Gesprächsführung mit Patientinnen und Patienten Grundorientierung, Nutzen und praktische Ansatzpunkte für Gesundheitsberufe

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Transkript:

Gesprächsführung mit Patientinnen und Patienten Grundorientierung, Nutzen und praktische Ansatzpunkte für Gesundheitsberufe Peter Nowak 19.5.2015, Linz, Health Literacy Information und Kommunikation für mehr Gesundheitskompetenz Ich danke Marlene Sator für ihre wertvolle Unterstützung!

Überblick» Grundorientierung:» Drei Re-Orientierungen» Was ist gute Gesprächsqualität?» Status quo in Österreich» Nutzen:» Gesundheit, Zufriedenheit, Gewinn für das Gesundheitssystem» Praktische Ansatzpunkte:» Wirkungsmodell» Determinanten und Handlungsfelder auf der Meso-Ebene» Ausblick:» Bundesweite Konzeptentwicklung» Einrichtung der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) Nowak 2015 3 3 Re-Orientierungen als Grundlage (Nowak 2013) 1. Das Gespräch zwischen Ärztinnen und Patientinnen ist der zentrale Ort im Gesundheitssystem» zur Unterstützung von Gesundung» zur Bildung von Erwartungen und Gesundheitskompetenz der Patientinnen» zur Produktion von Entscheidungen über Patientenstatus und die eingesetzten Ressourcen 2. Das erfordert ein neues Rollenverständnis für» Profis als Unterstützerinnen und» PatientInnen als diejenigen, die zur Stärkung ihrer Gesundheit befähigt werden sollen 3. Professionelle Versorgung ist im Kern» eine kommunikative Aufgabe und» eine Aufgabe der Gesundheitsbildung und Anleitung Nowak 2015 4

Was ist gute Gesprächsqualität? Zieldimensionen 1. Medizinisch-inhaltliche Ebene: gute Medizin 2. Psychosoziale Ebene: gute Beziehung 3. Sprachlich-interaktive Ebene: gute Gesprächsführung 4. Ebene des Gesprächssettings: gutes Umfeld Nowak 2015 5 Status quo (1): Wie gut ist die Gesprächsqualität in Ö? Ergebnisse der HLS-EU-Studie Wie einfach ist es... mit Hilfe der Information, die Ihnen Ihr Arzt gibt, Entscheidungen bezüglich Ihrer Krankheit zu treffen? Anteil der Personen, die Schwierigkeiten haben 23% 32% zu beurteilen, inwieweit Informationen Ihres Arztes auf Sie zutreffen? 18% 23% den Anweisungen Ihres Arztes oder Apothekers zu folgen? 6% 8% zu verstehen, was Ihr Arzt sagt? 15% 22% Quelle: HLS-EU 2012 0% 10% 20% 30% Gesamtdurchschnitt 8 europäische Länder Österreich Nowak 2015 6

Status quo (2): Welche Entwicklungsinitiativen gibt es bisher in Ö?» viele Einzelinitiativen zur Verbesserung der Gesprächsqualität» aber meist von individuellem Engagement und Motivation von Einzelpersonen abhängig» Eine systematische Entwicklung einer flächendeckenden Verbesserung der Gesprächsqualität fehlt bislang weitgehend Nowak 2015 7 Nutzen (1): Gesprächsqualität und Gesundheits-Outcomes (Street et al. 2009) Unmittelbare Outcomes: Verstehen Zufriedenheit Vertrauen Motivation indirekt Intermediäre Outcomes: Zugang zur Versorgung Qualität der med. Entscheidungen Engagement in der Behandlung Vertrauen ins Versorgungssystem Soziale Unterstützung Selbstbehandlungs-Kompetenz Umgang mit Gefühlen Gespräch direkt Gesundheits-Outcomes: Mortalität Komplikationsraten Schmerzen Nowak 2015 8

Nutzen (2): Gesprächsqualität und Gesamtzufriedenheit (Stahl/Nadj-Kittler 2013; N=111.835 KH-Patientinnen) Nowak 2015 Prozentualer Erklärungsbeitrag des beta-koeffizienten 9 Nutzen (3): Gesprächsqualität hilft den Gesundheitsdiensteanbietern (GDA) 1. Weniger Klagen wegen Behandlungsfehlern» 81,9 % der Klagen wegen Behandlungsfehlern sind direkt auf Kommunikationsprobleme oder andere Probleme der Betreuungsqualität zurückzuführen (Tamblyn et al. 2007) 2. Verbesserte Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der GDA» Burnout (Graham et al. 2002; Ramirez et al. 1996; Travado et al. 2005) 3. Gesundheitsökonomische Auswirkungen, v.a. durch» unnötige psychische Belastungen» unnötige oder nicht angewendete Behandlungen (z. B. Medikamente, Überweisungen)» ineffiziente Abläufe (Felder-Puig et al. 2006; Thorne et al. 2005) Nowak 2015 10

Wirkungsmodell zur Gesprächsqualität Determinanten Gute Gesprächsqualität Outcomes (Sator/Nowak/Menz in Vorb.) Nowak 2015 11 Determinanten der Gesprächsqualität im Gesundheitswesen» Rollenverständnis von PatientInnen und Gesundheitsprofis» Professionelles Selbstverständnis der Gesundheitsprofis» Aufgaben der Gespräche in der Krankenversorgung» (interprofessionelle) Zusammenarbeit der Gesundheitsprofis» Zeitliche, räumliche, personelle und finanzielle Rahmenbedingungen der Gespräche» Neue Informations- und Kommunikationstechnologien» Beschwerde- und Feedbacksysteme im Qualitätsmanagement» Kooperation mit Selbsthilfe und Patienteninitiativen Nowak 2015 12

Mögliche Handlungsfelder auf der Meso-Ebene der Organisationen des Gesundheitswesens (1)» Entwicklung von differenzierten Gesprächstypen:» Welche Gespräche brauchen wie viel Zeit?» Wer führt welche Gespräche (interprofessionelle Abstimmung)?» Leitfäden für zentrale Gesprächssituationen und -typen und Schulungen zu deren Umsetzung» Fachspezifisch: Standardsituation, Hauptdiagnosen, -therapien» Zielgruppenspezifisch: insbesondere für vulnerable Gruppen (alte, multimorbide, Migration, Kinder, Sterbende, Behinderte, )» Choosing wisely : Nichts tun als die bessere Wahl (http://www.choosingwisely.org/)» Fortbildung des leitenden Personals als Vorbild» Begleitende Unterstützung bei der praktischen Ausbildung von kommunikativen Kompetenzen Nowak 2015 13 Mögliche Handlungsfelder auf der Meso-Ebene der Organisationen des Gesundheitswesens (2)» Personalbedarfspläne, die Kommunikationszeiten adäquat berücksichtigen» Abgestimmte und qualitätsgesicherte Gestaltung von Patienteninformation und Entscheidungshilfen» Patientenschulungen in Kooperation mit Betroffenen und Selbsthilfe» Systematische Monitoring der Gesprächsqualität und Einbezug der Ergebnisse in das Qualitätsmanagement Nowak 2015 14

Wo stehen wir? Wie geht s weiter? Maßnahme Verbesserung der Gesprächsqualität in der Krankenversorgung im Auftrag des BMG & HVB:» 2014/2015: Grundlagenarbeit für Österreich» Status quo und mögliche Handlungsfelder» Modelle guter Praxis für diese» 2015: gemeinsames Strategiekonzept der Finanziers» 2016: Start eines breiten Stakeholderprozesses, der die Umsetzung partizipativ entwickelt Nowak 2015 15 Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK)» Zweck: Unterstützung der Umsetzung des Rahmen- Gesundheitsziels 3 Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken» Wirkungsbereich: bundesweit die gesamte Bevölkerung Österreichs» Laufzeit: 2015 2032 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 2032» Auftrag: Bundesgesundheitskommission» Finanzierung und Koordination: Fonds Gesundes Österreich» Arbeiten 2015: Einrichtung Koordinationsstruktur, Einladung zur Mitwirkung, Kick off Veranstaltung, Webseite, Nowak 2015 Kontakt: oepgk@goeg.at 16

Funktionen der ÖPGK Fünf Funktionen der Plattform Gesundheitskompetenz 1. Langfristige Entwicklung und Etablierung der Gesundheitskompetenz in Österreich unterstützen 2. Vernetzung, Zusammenarbeit, Erfahrungsaustausch und gemeinsames Lernen fördern 3. Maßnahmen zwischen Politik- und Gesellschaftsbereichen ermöglichen und abstimmen 5. Gemeinsames Verständnis entwickeln, Wissen verbreiten und Innovation ermöglichen 6. Monitoring und Berichterstattung aufbauen, Transparenz und Qualität entwickeln Nowak 2015 17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! peter.nowak@goeg.at