Entwicklung und Stand des kommunalen Finanzausgleichs in Sachsen- Anhalt

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Transkript:

1 Entwicklung und Stand des kommunalen Finanzausgleichs in Sachsen- Anhalt I. Umstellung auf einen aufgabenorientierten Finanzausgleich Die Finanzierung der Kommunen in Sachsen-Anhalt ist in den letzten Jahren auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden. Früher erhielten die Kommunen mittels der sogenannten Verbundquote einen prozentualen Anteil an den Steuereinnahmen des Landes, dem Länderfinanzausgleich und den Bundes-Ergänzungszuweisungen für teilungsbedingte Lasten zugewiesen. Dies war und ist noch in der überwiegenden Zahl der Flächenländer ein übliches Verfahren. Das Thüringer Landesverfassungsgericht sah diesen Zustand aber als verfassungswidrig an. Sachsen-Anhalt folgte der Argumentation des Urteils und führte für das Jahr 2010 erstmals einen bedarfsorientierten, von den Ausgaben der Kommunen ausgehenden Finanzausgleich ein. Gegen die Anknüpfung des vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Finanzbedarfs der Kommunen an die tatsächlichen Ausgaben können durchaus Bedenken vorgebracht werden, und zwar sowohl, dass der so ermittelte Betrag zu hoch als auch dass er zu niedrig sei. Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt stellte schließlich klar, dass es zwischen den Aufgaben von Land und Kommune kein Rangordnungsverhältnis gäbe, sondern dass der Finanzbedarf des Landes und derjenige der Kommunen so in Übereinstimmung gebracht werden müssten, dass beide ihre Aufgaben erfüllen können. Insoweit ist es legitim, nur die Ausgaben zu berücksichtigen, die einer effektiven Aufgabenerfüllung entsprechen. Die Neuregelung des Finanzausgleichs beseitigte vor allem das Hauptproblem der extremen konjunkturellen Schwankungen der Kommunalhaushalte: durch die Festlegung eines Bedarfs kommt den Zahlungen des Landes die Funktion einer Art Fehlbedarfsfinanzierung zu. Sinken die eigenen Einnahmen der Kommunen, steigt ihr Fehlbedarf. Steigt ihr eigenes Finanzaufkommen, sinkt der ergänzend vom Land zu zahlende Anteil. II. Überprüfung durch ein externes Gutachten: präzisere Bedarfsermittlung und Mittelverteilung

2 Das Land hat mit einem im März 2012 veröffentlichten umfangreichen Gutachten überprüfen lassen, inwieweit es im ersten Reformschritt geglückt war, einen aufgabenorientierten Finanzausgleich zu schaffen. Der Gutachter untersuchte dabei mit mathematischen Verfahren unter anderem, inwieweit vermutete oder behauptete Zusammenhänge zwischen den jeweiligen spezifischen Rahmenbedingungen einer Kommune und ihrem Finanzbedarf tatsächlich nachgewiesen werden können. Einige der Ergebnisse waren überraschend, weil sie von lang gehegten Überzeugungen abwichen. Beispielsweise stellte der Gutachter fest, dass sich eine dünne Besiedlung per Saldo nicht kostensteigernd auswirkt, weil es sowohl entlastende wie belastende Faktoren gibt. Dagegen erbrachte die Untersuchung an anderer Stelle den statistischen Beweis für bisher nicht berücksichtigte kostensteigernde Faktoren. Kinder unter sechs Jahren verursachen für die Gemeinden beispielsweise wesentlich höhere Kosten als die Angehörigen anderer Altersgruppen. Dies führte zu einem Zuschlag für Kommunen mit überproportional vielen Einwohnern dieser Altersgruppe. Der Gutachter stellte die Ergebnisse seiner Untersuchung und seine Lösungsvorschläge in einer Reihe finanzpolitischer Dialoge den Vertretern der Kommune vor. Das Finanzausgleichsgesetz 2013/2014 hat viele der Änderungsvorschläge des Gutachters aufgegriffen. Sie haben sich bewährt und wurden auch im Finanzausgleichsgesetz 2015/2016 beibehalten. Ein Grundproblem bei der Umstellung auf einen bedarfsorientierten Finanzausgleich ist und bleibt, dass zuverlässige statistische Daten immer erst mit einiger zeitlicher Verzögerung zur Verfügung stehen. Der Finanzbedarf der Kommunen soll aber anhand von Daten ermittelt werden, die nicht nur verlässlich, sondern auch möglichst aktuell sind. Dieses Ziel wird erreicht, in dem die letzten verfügbaren bedarfsrelevanten Daten durch Berücksichtigung der Inflationsrate, der letzten Steuerschätzung und der Prognosen zur Einwohnerzahl auf den künftigen Zeitraum fortgeschrieben werden. Dieser Blick aus der Frontscheibe statt aus dem Rückspiegel hat allgemein Zustimmung erfahren. Mit sinkenden Einwohnerzahlen werden manche Dienstleistungen der Kommunen weniger in Anspruch genommen, die Kosten sinken aber nicht proportional zum Rückgang der Bevölkerung. Diese sogenannten Remanenzkosten wurden so genau wie möglich ermittelt und in die Bedarfsberechnung einbezogen. Bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen werden die mit dem demografischen Wandel verbundenen Kosten berücksichtigt, indem die höchste Einwohnerzahl der

3 jeweiligen Kommune in den letzten fünf Jahren zugrunde gelegt wird (sogenannter Demografiefaktor ). Besonders steuerschwachen Kommunen wird im Rahmen der Bemessung der Schlüsselzuweisungen eine höhere Transferleistungen zugestanden. Wer über weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft verfügt, bekam mit 2013 und 2014 die Differenz zu 80 Prozent des Durchschnitts zu 80 Prozent ausgeglichen (80 von 80 Regelung). Bei den Landkreisen wurde auf Empfehlung des Gutachters der Ausgleichssatz zwischen der Bedarfsmesszahl und ihrer Umlagekraftmesszahl in zwei Stufen von 70 auf 90 Prozent angehoben. Zur Angleichung der unterschiedlichen Finanzkraft der Kommunen wurde eine Finanzkraftumlage eingeführt. Sie wird bei der Gruppe der kreisangehörigen Gemeinden erhoben und sofort wieder innerhalb dieser Gruppe verteilt. Die Finanzkraftumlage beträgt zehn Prozent der Finanzkraft, die anhand der Steuerkraftmesszahlen und den vorläufig berechneten Schlüsselzuweisungen ermittelt wird. Die Finanzkraftumlage wird anschließend der Schlüsselzuweisungsmasse zugeschlagen und diese neu verteilt. Für die einzelnen Gemeinden werden die fiktiven Ein- und Auszahlungsbeträge verrechnet. Tatsächlich gezahlt wird also nur die Differenz. Dieses Verfahren hat zur Folge, dass nur durch besonders steuerstarke Gemeinden, die keine oder nur sehr geringe Schlüsselzuweisungen erhalten, Nettozahlungen leisten. Bei ihnen wird ein Teil der überschüssigen Finanzkraft abgeschöpft, die dann unmittelbar den steuerschwächeren Gemeinden zufließt. So helfen die finanzstärkeren Gemeinden unmittelbar den finanzschwächeren Gemeinden, ohne dass dieses Verfahren Einfluss auf die Höhe der Transferleistungen zwischen Land und Kommunen hat. Die Reihenfolge der Finanzkraft der Kommunen bleibt erhalten, die Abstände in der Höhe der verfügbaren Gelder vermindern sich aber. In besonderen Härtefällen kann eine Gemeinde (Nettozahler) auf Antrag ganz oder teilweise von der Zahlungsverpflichtung befreit werden. Das Landesverfassungsgericht hat in seinen jüngsten Entscheidungen das Finanzkraftumlageverfahren gebilligt. III. Fortschreibung des kommunalen Finanzausgleichs für die Jahre 2015/2016

4 Die Berechnung des angemessenen Finanzbedarfs für die Jahre 2015 und 2016 erfolgt nach der gleichen Systematik wie bereits im Jahr 2013/2014, wurde aber in Details fortentwickelt. Für den Blick nach vorn werden die Preissteigerungsrate, die Einwohnerentwicklung sowie die Remanenzkosten ebenso berücksichtigt wie die Entwicklung der Nettosteuereinnahmen anhand der Mai-Steuerschätzung. Wie schon das Finanzausgleichsgesetz 2013/14 enthält auch das Gesetz für 2015/16 eine Revisionsklausel für das zweite Jahr seiner Gültigkeit. Die Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2016 wird Ende 2015 anhand der aktualisierten Daten für die Preissteigerungsrate und die geschätzten Nettosteuereinnahmen neu berechnet. Unter den sogenannten Blick nach Vorn fallen neben den prognostizierten Steuereinnahmen auch die Aufgaben Grundsicherung im Alter sowie die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II - sog. Hartz IV-SoBEZ). Die Aufgabe der Grundsicherung im Alter finanziert der Bund nunmehr zu 100 Prozent. Weil der Bund die Kommunen insoweit entlastet, ist 2015 ein Ausgleich des Landes in Höhe von rund 34 Millionen Euro und 2016 von rund 36 Millionen Euro entbehrlich. Die vom Bund gewährte Finanzierung deckt also den gesamten Bedarf ab. Im Gegensatz dazu springt das Land in Höhe von rund 14,25 Millionen bei der Grundsicherung für Arbeitssuche ein, da hier die Finanzierung durch den Bund nicht ausreichend bemessen ist. Hingegen sind die Zuweisungen des Bundes für die Aufgabe der Eingliederungshilfe in Abzug zu bringen, da diese Aufgabe in Sachsen-Anhalt allein durch das Land erfüllt wird. Aber selbst wenn man den Kritikern folgen würde, dass diese Mittel des Bundes nicht für die Aufgabe der Eingliederungshilfe, sondern zur Stärkung der Kommunen gedacht seien, wären diese als zusätzliche Einnahmen von seitens des Bundes unter dem Blick nach Vorn in Abzug zu bringen. Besonders steuerschwachen Kommunen wurden bei der Bemessung der Schlüsselzuweisungen höhere Transferleistungen zugestanden. Wer über weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft verfügt, bekommt die Differenz zu 80 Prozent des Durchschnitts nunmehr zu 90 Prozent ausgeglichen (90 von 80 Regelung).

5 Die in dem externen Gutachten vorgeschlagene Kürzung der Finanzausgleichsmasse aufgrund einer Vergleichsberechnung anhand der Durchschnittshebesätze anderer Bundesländer wurde in den Jahren 2015/2016 nicht umgesetzt (Verzicht auf den Hebesatzvergleich). Mit seinem Urteil vom 9. Oktober 2012 - LVG 57/10 stellte das LVerfG Sachsen- Anhalt fest, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, sämtliche Ausgaben der Kommunen bei ihrer subjektiv für angemessen gehaltenen Aufgabenerfüllung zu berücksichtigen, sondern nur die notwendigen Ausgaben, die bei einer effizienten Aufgabenerfüllung entstehen. Dem wurde mit 2 Abs. 3 FAG Rechnung getragen. Ein in der Rechtsprechung anerkannter Weg zur Überprüfung der Angemessenheit ist ein Ländervergleich. Bereits im Gutachten zur Novellierung des FAG 2013/2014 wurde ein Ländervergleich angestrengt. Es zeigten sich erhebliche Unterschiede sowohl zu den steuerschwachen westlichen Flächenländer Niedersachsen (NI), Rheinland-Pfalz (RP) und Schleswig-Holstein (SH), als auch zu den östlichen Flächenländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen. Dieses Ergebnis ist nach erneutem Vergleich immer noch festzustellen. Eine wichtige Rolle spielt der Vergleich des laufenden kommunalen Finanzbedarfs. Verglichen wurde der sogenannte Zuschussbedarf IV. Er gibt die Ausgaben der Kommunen an, die noch durch Zahlungen des Landes innerhalb und außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes und durch die Nettoeinnahmen der Kommunen aus Steuern gedeckt werden müssen. Zugrunde lagen die Jahre 2010/2011, weil noch keine aktuelleren Zahlen vorliegen. Gegenüber den westdeutschen Flächenländern NI, RP und SH lag die Differenz ohne Berücksichtigung des Einzelplans 4 (soziale Sicherungssysteme) bei rund 308 Mio. Euro oder 133 Euro pro Einwohner. Im Vergleich mit den östlichen Bundesländern (ohne Brandenburg und Berlin) waren es rund 204 Mio. Euro bzw. 88 Euro pro Einwohner. Unter Einbeziehung des Einzelplans 4 und unter Hinzurechnung der Ausgaben/Einnahmen des Landes in diesem Bereich, lag die Differenz zu den westlichen Flächenländern bei rund 273 Mio. Euro bzw. 117 Euro pro Einwohner und gegenüber den ostdeutschen Ländern (ohne Brandenburg und Berlin) bei rund 326 Mio. Euro oder 140 Euro pro Einwohner. Dies zeigt, dass der Zuschussbedarf IV im Hinblick auf die obigen Vergleichsländer in den genannten Summen zu hoch bemessen ist, womit ein erhöhter Zuschussbedarf IV in Sachsen- Anhalt bestätigt wird. Ohne Einbeziehung des Einzelplanes 4 sind es immer noch 176 Mio. Euro bzw. 76 Euro/Einwohner zu viel. Die Vergleichswerte, insbesondere der der westlichen Vergleichsländer, sind auch insoweit wichtig, als mit dem schrittweisen Wegfall der Sonderförderung des Bundes und der EU zur finanziellen Unterstützung

6 bei der Überwindung der Folgen der deutschen Teilung im Jahr 2020 auch Sachsen- Anhalt den westlichen Ländern gleichgestellt wird. Ein interner Landesvergleich (Best Practice) auf Basis des Zuschussbedarfs IV der Jahre 2011 bis 2013 (2011-2012 Jahresrechnungsstatistiken, 2013 Kassenstatistik) pro Einwohner 2011 bis 2013 zeigte erhebliche Abweichungen im Ausgabeverhalten der Kommunen. Bei der Bedarfsermittlung wurden die kommunalen Ausgaben innerhalb eines Korridors von 50 bis 110 Prozent des Durchschnitts der Berechnung in tatsächlicher Höhe zugrunde gelegt. Oberhalb dieser Bandbreite liegende Ausgaben wurden gekappt, niedrigere angehoben. Der Bedarfsberechnung liegt also ein interner Vergleich zugrunde, der sowohl bei der Aufgabenwahrnehmung, den Zuständigkeiten innerhalb der kommunalen Gruppen als auch den örtlichen Bedingungen ausschließlich die Verhältnisse im Land Sachsen- Anhalt widerspiegelt. Dies hätte ein Vergleich mit anderen Bundesländern nicht ohne weiteres gewährleisten können. Ergebnis ist ein moderater Korrekturbetrag in Höhe von rd. 12,7 Million Euro 2015 und rund 25,4 Million Euro 2016. Die kreisfreien Städte sind hiervon nicht betroffen. Einen bedarfserhöhenden Bestandteil der Finanzausgleichsmasse stellt die pauschale Pflichtzuführung für die ordentliche Tilgung der Kredite dar. Zweck der Pflichtzuführung ist, wie bereits in den Jahren zuvor, ausschließlich die ordentliche Tilgung von Investitionskrediten zu ermöglichen. Eine weitere Fortschreibung des Tilgungsbetrages des Jahres 2012 schied angesichts des Rückgang des Schuldenstandes um rund 760 Million Euro, an der das Land durch Zuschüsse im Rahmen des STARK II-Programms in Höhe von rund. 227 Million Euro beteiligt war, aus. Insoweit wurden bei der Neuberechnung die erhöhten Tilgungsbeiträge der Kommunen im STARK II-Programm in voller Höhe für 2015/2016 in Ansatz gebracht. Für die außerhalb des STARK II-Programms eingegangenen Kredite wurde ein am Durchschnitt ausgerichteter Tilgungssatz angewendet. Insgesamt ergibt sich daraus ein Tilgungsbeitrag von 160 Millionen Mio. Euro für das Jahr 2015 und 159,4 Millionen Euro für das Jahr 2016. Eine Einbeziehung der Liquiditätskredite schied, unabhängig davon, dass diese nie Bestandteil der pauschalen Pflichtzuführung waren, aufgrund der Rechtsnatur von Liquiditätskrediten aus. Denn diese dienen der Verstärkung des Kassenbestandes zur rechtzeitigen Verfügbarkeit der für die Auszahlung erforderlichen Finanzmittel. Sie

7 überbrücken folglich den Zeitraum bis zum Eingang der für die Auszahlung vorgesehenen Einzahlung. Handlungsbedarf bestand vor allem wegen der stark gestiegenen Kosten im Zusammenhang mit dem Asylbewerberleistungsgesetz infolge eines verstärkten Zuzugs. Hier hätte eine bloße Fortschreibung der in der Vergangenheit entstandenen Kosten mit der Inflationsrate zu weit von der Realität entfernten Zahlen geführt. Deshalb hat sich das Land entschieden, den Kommunen einen zusätzlichen Ausgleich zu gewähren. Hierfür sind neben den Zuweisungen im Rahmen der Auftragskostenpauschale jeweils weitere 23 Millionen Euro in den Jahren 2015 und 2016 im Gesetz enthalten. V. Weitere Zuweisungen des Landes außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs Neben den Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs gewährt das Land den Kommunen Mittel im Rahmen der sog. STARK-Programme sowie als sogenannte Nettotransfers. Die Grafik zeigt die moderate Steigerung bei der Finanzausstattung der Kommunen. Es ergeben sich aber erhebliche Verschiebungen zwischen den Einnahmearten:

8 Mrd. Euro 4,0 3,411 3,434 3,468 3,499 3,5 3,0 2,5 1,438 1,406 1,337 1,305 2,0 1,5 0,574 0,580 0,637 0,643 1,0 0,5 1,399 1,448 1,510 1,567 0,0 2013 2014 2015 2016 Nettosteuereinnahmen sonstiger Nettotransfer bedarfsgerechte FAG-Zuweisungen Einnahmen der Kommunen in Sachsen-Anhalt (Datenstand: 31.3.2015) Zusammengefasst ist festzustellen, dass insbesondere die Mehreinnahmen bei den Steuern, aber auch der Anstieg des sonstigen Nettortransfers vor allem des Bundes, zu sinkenden FAG-Zuweisungen führen. Es ist somit eine zwangsläufige Folge der besseren kommunalen Einnahmesituation und keine willkürliche Gestaltung seitens der Landesregierung.