn/m²] 54, 13,5 13,5 74, 94, 18,5 18,5 35, 7,6 44,6 7,6 17, - effektive Spannungen 'zz 'xx (Reibung) 'xx (Kohäsion) 'xx (Gesamt) Bild L-9: Verteilung der effektiven Vertikalspannungen und des aktiven Erddrucks
Übung Erddruck 1 L.4 Passiver Erddruck Erdwiderstand tritt auf, wenn eine Stützwand gegen den Boden gedrückt wird. Der maximal mögliche Erdwiderstand wird als passiver Erddruck E p bezeichnet. Zur Mobilisierung des passiven Erddrucks müssen horizontale Verformungen von bis zu 1 % der Wandhöhe auftreten, was in der Regel für die Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerkes unverträglich ist. In der Praxis setzt man deshalb häufig nur 5 % des Erdwiderstandes an und geht davon aus, dass dies mit verträglichen Verformungen möglich ist. Soll die Interaktion zwischen Boden und Bauwerk genauer untersucht werden, so geschieht dies z.b. mit Hilfe einer Mobilisierungsfunktion (Abschnitt L.5). Nach der Theorie von Coulomb erhielt man beim aktiven Erddruck das Maximum der Erddruckkraft allein durch Variation der Neigung einer gradlinigen Bruchfuge. Eine Variation der Form (z.b. Kreisbogen) hat keine nennenswerten Auswirkungen. Im Gegensatz dazu muss beim passiven Erddruck auch die Form der Gleitlinie variiert werden, da dies bei Erddruckneigungswinkeln β (Geländeneigung) zu deutlich kleineren und somit maßgebenden Erddruckbeiwerten führt. L.4.1 Winkeldefinitionen und Wandreibung Die Winkeldefinitionen zur Geländeneigung und zur Neigung der Wand unterscheiden sich nicht von denen beim aktiven Erddruck. Allerdings ist der Erddruckneigungswinkel hier abweichend definiert: Er ist dann positiv, wenn er den ausbrechenden Bruchkörper am Aufgleiten hindert, d.h. in den Boden drückt (Bild L-1). Es sei darauf hingewiesen, dass sich in der Literatur auch andere Vorzeichendefinitionen finden. Die Größe des anzusetzenden Erddruckneigungswinkels beeinflusst die Größe des Erdwiderstandes erheblich (siehe Bild L-11). Auch hier wird aus Gründen der Gleitsicherheit in der Regel maximal δ p = /3 ϕ, oft auch nur δ p = 1/ ϕ oder δ p = 1/3 ϕ angesetzt. Beim passiven Erddruck wirkt der Einfluss der Wandreibung erhöhend. Deshalb muss bei Standsicherheitsberechnungen von Stützwänden, bei denen der Erdwiderstand zur Lastabtragung benötigt wird, immer kontrolliert werden, ob der angesetzte Erddruckneigungswinkel auch tatsächlich mobilisiert werden kann (mögliches Gleichgewicht vertikaler Kräfte). Bild L-1: Schnitt hinter Verbauwand; Erdwiderstand, Winkeldefinitionen δ p > E p δ p < Q δ p = δ p > G E p G Q Q φ δ p = Q δ p < ϑ p = 45 - φ / Bild L-11: Einfluss des Erddruckneigungswinkels auf die Größe des passiven Erddrucks E p E p G G
Übung Erddruck 11 L.4.1.1 Passiver Erddruck nach Rankine Ebenso wie beim aktiven Erddruck kann man auch hier zwischen Linien- und Flächenbruch unterscheiden. Erdwiderstandsbeiwerte nach der Theorie von Rankine erhält man, indem man in den in L.3..1 aufgeführten Formeln ϕ durch - ϕ ersetzt. Die Darstellung im Mohrschen-Spannungskreis ist in Bild L-1 zu sehen. Der passiver Erddruckbeiwert nach Rankine ergibt sich bei α = β = δ p = zu Bild L-1: Flächenbruch nach Rankine (ohne Kohäsion) K p = tan (45 + ϕ' /) Damit ergibt sich für die Horizontalspannungen im passiven Fall für kohäsionslosen Boden: 1 = K p 3 = tan (45 + ϕ /) ' Mit der Berücksichtigung der Kohäsion eines bindigen Bodens ergibt sich: 1 = Kp 3 + c' K p 3 Die Flächen, in denen das Spannungsverhältnis haben die Neigung ( 45 ϕ /) ϑ1, = 9 m ' (siehe Bild L-1) τ kritisch wird (Rankine sches Gleitlinienfeld) L.4.1. Passiver Erddruck nach Coulomb Wie beim aktiven Erddruck (vgl.l.3..) lassen sich für gerade Bruchfugen Erdwiderstandsbeiwerte analytisch berechnen: Bei α = β = δ p = ergibt sich der passive Erddruckbeiwert K p zu K p = tan (45 + ϕ' /) Im allgemeinen Fall berechnet sich der horizontale Erddruckbeiwert K ph zu K ph = 1 sin cos cos ( ϕ α) ( ϕ + δp ) sin( ϕ + β) ( α + δ ) cos( α + β) p cos α
Übung Erddruck 1 Die maßgebende Bruchfuge stellt sich unter dem Winkel ϑ p = 45 - ϕ / gegen die Horizontale ein (siehe Bild L-11). Wird eine gekrümmte Form der Bruchfuge angesetzt, lassen sich nicht mehr einfache analytische Beziehungen aufstellen, da hier weiter reichende Variationsrechnungen notwendig sind. Die Erddruckbeiwerte sind nachfolgend für einige Erddruckneigungswinkel tabelliert: ϕ' 1 1,5 15 17,5,5 5 7,5 3 3,5 35 37,5 4 gerade Bruchfugen Erddruckbeiwert K ph für kreisförmige Bruchfugen δ p = δ p = /3 ϕ' δ p = ϕ' δ p = δ p = /3 ϕ' δ p = ϕ' 1, 1,4 1,55 1,7 1,86,4,4,46,7 3, 3,3 3,69 4,11 4,6 1, 1,61 1,83,1,41,79 3,3 3,89 4,65 5,74 7,1 9,3 1,7 16,53 1, 1,7 1,98,3,75 3,31 4,5 5,7 6,53 8,74 1,33 18,8 3,54 7,9,46,73 3, 3,35 3,69 4,15 4,6 3,67 4,4 5,13 6,3 7,46 9,43 11,4 4,6 5,6 6,5 7,91 9,56 1,45 15,33 Maßgebend sind die hervorgehobenen Werte, da sie das Minimum darstellen. Auch beim Erdwiderstand wirkt die Kohäsion günstig, da sie einem Ausbrechen des Bruchkörpers entgegen wirkt. Bei Einfluss von Kohäsion kann vereinfachend für gerade ebenso wie für gekrümmte Gleitflächen der Wert ' xx (c') = c' K ph zu den Erddruckspannungen addiert werden. L.4. Beispiel Für den beim Erdruhedruck und beim aktiven Erddruck betrachteten Baugrundaufbau soll nun der Erdwiderstand für einen Erddruckneigungswinkel von δ p = /3 ϕ berechnet werden. Für Reibungswinkel ϕ < 5 nähert sich die maßgebende Bruchfugenform einer Geraden an, so dass die Erddruckbeiwerte für gerade Bruchfugen angesetzt werden können.
Übung Erddruck 13 Kote Schicht γ / γ zz ϕ K ph xx (K ph ) c xx (c ) xx = e p, -3, Sand 18, -5, 1, -5, Ton -7, 1 [kn/m³] [kn/m²] [ ] [-] [kn/m²] [kn/m²] [kn/m²] [kn/m²] 3 18 = 54 54 + 1 = 74 74 74 + 1 = 94 3,5 6,3 17,5,4 34, 466, 177,6 5,6 6, 34 466 4 88 effektive Vertikalspannungen [kn/m²] passiver Erddruck [kn/m²] 54, 34 34 74, 466 177,6 466 4 94, + 5,6 6, 88 effektive Spannungen 'zz 'xx (Reibung) 'xx (Kohäsion) 'xx (Gesamt) Bild L-13: Verteilung der effektiven Vertikalspannungen und des Erdwiderstandes Der hier aufgezeigte passive Erddruck stellt einen Grenzfall dar. Die zugehörigen großen Verschiebungen sind in der Praxis meist nicht verträglich.
Übung Erddruck 14 L.5 Teilmobilisierter Erdwiderstand E p,mob Der aktive Erddruck E a und der passive Erdruck E p stellen zwei Grenzfälle dar, zwischen denen der tatsächlich auftretende Erddruck liegt. Bei einer Verspannung des Bodens spricht man vom teilmobilisierten Erdwiderstand E p,mob. Die Größe der Teilmobilisierung hängt dabei von der Wandverformung ab (Bild L-14). Bild L-14: teilmobilisierter Erdwiderstand Der Verlauf der zugehörigen Erddruckspannungen kann mit Hilfe einer Mobilisierungsfunktion rechnerisch abgeschätzt werden, in welcher u.a. die vorhandenen Verformungen und die Tiefenlage des betrachteten Punktes als Variablen enthalten sind. In der Literatur finden sich viele unterschiedliche Mobilisierungsfunktionen, die in der Regel empirisch gefunden wurden und deren Anwendbarkeit somit stark von den jeweiligen Randbedingungen abhängt. Beispielhaft sei hier die Mobilisierungsfunktion nach Vogt (1984) vorgestellt: v / z Kh = K + (Kph K) a + v / z K K ph v z a Erdruhedruckbeiwert Beiwert für den horizontalen Anteil des Erdwiderstandes Wandverschiebung Tiefe bodenabhängiger Parameter (z.b. a =,3 für dicht gelagerten Sand und a =,11 für locker gelagerten Sand)
Übung Erddruck 15 L.5.1 Beispiel Eine massive Betonwand wurde als Pressenwiderlager für ein Tunnelbauwerk verwendet, wobei die Pressenkräfte horizontal in das Widerlager eingeleitet wurden (siehe Bild L-15). Die beim Vorschub aufgetretenen horizontalen Wandverschiebungen betrugen dabei ca., cm und waren über die Wandhöhe annähernd konstant, so dass von einer Parallelverschiebung der Wand ausgegangen werden kann. Gesucht sind Größe und Verteilung des hinter der Wand mobilisierten Erdwiderstandes. Pressenkraft Pressenkraft Sand γ = 18, kn/m³ ϕ' = 3,5 c' = kn/m² -5, m Bild L-15 Zur Ermittlung des Erdruckbeiwertes K h werden die Eingangsgrößen bestimmt: K = (1 sin ϕ ) = (1 - sin 3,5 ) =,46 Bei einer Parallelverschiebung treten keine Relativverschiebungen Wand Boden auf, so dass der Beiwert für den horizontalen Anteil des Erdwiderstandes K ph mit einem Wandreibungswinkel δ p = aus der Tabelle abgelesen werden muss. K ph = 3,3 Der Betrag der Wandverschiebung v ist in diesem Beispiel über die Wandhöhe konstant. v =, m Der Parameter a wird für einen dicht gelagerten Sand mit,3 angenommen. Anschaulich bedeutet dies, dass bei einer angenommenen Kopfpunktdrehung von 3 % der Wandhöhe 5 % des passiven Erddruckes mobilisiert werden würden.
Übung Erddruck 16 Hiermit errechnet sich der höhenabhängige Erddruckbeiwert K h für den teilmobilisierten Erdwiderstand zu: v / z Kh = K + (Kph K) a + Kote z [m] zz [kn/m²] v / z, / z =,46 + (3,3,46),3 +,/ z xx (K ) [kn/m²] xx (K ph ) [kn/m²] K h xx (K h ) [kn/m²],1,,1,6 3,8,6,5 9, 4,1 9,9,9 18,8 1, 18, 8,3 59,8 1,6 8,9 1,5 7, 1,4 89,6 1,34 36,, 36, 16,6 119,5 1,18 4,3 3, 54, 4,8 179,3,98 5,9 4, 7, 33,1 39,,87 6,5 5, 9, 41,4 98,8,8 71,7 'xx Pressenkraft Pressenkraft Sand γ = 18, kn/m³ ϕ' = 3,5 c' = kn/m² 18,8 8,9 36, 4,3 5,9 'xx = K γ z 6,5 'xx = Kph γ z 'xx = Kh γ z -5, m Bild L-16: Darstellung der horizontalen Spannungen z 71,7