Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) Teil 1 - Handelsrecht Fälle, Lösungsskizzen und Lösungen Fälle 10-12

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Transkript:

Wiss. Mitarbeiter Dr. Oliver Mörsdorf Institut für IPR und Rechtsvergleichung der Universität Bonn Adenauerallee 24-42 (Ostturm), Zimmer 312, 53113 Bonn Tel.: 0228/737979 Fax: 0228/737980 Email: oliver.moersdorf@uni-bonn.de Fall 10 - Partyservice Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) Teil 1 - Handelsrecht Fälle, Lösungsskizzen und Lösungen Fälle 10-12 Peter P aus Porz betrieb seit 1997 einen Partyservice für den Köln/Bonner Raum unter der Bezeichnung Partyservice Porz. Zum 1.1.2002 veräußerte er das inzwischen recht umsatzstarke Unternehmen für 75.000 Euro an den Koch Kevin K aus Köln. K benutzte in der Folgezeit die bei den Kunden gut eingeführte Geschäftsbezeichnung Partyservice Porz ebenso weiter wie die Briefbögen des P. Ende 2001 hatte P noch einen mobilen Bierstand für 5.000 Euro beim Hersteller H in Auftrag gegeben. Die Lieferung erfolgte pünktlich im Juli 2002 zum Lager des Partyservice in Porz. H möchte wissen, ob er von P und/oder K Zahlung des Bierstandes verlangen kann. Fall 10 Lösungsskizze I. H? P auf Zahlung von 5.000 Euro AGL: 433 II BGB Kaufvertrag zw. H und P (+) Enthaftung des P gemäß 26 HGB ( ) II. H? K auf Zahlung von 5.000 Euro AGL: 433 II BGB i.v.m. 25 I HGB 1. Partyservice Porz = vollkaufmännisches Handelsgewerbe i.s.v. 1 II HGB (+) 2. Veräußerung unter Lebenden (+), durch Vertrag zw. P und K 3. Firmenfortführung durch K (+) 4. Kaufpreisanspruch = im Betrieb begründete Verbindlichkeit (+) K haftet für die Altverbindlichkeit Anspruch H? K auf Zahlung von 5.000 Euro (+) III. K und P = Gesamtschuldner i.s.v. 421 BGB Fall 10 Lösung I. Fraglich ist, ob H von P Zahlung des Bierstandes in Höhe von 5.000 Euro verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte 433 II BGB sein, wonach der Käufer verpflichtet ist, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Ein Kaufvertrag über den Bierstand ist zwischen H und P (als damaligem Inhaber des Partyservice Porz ) zustande gekommen. Aus diesem Vertrag ist P daher zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. Eine Enthaftung des P gemäß 26 HGB kommt von vornherein nicht in Betracht, da jedenfalls die 5-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen ist.

II. Zu prüfen ist weiterhin, ob H auch von K Zahlung in Höhe von 5.000 Euro verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte hier 433 II BGB i.v.m. 25 I HGB sein. Gemäß 25 I HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten. 1. Da der Partyservice Porz als recht umsatzstarkes Unternehmen beschrieben wird, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe i.s.v. 1 II HGB handelt. 2. Dieses Unternehmen wurde unter Lebenden, nämlich durch Vertrag zwischen P und K, veräußert. 3. Weiterhin liegt auch eine Firmenfortführung durch K vor, da er nach der Übernahme die gut eingeführte Geschäftsbezeichnung Partyservice Porz weitergeführt und im Geschäftsverkehr auch die entsprechenden Geschäftsbögen des P verwendet hat. 4. Bei dem fraglichen Kaufpreisanspruch handelt es sich zuletzt auch um eine im Betrieb des bisherigen Inhabers begründete Verbindlichkeit. K hat daher als Firmenerwerber für diese Altverbindlichkeit einzustehen. III. Im Ergebnis kann daher H auch von K Zahlung verlangen, wobei K und P Gesamtschuldner i.s.v. 421 BGB sind, H die Leistung also von jedem, insgesamt aber nur einmal fordern kann. Fall 11 Metallwarenfabrik Das unter der Bezeichnung K.R.-Metallwarenfabrik GmbH firmierende Unternehmen war finanziell zusammengebrochen, die Eröffnung des Konkursverfahrens (heute: Insolvenzverfahrens) mangels Masse abgelehnt und das Erlöschen der GmbH ins Handelsregister eingetragen worden. Nunmehr entschloss sich die K.R. KG, die diese Firma schon vorher führte und sich bisher nur als Grundstücksgesellschaft betätigte, den früheren - Geschäftsbetrieb der GmbH fortzuführen. Sie benutzte die an die frühere GmbH vermieteten Geschäftsräume weiter, übernahm einen Teil des Personals, verwendete weiterhin Maschinen und Einrichtungsgegenstände und behielt Postfach, Telefonanschluß und Firmenemblem bei. Ihrer eigenen Firma fügte sie den zuvor von der GmbH geführten Zusatz Metallwarenfabrik hinzu. Ein Gläubiger der GmbH verlangte daraufhin Zahlung einer ausstehenden Kaufpreisforderung von der KG (BGH NJW 1992, 911). Fall 11 Lösungsskizze G? KG auf Kaufpreiszahlung AGL: 433 II BGB i.v.m. 25 I HGB 1. Übernommener Betrieb = Handelsgeschäft? Hier (+), als GmbH gemäß 13 III GmbH, zusätzlich Voraussetzungen des 1 HGB (+) 2. Erwerb des Unternehmens unter Lebenden. Hier (+), Übernahme aller wesentlichen Produktionsmittel; Übergang des Unternehmens (Metallwarenfabrik) von einem Rechtsträger (GmbH) auf einen anderen (KG) 2

3. Firmenfortführung hier (+), Übernahme des Firmenkerns reicht aus 4. Ausnahme von 25 I BGB bei Erwerb vom Insolvenzverwalter hier ( ), da Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet Sinn der Ausnahme (Verwertung durch Insolvenzverwalter) greift hier nicht. KG haftet für alle Verbindlichkeiten der GmbH Fall 11 Lösung Fraglich ist, ob G von der KG Zahlung der Kaufpreisforderung verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte hier 433 II BGB i.v.m. 25 I HGB sein, denn gemäß 25 I HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten. Zu prüfen ist, ob eine derartige Firmenfortführung vorliegt. 1. Voraussetzung ist zunächst, dass es sich bei dem übernommenen Betrieb um ein Handelsgeschäft handelt. Dies ist bei dem Unternehmen einer Metallwarenfabrik der Fall, das als GmbH bereits nach 13 III GmbH Kaufmann ist, im Übrigen aber auch die Voraussetzungen des 1 HGB erfüllt. 2. Zu prüfen ist weiterhin ein Erwerb des Unternehmens unter Lebenden. Die K.R. KG hat hier alle wesentlichen Produktionsmittel des bisher von der GmbH betriebenen Unternehmens übernommen und daher das Unternehmen von dieser erworben. Der Erwerb setzt nicht zwingend einen Unternehmenskaufvertrag mit dem Veräußerer voraus, sondern entscheidend ist, dass das bisher von einem Rechtsträger (hier der GmbH) betriebene Unternehmen (die Metallwarenfabrik) auf einen anderen Unternehmensträger (hier die KG) übergegangen ist. 3. Fraglich könnte aber sein, ob auch eine Firmenfortführung vorliegt. Die bisherige Firma (= der Name des Kaufmanns) lautete nämlich K.R.-Metallwarenfabrik GmbH und diese Bezeichnung wurde nicht komplett fortgeführt. Entsprechend der Rechtsform des fortführenden Unternehmens wurde vielmehr der Zusatz KG statt GmbH geführt. Für die Firmenfortführung kommt es jedoch nicht darauf an, dass der Name komplett übernommen wird, sondern dass der so genannte Firmenkern fortgeführt wird. Der Rechtsverkehr orientiert sich nicht an den auf eine Gesellschaftsform hindeutenden Zusätzen, sondern an den prägnanten Teilen des Namens. Da das übernehmende Unternehmen die insoweit entscheidende Bezeichnung K.R.-Metallwarenfabrik weitergeführt hat, liegt eine Firmenfortführung vor. 4. Die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme von 25 I HGB im Fall des Erwerbs vom Insolvenzverwalter (früher: Konkursverwalter) liegt hier nicht vor, da ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet worden war. Der Sinn der Ausnahme liegt allein darin, dem Insolvenzverwalter die Verwertung der Masse durch Veräußerung des ganzen Unternehmens zu ermöglichen, was bei einer Forthaftung des Erwerbers für alle Verbindlichkeiten nicht gelingen könnte. Ist aber gar kein Verfahren eröffnet worden, greift dieser Gedanke nicht ein. 3

Daher ist die KG dem G (und allen anderen Gläubigern) zur Zahlung für die im Betrieb der Metallwarenfabrik begründete Verbindlichkeit verpflichtet. Fall 12 Syntec KG Der Informatiker I hatte mit ca. 30 Mitarbeitern unter der im Handelsregister eingetragenen Bezeichnung Wolfgang Immekeppel Softwarehaus über viele Jahre (zuletzt mit dem Zusatz e.k. ) ein Unternehmen betrieben, das sich mit der Entwicklung und dem Verkauf von Software beschäftigte. Da er die Kapazitäten des Unternehmens ausweiten wollte, suchte er sich Ende 2000 einen finanzstarken Partner, den Fabrikanten F. Dieser war bereit, sich als Kommanditist mit einer Einlage von 5 Mio. Euro an dem Unternehmen des I zu beteiligen. Für die neue Gesellschaft sollte ein schlagkräftiger neuer Name gefunden werden. Die von I und F gegründete Gesellschaft wurde deshalb mit dem Namen Syntec KG zum Handelsregister Bonn angemeldet und nahm ihre Geschäfte am 1.1.2001 auf. Im März 2001 meldete sich ein Kunde K, der im November 2000 von I einen speziellen Server zum Preis von 10.000 Euro bezogen hatte, bei der KG und verlangte Ersatzlieferung oder Reparatur, weil der von I gelieferte Server mangelhaft war. Besteht ein Nachlieferungsanspruch gegen die KG? Fall 12 Lösungsskizze K? Syntec KG auf Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Reparatur) AGL: 437 Nr. 1, 434, 439 BGB i.v.m. 28 I HGB sein. 1. Verbindlichkeit früheren Geschäfts Hier Nacherfüllungsanspruch gemäß 437 Nr. 1, 434, 439 BGB a) wirksamer Kaufvertrag zw. I und K (+) b) Sachmangel i.s.v. 434 BGB (+) c) bei Gefahrübergang = Übergabe; vgl. 446 BGB (+) d) Verjährungsfrist des 438 I Nr. 3 BGB (2 Jahre) nicht abgelaufen => Nacherfüllungsanspruch des K (+)> 2. Haftung der Syntec KG für diesen Anspruch gemäß 28 I HGB a) einzelkaufmännisches Unternehmen i.s.v. 1 ff. HGB hier Kaufmann (+), jedenfalls Eintragung gemäß 2 HGB Prüfung des 1 II HGB entbehrlich b) Einbringung des Unternehmens in die neu gegründete Syntec KG (+) c) Firmenfortführung nicht erforderlich Haftung der KG für die Altverbindlichkeiten (+) Anspruch K > KG auf Nacherfüllung (+) Fall 12 Lösung Fraglich ist, ob K von der Syntec KG Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Reparatur) verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnten 437 Nr. 1, 434, 439 BGB i.v.m. 28 I HGB sein. Gemäß 28 HGB haftet eine Gesellschaft, die durch Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters oder Kommanditisten in das Geschäft eines Einzelkaufmanns entstanden ist, für alle in diesem Geschäft begründeten Verbindlichkeiten fort, auch wenn die frühere Firma nicht fortgeführt wird. 4

1. Zu prüfen ist zunächst, ob eine Verbindlichkeit des früher einzelkaufmännisch betriebenen Geschäfts vorliegt. Diese könnte sich aus einem Nacherfüllungsanspruch gemäß 437 Nr. 1, 434, 439 BGB ergeben. a) Die erste Voraussetzung für diesen Anspruch, ein wirksamer Kaufvertrag, ist zwischen I und K gegeben. b) Weiterhin müsste ein Sachmangel im Sinne von 434 BGB vorliegen. Dies ist bei dem Server der Fall. c) Dieser Sachmangel war auch bereits bei Gefahrübergang (= Übergabe; vgl. 446 BGB) vorhanden. d) Die Verjährungsfrist des 438 I Nr. 3 BGB von zwei Jahren ist noch nicht abgelaufen. Daher hat K aus dem mit I geschlossenen Kaufvertrag einen Anspruch auf Nacherfüllung. 2. Fraglich ist, ob die Syntec KG für diesen Anspruch gemäß 28 I HGB haftet. a) Erste Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich bei dem Wolfgang Immekeppel Softwarehaus um ein einzelkaufmännisches Unternehmen i.s.v. 1 ff. HGB handelte. Da das Unternehmen im Handelsregister eingetragen war, muss nicht gesondert festgestellt werden, dass das Unternehmen vollkaufmännisch i.s.v. 1 II HGB war. Denn auch dann, wenn es sich um ein Kleingewerbe gehandelt haben sollte, wäre die Kaufmannseigenschaft jedenfalls gemäß 2 HGB begründet. b) In dieses Unternehmen ist F als Kommanditist eingetreten, d.h. das Unternehmen des I wurde in die neu gegründete Syntec KG eingebracht. Da 28 I HGB anders als 25 I HGB eine Firmenfortführung nicht voraussetzt, ist für die Haftung der KG unerheblich, dass der ursprüngliche Name des Kaufmanns I (= Firma i.s.v. 17 HGB) nicht fortgeführt, vielmehr durch Syntec KG ersetzt wurde. Die KG haftet daher für den im Betrieb des I begründeten Nacherfüllungsanspruch des K. Dieser kann (auch) von der KG Ersatzlieferung oder Reparatur verlangen. 5