Gefahren beim Baden und Schwimmen

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Transkript:

KAPITEL 3 Gefahren beim Baden und Schwimmen Infektiöse Erkrankungen, sonstige Erkrankungen, Unfälle, Verkehrssicherungspflicht des Betreibers Wasser hat keine Balken, sagt man im Volksmund. Damit wird auf die vermeintlich größte Gefahr aufmerksam gemacht, die Schwimmen und Baden birgt. Vielen Menschen ist aber oft unbekannt, dass beim Aufenthalt im Wasser noch eine Reihe anderer Risiken bestehen. Zunächst einiges Allgemeines zu den möglichen Erkrankungen beim Baden und Schwimmen. Ein Angehen einer Erkrankung, also eine Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte ist beim Baden durch Unterkühlung, zu starkem Sonnengenuss und durch das Aufweichen der Haut erleichtert. Diese Umgebungseinflüsse können auch dazu führen, dass im oder auf dem Körper bereits vorhandene Erreger zu einer Erkrankung führen können. Man spricht dabei von endogene Erkrankungen. Durch den engen Kontakt mit dem Medium Badewasser und den Badenden untereinander sind Erkrankungen, die durch pathogene (d. h. krankheitserregende) Mikroorganismen verursacht werden, möglich. Ein Badender wird je nach Gesundheitszustand, Konstitution und Verhalten unterschiedliche Mengen und Arten von Mikroorganismen an das Badewasser abgeben. Bereits bei einem kurzzeitigen Aufenthalt im Wasser gibt ein Mensch mehrere 100 Millionen Bakterien oder Bakterienaggregate, wissenschaftlich als Kolonie-bildende Einheiten (KBE) bezeichnet, ab. Besonders konzentriert kommen sie beispielsweise im Speichel vor. Unter diesen Mikroorganismen können sich Erreger von Infektionskrankheiten (übertragbare Krankheiten) befinden. Sie können direkt oder über Zwischenträger auf den Menschen übertragen werden. Eine Infektion, das ist das Eindringen und Vermehren des Erregers und die Reaktion des menschlichen Organismus, ist von der Infektionsdosis abhängig. Diese ist erregerspezifisch. Es ist somit maßgeblich, wie oft bzw. wie viel Wasser vom Badenden geschluckt wurde. Für die Prävention von Schwimmbaderkrankungen ist es deshalb auch wichtig, möglichst kein Badewasser mit dem Mund aufzunehmen. Eine höhere Wassertemperatur ist kritischer zu bewerten, da dann eine Vermehrung der Krankheitserreger im Wasser selbst möglich ist. Temperaturen unter 18 C werden dabei als unbedenklich genannt. In Beckenbädern begegnet man der Infektionsgefahr beim Baden primär durch den Einsatz von Desinfektionsmitteln, der Chlorung, so dass eine schnelle und wirksame Inaktivierung der Krankheitserreger erfolgt. Die allgemeinen Maßnahmen der Wasseraufbereitung und Wasserführung in einem Badebecken sind zusätzlich wichtig. 36

Nur in der Gesamtheit der Aufbereitung wird die Sicherheit der Badegäste vor Infektionen gewährleistet. Wie bei der Trinkwasserversorgung gilt auch im Badebereich das hygienische Multibarriere-System, d. h. die volle Wirksamkeit und Sicherheit wird nur durch die Kombination der einzelnen Komponenten erreicht. (Weiteres in Kapitel 10.) Beim Baden in freien Gewässern, also Badestellen an Seen, Talsperren u. ä., ist eine Infektionsgefahr geringer, da die Flächen- bzw. Raumbelastung durch die Badegäste nicht so hoch wie bei Beckenbädern ist. Eine kritisches Volumen von 10 m³/badegast sollte nicht unterschritten werden. Biologische Prozesse und auch das Sonnenlicht bewirken im Gewässer als Selbstreinigung bezeichnete Vorgänge und damit auch eine Inaktivierung von Krankheitserregern. Im Gewässer besteht allerdings nicht nur die Gefahr der Verunreinigung durch die Badegäste, sondern - oft um vieles erheblicher die durch Abwassereinleitungen, Wasservögel, aufgewirbeltes Sediment und weiteres. So kritisch wie es einer der Senioren der Hygiene in der DDR KARLWILHELM HORN sah, dürften die Verhältnisse heute meist nicht mehr sein: Da fast alle Flüsse und Seen zur Abwasserbeseitigung genutzt und demzufolge verschmutzt sind, muss stets daran gedacht werden, dass auftretende Fälle übertragbarer Krankheiten unmittelbar oder mittelbar durch Baden in Gewässern bedingt sein können. (62) Im Badewasserbereich spielen abweichend vom Infektionsgeschehen bei verunreinigtem Trinkwasser bakteriell verursachte Erkrankungen des Magen- und Darmtrakts, wie beispielsweise Typhus oder Ruhr, in der Regel eine untergeordnete Rolle. Häufiger sind Erkrankungen der Haut, des Hals-, Nasen- und Ohrbereichs und der Augen. Virusbedingte Erkrankungen (z. B. Gastroenteritis durch Noroviren, Meningitis durch Coxackie- und Echoviren) werden in abwasserbelasteten Gewässerbädern zu einer Gefahr (8). In Tabelle 3 (Seite 40) sind die beim Baden möglichen Erkrankungen organbezogen aufgeführt. Eine Analyse aus den USA zeigt als häufigste Erkrankung eine Gastroenteritis, die durch den zu den Sporozoen gehörenden Parasiten Cryptosporidium parvum verursacht wurde. Diese Erreger sind schon in einer sehr geringen Infektionsdosis wirksam und andererseits durch die übliche Chlorung des Badewassers nicht zu beherrschen. Die Zahlen sind allerdings durch ein Extremereignis beeinflusst (Tabelle 4, Seite 40). Erkrankungen durch die erst seit wenigen Jahrzehnten bekannte Bakteriengruppe Legionellen sind beim direkten Schwimmen unwahrscheinlich. Dieser Erreger einer Lungenentzündung ähnlichen Erkrankung wird als Aerosol über die Atemluft aufgenommen. Duschen aber auch Sprudelbäder oder Luftdüsen kommen hier als Orte der Infektion in Betracht. Überhaupt ist auch bei anderen Erkrankungen im Badebereich nicht einfach zu unterscheiden, ob das Badewasser selbst oder die Umgebung die Infektionsquelle war. Verhüten und Minimieren von Infektionen sind durch Unterbrechung der Infektionskette möglich: 37

Ausschalten der Infektionsquelle der Weg des Erregers von der Infektionsquelle zum Mensch darf nicht durchgängig sein der Erreger darf nicht in den Menschen eindringen oder nicht wirksam werden können. Neben den Gesundheitsschädigungen durch Infektionen kann beim Baden eine Gefahr durch chemische Noxen nicht ausgeschlossen werden. Die durch Medien mitunter überbetonte Gefährdung durch Nebenprodukte der Desinfektion des Badewassers, die sogenannten Trihalogenmethane, (Verbindungen des Chlors mit organischen Kohlenstoff halogenierte Kohlenwasserstoffe) muss aber relativiert werden. Diese Substanzen zeigten in Tierversuchen krebserregende Eigenschaften. Sie dürften aber nur für Personen kritisch werden, die sich lange Zeit im Wasser aufhalten, z. B. Leistungsschwimmer. Für das Badpersonal selbst ist dies allenfalls eine Gefährdung in Richtung Berufskrankheit (52, 88). Derzeit ist dies aber von den Berufsgenossenschaften noch nicht anerkannt. Bei Baden in Gewässern kann eine Vergiftung auftreten, wenn Wasser, welches in höherer Konzentration bestimmte Arten von Blaualgen, richtiger Cyanobakterien, enthält, verschluckt wird. Einige Arten dieser Gruppe können Toxine bilden, die als Nerven- oder Lebergift wirken. Deshalb sollte das Baden in Gewässern, welche eine stark blaugrüne Vegetationsfärbung zeigen und oft noch kahmhautähnliche Oberfläche besitzen, gemieden werden (17, 116). Daneben können durch Blaualgen allergische Haut- und Schleimhautreaktionen hervorgerufen werden. Eine starke Entwicklung meist mikroskopisch kleiner Algen bedeutet allgemein eine Gefahr für den Badebetrieb in Gewässern. Bei Unglücksfällen werden Rettungstätigkeit wegen der Sichteinschränkung erschwert. Früher war diese Qualitätsbeeinträchtigung auch in unseren Beckenbädern nicht selten, als Wasserpflege und - aufbereitung wegen mangelhafter Technik und fehlender Mittel unzureichend waren. Besonders unangenehm für den Badegast ist die sogen. Badewasser- oder auch Zerkariendermatitis. Sie äußert sich in einer Hautrötung, Quaddelbildung und Juckreiz. Erreger, die Zerkarien, sind eine Entwicklungsform von parasitischen Saugwürmern (Trematoden), die einen Entwicklungskreislauf über niedere Tiere und Wirbeltiere als Wirt haben. Die bei uns wichtigen Arten bilden einen Zyklus über Wasservögel und Wasserschnecken aus. Der Mensch stellt einen Fehlwirt dar, in dem die Entwicklung nicht weiterläuft. Die in die Haut eingedrungene Larve stirbt ab und verursacht die genannten Beschwerden, auch allergische Reaktionen sind möglich. In tropischen Gewässern leben verwandte Arten, welche auch beim Menschen schwere Erkrankungen hervorrufen können. Allergische Hautreaktionen sind auch bei Kontakt von Badenden mit bestimmten Arten von höheren Wasserpflanzen bekannt. Besonders ist hier das Ährige Tausendblatt (Myriohyllum spicatum) zu nennen. Allgemein stellt ein stark verkrautetes Badegewässer eine Gefahr für das Baden dar, da Schwimmbewegungen stark behindert werden können. Andererseits sind solche Gewässer meist wertvolle Biotope für den Naturschutz. Sie sollten auch aus diesem Grund nicht zum Baden genutzt werden. 38

In Sachsen bis 1992 beobachtete und gemeldete Badeinfektionen ergeben z. T. ein von der obigen Zusammenstellung abweichendes Bild, jedoch ist die Zahl der Fälle insgesamt zu gering, um Vergleiche anzustellen (83). Neuere Daten liegen nicht vor. Nun noch zu den am Kapitelanfang bereits erwähnten Badeunfällen. Gesamtdeutsche Statistiken über Todesfälle durch Ertrinken seit 1961 zeigen, dass die Zahlen bis Ende der siebziger Jahre stark rückläufig waren. Seit dem ist aber eine Stagnation festzustellen. Jährlich liegen die Opferzahlen in den letzten Jahren bei etwa 600 (94). Diese Zahlen sind Todesfälle durch Ertrinken insgesamt. In Flüssen und Seen, also offensichtlich überwiegend beim Baden und Schwimmen waren 2002 etwa zwei Drittel der Todesfälle zu lokalisieren. In Schwimmbädern selbst waren es drei Prozent (26). Für Sachsen meldet der DRK-Landesverband für die Saison 2006 15 Todesfälle durch Ertrinken (41). Dabei sind nicht nur reine Badeunfälle gezählt worden. Verletzungs-Unfälle sind in Beckenbädern, dank der Aufsicht und des baulichen Zustands, nicht häufig. Oft ist aber auch das Verhalten der Badegäste selbst Ursache. In den Gewässern ist insbesondere das Baden in unbekannten und unbeaufsichtigten Objekten und risikoreiches Verhalten Ursache von Badeunfällen. Die Aufsichtspflicht in einem Schwimmbad leitet sich aus der allgemeinen Rechtspflicht ab, im Verkehr auf die Gefährdung anderer hier der Badegäste Rücksicht zu nehmen und entsprechende Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen, wenn Gefahrenquellen dies erfordern. Grundlage ist der sogen. Schadenersatzparagraph des Bürgerlichen Gesetzbuches, der 823. Eine verkehrssichere Gestaltung eines Schwimmbades, das jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar. Der Verkehrssicherungspflichtige muss nur solche Vorkehrungen treffen, die wirtschaftlich zumutbar sind. Der Verkehrssicherungspflichtige hat die Aufgabe, die Badegäste vor nicht ohne weiteres erkennbare Gefahren zu schützen (Sorgfaltspflicht) oder auf diese aufmerksam zu machen (Informationspflicht). Demgegenüber dürfen erkennbare Gefahren in Kauf genommen werden. Der Badegast muss sich selbst auf die typischen Gefahren eines Schwimmbadbesuches einstellen. 39

Tabelle 3: Erkrankungen durch Baden (nach (119), ergänzt und verändert) Organ Erkrankung Erreger Haut Wundentzündung Staphylokokken, Streptokokken Hautausschlag und Ekzem Viren, Chemikalien im Wasser Fußpilze Trichophyten, Epidermophyten Fußwarzen Viren Schwimmergranulom Mycobacterium Zerkariendermatistis Schistosoma spec. Allergische Reaktionen Cyanophyceen Ohr Außenohrentzündung Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonaden Mittelohrentzündung Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonaden Auge Reizung falsch dosierte Chemikalien Schwimmbadkonjunktivitis Viren Atemwege Erkältung, Bronchitis Viren und Bakterien Legionellose, Pontiac-Fieber Legionellen Nasenkatarrh Allergene aus Algen Lungenödem Chlor Innere Organe Hirnhautentzündung primäre Amöben, Naegleria fowleri, Viren Darmerkrankungen Salmonellen, Cryptosporidien und andere Mikroorganismen Intoxikationen Cyanophyceen Tabelle 4: Durch Erreger im Badewasser bedingte Infektionskrankheiten in den USA 1991-1996. Zit. nach (81). Art der Erkrankung Erreger Zahl Ausbrüche Prozent Zahl der Infizierten Prozent Dermatitis Pseudomonas aeruginosa 15 21,1 278 3,1 Schistosoma spec. 2 2,8 121 1,3 Gastroenteritis Cryptosporidium parvum 11 15,5 6670 73,2 Escherichia coli O 157:H7 5 7,0 218 2,4 Giardia intestinalis 9 12,7 252 2,8 Norwalk-Virus 1 1,4 55 0,6 Salmonella enterica 1 1,4 3 0,0 Shigella spec. 8 11,3 853 9,4 Leptospirose Leptospira spec. 1 1,4 6 0,1 Meningoencephalitis Negleria fowleri 13 18,3 13 0,1 Pharyngitis Adenovirus 3 1 1,4 595 6,5 Pontiac-Fieber Legionella spec. 4 5,6 49 0,5 Insgesamt 71 100,0 9113 100,0 40