Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Dr. Hendrik Büch Institut für Psychologie an der Universität Freiburg

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Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Dr. Hendrik Büch Institut für Psychologie an der Universität Freiburg

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Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

Hyperkinetische Störungen (HKS) Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Aufmerksamkeitsstörung - Ablenkbarkeit - Dauerkonzentration Impulsivität - kognitiv - motivational - emotional Hyperaktivität Kardinalsymptome

Diagnosekriterien HKS /ADHS: 1. Aufmerksamkeitsstörung Auswahl 1 2 3 Ist häufig unaufmerksam gegenüber Details oder macht Sorgfaltsfehler bei Schularbeiten oder anderen Arbeiten/ Tätigkeiten Kann die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spiel häufig nicht aufrecht erhalten Scheint häufig nicht zu hören, was gesagt wird 4 5 Kann Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren oder strukturieren Wird häufig durch äußere Reize leicht abgelenkt Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Diagnosekriterien HKS /ADHS: 2. Hyperaktivität Auswahl 1 Zappelt mit Händen oder Füßen oder windet sich auf seinem Sitz 2 Verläßt seinen Platz während des Unterrichts oder in anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird 3 Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist. (Bei Jugendlichen oder Erwachsenen ist nur ein Gefühl innerer Unruhe vorhanden) 4 Zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer Aktivität, das durch die soziale Umgebung oder durch Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflußbar ist Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Diagnosekriterien HKS /ADHS: 3. Impulsivität 1 Platzt häufig mit Antworten heraus, bevor Fragen zu Ende gestellt sind 2 3 Kann häufig nicht in einer Reihe warten oder bei Spielen oder Gruppensituationen warten, bis er/sie an der Reihe ist Unterbricht oder stört andere häufig (z.b. platzt in die Unterhaltung oder Spiele anderer) 4 Redet häufig übermäßig viel, ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

HKS / ADHS ist nicht wie Masern oder Mumps (kategorial) sondern wie Bluthochdruck oder Übergewicht (dimensional) Man kann mehr oder weniger davon haben! Die Grenzen sind fließend Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Merkmale von ADHS müssen schon vor der Einschulung auftreten müssen deutlich stärker sein als bei Kindern gleichen Alters müssen deutlich stärker sein als bei Kindern gleicher Intelligenz müssen in mehreren Lebensbereichen auftreten (Familie, Schule) müssen Alltagsfunktionen beeinträchtigen Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Diagnosekriterien nach ICD-10 + + Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität Impulsivität F 90.0 Einfache Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung situationsübergreifend + F 90.1 Störung des Sozialverhaltens Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens

Diagnosekriterien nach DSM-IV + Hyperaktivität / Impulsivität ADHS: Mischtyp Aufmerksamkeitsstörung situationsübergreifend Aufmerk- - Hyperaktivität / samkeits- störung unaufmerksamer Typ ADHS: Vorwiegend Impulsivität situationsübergreifend - Hyperaktivität / Aufmerk- Impulsivität situationsübergreifend samkeits- störung hyperaktiv-impulsiver Typ ADHS: Vorwiegend situationsübergreifend

Begleitsymptome / Komorbidität n30-50 % oppositionelle Verhaltensstörung/ dissoziale Verhaltensstörung n20-30 % Lernstörungen / Teilleistungsschwächen n20 % Angststörungen n15 % Depressive Störungen n10-20 % Tic - Störungen Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

Diagnostik: Prinzipien n genaue Exploration von Eltern und Lehrern n Differentialdiagnostik vor allem zu Lernstörungen, Intelligenzminderungen, Störungen des Sozialverhaltens n Komorbidität beachten n Fragebögen können sehr hilfreich sein, reichen aber nicht aus n apparative / videogestützte Diagnostik von ADHS- Symptomen kann ergänzend hilfreich sein, sind aber nicht für Diagnose entscheidend n häufig ist Intelligenz- / Teilleistungsdiagnostik nötig n internistische / neurologische Untersuchung

Kinder-Diagnostik-System (KIDS), Band 1: Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Verfahren zur Eingangsdiagnostik Verfahren für spezifische Altersgruppen Verfahren zur weiterführenden Diagnostik Verfahren zur und Verlaufskontrolle Döpfner, M., Steinhausen, H.-C. & Lehmkuhl, G. (2006). Kinder-Diagnostik-System KIDS, Band 1: Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen. Göttingen: Hogrefe.

Diagnostik von ADHS 1 Anamnese ESHOV: Explorationsschema für Hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensstörungen ADHS- Fragebogen (Eltern, Lehrer, Erzieher, Patient) FBB-ADHS / FBB-ADHS-V: Fremdbeurteilungsbogen für ADHS (Eltern+Lehrer / Erzieher) SBB-ADHS: Selbstbeurteilungsbogen für ADHS (ab 11 Jahren) ADHS- Diagnostik (klinische Beurteilung) DCL-ADHS: Diagnose-Checkliste für ADHS Klinisches Interview, z.b. Kinder-DIPS

Diagnostik von ADHS 2 Diagnostik komorbider Störungen / Differenzialdiagnostik Diagnostik komorbider Störungen: Störung des Sozialverhaltens, Angststörungen, Asperger Autismus Entwicklungs- / Intelligenz- / Leistungsdiagnostik: im Vorschulalter immer im Schulalter bei Indikation

Struktur FBB-ADHS Unaufmerksamkeit 9 Items Hyperaktivität 7 Items Impulsivität 4 Items Hyperaktivität & Impulsivität 11 Items ADHS TOTAL 20 Items Funktionseinschränkung 4 Items Kompetenzen 6 Items Funktionseinschränkung: Leidensdruck, Familie, Schule, Gleichaltrige Kompetenzen: Aufmerksamkeit, Reflexivität und Selbst-Kontrolle zusätzlich: 2 Items Pervasivität Döpfner, Görtz-Dorten,& Lehmkuhl (2008). Diagnostik-System für Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-IV, DISYPS-II. Bern: Huber.

Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

World Wide Prevalence of ADHD Polanczyk, Lima, Horta, Biederman, Rohde (in press) The worldwide prevalence of Attention- Deficit/Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Regression Analysis. Am J Psychiatry

Prävalenz von ADHS (international) Im Alter von 4-16 Jahren: ca. 3-6 % Jungen: ca. 9% (Ontario-Study) Mädchen: ca: 3% (Ontario-Study) Jungen-Mädchen-Relation: 2:1 bis 10:1 in Feldstichproben: ca. 3:1 in Klinikstichproben: ca. 6:1 Mädchen haben seltener komorbide aggressive Symptomatik Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Prevalence rates according to DSM-IV symptom criteria in boys and girls and different age groups BELLA-Studie (Ravens-Sieberer) Teil-Studie von KIGGS Knapp 2500 Kinder, 7-17 Jahre FBB-ADHD + zusätzliche Fragebögen / Interviews Döpfner et al. (2009). How often meet children ICD-10/ DSM-IV criteria of Attention Deficit- /Hyperactivity Disorder (ADHD) and Hyperkinetic Disorder (HD)? Parent based prevalence rates in a national sample. European J. of Child and Adolescent Psychiatry (accepted for publication).

Prevalence rates according to DSM-IV and ICD-10 symptom criteria in different age groups (n=2452) Döpfner et al. (2009). How often meet children ICD-10/ DSM-IV criteria of Attention Deficit- /Hyperactivity Disorder (ADHD) and Hyperkinetic Disorder (HD)? Parent based prevalence rates in a national sample. European J. of Child and Adolescent Psychiatry (accepted for publication).

Prevalence rates (DSM-IV symptoms) and socioeconomic status Döpfner et al. (2009). How often meet children ICD-10/ DSM-IV criteria of Attention Deficit- /Hyperactivity Disorder (ADHD) and Hyperkinetic Disorder (HD)? Parent based prevalence rates in a national sample. European J. of Child and Adolescent Psychiatry (accepted for publication).

Prevalence rates (DSM-IV symptoms) and urbanization Döpfner et al. (2009). How often meet children ICD-10/ DSM-IV criteria of Attention Deficit- /Hyperactivity Disorder (ADHD) and Hyperkinetic Disorder (HD)? Parent based prevalence rates in a national sample. European J. of Child and Adolescent Psychiatry (accepted for publication).

Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

Ursachen-Puzzle Was sind die Ursachen von ADHS? Belastungen in der Schwangerschaft oder bei Geburt erbliche Ursachen ADHS Erziehungsprobleme in Familie / Schule andere Belastungen in Familie / Schule

Ursachen genetische Disposition Schädigung des ZNS Prozesse Epigenetische Veränderungen Strukturelle u. funktionelle Abweichungen (z.b. Störungen des Dopamin- Stoffwechsels) Ebenen Interaktionen Neurobiologie Toxine, Allergene und Nahrungsmittelintoleranzen Störungen sensomotorischer, exekutiver und motivationaler Funktionen ADHS-Symptome Symptome ungünstige psychosoziale Bedingungen Zunahme an negativen Interaktionen mit Bezugspersonen Neuropsychologie komorbide Symptome ->Leistungsdefizite ->aggressives Verhalten ->emotionale Störungen Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe. komorbide Symptome

Erblichkeit Coolidge 2000 Willcutt 2000 Hudziak 2000 Nadder 1998 Levy 1997 Sherman 1997 Silberg 1996 Gjone 1996 Thapar 1995 Schmitz 1995 Stevenson 1992 Edelbrock 1992 Gillis 1992 Goodman 1989 Matheny 1980 Willerman 1973 Erblichkeitskoeffizienten: 0.6-0.9 Panikstörung Schizophrenie Körpergröße 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 Erbliche Faktoren sind sehr bedeutsam Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe. Faraone et al., 1998

Molekulargenetik nmit ADHS assoziierte Gene: Dopamintransporter- und Dopaminrezeptorgene Serotonintransportergene nallerdings erklären diese Genpolymorphismen nur einen kleinen Anteil der ADHS (max. 5% der Varianz) Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Erworbene biologische Faktoren nschwangerschafts- und Geburtskomplikationen (?) sehr geringes Geburtsgewicht und Frühgeburt ninfektionen (Enzephalitis) ntoxine (Hirnschädigung durch pränatale Alkoholund Nikotinexposition) ntraumatische Hirnschädigungen nnahrungsmittelunverträglichkeiten spielen eine untergeordnete Rolle. Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Störungen neuronaler Netze bei ADHS Präfrontaler Kortex Hinterer parietaler Kortex Dopamin: wesentliche Rolle bei Antrieb, Motivation, exekutiven Funktionen Vorderes Aufmerksamkeitssystem Hinteres Aufmerksamkeitssystem Noradrenalin: wesentliche Rolle bei der Aufmerksamkeit Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Störungen des dopaminergen und noradrenergen Systems nerhöhte Dopamintransporter-Dichte dadurch verminderte Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt (Striatum) nmethylphenidat hemmt Dopamin- Wiederaufnahme und erhöht damit die Dopamin-Konzentration natomoxetin hemmt Noradrenalin- Wiederaufnahme und erhöht Noradrenalin (im präfrontalen Cortex) Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Frühkindliche Deprivation: Romanian Adoptee Study Die Dauer der frühkindlichen Deprivation hat einen Einfluss auf die Unaufmerksamkeit /Überaktivität der Kinder im Alter von sechs Jahren unabhängig von Geburtsgewicht, früherer Fehlernährung oder kognitiven Beeinträchtigung Kreppner, J. M., O'Connor, T. G.& Rutter, M. (2001). Can inattention/overactivity be an institutional deprivation syndrome? J Abnorm Child Psychol, 29(6), 513-528.

Mütterliche Wärme reduziert Risiko von geringem Geburtsgewicht für ADHS im Alter von 5 Jahren im Lehrerurteil Das erhöhte Risiko von Kindern mit geringem Geburtsgewicht zur Entwicklung von ADHS (im Urteil der Eltern und der Lehrer) wurde bei Kindern mit geringem Geburtsgewicht und hoher mütterlicher Wärme durch die mütterliche Wärme reduziert (Cave: keine Longitudinale Studie). Tully et al. (2004) Does Maternal Warmth Moderate the Effects of Birth Weight on Twins' Attention- Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD) Symptoms and Low IQ? Journal of Consulting and Clinical Psychology Vol. 72, No. 2, 218-226

2. Nur etwa 50% der Betroffenen: ausgeprägte exekutive Auffälligkeiten Rhodes, Coghill & Matthews (2005) Psychological Medicine

Neuropsychologie Störung exekutiver Funktionen Hemmung (motorisch, kognitiv + emotional) Planungsfähigkeit Arbeitsgedächtnis Aufmerksamkeit & Flexibilität Aber auch andere Beeinträchtigungen Motivation Basale Lernmechanismen Regulation von Aktivierung Scientific American, 1998 1. Exekutive Dysfunktionen: nicht störungsspezifisch 2. 50% der Betroffenen: ausgeprägte exekutive Auffälligkeiten z..b.: Nigg et al., 2005; Doyle et al., 2005

Symptomatik Überblick Diagnostik Häufigkeit Ursachen Verlauf Therapie

Problembereiche Kind Familie Schule Gleichaltrige Unaufmerksamkeit Hyperaktivität Impulsivität Komorbide Störungen Funktionsbeeinträchtigung Erziehungs- und Beziehungsprobleme Familiäre Belastungen, psychische Störungen der Eltern Lernschwierigkeiten und Schulversagen Negative Lehrer-Schüler-Beziehung Negative Beziehung zu Gleichaltrigen Erfordert multimodale Interventionen Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Interventionen Psychoedukation Spieltraining Patientenzentriert Selbstinstruktionstraining Selbstmanagement-Verfahren Neurofeedback Pharmakotherapie Elternzentriert Psychoedukation Eltern-Kind-Therapie (Vor)Schulzentriert Psychoedukation Interventionen in der Schule Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Psychotherapie des Kindes Therapie-Puzzle Was kann man tun? medikamentöse Therapie Erziehungsprobleme in der Familie + Schule lösen Behandlung der ADHS andere Belastungen vermindern

Behandlungsalogrithmus : ADHS-Schulalter deutsch: DGKJPP (2004); europäisch: Taylor et al. (2004); modifiziert Psychoedukation, Beratung, Unterstützung des Patienten, der Eltern und der Lehrer sehr stark ausgeprägt, situationsübergreifend, behindernd? nein Symptomatik in der Schule? nein /ja Symptomatik in der Familie? nein ADHS-Symptomatik persistiert; und bislang keine Medikation? nein / ja Komorbide Symptomatik? ja ja ja ja ja Pharmakotherapie Interventionen in der Schule; kognitive Interventionen Eltern-Kind-Training; Interventionen in der Familie; kognitive Interventionen Therapie komorbider Symptomatik Taylor, Doepfner, Sergeant, et al. (2004). Clinical guidelines for hyperkinetic disorder- first upgrade. European Child & Adolescent Psychiatry, 13, supplement 1, I/7 - I/30 Döpfner & Lehmkuhl (2003). Hyperkinetische Störungen (F90). In Deutsche Gesellschaft für Kinder-und Jugendpsychiatrie und_psychotherapie et al. (Hrsg.), Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter (2. Aufl., S. 237-249). Köln: Deutscher Ärzte Verlag.

Pharmakotherapie (Psychostimulanzien) ist bei Kindern mit sehr schwerer Symptomausprägung meist unverzichtbar (mindestens 30 % mit ADHS) ist nicht bei allen Kindern mit ADHS nötig ist nicht immer hilfreich (10-20%) hat gelegentlich auch deutliche Nebenwirkungen setzt genaue Diagnostik voraus muss in der Dosierung genau ausgetestet werden sollte in Zusammenarbeit mit Kindergarten / Schule überprüft werden muss eingebettet sein in eine umfassende Beratung muss häufig mit verhaltenstherapeutischen Interventionen kombiniert werden muss kontinuierlich überprüft werden muss meist über Jahre durchgeführt werden Döpfner, Frölich & Lehmkuhl (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Psychotherapie

THOP Therapieprogramm für Kinder mit Hyperkinetischem und Oppostionellem Problemverhalten

Therapieprogramm für Kinder mit Hyperkinetischem und Oppositionellem Problemverhalten (THOP) 1. Problemdefinition, Entwicklung eines Störungskonzeptes und Behandlungsplanung 01 02 Definition der Verhaltensprobleme des Kindes in der Familie Erarbeitung der Elemente eines gemeinsamen Störungskonzeptes 03 Entwicklung eines gemeinsamen Störungskonzeptes 04 Behandlungsziele und Behandlungsplanung 2. Förderung positiver Eltern-Kind-Interaktionen und Eltern-Kind-Beziehungen 05 06 Fokussierung der Aufmerksamkeit auf positive Erlebnisse mit dem Kind Aufbau positiver Spielinteraktionen Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Therapieprogramm für Kinder mit Hyperkinetischem und Oppositionellem Problemverhalten (THOP) 3. Pädagogisch-therapeutische Interventionen zur Verminderung von impulsivem und oppositionellem Verhalten 07 08 09 Etablierung von klaren Regeln und Grenzen Entwicklung effektiver Aufforderungen Soziale Verstärkung bei der Beachtung von Aufforderungen 10 Soziale Verstärkung bei nicht störendem Verhalten 11 Aufbau wirkungsvoller Kontrolle 12 Natürliche negative Konsequenzen Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Therapieprogramm für Kinder mit Hyperkinetischem und Oppositionellem Problemverhalten (THOP) 13 14 4. Spezielle operante Methoden Entwicklung von Token-Systemen Anpassung von Token-Systemen 15 Response-Cost (Verstärkerentzug) 16 Auszeit 17a 17b 17c 5. Interventionen bei spezifischen Verhaltensproblemen Spieltraining Selbstinstruktionstraining Selbstmanagement 18 Verminderung von Verhaltensproblemen bei den Hausaufgaben 19 Verminderung von Verhaltensproblemen in der Öffentlichkeit Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Teufelskreis bei ADHS & oppositionellem Verhalten Aufforderung durch Eltern Wiederholung der Aufforderung Nein befolgt? Ja Andere Tätigkeit Nein befolgt? Nein Eltern drohen Ja Eltern geben nach Andere Tätigkeit Andere Tätigkeit Nein befolgt? Nein Ja Andere Tätigkeit Eltern hilflos Eltern geben nach Andere Tätigkeit Eltern reagieren aggressiv Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Betrachten Sie Ihr Kind von der positiven Seite! Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf positive Ereignisse. Beachten Sie auch Kleinigkeiten und "Selbstverständlichkeiten". Achten Sie darauf, wenn üblicherweise schwierige Situationen weniger problematisch ablaufen. Zeigen Sie Ihrem Kind, wenn sie etwas gut finden. Notieren Sie abends, was gut gelaufen ist. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über positive Ereignisse des Tages. Erwarten Sie keine Wunder. Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Wie man wirkungsvolle Aufforderungen gibt! Stellen Sie nur Aufforderungen, wenn Sie bereit sind, sie auch durchzusetzen! Verringern Sie jegliche Ablenkung, bevor Sie eine Aufforderung geben! Äußern Sie die Aufforderung eindeutig und nicht als Bitte! Geben Sie immer nur eine Aufforderung! Sorgen Sie dafür, daß Ihr Kind aufmerksam ist, wenn Sie die Aufforderung geben! Fordern Sie Ihr Kind auf, Ihre Aufforderung zu wiederholen! Bleiben Sie in unmittelbarer Nähe Ihres Kindes, um sicher zu gehen, daß Ihr Kind der Aufforderung nachkommt! Konzentrieren Sie sich zunächst auf wenige Aufforderungen und protokollieren Sie diese in Ihrem Tagebuch. Döpfner, Schürmann & Frölich (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (3. Aufl.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union

Tages-Beurteilung von der Schule für: Meine Ziele Wie gut hast Du Deine Ziele heute erreicht? Super, Du hast heute Dein Ziel voll erreicht! Gut, Du hast heute Dein Ziel überwiegend erreicht! Ziele erreicht? MO DI MI DO FR SA Datum Datum Datum Datum Datum Datum Du hast heute Dein Ziel nicht erreicht. Du mußt Dich morgen noch etwas mehr anstrengen! 1. Ich passe im Unterricht auf und mache mit. 2. Ich mache die Aufgaben in der Klasse vollständig zu Ende. 3. Ich bleibe die ganze Zeit über bei meinen Aufgaben. Ich rede nicht dazwischen und stehe auch nicht mittendrin auf. 4. Ich vertrage mich mit den anderen Kindern und streite mich nicht mit ihnen. 5. Ich beachte die Regeln und Aufforderungen der Lehrerin / des Lehrers und werde nicht wütend.

Wirksamkeit Verhaltenstherapie

Symptomatische Normalisierungsraten in der MTA-Studie (14 Monate) Prozent 80 70 60 50 40 30 20 10 0 25 Alltagsübl. Behandlung 34 Pharmako + Verhaltenstherapie Verhaltenstherapie 56 Pharmakotherapie 68 Swanson et al. (2001). Clinical relevance of the primary findings of the MTA: success rates based on severity of ADHD and ODD symptoms at the end of treatment. J. Am. Acad. Child and Adolesc. Psychiatry 40, 168-179.

MTA: differenzielle Therapieeffekte von VT, Pharmakotherapie und Kombinationstherapie ADHS+SSV+ ANGST 25% ADHS - 31% ADHS+ANGST 14% ADHS+ANGST überwiegend auch mit Depression ADHS+SSV 30% ADHS / ADHS+SSV MED+BER = KOMB > VT ADHS + ANGST MED+BER = KOMB = VT ADHS + ANGST + SSV MED+BER < KOMB = VT Jensen et al. (2001): ADHD Comorbidity Findings From the MTA Study: Comparing Comorbid Subgroups. J. Am. Acad. Child Adolesc. Psychiatry 40, 147 158.

Literatur Döpfner, M. (2009). Hyperkinetische Störung und oppositionelles Trotzverhalten. In S. Schneider & J. Margraf (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 3: Störungen im Kindes- und Jugendalter. (S. 429-452). Berlin: Springer- Verlag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!