Risikomanagement von Zwillingsschwangerschaften

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Transkript:

Risikomanagement von Zwillingsschwangerschaften Gundula Girschick, UFK Würzburg IV. Bayernseminar Regensburg 14. und 15. Dezember 2007

Anteil der Mehrlingsschwangerschaften in Bayern % 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1979 2005 Quelle: Bayerische Perinatalerhebung

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW Intrauterine Wachstumsretardierung Präeklampsie Gestationsdiabetes

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW Intrauterine Wachstumsretardierung Präeklampsie

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW Intrauterine Wachstumsretardierung Präeklampsie RR 2-3

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW Intrauterine Wachstumsretardierung RR = 10 Präeklampsie RR 2-3

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW RR = 10 Intrauterine Wachstumsretardierung RR = 10 Präeklampsie RR 2-3

Kumulative Verlustrate incl. neonatale Mortalität monochorial 14,7 dichorial 3,4 Sebire et al., BJOG 1997, 104(10): 1203-7 Sperling et al., Ultrasound Obstet Gynecol 2006;28:644-652

-d 3 -d 9 -d 12 Monozygote Gemini 33% 65% 2% dichorial diamnial monochorial diamnial monochorial monoamnial Langman J., 1989, med. Embryologie

Häufigkeit monochorialer Geminischwangerschaften monochorial, diamnial Natürliche Konzeption 28 % Sterilitätstherapie (IUI, IVF, ICSI) 4 % Prospektive, Multizenter-Beobachtungsstudie N = 524 495 (L. Sperling et al., Detection of chromosomal abnormalities, congenital abnormalities and transfusion syndrome in twins; Ultrasound Obstet Gynecol 2007; 29; 517-26)

Diagnose monochorialer Geminigravidität - 1. Trimenon 10+5 9+4 dichorial monochorial Dokumentation im Mutterpass mit Bild

Diagnose monochorialer Geminigravidität - 2. Trimenon 24+1 18+1 Lamda-Zeichen oder Gipfel-Zeichen T-Zeichen Bei dichorialer Schwangerschaft Lambda Zeichen bis 15. SSW immer nachweisbar Bis 20. SSW in 87 % nachweisbar

Fetofetales Transfusionssyndrom Chudleigh, Thilaganathan Ultraschalldiagnostik in der Geburtshilfe, München 2007 Inzidenz ca. 15% Meist 16. - 26. SSW Mortalität unbehandelt 80% Arterio-arterielle Anastomosen wirken protektiv Hypothese (Sebire 2001): zufällige Obliteration von Anastomosen im 2. Trimenon

Fetofetales Transfusionssyndrom Stadien Stadium I II III IV V Oligohydramnion (max. FW < 2 cm) und Polyhydramnion (FW > 8 cm unter 20+0, FW > 10 cm über 20+0) Donorblase nicht darstellbar Pathologischer Doppler (0/Rückfluss in Art. Umb. oder D. venosus) Hydrops IUFT eines Feten Quintero R. et al. J Perinat 1999; 19(8): 550-5

Fetofetales Transfusionssyndrom Therapie Serielle Amniondrainage Fetoskopische Laserablation anastomosierender Gefäße Perkutane Fetoskopie in Lokalanästhesie 16. - 26. SSW Indiziert ab Stadium II, in Einzelfällen auch bei Stadium I

Fetoskopische Laserablation

Fetofetales Transfusionssyndrom Therapie Senat M.-V. NEJM 2004; 351:136-44 Prospektive, randomisierte Studie zum Vergleich fetoskopischer Laserablation vs. serieller Amniondrainage Laser (N=72) Amniond. (N=70) p Mindestens 1 Überlebender mit 6 Monaten 76% 51% 0,002 Überlebende ohne neurologische Beeinträchtigung mit 6 Monaten 52% 31% 0,003 SSA bei Entbindung 33,3 29,0 0,004

Fetofetales Transfusionssyndrom Laserablation Mortalität 40-50 % Neurologisches Handicap der Überlebenden 10-20 %

Fetofetales Transfusionssyndrom frühzeitige Diagnose 16. - 26. SSW wöchentlich US tiefstes FW-Depot, Faltung der Amnionmembran Blasengröße Doppler AU+DV Biometrie niedergelassener Frauenarzt und Degum II / III im Wechsel 12+0 ab 26. SSW alle 2 Wochen Patientin über Warnsymptome aufklären

Selektive Wachstumsretardierung Inzidenz 13-25 % der monochorialen Schwangerschaften IUGR und Oligohydramnion eines Feten bei normaler Fruchtwassermenge des anderen Untergruppe mit schlechter Prognose charakterisiert durch: intermittierenden Null-/Rückfluss in Art. umb. des IUGR-Feten große arterio-arterielle Anastomose

Selektive Wachstumsretardierung Therapie expektativ Nabelschnurokklusion Laserablation umstritten da Hohe IUFT-Rate des IUGR-Feten Nabelschnurinsertionen oft eng benachbart (Gratacos, Eurofoetus Symposium, 1.-2.6.2007)

Komplikationen der Zwillingsschwangerschaften Frühgeburt < 34 SSW RR = 10 Intrauterine Wachstumsretardierung RR = 10 Präeklampsie RR 2-3

Zwillinge und Frühgeburt Sonographische Cervixlänge bester prognostischer Parameter Cxlänge 25 mm 1 Prophylaxe: Beschäftigungsverbot ab 28+0 SSW Cerclage nicht sinnvoll (Verdoppelung der Frühgeburtlichkeit) 2 Progesterongabe ohne Wirkung 3 1 Meekai et al., Am J Obstet Gynecol, 2006, 194: 1360-5 2 Berghella V. et al, Obstet Gynecol, 2005, 106(1): 181-189 3 Rouse et al., NEJM, 2007, 357(5): 454-69

Zwillinge und Tokolyse Vorsicht bei Betamimetikagabe (Hohes Risiko für maternales Lungenödem) Alternativ Oxytocinantagonisten (> 28+0 SSW) oder Indometacin (< 28+0 SSW, off-label-use)

Zwillinge und angeborene Erkrankungen oder Fehlbildungen Meist nur ein Fet betroffen 2-3-fache Fehlbildungsrate bei monozygoten Gemini Selektiver Fetozid bei früher Durchführung risikoärmer

Zwillinge und angeborene Erkrankungen oder Fehlbildungen DEGUM: Ultraschalluntersuchung aller Zwillingsschwangerschaften auf DEGUM Stufe II in der 12. - 14. SSW (Merz et al., Ultraschall in Med 2004; 25: 218-220) Alternativ: Vorstellung aller monochorialen Schwangerschaften in der 12. - 14. SSW bei dichorialen Schwangerschaften frühzeitige Besprechung der Möglichkeiten und Konflikte der pränatalen Diagnostik, falls gewünscht Vorstellung 12. - 14. SSW

Zusammenfassung Frühzeitige Dokumentation der Plazentaverhältnisse Falls pränatale Diagnostik gewünscht, diese frühzeitig einleiten Vorsicht mit Betamimetika zur Tokolyse

Danke für ihre Aufmerksamkeit