Von der gemeinsamen Währung zur Europäischen Armee

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Transkript:

Beitrag zur Festschrift zum 70-sten Geburtstag von Hans-Gert Pöttering Heimat, Vaterland, Europa ; Herausgeber: Bernhard Vogel Von der gemeinsamen Währung zur Europäischen Armee von Karl von Wogau, Generalsekretär der Kangaroo Group Derzeit erleben wir wieder einmal eine der Krisen der Europäischen Union. Die permanente Insolvenz Griechenlands stellt das Währungssystem und den inneren Zusammenhalt der Gemeinschaft auf die Probe. Gleichzeitig haben die Ereignisse in der Ukraine gezeigt, dass Europa größere Anstrengungen für seine Sicherheit unternehmen muss. Aus diesem Grunde hat Jean-Claude Juncker die Schaffung einer Europäischen Armee gefordert. Angela Merkel hat sich dieser Forderung angeschlossen. Die Reaktion auf diese Initiative war verhalten positiv. Eine eigentlich zu erwartende starke Gegenreaktion aus Großbritannien blieb aus. Häufig wurde allerdings die Frage gestellt, ob es realistisch sei, zu erwarten, dass dieses Vorhaben in absehbarer Zeit zu verwirklichen sei. Ein Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass eine Verstärkung der Zusammenarbeit unbedingt notwendig ist. Die Mitgliedsländer der Europäischen Union geben derzeit jährlich 195 Milliarden für Verteidigung aus. Das ist mehr als das Doppelte der russischen Ausgaben für Verteidigung. Dennoch ist es die allgemeine Auffassung, dass wir ohne die Hilfe unserer amerikanischen Verbündeten nicht dazu in der Lage sind, unsere eigene Sicherheit zu garantieren. Darum ist es notwendig, darüber nachzudenken, wie die Effizienz unserer Ausgaben in diesem Bereich zu verbessert werden kann. Ein bisschen pooling und sharing, die Wundermittel der derzeitigen Diskussion, dürfte hier nicht ausreichen. Wir müssen uns der Frage stellen, ob wir dazu in der Lage sind, uns aus eigenen Kräften gegen jede mögliche Bedrohung zu verteidigen. Dabei sollten wir uns der Tatsache bewusst sein, dass ein reicher Kontinent wie Westeuropa, der nicht dazu in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, gefährlich lebt. Henry Kissinger schildert dieses Dilemma verschiedentlich in seinen Memoiren. Er schreibt, dass die Europäer immer wieder erwarten, dass die Amerikaner das Leben ihrer Soldaten und ihrer Bürger für die Sicherheit Europas riskieren. Europa sei aber nicht dazu bereit, dazu den notwendigen eigenen Beitrag zu leisten. Bei den Diskussionen im Vorfeld der Währungsunion haben wir immer wieder erklärt, dass die Währungsunion nicht möglich sei ohne die gleichzeitige Schaffung einer Politischen Union. Die Währungsunion wurde geschaffen, bei der Politischen Union sind wir auf dem halben Weg stehen geblieben. An dieser Stelle ist es notwendig, zu klären, was unter einer Politischen Union zu verstehen ist. In der derzeitigen wirtschaftspolitischen Diskussion hört man immer

wieder die Meinung, eine Politische Union bestehe darin, alles und jedes zu harmonisieren. Das wäre der falsche Weg. Die Stärke Europas ist seine Vielfalt und der friedliche Wettbewerb zwischen den Mitgliedsländern. Der unverzichtbare Kern einer Politischen Union ist vielmehr eine gemeinsamem Außenpolitik und eine gemeinsame Verteidigung. Das war schon die Idee der Väter Europas bei der bei der Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft im Jahre 1952. Damals gab es bereits ganz konkrete Vorbereitungen für die Schaffung einer Europäischen Armee. Leider ist die Ratifizierung dieses Vertrages im August des Jahres 1954 in der französischen Nationalversammlung gescheitert. Im Jahr 1979 wurde das Europäische Parlament zum ersten Male direkt gewählt. Damals war Verteidigung kein Thema der Europäischen Politik. Es war Hans-Gert Pöttering, der das Thema erneut aufgriff. Im Auswärtigen Ausschuss wurde unter seinem Vorsitz ein Unterausschuss für Sicherheit und Abrüstung eingerichtet. Das Wort Verteidigung musste allerdings sorgfältig vermieden werden, weil es dafür keine Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft gab. Der Grund für einen neuen Anfang waren die Kriege auf dem Balkan und insbesondere das Massaker von Srebrenica. Wie viele andere Europäer habe ich es damals als eine Schande empfunden, dass wir nicht dazu in der Lage gewesen sind, dieses Blutvergießen zu verhindern beziehungsweise zu beenden. Es war eine Situation entstanden, in der ein Bürgerkrieg nur durch den Einsatz von Streitkräften beendet werden konnte. Damals haben die Nationalstaaten Europas versagt. Das scheinbar so mächtige Europa hatte weder die erforderlichen Strukturen noch die Möglichkeiten um einzugreifen. Schließlich haben unsere Verbündeten von der anderen Seite des Atlantik das Problem für uns gelöst. Wenn wir heute über Europäische Verteidigung nachdenken, müssen wir uns zunächst die Frage stellen, warum denn eigentlich die Sicherheitsprobleme Europas mit seinen 500 Millionen Bürgern und einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 10.000 Milliarden Euro von 300 Millionen Amerikanern gelöst werden müssen, hinter denen eine etwa gleiche Wirtschaftsleistung steht. Wir müssen uns auch der Frage stellen, in welchem Umfang wir dazu bereit sind, uns auch außerhalb der Europäischen Union für unsere Werte einzusetzen, beispielsweise bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Eine gemeinsame Verteidigung setzt aber auch voraus, dass ein Bewusstsein einer gemeinsamen europäischen Identität, gemeinsamer Werte und gemeinsamer Sicherheitsinteressen entsteht.

Was ist bisher geschehen? Die ersten Beschlüsse auf dem Weg zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik kamen in einer ungewohnten Konstellation zustande. In der Vergangenheit waren es immer Frankreich und Deutschland gewesen, die gemeinsam europäische Initiativen entwickelt hatten. Jetzt waren es Frankreich und Großbritannien, die in St. Malo 1998 eine Europäische Identität im Bereich der Sicherheit forderten. Dieses führte zu den Beschlüssen des Europäischen Rates in Köln und Helsinki, wonach der Europäischen Union bis zu 60.000 Soldaten und Soldatinnen für Kriseneinsätze zur Verfügung stehen sollten. Auf dieser Grundlage entwickelte Javier Solana, der damalige Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die heute noch gültige Sicherheitsstrategie der Europäischen Union. Diese beginnt mit der Feststellung, dass kein Land in der Lage ist, die komplexen Probleme der heutigen Zeit im Alleingang zu lösen und dass die Europäische Union als Zusammenschluss von Staaten, die ein Viertel des Bruttosozialproduktes weltweit erwirtschaften, dazu bereit sein sollte, Verantwortung für die globale Sicherheit und für eine bessere Welt mit zu tragen. Des Weiteren wird festgestellt, dass jedes Jahr 45 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung sterben, und dass Sicherheit eine der Vorbedingungen für jede wirtschaftliche und kulturelle Weiterentwicklung ist. Wichtigstes Charakteristikum der Europäischen Sicherheitsstrategie ist ihr breiter Ansatz, die enge Verzahnung von zivilen und militärischen Instrumenten der Krisenbewältigung und das Ziel einer Weltordnung auf der Grundlage eines wirksamen multilateralen Systems im Rahmen der Charta der Vereinten Nationen. Diese Grundlagen unserer Sicherheitsstrategie gelten noch heute. Was sich jedoch seit dem Jahr 2003 grundsätzlich verändert hat ist das geopolitische Umfeld. Die Einleitung der Sicherheitsstrategie von 2003 beginnt mit der Aussage, dass Europa noch nie so wohlhabend, so sicher und so frei gewesen ist. Heute könnte man diesen Satz nicht mehr so niederschreiben, wenn man die Situation in der Ukraine und im nahen und mittleren Osten betrachtet. Daraus müssen die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Strukturen Auf der Grundlage der Beschlüsse von Helsinki und Köln wurden die notwendigen Strukturen zu ihrer Durchführung geschaffen. Instrumente des Rates sind das Politische und Sicherheitspolitische Komitee und die Europäische

Verteidigungsagentur, deren Aufgabe es ist, einen Europäischen Markt für Rüstungsgüter zu schaffen und die Sicherheitsforschung zu fördern. Dazu kommt die Schaffung einer zivil-militärischen Planungsdirektion, die sowohl für die zivilen als auch für die militärischen Aspekte der Krisenbewältigung zuständig sein soll. Das Europäische Parlament hat einen Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung eingerichtet, der von mir geleitet wurde. Dazu kommt jetzt der Europäische Auswärtige Dienst, der auf der Grundlage des Vertrages von Lissabon geschaffen wurde. Damit steht jetzt der Hohen Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, ein Instrument zur Verfügung, um eine kompetente und wirksame gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu gestalten. Bisherige Einsätze Die bisherigen Einsätze im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zeigen die gesamte Spannweite sicherheitspolitischer Aufgaben. Sie reichen von der Unterstützung beim Aufbau eines rechtsstaatlichen Justizsystems und der Entsendung von Beobachtern bis hin zu Einsätzen von Streitkräften unter der Führung der Europäischen Union. Ein gutes Beispiel für die Kombination verschiedener Instrumente der Sicherheitspolitik war die Aktion der Europäischen Union bei der Krise in Georgien im August 2008. Einerseits der diplomatische Einsatz des Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy in Tiflis und Moskau, der zu einem Waffenstillstand führte, und andererseits die Entsendung von 300 Beobachtern in die Krisenregion. Ihre Aufgabe ist es, die Situation zu analysieren, die Rückkehr von Flüchtlingen zu beobachten und zum Abbau der Spannungen und zur Stabilisierung der Lage zwischen den Parteien beizutragen. In diesem Falle wurde die Europäische Union dem Anspruch gerecht, Konflikte in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft aus eigener Kraft zu lösen. Die Grenzen dieser Fähigkeit wurde deutlich bei dem Konflikt in Libyen. Damals war ich der Auffassung, dass das Problem weniger militärischer als vielmehr politischer Art sei. Darum sei es besser, das Instrumentarium der Europäischen Union einzusetzen und nicht das der Nato. Dieses scheiterte aber mit der Begründung, dass die Fähigkeiten der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht ausreichten, um kurzfristig eine Flugverbotszone über Libyen einzurichten. Wohin soll es gehen?

Für das Europäische Parlament war die Situation der Soldaten und der Zivilpersonen in gemeinsamen Europäischen Einsätzen von besonderer Bedeutung. Dieses Thema wurde von Hans-Gert Pöttering, dem damaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, aufgegriffen. Bei der Berliner Sicherheitskonferenz im Jahr 2008 stellte er das Konzept SAFE vor, (Synchronized Armed Forces Europe). Dieses Konzept beinhaltet die Forderung nach einem europäischen Soldatenstatut, das Ausbildungsstandards, Einsatzdoktrin und Handlungsfreiheit im Einsatz, Fragen der Pflichten und Rechte der Soldaten sowie das Qualitätsniveau der Ausrüstung, der medizinischen Versorgung und die soziale Absicherung im Falle von Tod, Verwundung und Dienstunfähigkeit regelt. Später wurde dieses durch den Vorschlag ergänzt, einen Wehrbeauftragten des Europäischen Parlamentes zu ernennen. Bei jedem Besuch von Streitkräften unter der Führung der Europäischen Union fällt auf, wie unterschiedlich die Ausrüstung der verschiedenen nationalen Kontingente ist. Dabei kann man feststellen, dass die Defizite bei zivilen und militärischen Einsätzen oft dieselben sind. Auch bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen geht es um Aufklärung, Navigation, Telekommunikation sowie Luft-, See- und Landtransport. Darum ist zu überlegen, wo in diesen Bereichen die bestehende Zusammenarbeit weiter verstärkt werden kann. Derartige Möglichkeiten bestehen in den Bereichen der Aufklärung, der Navigation, der Telekommunikation und des Transports. Große Projekte, insbesondere im Bereich der Satelliten, der Drohnen und der Sicherheitsforschung sollten aus dem Haushalt der Europäischen Union finanziert werden, wie das schon bei den Projekten Galileo und Kopernikus stattgefunden hat. Schließlich ist zu überlegen, in welcher Weise das Konzept der battle groups weiter entwickelt werden könnte. Unter anderem sollten diejenigen Länder, die Träger multinationaler Corps wie beispielsweise des Eurocorps sind, überlegen, ob sie im Rahmen einer Permanenten Strukturierten Zusammenarbeit dazu bereit wären, diese Einheiten der Europäischen Union permanent zur Verfügung zu stellen.