Kapitel 08. Mikrotron

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Transkript:

Kapitel 08 Mikrotron

1.1 Das klassische Mikrotron Hochfrequenz-Kreisbeschleuniger für Elektronen Elektronen in einem homogenen, zeitlich konstanten Magnetfeld auf Kreisbahnen Aber: Radien wachsen mit zunehmender Energie und zunehmenden Impuls ähnlich Zyklotron Energiequelle für die Elektronen = einzelner Hohlraumresonator, ähnlich einem Resonanzraum bei einer Linearbeschleunigersektion Der Hohlraumresonator wird bei jedem Umlauf im Magnetfeld einmal durchlaufen und erhöht dabei die Energie der Elektronen um einen konstanten Betrag

Energiegewinn Beschleunigung der Elektronen nur dann, wenn Umlaufzeit und Hochfrequenzphase im richtigen Verhältnis zueinander stehen D.h. Elektronen phasenrichtig zum Zeitpunkt der gewählten Beschleunigungsfeldstärke auf den Hochfrequenzresonator treffen (= Resonanzbedingung) Mikrotrons werden oft so ausgelegt, dass der Energiegewinn der Elektronen pro Umlauf gerade eine Ruheenergie (511 kev) beträgt. Der Energiegewinn nach n Umläufen beträgt dann das n-fache der Ruheenergie, also n x 511 kev.

22 MeV-Kreismikrotron für medizinische Anwendungen A Gantry K Elektronenstrahl S M Lagerungstisch M: homogenes Magnetfeld S: Beschleunigungsspalt A: Auslenkungsstrahlrohr zur lokalen Abschirmung des Magnetfeldes S: Strahlerkopf

Der Polschuhdurchmesser des Führungsmagneten hängt von der gewünschten maximalen Elektronenenergie ab und beträgt typisch 1 bis 2 Meter. Das Magnetfeld selbst muss auf der gesamten Polfläche wegen der Resonanzbedingung auf wenige Zehntel Promille homogen sein, was sich natürlich auf die Kosten für den Magneten auswirkt Um den Elektronenstrahl mit der richtigen Energie aus der Umlaufbahn auszulenken, wird ein bewegliches Ablenkrohr aus Stahl in das Magnetfeld gebracht, welches das Magnetfeld lokal abschirmt Mit ihm kann ein einzelner Elektronenstrahl ausgefädelt werden

Die Elektronenquelle (Kanone), die Beschleunigungsstruktur, das Ablenkrohr und alle Elektronenbahnen befinden sich in einer gemeinsamen Hochvakuumkammer. Wegen der scharfen Resonanzbedingung haben die im Mikrotron erzeugten und beschleunigten Elektronen eine relativ geringe Energieunschärfe (z. B. nur ~30 kev bei einem kommerziellen, medizinischen 22 MeV-Mikrotron, d.h. ~10-3 ) Für medizinische Anwendungen ist es prinzipiell sogar möglich, mehrere Behandlungsplätze von einer einzigen Beschleunigeranlage versorgen zu lassen.

8.2 Resonanzbedingungen beim Mikrotron Für den Bahnradius geladener Teilchen in homogenen Magnetfeldern gilt allgemein: mv 2 = qvb r r = Die Kreisfrequenz ω ist gegeben durch: Vgl. zu Zyklotron: τ, ω konstant solange Masse konstant. mv qb v ω = = r 2π ω = Mit τ ergibt sich somit für die Umlaufzeit des Elektrons im konstanten Magnetfeld: 2πm τ = qb qb m

Relativistische Elektronen bewegen sich mit nahezu konstanter Geschwindigkeit c. Beschleunigung geht in Massenzuwachs, und bewirkt so Erhöhung des Bahnradius. Die Umlaufzeit nimmt daher wegen der konstanten Geschwindigkeit zu. Wird die kinetische Energie des Elektrons bei jedem Umlauf gerade um eine Ruheenergie erhöht, so beträgt die Gesamtenergie nach n Umläufen En 0 = E0 + Tn = E0 + ne = (n + 1) E0γ Für die Teilchenmasse gilt beim n-ten Umlauf: m 0 n = m0γ = m (n + Und daher folgt für die Umlaufzeit: 2πm τ + qb 1) 0 n = (n + 1) = (n 1)τ0

Nach jeder Passage der Beschleunigungsstrecke mit die Umlaufzeit der Elektronen um 1 RF Periode zu. Um die Umlaufzeit exakt auf die Phasen der beschleunigten Hochfrequenz abzustimmen, muss lediglich das Magnetfeld B entsprechend gewählt werden. Teilchen ist immer relativistisch (Microtron Prinzip so wie Zyklotron aber Verwendung nur im relativistischen Bereich).

Mikrotron Race Track Mikrotron gewöhnlichen Mikrotrons Endenergie der Elektronen auf maximal 25 MeV (0,5 MeV/Umlauf ~50 Umläufe) Geringes Magnetfeld Bahndurchmesser rasch sehr groß Frage: höhere Energien? Antwort: Rennbahn -Mikrotron (race track microtron, meist einfach nur Mikrotron genannt) klassische Mikrotron wird aufgetrennt und in den Zwischenraum ein Linearbeschleuniger eingebaut viel höherer Energiegewinn pro Umlauf 1999: größte dieser Art, das MAMI (Mainz Mikrotron), ist für Energien bis 850 MeV

8.3 Das "race-track" Mikrotron Wegen des relativ niedrigen Magnetfeldes steigt der Bahndurchmesser rasch auf sehr große Werte an. Maximal erreichbaren Energien beim klassischen Mikrotron bei 20 25 MeV race-track-microtron. Dabei wird der Magnet zur Erzeugung des Magnetführungsfeldes für die beschleunigten Elektronen in zwei Halbmagnete aufgeteilt, die räumlich voneinander getrennt aufgestellt werden (Vgl. Dees des Zyklotrons). Der Raum zwischen den beiden Magneten ist magnetfeldfrei. Die Elektronen legen dann in diesem Zwischenraum geradlinige Bahnen zurück.

Der freie Platz zwischen den beiden Magnethälften ermöglicht die Unterbringung größerer Beschleunigerstrukturen Statt eines einzelnen Hohlraumresonators wie beim Kreismikrotron kann zum Beispiel eine komplette Hochfrequenz-Beschleunigersektion verwendet werden, wie sie sonst bei Elektronen- Linearbeschleunigern verwendet wird Elektronenenergien bis zu mehreren 100 MeV hohen Energieschärfe Umlaufbahnen für Elektronen verschiedener Energie sind wegen der Resonanzbedingung eindeutig räumlich getrennt Strahlextraktion mit einem beweglichen Magneten Strahlenbündel ausgelenkt

M race-track-mikrotron mit LINAC- Sektion EM M M: Umlenkmagnete EM: beweglicher Extraktionsmagnet K: Elektronenkanone L: LINAC-Sektion E: Elektronenstrahl L E K

Maximum energy 100 MeV Number of turns 19 Energy gain/turn 5.3 MeV Pulse current 10 ma RF frequency 2.9986 GHz Pulse width 1 microsecond Max repetition frequency 10 Hz Energy spread 0.1 MeV Emittance 0.1 mm mrad Dipole field 1.13 T ASTRID is a 100 MeV Race-Track Microtron (RTM) / MAXLAB in Lund, Sweden

8.4 Anwendungen des Mikrotrons hohe Strahlqualität hohen Energieauflösung gute Eignung für Elektronenstreuexperimente Medizin Strahlentherapie hohen Energieschärfe besonders günstige Elektronendosisverteilungen Aber: hohen Magnetkosten und sehr aufwendige großvolumigen Vakuumkammer Industrie Radiographie und zur Erzeugung von Strahlschäden in Festkörpern