Bilanzrecht. Vorlesung für Master-Studierende WS 15/16 Univ.-Prof. Dr. iur. Claus Luttermann

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Transkript:

Bilanzrecht Vorlesung für Master-Studierende WS 15/16 Univ.-Prof. Dr. iur. Claus Luttermann

Bilanzrecht: A. Einführung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 1-6 Gliederung A. Einführung B. Grundlagen I. Rechtsordnung II. Handels- und Steuerrecht III. Bilanzrechtliche Grundbegriffe IV. Buchführung V. Inventar und Inventur C. Jahresabschluss I. Übersicht II. Erstellung III. Unterzeichnung IV. Elektronische Publizität (Internet) V. IAS/IFRS D. Bilanzierungsgrundsätze I. Die Generalnorm: Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit II. Rechtsquellen III. Verhältnis zu Einzelregeln E. Ein getreues Bild F. Theorien G. Bilanz I. Grundsätze II. Gliederung III. Ansatz IV. Bewertung V. Aktiva VI. Passiva allgemein VII. Eigenkapital Kapitalgesellschaft VIII. Rückstellungen IX. Verbindlichkeiten H. Sonstiges Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 2

Bilanzrecht: B. Grundlagen I. Rechtsordnung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 7-27 1. Bezugspunkte: - HGB (weithin geprägt vom Europäischen Bilanzrecht) - IAS/IFRS: Bilanzrechtverordnung (EG) 1606/2002 ( europ. IFRS ) 2. Europäische Reformen - Bilanzrichtlinie für Jahres- und Konzernabschluß (2013/34/EU) - Modernisierungsrichtlinie (2003/51/EG) - Fair-Value-Richtlinie (2001/65/EG) Zielsetzung in der EU: Verbesserung der Rechnungslegung ( BILANZWAHRHEIT) Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 3

Bilanzrecht: B. Grundlagen Richtlinie 2013/34/EU: Luttermann in: NZG 2013, 1128 Umsetzungsfrist: 20.07.2015 (in Dtl. umgesetzt durch das BilRUG vom 17.07.2015, in Kraft seit 23. Juli 2015) Zielsetzung: EU-weite Harmonisierung der Rechnungslegung sowie Erleichterung für kleine und mittlere Unternehmen bei der Rechnungslegung. Problem: Starke Einschränkung durch die Schaffung von Mitgliedsstaatenwahlrechten, da keine Einigung auf eine verbindliche Regelung erreicht werden konnte. Prof. Dr. Luttermann Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 4

Bilanzrecht: B. Grundlagen Änderungen im deutschen Recht (u.a.): Vgl.: BilRUG, in: Bundesgesetzblatt Jahrgang 2015 Teil I Nr. 30 S. 1245 (BilRUG und RL 2013/34/EU sind auf unserer Homepage verfügbar) Anhebung der Schwellenwerte für die Bestimmung der Größenklassen von Unternehmen, Art. 3 RL. Grundsatz der Wesentlichkeit wird näher bestimmt, Art. 2 Nr. 16 RL. Neue Anhangangaben für alle Unternehmen, Art. 16 I RL. Neue Anhangangaben für mittelgroße und große Unternehmen, Art. 17 I RL. Prof. Dr. Luttermann Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 5

Bilanzrecht: B. Grundlagen Unternehmen Kapitalbedarf Internationale Kapitalmärkte Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen? Europäisches Bilanzrecht - IAS/IFRS - U.S. GAAP Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 6

Bilanzrecht: B. Grundlagen International IAS/IFRS EU IAS-Verordnung (unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten) VO (EG) 1606/2002 VO (EG) 1126/2008 Bilanz-Richtlinien (Umsetzung in nationales Recht erforderlich) RL 2013/34/EU etc. National U.S. GAAP U.K. GAAP HGB Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 7

Bilanzrecht: B. Grundlagen II. Handels- und Steuerrecht Maßgeblichkeit Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 300-316 Grundsatz ( 5 Abs. 1 S. 1 EStG): Handelsrecht regiert Steuerrecht. BilMoG: neu: 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 EStG: Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Umgekehrte Maßgeblichkeit ( 5 Abs. 1 S. 2 EStG a.f.): Steuerrechtliche Wahlrechte sind in Übereinstimmung mit Handelsbilanz auszuüben : ersatzlos gestrichen durch BilMoG (Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit)! Keine Änderung der allgemeinen Grundsätze zur Aktivierung, Passivierung und Bewertung der einzelnen Bilanzpositionen durch BilMoG (Bsp.: 240 Abs. 3, 4 HGB)! Durchbrechung der Maßgeblichkeit durch steuerliche Aktivierungs- und Passivierungsverbote und Bewertungsvorbehalte ( 6, 6a EStG) (Bsp.: 248 Abs. 2 S. 1 HGB; 5 Abs. 2 EStG). Passivierungsverbote und -wahlrechte in Handelsbilanz führen zu Passivierungsverboten in Steuerbilanz. Handelsrechtliche Passivierungsgebote gelten grds. auch in Steuerbilanz. Steuerliche Wahlrechte können unabhängig vom handelsrechtlichen Wertansatz ausgeübt werden, aber beachte GoB (Bsp. 1: 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG; Bsp. 2: 6b EStG). Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 8

Bilanzrecht: B. Grundlagen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 28-49 III. Bilanzrechtliche Grundbegriffe Bilanz Ergebnis Ausweis Aktiva/Passiva Gewinn- und Verlustrechnung Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 9

Bilanzrecht: B. Grundlagen IV. Buchführung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 50-68 Rechnungslegung baut auf Buchführung. Buchführung geht dem Jahresabschluss voraus, aber beide bilden eine Einheit. (Aber: 241a HGB) Geschäftsvorfälle sind in Konten vermerkt: - Bestandskonten (zeigen, wie viel Vermögen, Eigenkapital und Schulden das Unternehmen hat) - Ergebniskonten (zeigen Erträge und Aufwendungen) Sog. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ( 238 Abs. 1 HGB, sowie 243 Abs. 1, 264 Abs. 2 S. 1, 317 Abs. 1. S. 3 HGB) Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 10

Bilanzrecht: B. Grundlagen V. Inventar und Inventur Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 69-85 - Vermögen und Schulden sind in einem Inventar (Bestandsverzeichnis) zusammenzustellen, 240 Abs. 1 und 2 HGB. (Aber: 241a HGB) - Dieses beruht auf der Inventur, d.h. der Aufnahme des Bestandes zum Stichtag, vgl. 241 HGB. - Inventar und Inventur bestimmen die in der Bilanz genannten Mengen und Werte, 240 Abs. 1 HGB und 241 Abs. 1 HGB. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 11

Bilanzrecht: C. Jahresabschluss I. Übersicht Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 207-215 - Der Jahresabschluss steht im Bilanz- und Unternehmensrecht zentral. - Im Jahresabschluss entsteht bilanzrechtlich das Bild des Unternehmens, dessen Gesellschaft (= Rechtsträger als Rechtssubjekt) Rechtsfähigkeit genießt ( 124, 161 Abs. 2 HGB, 1 AktG, 13 GmbHG). Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 12

Bilanzrecht: C. Jahresabschluss II. Erstellung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 216-220 1. Handelsbilanzrecht Jeder Kaufmann ( 1-5 HGB) und jede Handelsgesellschaft ( 6 HGB) muss einen Jahresabschluss für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres aufstellen ( 242 Abs. 1 und 2 HGB). Der handelsrechtliche Jahresabschluss besteht allgemein aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ( 242 Abs. 3 HGB). Bei Kapitalgesellschaften treten Anhang und Lagebericht hinzu ( 264 Abs. 1 S. 1 HGB). 2. Internationale Standards Die internationalen Standards der Rechnungslegung IAS/IFRS sprechen allgemein von financial statements. Die Grundregeln gelten gleichermaßen für Jahres- und Konzernabschluss. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 13

Bilanzrecht: C. Jahresabschluss III. Unterzeichnung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 221-223 1. Pflicht- und Beweisfunktion 2. Änderungen Der Kaufmann muss den Jahresabschluss mit Angabe des Datums unterzeichnen ( 245 HGB). Für Kapitalgesellschaften handeln die gesetzlichen Vertreter. Die Unterzeichnungspflicht hat weitgehende Beweisfunktion (s. Zivilprozessrecht, z. B. 138, 286 f. ZPO). Die Angabe des Datums fixiert den Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses ( 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Mit der Unterzeichnung gewinnt der Jahresabschluss Bestandskraft. Bei erheblichen Änderungen hat der Rechenschaftspflichtige durch erneute, datierte Unterzeichnung seine Verantwortung zu dokumentieren. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 14

Bilanzrecht: C. Jahresabschluss IV. Elektronische Publizität (Internet) Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 224-226 - In Betracht kommt ein Jahresabschluss in elektronischer Form (sog. Internetpublizität). - Der Jahresabschluss muss beim Betreiber des Bundesanzeiger in vollelektronischer Form eingereicht werden ( 8a, 325 HGB). - Bei elektronischer Rechnungslegung kann rechtsgültig elektronisch unterzeichnet werden. - Problem: Dateiformat (exbrl/ifrs) Weltmonopol der Unternehmensbewertung?!? Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 15

Bilanzrecht: C. Jahresabschluss V. IAS/IFRS Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 227-229 - Für Aufstellung und Darstellung des Abschlusses (financial statements) ist das Management verantwortlich. Daraus folgt die Pflicht zur Unterzeichnung, die IAS/IFRS nicht ausdrücklich nennen. - IAS 8 behandelt bilanzielle Änderungen und damit die Bestandskraft des Abschlusses. Der Abschluss genügt nicht den Anforderungen der IAS/IFRS, wenn ein wesentlicher Fehler (material error) vorliegt. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 16

Bilanzrecht: D. Bilanzierungsgrundsätze I. Die Generalnorm: Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 230-232 Ein Grundsatz bildet die Basis der Rechnungslegung; ausgeprägt in den Aspekten: Bilanzwahrheit (materiell) und Bilanzklarheit (formell) Das ist international maßgebend ( a true and fair view / fair presentation ). Daraus sind alle Einzelregeln abzuleiten. 243 Abs. 1 HGB gibt die Generalnorm für den Jahresabschluss, für Kapitalgesellschaften spezifisch ist 264 Abs. 2 S. 1 HGB. II. Rechtsquellen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 233 Bilanzregeln sind deduktiv durch Nachdenken zu finden. Dafür gibt die Generalnorm das Maß. III. Verhältnis zu Einzelregeln Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 234 Generalnorm und Einzelregeln ergänzen sich (Komplementarität); dabei gibt die Generalnorm auch für die praktische Anwendung insgesamt das Maß! Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 17

Bilanzrecht: E. Ein getreues Bild Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 235-268 a. Der Jahresabschluss hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu ermitteln ( 264 Abs. 2 S. 1 HGB). b. Gefordert ist gemäß der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit ein getreues Gesamtbild; dabei gilt das Prinzip der Wesentlichkeit (materiality). c. Unzulässig ist manipulierendes Gewinnmanagement (the numbers game ). d. Konflikte sind angemessen zu lösen (s. b.). Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 18

Bilanzrecht: E. Ein getreues Bild BilMoG: Anhebung des Informationsniveaus Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 263 285 Nr. 3 HGB: Off-balance-sheet-Transaktionen 285 Nr. 16 HGB: Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex 285 Nr. 21 HGB: Geschäfte mit nahe stehenden Personen, die nicht marktüblich sind 285 Nr. 26 HGB: Berichtspflicht über Investitionen in Investmentvermögen 285 Nr. 27 HGB: Risikoeinschätzung zu den nicht in der Bilanz ausgewiesenen Eventualverbindlichkeiten 285 Nr. 28 HGB: Aufgliederung der ausschüttungsgesperrten Gewinne 285 Nr. 29 HGB: Angaben zu den latenten Steuern auf Verlustvorträge Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 19

Bilanzrecht: F. Theorien Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 269-276 - Statische Theorie (Bilanz als Momentaufnahme) - Dynamische Theorie (Einbeziehung der Dynamik des Unternehmens) - Organische Theorie (Vermeidung von Scheingewinnen durch Bewertung mit Wiederbeschaffungspreisen) Maßgebend aber bleibt was? Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 20

Bilanzrecht: G. Bilanz I. Prinzipien der Rechnungslegung: Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 317-337 - Wahrheit z.b. 238 Abs. 1 S. 2, 240 Abs. 1, 246 Abs. 1 S. 1, 243 Abs. 1 u. 2, 264 Abs. 2 S. 1 HGB - Klarheit 243 Abs. 2 HGB - Vollständigkeit 246 Abs. 1 HGB - Einzelbewertung 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, 246 Abs. 2 HGB - Periodisierung vgl. 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB - Periodenabgrz. 242 Abs. 1 S. 1 HGB oder 4 Abs. 1 EStG - Vergleichbarkeit 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB - Vorsicht 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB - Wesentlichkeit z.b. 240 Abs. 3 S. 1, 268 Abs. 4 S. 2, 286 Abs. 3 Nr. 1 HGB Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 21

Bilanzrecht: G. Bilanz II. Gliederung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 338-352 247 Abs. 1 HGB gibt eine Grundstruktur: Aktiva Anlagevermögen Umlaufvermögen Rechnungsabgrenzungsposten Passiva Eigenkapital Schulden Rechnungsabgrenzungsposten Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 22

Bilanzrecht: G. Bilanz II. Gliederung BilMoG: Wichtige Änderungen (Auswahl) Gliederungsübersicht Bilanz Aktivseite Passivseite Anlagevermögen Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände Entwicklungskosten Umlaufvermögen Umfang der Herstellungskosten Abschreibungen Aktive latente Steuern Zusätzliche Anhangangaben werden gefordert. Die Bildung von Bewertungseinheiten wird erlaubt ( 254 HGB). Die Währungsumrechnung wird konkretisiert ( 256a HGB). Eigenkapital Ausweisänderungen Ausschüttungssperren Fremdkapital Pensionsrückstellungen Bilanzierung von Rückstellungen Passive latente Steuern Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 23

Bilanzrecht: G. Bilanz Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 353-530 III. Ansatz - Grundlegend sind die Ansatzvorschriften ( 246 251 HGB). Sie fixieren das Ob der Bilanzierung. s. dazu Folien 25-27 IV. Bewertung - Die Bewertungsvorschriften ( 252 256a HGB) hingegen entscheiden über das Wie der Bilanzierung. s. dazu Folie 28 Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 24

Bilanzrecht: G. Bilanz Zu III. Ansatz Bisher: Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände Problem: Neuregelung: Aktivierungsverbot für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ( 248 Abs. 2 HGB a.f.) Die Werttreiber des Unternehmens sind in der Bilanz nicht erkennbar Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände ( 248 Abs. 2 S. 1 HGB) Voraussetzung: Beginn der Entwicklung nach dem 31.12.2009 Auswirkungen auf die Handelsbilanz: Die Aktivierung erhöht Gewinn und Eigenkapital Ausschüttungssperre/Ergebnisabführungssperre für das anteilige Eigenkapital Belastung der zukünftigen GuV durch die anfallenden Abschreibungen Auswirkungen auf die Steuerbilanz: Kein Ansatz in der Steuerbilanz (solange 5 Abs. 2 EStG unverändert bleibt) Keine Steuerzahlung auf den höheren Gewinn Handels- und Steuerbilanz fallen auseinander (Ende der Einheitsbilanz) Passive latente Steuern können entstehen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 358, 615 Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 25

Bilanzrecht: G. Bilanz Zu III. Ansatz Forschungs- und Entwicklungskosten Bisher: Aktivierungsverbot für sämtliche Forschungs- und Entwicklungskosten ( 248 Abs. 2 HGB a.f.) Neuregelung: Aktivierungswahlrecht für die Herstellungskosten, die bei der Entwicklung eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands angefallen sind ( 248 Abs. 2 S. 1 HGB i.v.m. 255 Abs. 2a HGB) Eine Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung ist notwendig: Forschung: Entwicklung: die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen, über deren Verwertbarkeit keine Aussagen gemacht werden können die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 26

Bilanzrecht: G. Bilanz Zu III. Ansatz Forschungsphase Forschungs- und Entwicklungskosten Entwicklungsphase Hohe Wahrscheinlichkeit des Entstehens eines Vermögensgegenstands Nein Ja Aktivierungsverbot Aktivierungswahlrecht Problem: Bilanzpolitische Spielräume werden eröffnet Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 27

Bilanzrecht: G. Bilanz Zu IV. Bewertung Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 487 ff. Umfang der Herstellungskosten ( 255 Abs. 2 HGB) Bisher ( 255 Abs. 2 HGB a.f.) Neuregelung Pflicht Wahlrecht Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten Abschreibungen Allgemeine Verwaltungskosten Aufwand für soziale Leistungen Abschreibungen Allgemeine Verwaltungskosten Aufwand für soziale Leistungen Verbot Vertriebskosten Vertriebskosten Forschungskosten Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 28

Bilanzrecht: G. Bilanz V. Aktiva BilMoG: Neuregelung der Abschreibungen Anlagevermögen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 531-659 Umlaufvermögen Planmäßige Wertminderung Pflicht bei abnutzbarem Anlagevermögen, 253 Abs. 3 S. 1, 2 HGB Entfällt Außerplanmäßige Wertminderung (dauerhaft) Pflicht bei allen Vermögensgegenständen, 253 Abs. 3 S. 5 HGB Pflicht bei allen Vermögensgegenständen, 253 Abs. 4 S. 1, 2 HGB Außerplanmäßige Wertminderung (vorübergehend) Wahlrecht nur bei Finanzanlagen, 253 Abs. 3 S. 6 HGB Pflicht bei allen Vermögensgegenständen, 253 Abs. 4 S. 1, 2 HGB Zuschreibung Pflicht bei allen Vermögensgegenständen nach vorhergehender außerplanmäßiger Abschreibung, 253 Abs. 5 S. 1 HGB Pflicht bei allen Vermögensgegenständen nach vorhergehender außerplanmäßiger Abschreibung, 253 Abs. 5 S. 1 HGB Verbot bei Geschäfts- oder Firmenwert nach vorhergehender außerplanmäßiger Abschreibung, 253 Abs. 5 S. 2 HGB Gebot bei bestimmten Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit Altersvorsorgeverpflichtungen, 253 Abs.1 S. 3 HGB Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 29

Bilanzrecht: G. Bilanz VI. Passiva allgemein Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 660-696 Die Passivseite zeigt die Kapitalstruktur des Unternehmens. Der Ausweis richtet sich nach den GoB. Nach dem Vollständigkeitsgebot ( 246 Abs. 1 HGB) müssen alle passivierungsfähigen Posten passiviert werden, falls kein Verbot oder Wahlrecht besteht. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 30

Bilanzrecht: G. Bilanz VI. Passiva allgemein Eigenkapital (BilMoG) Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 663 Ausstehende Einlagen (nicht eingefordert) - Nur noch auf der Passivseite offen vom Gezeichneten Kapital absetzen ( 272 Abs. 1 S. 3 HGB) Der Eigenkapitalausweis wird reduziert Eigene Anteile - Das Gezeichnete Kapital ist um den Nennbetrag der eigenen Anteile zu kürzen ( 272 Abs. 1a HGB) Ein übersteigender Kaufpreis ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen Ausschüttungssperren für Gewinne sind zu beachten bei: 1. Der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens abzüglich passiver latenter Steuern 2. Der Zeitbewertung von Vermögensgegenständen, die mit Pensionsverpflichtungen saldiert werden, abzüglich passiver latenter Steuern 3. Der Aktivierung von latenten Steuern Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 31

Bilanzrecht: G. Bilanz VII. Eigenkapital - Kapitalgesellschaft Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 697-735 1. Gezeichnetes Kapital Es ist das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist ( 272 Abs. 1 S. 1 HGB). 2. Kapitalrücklage Sie zeigt, wie viel Eigenkapital der Kapitalgesellschaft von außen über das gezeichnete Kapital hinaus zugeführt worden ist. 3. Gewinnrücklagen Sie werden aus dem Ergebnis des Geschäftsjahres oder eines früheren Geschäftsjahres gespeist ( 272 Abs. 3 S. 1 HGB). Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 32

Bilanzrecht: G. Bilanz VIII. Rückstellungen BilMoG: Bilanzierung von Rückstellungen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 751-812 Was fällt weg: 1. Das Passivierungswahlrecht für Aufwandsrückstellungen ( 249 Abs. 2 HGB a.f.) Übergangsregelungen beachten (erfolgsneutrale Einstellung in die Gewinnrücklagen ist möglich) 2. Rückstellung für unterlassene Instandhaltung ( 249 Abs. 1 S. 3 HGB a.f.) Was ist neu: wenn die Nachholung später als 3 Monate im neuen Geschäftsjahr erfolgt 1. Die Bewertung von Rückstellungen erfolgt mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag ( 253 Abs. 1 S. 2 HGB) Künftige Kosten- und Preissteigerungen sind zu berücksichtigen In der Steuerbilanz gilt unverändert das Stichtagsprinzip Latente Steuern fallen an 2. Langfristige Rückstellungen sind abzuzinsen ( 253 Abs. 2 S. 1 HGB) Abzinsungspflicht für alle Rückstellungen mit Restlaufzeit von mehr als 1 Jahr Abzinsungssatz ist der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre entsprechend der Laufzeit der Rückstellung Deutsche Bundesbank ermittelt die Abzinsungssätze ( 253 Abs. 2 S. 4 HGB) Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 33

Bilanzrecht: G. Bilanz VIII. Rückstellungen BilMoG: Pensionsrückstellungen Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 788 Das Konzept zur Bilanzierung und Bewertung von Pensionsrückstellungen wurde komplett geändert Einbeziehung von erwarteten Lohn- und Gehaltssteigerungen sowie Rentenerhöhungen Abzinsung mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz für eine Restlaufzeit von 15 Jahren Saldierung mit dem Planvermögen Der Unternehmer muss sehr sorgfältig mit den Pensionsverpflichtungen umgehen Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 34

Bilanzrecht: G. Bilanz IX. Verbindlichkeiten Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 813-838 Verbindlichkeiten gehören neben den Rückstellungen zu den Schulden ( 246 Abs. 1 S. 1 HGB). Sie sind nur dann auszuweisen, wenn sie den Kaufmann wirtschaftlich belasten (Passivierungspflicht). Das ist zu beurteilen nach der Generalnorm ( 243, 264 HGB) und dem Vorsichtsprinzip ( 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Verbindlichkeiten dürfen nicht mit Forderungen verrechnet werden ( 246 Abs. 2 HGB). Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 35

Bilanzrecht: H. Sonstiges Reform des Bilanzrechts Rechtsgrundlage: Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) vom 25. Mai 2009, BGBl. I S. 1102 Motive der Reform (BT-Drs. 16/12407)* Deregulierung (Kostensenkung) für kleine und mittlere Unternehmen Bessere Aussagekraft des Jahresabschlusses Annäherung an internationale Standards (IFRS), aber einfacher und kostengünstiger Umsetzung von Europarecht (Richtlinien 2006/43/EG, 2008/30/EG, 2006/46/EG). * Zum Gesetzentwurf: Luttermann, ZIP 2008, 1605. Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 36

Bilanzrecht: H. Sonstiges Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, Rn. 853 Aktivierungswahlrecht für aktive latente Steuern, 274 Abs. 1 S. 2 HGB Latente Steuern sind zukünftige Steuerbelastungen oder Steuererstattungen, die bereits heute verursacht worden sind Anknüpfungsmerkmale für latente Steuern sind zeitlich begrenzte Differenzen und quasi-permanente Differenzen zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz Wirkungsweise 2009 2009 Handelsbilanz Steuerbilanz Umsatzerlöse 200.000 200.000 Lfd. Aufwand -70.000-70.000 Zuführung Drohverlustrückstellung -30.000./. Gewinn vor Steuern 100.000 130.000 Ertragsteueraufwand (30%) Aktive latente Steuern -39.000 +9.000-39.000./. Gesamter Steueraufwand -30.000-39.000 Gewinn nach Steuern 70.000 91.000 Der Zweck der Bilanzierung von latenten Steuern ist die zutreffende Darstellung der Vermögenslage und der Ertragslage des Unternehmens Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 37

Bilanzrecht: H. Sonstiges Erweiterung des Aktivierungswahlrechts auf Verlustvorträge, 274 Abs. 1 S. 4 HGB Verluste werden zu Vermögen Die aus Verlustvorträgen mögliche Steuerersparnis der nächsten fünf Jahre darf (Wahlrecht) als aktive latente Steuern (Vermögensgegenstand) aktiviert werden ( 274 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Steuerersparnis muss werthaltig sein Der Nachweis der Werthaltigkeit erfolgt durch einen Businessplan Wahrscheinlichkeitsüberlegungen über die Werthaltigkeit der Verlustvorträge sind anzustellen Auswirkungen auf die Handelsbilanz Der Gewinn nach Steuern steigt (der Verlustausweis wird geringer) Die Eigenkapitalquote steigt Für das höhere Eigenkapital gilt eine Ausschüttungssperre Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 38

Bilanzrecht: H. Sonstiges Pflicht zum Ausweis von passiven latenten Steuern, 274 Abs. 1 S. 1 HGB Bestehen zwischen der handelsrechtlichen Bewertung von Vermögensgegenständen bzw. Schulden und der Bewertung in der Steuerbilanz Differenzen, die sich später voraussichtlich ausgleichen, dann muss (Pflicht) die sich daraus ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern in der Bilanz ausgewiesen werden. Beispiel: Aktivierung der Aufwendungen für ein selbst erstelltes Patent: Wirkungsweise 2009 2009 Bilanz 31.12.2009 Umsatzerlöse Lfd. Aufwand Selbst erstelltes Patent Gewinn vor Steuern Ertragsteuern (30%) Passive latente Steuern Gesamter Steueraufwand Gewinn nach Steuern Handelsbilanz 200.000-70.000 +50.000 180.000-39.000-15.000-54.000 126.000 Steuerbilanz 200.000-70.000./. 130.000-39.000./. -39.000 91.000 Patent 50.000 Übriges Aktivvermögen 91.000 141.000 Jahresüberschuss 126.000 Davon gesperrt 35.000 Passive latente Steuern 15.000 141.000 Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 39

Bilanzrecht: H. Sonstiges Saldierung und Anwendungsbereich Die Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern ist zulässig ( 274 Abs. 1 S. 3 HGB) eine Bilanzverkürzung tritt ein die Eigenkapitalquote verbessert sich Auf einen Überhang von aktiven latenten Steuern kann das Aktivierungswahlrecht angewandt werden Anwendungsbereich des Konzepts der latenten Steuern Kleine Kapitalgesellschaften haben ein Wahlrecht, das Konzept der latenten Steuern überhaupt anzuwenden ( 274a HGB) Dann entfallen die Anhangangaben automatisch ( 288 Abs. 1 HGB) Mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen die Vorschriften für latente Steuern anwenden Die Anhangangaben zu latenten Steuern müssen aber nicht gemacht werden ( 288 Abs. 2 HGB) Nach 285 Nr. 29 HGB ist im Anhang anzugeben, auf welchen Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen die latenten Steuern beruhen und mit welchen Steuersätzen die Bewertung erfolgt ist Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 40

Bilanzrecht: H. Sonstiges Bilanzpolitik Handelsbilanz und Steuerbilanz fallen auseinander: Gestaltungspotenziale ausschöpfen Die umgekehrte Maßgeblichkeit (Großfeld/Luttermann, Rz. 469) wird beendet ( 5 Abs. 1 S. 2 EStG a.f. ersatzlos gestrichen) Steuerrechtliche Wahlrechte sind unabhängig von der Handelsbilanz auszuüben Mehraufwand für die Bilanzerstellung (Ende der Einheitsbilanz) Das interne Berichtswesen und die IT-Systeme müssen angepasst werden Die bilanzpolitischen Spielräume verändern sich: Zahlreiche Ansatz- und Bewertungswahlrechte fallen weg Bewusste letztmalige Inanspruchnahme von Wahlrechten zur Bildung von stillen Reserven Neue ganz erhebliche Wahlrechte kommen hinzu die vorzeitige Anwendung sämtlicher Neuregelungen bereits in 2009 ist gemäß Art. 66 Abs. 3 S. 6 EGHGB zulässig Die Ermessensspielräume werden sehr viel größer Die Vergleichbarkeit der Handelsbilanzabschlüsse wird stark beeinträchtigt Prof. Dr. Luttermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Handels- und Wirtschaftsrecht - Bilanzrecht Folie 41