DAK-Gesundheitsreport 2013 für Berlin Der Krankenstand der DAK-Mitglieder im Jahr 2012 Berlin, 24. April 2013
DAK-Gesundheitsreport 2013 für Berlin Der Krankenstand im Jahr 2012 Im Blickpunkt: Psychische Erkrankungen 2
Krankenstand der erwerbstätigen DAK-Mitglieder in Berlin leicht gesunken Berlin DAK insgesamt Quelle: Daten der DAK Gesundheit 2012. 3
Berlin im Vergleich zum Bundesdurchschnitt: Gleiche Anzahl AU-Fälle längere Erkrankungsdauer Berlin DAK insgesamt Quelle: Daten der DAK Gesundheit 2012. 4
Regionale Unterschiede beim Krankenstand der Bundesländer In Ostdeutschland lagen die Krankenstände allgemein über dem Bundesdurchschnitt Berlin lag mit einem Krankenstand von 4,3 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt Den niedrigsten Krankenstand verzeichnete Baden-Württemberg mit einem Wert von 3,2 Prozent 5
Woran erkranken die Beschäftigten in Berlin? Muskel-Skelett Erkrankungen auf Platz 1 ca. 54% Anteil an den AU-Tagen. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 6
Wichtige Veränderungen der AU-Tage 2011 zu 2012 minus 8 Prozent plus 14 Prozent Anteil an den AU-Tagen. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 7
Höchster Krankenstand mit 5,9 Prozent in der öffentlichen Verwaltung Krankenstand in Prozent. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 8
Der Krankenstand im Jahr 2012 Im Blickpunkt: Psychische Erkrankungen 9
Ausgangspunkt der Untersuchung Anstieg der Fehltage je 100 Versicherte seit 2000 Psychische Erkrankungen Berlin Gesamt Berlin Die Zunahme der Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen ist seit Jahren die auffälligste Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen. Von 2000 bis 2012 nahm die Zahl der Fehltage in Berlin aufgrund psychischer Erkrankungen um 24 Prozent zu (Bund: 85%). Im gleichen Zeitraum lässt sich beim Krankenstand insgesamt kein vergleichbarer Aufwärtstrend beobachten. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit. 10
Fragestellungen: Sind wir heute anders krank? Krankschreibungen aufgrund psychischer Leiden: Wie sieht die Situation in Berlin aus? Führt eine verbesserte diagnostische Kompetenz der Hausärzte sowie eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen dazu, dass Ärzte und Patienten eine solche Diagnose eher stellen bzw. zulassen? Welche Rolle spielt die Arbeitswelt hierbei? Haben Belastungen durch Arbeitsverdichtung, Flexibilisierung etc. so stark zugenommen, dass diese (Mit-)Verursacher für diese Entwicklung sind? Beispielhaft wird das Phänomen Ständige Erreichbarkeit untersucht. 11
Datenquellen Analyse der AU-Daten der DAK-Gesundheit (1997 2012) Bundesweit repräsentative Online-Befragung von 3.090 Erwerbstätigen im Alter von 18 65 Jahren Datenquellen Gruppendiskussionen mit (Haus-)ärztlichen Qualitätszirkeln Literaturstudien zur Prävalenz Psychischer Erkrankungen (z.b. DEGS und BGS) 12
Im Bundesvergleich durchgängig mehr Fehltage bei Psychischen Erkrankungen in Berlin AU-Tage je 100 Versicherte. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 13
Psychische Erkrankungen: Kennzahlen für Berlin 2012 ICD 10: F00-F99 AU-Tage je 100 Versicherte 249,7 Betroffenenquote 5,4% AU-Tage Männer 172,1 Betroffenenquote Männer 3,8% AU-Tage Frauen 340,5 Betroffenenquote Frauen 7,4% AU-Fälle je 100 Versicherte 7,5 Durchschnittliche Erkrankungsdauer (Tage) 33,2 AU-Fälle Männer 5,5 AU-Fälle Frauen 9,9 Durchschnittliche Erkrankungsdauer Männer Durchschnittliche Erkrankungsdauer Frauen 31,5 34,3 Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 14
Berlin auf Rang 3 bei den Fehltagen für psychische Erkrankungen AU-Tage pro 100 Versicherte. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 15
Höhere Anzahl an Fehltagen vor allem bei Anpassungsstörungen in Berlin im Vergleich zum Bundesdurchschnitt Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 16
Burnout in Berlin 2012 ICD-10 Z73: Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung AU-Tage pro 100 Versicherte 13,1 Betroffenenquote 0,3% AU-Tage Männer 9,3 Betroffenenquote Männer 0,2% AU-Tage Frauen 17,6 Betroffenenquote Frauen 0,5% AU-Fälle pro 100 Versicherte 0,4 AU-Fälle Männer 0,3 AU-Fälle Frauen 0,6 Durchschnittliche Erkrankungsdauer in Tagen Durchschnittliche Erkrankungsdauer Männer Durchschnittliche Erkrankungsdauer Frauen 31,2 31,7 30,8 Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2012. 17
Bewertung des Phänomens Burnout in Bezug auf das verursachte Fehltagevolumen (Bund) Fehltage pro 100 Versichertenjahre Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2004-2012. 18
Tatsächliche Verbreitung (Prävalenz) psychischer Erkrankungen in der deutschen Bevölkerung Über die tatsächliche Verbreitung (Prävalenz) psychischer Erkrankungen in der Bevölkerung können nur bevölkerungsrepräsentative epidemiologische Studien Auskunft geben. Robert-Koch Institut / DEGS-MHS (Wittchen et al. 2012) ermittelt, dass nahezu jeder vierte männliche und jede dritte weibliche Erwachsene im Erhebungsjahr zumindest zeitweilig unter voll ausgeprägten psychischen Störungen gelitten haben. Andererseits gibt es keinen wesentlichen Anstieg der Prävalenz psychischer Erkrankungen seit 1998. Mit Sicherheit gibt es keinen Prävalenz- Anstieg, der der Entwicklung in den AU-Daten auch nur annähernd entspricht. Quelle: Wittchen/Jacobi 2012, Wittchen et al. 2012, Jacobi 2009. 19
Psychische Probleme werden meist von den Beschäftigten beim Arzt angesprochen, weniger durch den Arzt Psychische Probleme waren schon davor bekannt. Der Arzt hat von sich aus nach psychischen Problemen gefragt. Ich habe von mir aus von psychischen Problemen berichtet. Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=3.090 20
Ablehnende Haltungen der Beschäftigten in Berlin gegenüber psychischen Erkrankungen Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=169 21
Über die Hälfte der Beschäftigten in Berlin werden nie von Kollegen und Vorgesetzten außerhalb Arbeitszeit angerufen bzw. haben keine Nummer hinterlegt. (durch Kollegen und Vorgesetzte) Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=169 22
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Berlin lesen nie oder fast nie außerhalb der Arbeitszeit ihre E-Mails oder haben keine dienstlichen Mails Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=169 23
Mit folgenden Fragen wurde das Ausmaß von Erreichbarkeit ermittelt Bevölkerungsbefragung 2012 Wie häufig lesen Sie außerhalb der Arbeitszeit dienstliche E-Mails? Warum lesen Sie außerhalb der Arbeitszeit dienstliche E-Mails? (gar nicht; Neugier; Notwendigkeit; Erwartung Arbeitgeber) Sind Sie außerhalb der Arbeitszeit für Ihren Vorgesetzten oder für Ihre Kollegen telefonisch erreichbar? Falls Ja: Wie häufig machen Kollegen oder Vorgesetzte davon Gebrauch? Sind Sie im Urlaub für Ihren Vorgesetzten oder für Ihre Kollegen erreichbar? Hieraus ergibt sich ein Punktwert zwischen 0 (gar nicht erreichbar) und 15 (maximal erreichbar) 24
Nur eine Minderheit weist ein hohes Maß an Erreichbarkeit auf BUND Berlin Hohe Erreichbarkeit (Index 9-15) Mittlere Erreichbarkeit (Index 6-8) Geringe Erreichbarkeit (Index 3-5) (fast) keine Erreichbarkeit (Index 0-2) Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=3.090 / N=169 25
Höhere Erreichbarkeit steigert Risiko für Depression Anteil Befragter mit depressiver Symptomatik nach Erreichbarkeit Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. 26
Stressprävention: Anteil der Beschäftigten, die von folgenden Maßnahmen ihres Betriebes wissen Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=169 27
Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in Berlin Führt Ihr Arbeitgeber, zumindest an einigen Arbeitsplätzen, Gefährdungsbeurteilungen unter Einschluss von psychischen Gefährdungen durch? Quelle: IGES nach Beschäftigtenbefragung der DAK-Gesundheit. N=169 28
Sind wir heute anders krank Veränderung der Fehltage zwischen 2000 und 2012 in Berlin Tage pro 100 Versicherte Quelle: Daten der DAK-Gesundheit 2000-2012. 29
Zusammenfassung (1) Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen nahmen in Berlin seit dem Jahr 2000 um 24 Prozent zu. Dies ist eine beispiellose Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen, die auch auf Bundesebene zu beobachten ist. Das AU-Geschehen mit psychischen Erkrankungen als Ursache wird von wenigen Einzeldiagnosen bestimmt: Depressionen, Anpassungsstörungen, neurotische Störungen und somatoforme Störungen. Das Burnout-Syndrom (Z73-Schlüssel) spielt demgegenüber eine geringe Rolle: Nur etwa jeder 440. Mann und jede 220. Frau war 2012 in Berlin wegen eines Burnouts krank geschrieben. 30
Zusammenfassung (2) Das vielfach gezeichnete Bild des ständig erreichbaren Arbeitnehmers bedarf der Korrektur: Ständige Erreichbarkeit ist eine Ausnahme. Aber: Schon ein geringes Maß an Erreichbarkeit ist mit einem erhöhten Risiko verbunden, dass sich eine depressive Symptomatik entwickelt. Eine Analyse der Krankmeldungen seit 2000 zeigt, dass es massive Verschiebungen zu den psychischen Krankheiten gibt. Viele Arbeitnehmer werden heute mit einem psychischen Leiden krankgeschrieben, während sie früher mit Diagnosen wie chronische Rückenschmerzen oder Magenbeschwerden arbeitsunfähig gewesen wären. 31
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Was steckt eigentlich hinter? Muskel-Skelett-Erkrankungen z. B. Rückenschmerzen, Bandscheibenschaden, Knieprobleme etc. Atemwegserkrankungen z. B. Erkältung (akute Infektion der Atemwege), Bronchitis, Mandelentzündung Verletzung und Vergiftung z. B. Verstauchungen, Verrenkungen, Schnittwunden, Unfälle (am Arbeitsplatz, im Haushalt) Infektionen z. B. Magen-Darm-Grippe Psychische Erkrankungen z. B. Depression, Neurosen oder Angststörungen Erkrankungen des Verdauungssystems z. B. Magen- und Darmprobleme wie Durchfall (Diarrhö), Entzündungen und Infektionen Erkrankungen des Kreislaufsystems z. B. Bluthochdruck, Schlaganfall und andere Herzerkrankungen Neubildungen z. B. gute oder bösartige Tumore 34
Psychische Erkrankungen: Was steckt eigentlich hinter? Depressionen als depressive Episode (F32): Symptome sind gedrückte Stimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit, Verminderung des Antriebs, erhöhte Ermüdbarkeit. Im Durchschnitt 6 Monate Dauer Depressionen rezidivierende depressive Störung (F33): wiederholte depressive Episoden Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) ein oder zwei ursächliche Faktoren (direkte Folge!): außergewöhnliches belastendes Lebensereignis oder besondere Veränderung im Leben, die zu anhaltend unangenehmer Situation führt. Hierzu gehört die Posttraumatische Belastungsstörung (PBTS), die akute Belastungsreaktion sowie die Anpassungsstörung Andere neurotische Störungen F48 Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom: körperliche und/oder psychische Erschöpfung), Depersonalisationsstörung Somatoforme Störungen (F45) Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen, trotz des Versicherns von Ärzten, dass körperliche Symptome nicht körperlich begründbar sind Andere Angststörungen (F41) Hauptsymptom: nicht auf bestimmte Umgebungssituationen begrenzte Angst (im Ggs. zu isolierten spezifischen Phobien) 35 Psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol (F10): darunter akute Intoxikation, Folgen des Missbrauchs, Entzugssyndrome u.a.
Besteht ein Zusammenhang zwischen Depression und Erreichbarkeit? Um zu prüfen, ob bei den Befragten eine Depression vorliegt, wurde in der Befragung ein Modul bestehend aus zwei Fragen eingesetzt (PHQ-2). Dieses Screeninginstrument fragt ab, ob in den letzten zwei Wochen Beeinträchtigungen durch Interessens- und Freudeverlust sowie durch Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit aufgetreten sind. Dieses vereinfachte Fragebogeninstrument hat eine Sensitivität von 87 Prozent, d. h. eine vorliegende Depression wird zu 87 Prozent mit dem Instrument erkannt. Entsprechend dem PHQ-2 Screening liegt 13,6 Prozent der Befragten im Bund eine Depression vor. 36