Predigt Fülle 4: Übervoll Sich füllen lassen und überfließen

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Transkript:

23.10.2016 Predigt Fülle 4: Übervoll Sich füllen lassen und überfließen Fülle dazu haben wir nun schon ein paar Sonntage in Predigten Impulse gekriegt. Vielleicht haben sie im Hauskreis oder in einer Andacht sich das Thema vorgenommen. Vielleicht haben sie auch zu Hause schon darüber gesprochen. Fülle, aus der Gott uns beschenkt. Da haben wir an Erntedank gesehen, dass Fülle Vielfalt bedeutet. Die Vielfalt seiner Schöpfung, die Buntheit der Erntegaben und die Unterschiedlichkeit der Tiere auf Noahs Arche. Die Fülle Gottes zeigt sich in der Schöpfung an einer fast unüberschaubaren Menge. Alles für uns gemacht. Als Tina Tschage im Gottesdienst da war hat sie von der Fülle in Beziehungen gesprochen. Fülle als das, was auf der Haben-Seite steht. Wenn Diebe und Räuber uns einreden, was uns fehlt, hält Jesus dagegen: Ich aber bin gekommen, um ihnen Leben zu bringen Leben in ganzer Fülle. Fülle, die Jesus uns schon gebracht hat, ist eine Qualität, ist Leben. Und in der Predigt letzte Woche in der Hohensteinhalle hat sich für Zachäus der Traum erfüllt, dass Jesus sich ihm zuwendet und dann sogar bei ihm einkehrt. Dreimal Fülle und dreimal wurde deutlich, dass wir beschenkt werden aus dieser Fülle Gottes. Ist doch wunderbar! Da können wir sagen Danke Gott! und uns dran freuen und gemütlich zurücklehnen. Oder? So wie Zachäus vielleicht: Der fand es super, dass Jesus zu ihm zum Essen kam. Er hat sich beschenken lassen mit der Anwesenheit Jesu. Dann sagt er ihm: Hey Jesus, super, dass du mich auf dem Baum entdeckt hast. So ist es echt ein guter Tag für mich geworden. Und weißt du was, morgen geht s für mich auch gut weiter: Da beschenke ich mich selbst wieder weiter. Als Zöllner kann ich nämlich festlegen, was die Leute mir abgeben müssen und die haben alle mehr als genug. Aus der Fülle der Geldbeutel der Leute bediene ich mich morgen wieder. So kriege ich immer mehr. Super Rendite ganz ohne Risiko. So geht das. Nein. So geht sie nicht, die Geschichte in Jericho. Sie endet nicht mit einem habsüchtigen Zachäus, der gar nicht genug bekommen kann, und sich hald auch aus der Fülle Jesu bedient, das nebenbei mitnimmt. Stattdessen endet die Geschichte mit einem großzügigen Zachäus, einem Zöllner, der zurückzahlt, was er zu viel genommen hat, sogar ein Vielfaches. Zachäus ist so erfüllt von der Gegenwart Jesu in seinem Haus, dass diese Fülle auch auf Andere überschwappt. Der kleine Zöllner, der vorher Andere abkassiert hat, der beschenkt jetzt Andere. Der, der bisher darauf geschaut hat, dass sein Geldbeutel sich immer mehr füllt, der gibt nun selber aus seiner Fülle ab. Zachäus wurde nicht nur ausgefüllt mit der Fülle, die in Jesus in sein Haus kam, er war von dem Tag an übervoll. Die Fülle schwappte über auf Andere. Er konnte davon abgeben und musste davon abgeben.

P r e d i g t F ü l l e 4 : Ü b e r v o l l Sic h f ü l l e n l a s s e n u n d ü b e r f l i e ß e n 2 Darum, liebe Gemeinde, geht es heute: Die Fülle, die wir von Gott, von Jesus ins Leben bekommen, die ist nicht nur da, dass wir sie aufnehmen und uns beschenken lassen, sondern sie fließt von uns auf Andere über. Ich habe zwei Bilder, mit denen ich ihnen das anschaulich machen will. Bild Totes Meer. Es grenzt an Israel, Jordanien und das von Israel besetzte West-Jordanland. Berühmt ist es, weil es eines der salzigsten Gewässer der Welt ist. Der Salzgehalt des Toten Meeres liegt zwischen 28 und 33 %. Zum Vergleich: Der Salzgehalt des Mittelmeeres liegt bei durchschnittlich 3,8 %. Und deshalb heißt es auch Totes Meer, weil außer ein paar Mikroorganismen und Bakterien darin nichts leben kann. Und warum ist das so? Das Tote Meer wird doch ständig mit frischem Wasser aus dem Jordan aufgefüllt. Es hat aber keinen Abfluss. 428 m unter dem Meeresspiegel wird es zwar gefüllt, aber es fließt nichts ab, es verdunstet bloß. Und so ist trotz Fülle kein Leben da. Ein anderes Bild sind die Plitwitzer Seen. Eine Seenlandschaft in Kroatien, bestehend aus 16 Seen, die auf unterschiedlichen Höhen liegen und durch die das Wasser vom einen in nächsten fließt. Überall sind kleine Wasserfälle, überall sprudelt es und es ist nicht nur herrlich türkisblaues Wasser, sondern auch Lebensraum von unzähligen Tieren und Pflanzen. Wo Fülle überfließen kann, da wird s lebendig. Ich denke, das ist bei der Fülle, die Gott uns schenkt, ganz ähnlich. Wenn wir nur möglichst viel aus Gottes Fülle bekommen möchten, dann kann am Schluss auch unser Glaube zu einem abgestandenen toten Meer werden, aus dem nur verdunstet oder versickert, was Jesus uns geschenkt hat. Ich denke oft an Glaubensrichtungen, die ich selber an sich sehr gerne mag, vor allem in der Lobpreiskultur. Wo es vor allem drum geht, dass ICH beschenkt und erfüllt werde, wo man auch Gott den Dank dafür bringt, aber letztlich bleibt der Blick auf mir und Gott. Viele Lieder beschreiben das so. Herr füll mich neu haben wir vorhin gesungen. Das ist auch gar nicht falsch, aber wenn man Glaube nur noch so lebt, wenn es nur drum geht, dass ich erfüllt werde, dann könnte ich mir vorstellen, dass so ein Glaube auf Dauer versalzt. Ich frag mich das manchmal, ob ich Jesus gegenüber vor allem fordernd auftrete, ihm sage, was er mir geben soll und womit ich gerne noch alles beschenkt werden würde, und dass ich mit ihm dann ein bißchen so umgehe wie Zachäus mit den Leuten am Zoll. Wenn die Fülle ja da ist, kann man vielleicht schon in eine Glaubenshaltung des Haben-Wollens rutschen. Also, das heißt nicht, dass man Jesus nicht bitten dürfte. Wir können ihm sagen, was wir brauchen oder uns wünschen und das sollen wir auch, aber wenn unser Glaube nur diese Du gibst-ich nehme-struktur hat, dann fehlt da etwas, das ihn lebendig macht: Das Überfließende.

3 Martin Luther hat dieses Bild vom Überfließen in seiner Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520) aufgenommen. Es ist spannend, dass bei ihm nicht nur von Gott etwas fließt, sondern auch von denen, die von Gott beschenkt werden. Luther sagt das so: Von Christus her fließen Gottes Güter zu uns; denn er hat sich in seinem Leben unser angenommen, als wäre er das gewesen, was wir sind. Von uns aus sollen sie denen zufließen, die sie brauchen, und zwar ebenso völlig; ich muss sogar meinen Glauben und meine Gerechtigkeit vor Gott für meinen Nächsten einsetzen, um seine Sünden zu decken, und muss diese auf mich nehmen und darf nicht anders tun, als wären sie mein Eigen, eben so wie Christus uns allen getan hat. Wir sind nicht Endstation im Strom der Gaben Gottes, sondern Durchgangsstation. Aus der Fülle Christi fließen Gaben zu jedem Einzelnen von uns, und von uns strömen sie weiter zu den Menschen, die sie brauchen. Was er uns schenkt, sollen wir weitergeben. Luther sagt sogar, dass wir unseren Glauben und unsere Gerechtigkeit Dinge, die eigentlich uns ganz persönlich betreffen überfließen lassen sollen, weil Jesus das auf uns ausgegossen hat. Es sollte bei unserem Thema Fülle nicht nur drum gehen, was wir von Christus bekommen, sondern auch, wie wir mit dem umgehen, was uns ausfüllt. Ok. Ganz so einfach ist das aber gar nicht. Es hat schon viele gegeben, die das mit christlichem Eifer dann auch so betrieben haben. Man hat Nächstenliebe zur obersten Pflicht der Christen erklärt das tun viele übrigens heute, die von außen auf Christen blicken, auch und dann heißt es Christen müssen doch geben, geben, geben helfen und vielleicht irgendwie sogar die Welt retten Und manch einer hat sich dann selber darin verloren. Und plötzlich war der Glaube ganz leer. Hat sich verlaufen. Ist wie ausgelaufen. Dabei hat man es doch gut gemeint. Und es gibt ja auch an allen Ecken und Enden Menschen, die unsere Hilfe brauchen und unser Geld und unsere Zeit und unsere Gebete und was nicht alles. Überall hört man die Kirche müsste sich noch mehr einbringen sich um Flüchtlinge und Obdachlose und Kranke und Einsame und Arbeitslose und Verwirrte und Menschen in der komplexen Arbeitswelt und Strafgefangene und alle Anderen auch kümmern. Und wir wollen alle diese Menschen ja auch sehen und uns kümmern und trotzdem hat man manchmal das Gefühl, alle Anstrengungen und was wir aus der uns geschenkten Fülle weitergeben verläppert und ist letztlich bedeutungslos. Irgendwie reicht s nicht. Es kann auslaugen, wenn Glaube sich völlig verausgabt. Damit das nicht passiert gibt es ein wie ich finde unübertroffenes Bild, das unglaublich hilfreich sein kann. Es ist von Bernhard von Clairvaux. Er hat im 12. Jahrhundert gelebt (1090-1153) und war Mönch und auch Abt. Einem guten Freund hat er einmal geraten: Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie gefüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen, und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See. Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen. Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen. Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle; wenn nicht, schone dich." Das ist für mich der Schlüssel, wie Weitergeben aus der Fülle funktioniert: Nicht Kanal sein, sondern Schale. Während der Kanal Güter aus der Fülle Gottes lediglich transportiert, aber selber nichts von ihnen hat, lässt sich die Schale erst einmal auffüllen. Und dann, wenn sie gefüllt ist, dann fließt sie über auf Andere. Wenn wir aus der Fülle Christi leben, dann empfangen wir die Gaben nicht nur, dass wir sie möglichst direkt an Andere weitergeben, wir dürfen uns auch selbst durch sie füllen lassen. Wir dürfen, ja müssen auch selbst profitieren, ohne den Abfluss zu verstopfen.

4 In Maulbronn steht im Kloster in einer Seitennische ein wunderschöner und berühmter Brunnen. Drei Schalen übereinander, eine kleine oben, dann eine etwas größere, die auffängt, wenn die kleinere überfließt und unten eine ganz große. Dieser Brunnen ist für mich ein Bild für den Glauben. Ich bin wie so eine Schale. Ich werde gefüllt. Ich darf aufnehmen, was Jesus mir schenkt. Und wenn ich gefüllt bin, dann kann ich an andere überfließen lassen. Jesus hat das genauso auch gemacht. Spätestens als sich rumgesprochen hat, dass er Kranke heilen kann, war er gefragt. Er hat gegeben, reichlich. Hat geheilt und gepredigt und Hoffnung geschenkt. So wie in Lukas 5 (V. 12) beispielhaft beschrieben wird. Da hat er einen Mann vom Aussatz gesund gemacht. Und dann heißt es weiter: (VV.15f) Die Kunde von ihm breitete sich immer weiter aus, und es kam eine große Menge zusammen, zu hören und gesund zu werden von ihren Krankheiten. Er aber zog sich zurück in die Wüste und betete. Jesus hat nichts gegen die vielen Kranken und doch lässt er sie erstmal stehen. Zieht sich zurück in die Wüste, wo er allein ist mit Gott, und betet. Oder ein Kapitel später. Da ist Jesus am Sabbat einem Mann begegnet, der eine steife Hand hatte. Er hat ihn gesund gemacht und dann steht dort (V.12): In jener Zeit zog sich Jesus auf einen Berg zurück, um zu beten. Die ganze Nacht verbrachte er im Gebet. Und dann steigt er wieder hinunter vom Berg, wo schon eine große Menschenmenge auf ihn wartet. Und alles Volk suchte ihn anzurühren; denn es ging Kraft von ihm aus und er heilte sie alle. Jesus sucht immer wieder Zeiten der Gottesgemeinschaft bevor er zu den Menschen geht. Er braucht diese Gebetszeiten und diese Ruhe gemeinsam mit dem himmlischen Vater, um dann wieder Menschen etwas weiterzugeben. Jesus lässt sich füllen und dann gibt er aus dieser göttlichen Fülle weiter. Wir sind die nächste Schale darunter. Und wir dürfen es genauso machen. Ich sage das heute zu dir im Blick auf deinen ganz persönlichen Glauben. Denn dort ist es wichtig zu empfangen und dann überzufließen. Ich sage das heute aber auch ganz besonders mit Blick auf euch Mitarbeiter. Die wir nachher einsetzen und die schon lange Mitarbeiter in unserer Gemeinde sind. Denn grade für Mitarbeiter ist dieses Bild ganz besonders wichtig, finde ich. Mitarbeiter im Reich Gottes zu sein bedeutet nicht Kanal zu sein, sondern Schale. Grade als Mitarbeiter solltet ihr euch immer beides überlegen. Zum Einen: Was füllt mich? Was brauche ich, um von Gott mich füllen zu lassen? Brauche ich Ruhe oder Zeiten mit Gott so wie Jesus? Tut mir Musik gut? Oder das Lesen der Bibel? Würde ein Input mich füllen, zum Beispiel auf eine Konferenz oder eine Schulung zu gehen? Oder brauche ich ein persönliches Gespräch, in dem ich einfach mal sagen kann, was mich gerade bewegt? Was brauchst du, um von Jesus gefüllt werden zu können? Und dann die andere Richtung: Und wo kann ich etwas aus der Fülle weitergeben? Wo sprudelt es aus mir hinaus? Auch der Gottesdienst soll dir dabei helfen. Hier sollst du auftanken können, dich füllen lassen von Jesus. Aber hier sollst du auch zugerüstet werden, etwas an Andere weiterzugeben.

5 Vielleicht ist es einen Versuch wert, dass du dich im Gottesdienst nicht nur fragst Was bringt mir das? Was gibt mir das, was ich hier am Sonntagmorgen bekomme? sondern dann auch Was bringe ich Anderen aus diesem Gottesdienst mit? Grade jetzt in der Orange-Aktion kann das ja besonders leicht sein. Wenn du mit deiner Gruppe mitmachst, kannst du ein Bild, einen Gedanken, etwas, das dir heute wichtig geworden ist, ganz direkt mitnehmen und in deiner Gruppe unter der Woche eins zu eins verwenden. Oder überleg dir etwas konkret: Was ist ein Bereich in deinem Leben, in dem du Fülle erlebst (deine Beziehung, Beruf, freie Zeit, deine Gewissheit dass Gott da ist, ) Dort, wo du Fülle erlebst, kannst du etwas weitergeben. In anderen Bereichen, in denen du Mangel erlebst (Sicherheit, Glaubensgewissheit, Sinn, ), da meine bitte nicht, mehr geben zu können als Gott dir gegeben hat. Man kann als Schalenbrunnen auch im Bezug auf eine Sache total gefüllt sein und überfließen, während man in einer anderen Sache noch zu leer ist, um etwas geben zu können. Wie hat es Bernhard von Clairvaux seinem Freund am Ende geschrieben? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle; wenn nicht, schone dich. und lass dich füllen. Ich will dir heute Mut machen, dir zu überlegen, in welchen Bereichen deine Schale gut gefüllt ist und in welchen sie leer ist. Schau dir das mal ganz differenziert an! Wenn es dir hilft, mal dir Schalen mit den Bereichen deines Lebens auf. Und dann bitte Gott, dass er die leeren füllt, und dir hilft aus den vollen überfließen zu lassen. Zum Schluss eine kleine Geschichte. In der geht es auch um zwei Schalen. Es war einmal eine alte chinesische Frau, die zwei große Schalen hatte. Diese hingen an den Enden einer Stange, die sie über ihren Schultern trug. Eine der Schalen war ganz normal, die andere hatte einen Ausguss, eine kleine Vertiefung wie ein kleiner Schnabel. Am Ende der langen Wanderung vom Fluss zum Haus der alten Frau enthielt die eine Schale stets die volle Portion Wasser, die andere war jedoch immer nur noch halb voll, weil durch den Schnabel Wasser unterwegs herausfloss. Zwei Jahre lang geschah dies täglich. Die alte Frau brachte immer nur anderthalb Schale Wasser mit nach Hause. Die makellose Schüssel war natürlich sehr stolz auf ihre Leistung. Die Schale mit dem Schnabel schämte sich und war betrübt, dass sie nicht alles Wasser festhalten konnte. Nach zwei Jahren, die ihr wie ein endloses Versagen vorkamen, sprach die Schale zu der Frau: Ich schäme mich so, weil auf dem ganzen Weg zu deinem Haus immer Wasser aus mir herausläuft. Die alte Frau lächelte: Ist dir aufgefallen, dass auf deiner Seite des Weges Blumen blühen, aber auf der Seite der anderen Schale nicht? Jeden Tag, wenn wir nach Hause laufen, gießt du die Blumen. Zwei Jahre lang konnte ich diese wunderschönen Blumen pflücken und den Tisch damit schmücken. Wenn du nicht Wasser abgeben würdest, würde diese Schönheit nicht existieren und unser Haus beehren. (Nach einer asiatischen Weisheit, Autor unbekannt) Amen.