StrategyLab. Ressourcen- und Kernkompetenz- Management. Branchenbezogene Forschung. Dirk Möhlenbruch und Gesa von Wichert



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Transkript:

StrategyLab Branchenbezogene Forschung Ressourcen- und Kernkompetenz- Management Dirk Möhlenbruch und Gesa von Wichert Conomic Marketing & Strategy Consultants Weinbergweg 23, 06120 Halle an der Saale Telefon: +49 345. 55 59 652 Telefax: +49 345. 55 59 653 E-Mail: info@conomic.de

1 Einführung 1 2 Definition und Zielsetzung des resource-based view 1 3 Darstellung des resource-based view und des Konzepts 2 der Kernkompetenzen 4 Ressourcenorientiertes Management in der Unternehmenspraxis 3 5 Fazit 7 Literatur 8 1 Einführung In Zeiten eines zunehmend stärker und intensiver werdenden Wettbewerbs wird die Notwendigkeit zur Gestaltung und konsequenten Verfolgung von Strategien immer bedeutsamer. Dabei müssen mit dem Wandel der Märkte auch die unternehmerischen Strategiekonzepte neu überdacht werden. Strategien sollen unter Beachtung der Umweltgegebenheiten und der Unternehmungsressourcen die Erreichung übergeordneter Ziele sicherstellen. Die Tatsache, dass Strategien in Anlehnung an unterschiedliche unternehmensexterne und -interne Sachverhalte variieren, deutet auf die Vielzahl von Strategien bzw. strategischen Konzepten hin, die sich allein durch die gewandelten Wettbewerbsbedingungen ergeben. In diesem Zusammenhang gewinnt das Ressourcen- und Kernkompetenz-Management eine immer größere Bedeutung. 2 Definition und Zielsetzung des resource-based view Um die Neuartigkeit der strategischen Sichtweise des resource-based view (RBV) besser zu verstehen, ist es hilfreich, seine grundlegenden Unterschiede zum market-based view (MBV) darzustellen. In einer stabilen Wettbewerbssituation muss ein Unternehmen durch die Wahl geeigneter strategischer Maßnahmen einen Fit mit der relativ konstanten Umwelt erzielen. Die Strategie ist hier vorrangig darauf ausgerichtet, das Unternehmen optimal in einer attraktiven Branche zu positionieren. Wettbewerbsvorteile ergeben sich primär durch die gewählte Position. Erst in zweiter Linie wird der Frage nachgegangen, wie das Unternehmen diese Position erreichen kann. STALK, EVANS und SCHULMAN sprechen hier vom Wettbewerb als war of position. Die Reihenfolge der Überlegungen macht deutlich, warum diese strategische Sichtweise auch als outside-in-perspektive oder market-based view bezeichnet wird. Die Wettbewerbssituation, die PORTER und anderen Vertretern des MBV als Basis ihrer Überlegungen diente, hat sich in den letzen Jahrzehnten stark verändert. Geringe Produktionskosten und hohe Qualität gehören längst zu den globalen Standards. Etablierte bzw. positionierte Unternehmen werden immer öfter von dynamischeren Konkurrenten überholt und Branchenstrukturen können nicht als gegeben betrachtet werden, sondern sind durch innovative Strategien beeinflussbar. Dies ist ein Signal für einen fundamentalen Wandel im Wettbewerb. In einem so dynamischen Umfeld gleicht der Wettbewerb nun einem war of movement. Der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht von seiner Position ab, sondern von seiner Fähigkeit zur Antizipation von Markttrends und seiner Kompetenz, auf diese Trends zu reagieren. Der Schlüssel zu strategischen Wettbewerbsvorteilen ist nicht mehr an der Stelle zu finden, wo das Unternehmen in den Wettbewerb tritt, sondern liegt vor allem in der Fähigkeit begründet, wie und mit welchen Ressourcen und Kernkompetenzen es dem Wettbewerb erfolgreich begegnet. Der ehemalige Fit-Gedanke wird also durch ein Stretch & Leverage ersetzt. Das Unternehmen muss sich also nicht nur an die gegebene Situation anpassen (Fit), sondern 1

auch künftige Gegebenheiten unter heutigen Gesichtspunkten berücksichtigen (Stretch), indem es eine Hebelwirkung (Leverage) seiner Ressourcen verwirklicht. An erster Stelle steht nunmehr die Betrachtung des Unternehmensinneren, erst danach erfolgt die Suche nach Märkten, in denen auf Basis der unternehmensspezifischen Ressourcen Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Die strategische Sichtweise hat sich umgekehrt: aus der outside-in ist eine inside-out Perspektive geworden. Die Vertreter beider Ansätze haben mittlerweile erkannt, dass weder auf die Marktbetrachtung noch auf die Betrachtung des Unternehmungsinneren vollständig verzichtet werden kann. Beide Ansätze verfolgen das gleiche Ziel, nämlich den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen. Sie können als zwei Extreme eines Kontinuums mit zahlreichen Abstufungen betrachtet werden, wobei der MBV eher in gefestigten und der RBV tendenziell in dynamischeren Umwelten überzeugt. 3 Darstellung des resource-based view und des Konzepts der Kernkompetenzen Die historischen Wurzeln des RBV gehen bis auf PENROSE zurück, die bereits Ende der 50er Jahre der Analyse unternehmensinterner Stärken und Schwächen eine hohe Bedeutung beimaß. Unternehmungen werden im RBV als Ansammlung von Ressourcen betrachtet, deren potentielle Vielfalt die Einmaligkeit der Unternehmung ausmacht. Während die Strategiealternativen PORTERS grundsätzlich für jedes Unternehmen offen stehen, da sie auf allgemein gültigen Konzepten wie bspw. der Erfahrungskurve basieren, variieren die in Anlehnung an den RBV formulierten Strategien von Unternehmung zu Unternehmung, da sie auf der Basis der Unterschiedlichkeit der Ressourcen eines Unternehmens aufbauen. Grundsätzlich kann in materielle und immaterielle Ressourcen unterschieden werden. Zu den materiellen Ressourcen können bspw. die Betriebsausstattung, Maschinen, Standort, natürliche Einsatzfaktoren, technische Einrichtungen u.ä. gezählt werden. Die immateriellen Ressourcen umfassen bspw. Patente, Markennamen, Reputation des Unternehmens und Know-how bzw. Wissen im allgemeinen. Gerade ihnen wird auf Grund ihres einzigartigen Charakters eine hohe Bedeutung beigemessen. Der ressourcenorientierte Ansatz nimmt unvollkommene Faktormärkte und Ressourcenheterogenität als grundlegende Prämissen an. Eine Homogenität in Bezug auf die Ressourcenbasis hätte zur Folge, dass alle Unternehmungen dieselbe Strategie mit gleicher Effektivität und Effizienz verfolgen. Die Prämisse unvollkommener bzw. nicht-existenter Faktormärkte ist schon in Bezug auf die Realität und die dort bestehenden Unvollkommenheiten sinnvoll. Nicht alle Ressourcen sind aber tatsächlich handelbar. Insbesondere für immaterielle, stark unternehmensspezifische Ressourcen lassen sich weder Marktpreise ableiten, noch sind sie transferierbar. Da für sie keine Beschaffungsmärkte existieren, lassen sie sich nur unternehmensintern in langfristigen Prozessen akkumulieren und erschließen. Die Besonderheit und Bedeutung der immateriellen Ressourcen werden durch die Notwendigkeit dieses Akkumulationsprozesses verständlich. Ressourcen im Sinne des RBV zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Potenzial zur Generierung dauerhafter Wettbewerbsvorteile aufweisen. Um dies zu gewährleisten, muss eine strategisch relevante Ressource einerseits Faktormarktineffizienzen auslösen (notwendige Bedingung) und andererseits einen wertstiftenden Charakter aufweisen, der durch einen vom Kunden wahrgenommenen Zusatznutzen reflektiert wird (hinreichende Bedingung). Die Bewertung der Ressourcen hinsichtlich ihrer längerfristigen, strategischen Bedeutung muss sich demnach gleichermaßen an der Beschaffenheit der Beschaffungs- und der Absatzmärkte ausrichten. Die meisten Vertreter des RBV sehen erst in der Kombination mehrerer Ressourcen die Quelle ressourcenbedingter Wettbewerbsvorteile. Die Aggregation mehrerer strategischer Ressourcen bildet den Zentralpunkt des Konzepts der Kernkompetenzen, das sich als besondere Ausformulierung des RBV bzw. als eine Weiterführung interpretieren lässt. Wesentliches Kriterium zur Abgrenzung von Ressourcen und Kernkompetenzen ist der Aggregationsgrad, da eine Kernkompetenz stets eine Kombination mehrerer Ressourcen darstellt. Mit zunehmender Praxisorientierung verliert diese Abgrenzung allerdings an Trennschärfe. Entsprechend der Vorstellung von RASCHE u.a. kommt es vielmehr zu einem Kontinuum steigender Komplexität, dessen Extreme ei- 2

nerseits durch handelbare Einsatzfaktoren und andererseits durch Kernkompetenzen definiert werden. Wenngleich keine einheitliche Definition des Begriffes Kernkompetenzen existiert, werden in der Literatur im Allgemeinen drei Merkmale genannt, die zu ihrer Beschreibung herangezogen werden können. Die Kernkompetenz soll Ursache eines Wettbewerbsvorteils sein. Dies kann nur durch Wahrnehmung und Schätzung der Kompetenz und deren Nutzen für den Kunden erreicht werden. Die Dauerhaftigkeit betont als zweites Merkmal die Bedeutung der Kernkompetenz für das längerfristige Überleben der Unternehmung am Markt. Schließlich bezeichnet das Merkmal der Transferierbarkeit die Möglichkeit, die Kernkompetenz auf verschiedene Produkte, Regionen, Dienste und Kundengruppen zu übertragen. Die Kernkompetenz weist hierdurch eine strategische Relevanz in mehreren Märkten auf. Es existiert eine Vielzahl von Vorschlägen, Kernkompetenzen zu systematisieren und diese nach ihrer Bedeutung einzustufen. In diesem Zusammenhang wird immer wieder der Begriff der Metakompetenzen erwähnt. Metakompetenzen entsprechen letztendlich Kompetenzen höherer Ebene, welche die Entwicklung, den Aufbau und die Pflege von Kernkompetenzen ermöglichen. Die strategischen Überlegungen konzentrieren sich dementsprechend nicht nur auf bestehende Kernkompetenzen, sondern beinhalten ein dynamisches Strategieverständnis, das dem Realphänomen entspricht und somit eine geeignete Basis für das Management des Wandels bietet. 4 Ressourcenorientiertes Management in der Unternehmenspraxis 4.1 Identifikation Kernkompetenzen Für die Identifikation und Auswahl von Kernkompetenzen gibt es kein Patentrezept. Die im Folgenden aufgeführten Möglichkeiten können als vielversprechende Ansatzpunkte verstanden werden, welche die Suche nach Kernkompetenzen systematisieren und erleichtern. Als erster Ansatzpunkt kann die Analyse der Fähigkeiten von Schlüsselpersonen und -bereichen genannt werden. Um zentrale Fähigkeiten der Organisation zu erkennen, bietet sich vor allem die Projektarbeit an. Problematisch ist hierbei, dass Kernkompetenzen u.u. durch Dezentralisierung aufgesplittert sind, so dass das Auffinden ihrer einzelnen Teilkomponenten eine extrem komplexe Aufgabe darstellt. Investitionen in Personalentwicklung und die Bestimmung von Verantwortlichen, die die Entwicklungsmaßnahmen koordinieren und betreuen, können die Entdeckung von Schlüsselfähigkeiten unterstützen. Als zweiten Zugang bietet sich die Analyse der erfolgreichsten Produkte an. Eine detaillierte Untersuchung kann in diesem Zusammenhang Aufschluss über bereits vorhandene Kernkompetenzen bringen. Um zu vermeiden, sich zu sehr an einem Wunschdenken zu orientieren, ist es drittens ebenfalls hilfreich, die Leistungen der Unternehmung von externen Personen wie Lieferanten, Kunden und Beratern beurteilen zu lassen. Während die bisher beschriebenen Möglichkeiten der Identifikation auf schon vorhandene Kernkompetenzen gerichtet sind, zielt das Benchmarking mit branchenfremden Unternehmungen als vierter und die Analyse von Zukunftstrends als fünfter Zugang auf die Entdeckung von Kernkompetenzen ab, die im zukünftigen Wettbewerb zum Erfolg der Unternehmung beitragen können. Die Identifikation relevanter Ressourcen und Fähigkeiten sowie vorhandener Kernkompetenzen bilden den Beginn des Prozesses einer kernkompetenzorientierten Unternehmensführung. Während sie einem kompetenzorientierten Vorlauf entspricht, muss bei der Auswahl der zu entwickelnden und zu pflegenden Kernkompetenzen ein bedürfnisorientierter Rücklauf stattfinden. In gewisser Hinsicht kann hier von einer Zusammenführung der outside-in- mit der inside-out- Perspektive gesprochen werden. 4.2 Erlangung und Aufbau von Kernkompetenzen Erster Ansatzpunkt des Konzeptes der Kernkompetenzen für das Management stellt die Forderung eines internen Aufbaus von Kernkompetenzen dar. Lohnt sich auf Grund von markt- oder ressour- 3

cenbedingten Ursachen die Entwicklung einer Kernkompetenz im Unternehmen nicht, so ergeben sich hinsichtlich der damit verbundenen Aktivitäten Auslagerungs- oder Kooperationsüberlegungen. Auch die kernkompetenzorientierte Diversifikationsplanung im Sinne eines Transfers der Kompetenz in lukrativere Geschäftsbereiche kann eine Folge kernkompetenzorientiertem Managements sein. 4.2.1 Interne Entwicklung von Kernkompetenzen auf Basis von Metakompetenzen Die Kernkompetenzen der Unternehmung müssen im dynamischen Wettbewerb immer wieder angepasst werden. Vorhandene Kernkompetenzen zu festigen und aufzubauen, ist dabei schon Teil der Entwicklung. Erst danach folgen Verbesserung, Ergänzung und Neuentwicklung. Entsprechend des Ansatzes von PRAHALAD und HAMEL spielt hierbei die organisationale Infrastruktur eine herausragende Bedeutung. Das Management von Kernkompetenzen verlangt die Einführung einer Struktur, die die Zersplitterung von Kernkompetenzen verhindert. Bisher spielte die Organisation entsprechend der Aussage structure follows strategy eine eher nachgeordnete Rolle. Sie musste den Fit zwischen Unternehmung, Strategie und Umwelt erreichen. In der dynamischen Umwelt kommt ihr nun eine erhöhte Bedeutung zu. Sie wird selbst zur Kompetenz, da sie den Stretch und Leverage der Ressourcen ermöglichen muss. Die Errichtung dieser Organisationsstruktur ist dabei unternehmensabhängig, wobei immer wieder betont werden muss, dass die Struktur die Prioritäten des Managements und seine Mittelzuweisungen transparent machen sollte. Diese Forderung führt dazu, dass der Organisation nach strategischen Geschäftseinheiten in der ressourcenorientierten Perspektive nicht mehr ihre bisherige Bedeutung zukommt bzw. diese durch sog. Center of Competence ergänzt wird. Ein Center of Competence entspricht einer Trägerorganisation, die in Bezug auf eine bestimmte, im Unternehmen verteilte Kernkompetenz eine Förderrolle übernimmt und somit die Gefahr der Zersplitterung bannt. Dies darf nicht so verstanden werden, als sollte für eine Kernkompetenz eine eigene strategische Geschäftseinheit gebildet werden, denn dies würde die Kompetenz von ihrem Wirkungsfeld völlig trennen. Die organisatorische Herausforderung ist darin zu sehen, das für die Kernkompetenz relevante, aus unterschiedlichen Quellen stammende Wissen zu bündeln, ohne es organisatorisch einzumauern. Dabei geht es nicht nur um die Struktur an sich, sondern auch um die organisationalen Prozesse. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung des Organisationalen Lernens als immer größer eingestuft. Durch Organisationales Lernen kann eine Erhöhung des Problemlösungspotenzials der Unternehmung durch eine Veränderung der unternehmensbezogenen Wissensbasis erreicht werden. Individuelles Wissen wird durch Lernprozesse auf der Ebene der Gruppen in eine kollektive Wissensstruktur überführt, die dann in organisationalen Routinen gespeichert wird. Enthalten ist hierbei auch die Fähigkeit zur Kommunikation, die nicht zuletzt unter Nutzung von Informationstechnologien zur Steuerung, Koordination und Kanalisierung komplexer Wissensströme den Prozess des Lernens erst möglich macht. Die Innovationsfähigkeit als weitere Metakompetenz der Unternehmung konkretisiert sich in der kreativen Kombination und Anwendung bestehender Ressourcen und in der Fähigkeit der Organisation, neue Formen von Wettbewerbsvorteilen zu generieren. Diese Beschreibung findet vollständigen Niederschlag im Begriff der dynamic capabilities, den TEECE, PISANO und SHUEN bereits frühzeitig prägten. Auch die von KRÜGER und HOMP beschriebenen Metakompetenzen als Fähigkeit der Beherrschung des Wandels, der kontinuierlichen Verbesserung und der geplanten Evolution spiegeln sich im Begriff der Innovationsfähigkeit wider. Ebenfalls haben die Unternehmenskultur und die in ihr enthaltenen Werte beim Aufbau von Kernkompetenzen eine entscheidende Bedeutung, da sie erheblich zur Klarheit und Verankerung einzelner Kompetenzen beitragen. 4

Abbildung 1: Metakompetenzen als Bestandteile der strategischen Architektur Bei der Darstellung der Metakompetenzen wird deutlich, dass sie alle in einem gewissen Zusammenhang stehen. In der Tat sind sie bereits von PRAHALAD und HAMEL bei der Forderung nach Errichtung einer strategischen Architektur erwähnt worden, ohne allerdings namentlich benannt zu werden. Eine strategische Architektur beinhaltet Aussagen über die Identifikation und Weiterentwicklung von Kernkompetenzen, erzeugt Klarheit über die Ressourcenallokation, ermöglicht den Aufbau einer innovativen Unternehmenskultur, sichert die Lernfähigkeit und ermöglicht die Neuentwicklung von Kernkompetenzen. Metakompetenzen können in diesem Zusammenhang als integrative Bestandteile einer strategischen Architektur verstanden werden, wobei erst deren Vollendung den Aufbau und die Entwicklung von Kernkompetenzen ermöglicht. Dieser Zusammenhang ist in der Abbildung dargestellt. Die Notwendigkeit, diese Architektur zu errichten, lässt die zentrale Stellung des Managements beim Aufbau von Kernkompetenzen erkennen, da eine konsequente Ausrichtung der gesamten Unternehmung auf die Kernkompetenzziele verwirklicht werden muss. 4.2.2 Outsourcing und Kooperation: Externer Bezug und externe Entwicklung von Kompetenzen Komplexe Interaktionen finden auf allen Stufen der Wertschöpfungskette statt, und es ergeben sich Partnerschaften zwischen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen, die ein Zurückgreifen auf die Kompetenzen und die strategischen Ressourcen anderer Unternehmen ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellt das Outsourcing eine strategische Entscheidung der Unternehmung dar. Im Zuge eines wachsenden Kostendrucks wird durch Outsourcing als Rationalisierungsmaßnahme versucht, kostenintensive Aktivitäten auf vor- und nachgelagerte Wirtschaftsstufen zu übertragen, um somit Mittel für andere Zwecke freisetzen zu können. In diesem Sinne stellt es eine Desinvestitionsstrategie dar, die wie die Elimination von Aktivitäten zu einer Verengung der Systemgrenzen führt, ohne die eigentliche Leistung zu verändern. Outsourcing ermöglicht durch eine erhebliche Verbesserung der Kostensituation bei gleichzeitig disponiblem Charakter des Fixkostenblocks eine schnelle und sichtbare Verbesserung der Unternehmenssituation, da nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch die Koordination und die Flexibilität des Unternehmens durch eine Verminderung der Aktivitäten erhöht und freie Mittel anderweitig investiert werden können. Dabei kann Outsourcing unter kurzfristigen und langfristigen Gesichtspunkten betrachtet werden. Die kurzfristige, kostenorientierte Sichtweise erkennt die betrieblichen Probleme (bspw. unbefriedi- 5

gende Finanzsituation) und entledigt sich ihrer, ohne die Ursachen (Mangel an Kernkompetenzen) zu beheben. Die vergangenheitsorientierten Daten des Rechnungswesens, die diesen kurzfristigen Outsourcing-Maßnahmen zugrunde liegen, können nur ein verzerrtes Bild der Realität geben, da sie weder die immateriellen Aktivposten noch die zukünftige Situation berücksichtigen. Da Kernkompetenzen aus vielen Ressourcen bestehen, muss aus ressourcenorientierter Sichtweise neben den erheblichen Chancen auch auf das Risiko der sog. Make or Buy Entscheidungen hingewiesen werden, denn durch Auswärtsvergabe entstehen u.u. nicht nur Lücken in der Wertschöpfungskette, sondern es besteht auch die Gefahr, die Interaktionsmöglichkeiten der Ressourcen zu reduzieren und somit ihre Synergien und damit die Kernkompetenzen zu zerstören. Unter dem Primat kernkompetenzorientierter Unternehmensführung muss kontinuierliche Investition an die Stelle oder zumindest neben die kurzfristige, finanzielle Orientierung treten, so dass Outsourcingentscheidungen nicht nur unter kurzfristig gewinnoptimalen, sondern auch unter langfristig strategischen Gesichtspunkten getroffen werden. Outsourcing als strategische Entscheidung soll eine Konzentration und Bündelung vorhandener Kräfte ermöglichen. Kooperationen entsprechen im Spannungsfeld zwischen Make or Buy einer Art Zwischenlösung. Die Möglichkeiten sind hierbei vielfältig. Sie können in Form von strategischen Allianzen auf einer Wirtschaftsstufe (horizontal) oder wirtschaftsstufenübergreifend (vertikal) zu Wertschöpfungspartnerschaften führen, wobei hier teilweise von strategischen Netzwerken gesprochen wird. Kooperationen werden im Rahmen des RBV unter dem Blickwinkel ihrer wertgenerierenden Ursachen hinterfragt, was eine Erweiterung der bisher stark transaktionskostengerichteten Überlegungen darstellt. Vor diesem Hintergrund besteht die vorrangige Ursache einer Kooperation im Nicht-Vorhandensein der benötigten Kompetenzen bei beiden Partnern. Kooperationen ermöglichen dementsprechend die Bildung von Kernkompetenzen zwischen den jeweiligen Partnern, so dass Kernkompetenzen nicht nur innerhalb, sondern auch unternehmensübergreifend entwickelt werden können, was gleichermaßen Risiko und Chance beinhaltet. Das Risiko kann dabei vorrangig durch das Bestehen von Lernasymmetrien beschrieben werden, die zu einer Externalisierung der eigenen Kompetenzen und zu einem sog. Hollowing-Out führen. Die Chancen sind in der temporären Nutzung der Kernkompetenzen des Partners, in ihrer erfolgreichen Implementierung und in einer Ausweitung des Marktanteils zu sehen, der zu einer Auslastung, zu Lernkurveneffekten und zu Kostenvorteilen führt. In engem Zusammenhang mit der Schließung strategischer Allianzen stehen auch die im Folgenden betrachteten Diversifikationsentscheidungen, wobei diese eher bei Akquisitionen und Fusionen als Extremformen der Kooperation von Bedeutung sind. 4.2.3 Transfer: Kernkompetenzorientierte Diversifikation Der Transfer der Kernkompetenzen soll den Zugang zu mehreren Märkten ermöglichen. In diesem Zusammenhang muss auch die Diversifikationsplanung der Unternehmung unter Berücksichtigung der Kernkompetenzen erfolgen. Wird die Planung eines Unternehmens unter diesen Gesichtspunkten vorgenommen, so können u.u. Diversifikationen sinnvoll werden, die unter alleiniger Berücksichtigung der Produkte und Märkte nicht zweckmäßig gewesen wären. Eine Diversifikation kann in diesem Sinne auch zur Erweiterung der bestehenden Kompetenzen dienen, wobei das Vorgehen und die Planung anders erfolgen müssen als aus rein markttechnischen Überlegungen, da das Unternehmen die Felder nicht allein aus den eigenen Fähigkeiten heraus erschließen kann. D.h. auch in diesem Zusammenhang kann man von einer Art externer Kompetenzentwicklung sprechen. Der Erfolg der Diversifikationsstrategie ist dabei davon abhängig, inwieweit es gelingt, durch die getätigte Akquisition einen Wertzuwachs zu erzielen. Mehrere empirische Untersuchungen belegen, dass gerade bei Diversifikationen in völlig neue Geschäftsfelder dies häufig nicht gelingt, wobei der Misserfolg auf mangelnde Synergieeffekte zurückgeführt wird, die die Höhe des Mehrwertes bestimmen. Aus ressourcenorientierter Sicht können überdurchschnittliche Erträge dann zustande kommen, wenn der aus der Akquisition resultierende Mehrwert auf Grund von Informationsasymmetrien erst nach der Transaktion sichtbar wird oder wenn Synergiepotenziale erzielt werden können, die auf Grund von unternehmensspezifischen Ressourcen und Kompetenzen den potenziellen Interessenten nicht offen stehen. Die externe Beurteilung von 6

Fusionen und Akquisitionen ist auf Basis der beschriebenen Eigenschaften von strategischen Ressourcen und Kernkompetenzen schwierig, da sie oftmals zu einer Über- oder Unterschätzung der Synergiepotenziale führen können. 5 Fazit Der ressourcenorientierte Ansatz und das bewusste Management von Kernkompetenzen haben in den letzten Jahren eine immer größere Popularität erlangt. Dabei hat sich mehr und mehr gezeigt, dass sie keine Gegenbewegung, sondern vielmehr eine sinnvolle und vielversprechende Ergänzung zum market-based view darstellen. Viele Unternehmen können mittlerweile durch eine gezielte Förderung ihrer Kompetenzen bei einer gleichzeitigen Berücksichtigung der Märkte auf große Erfolge zurückblicken. Diese Erfolge der Praxis und die Einsicht der Wissenschaft die Kombination des RBV mit dem MBV weiter zu erforschen, werden auch in Zukunft zu einer stärkeren Verbreitung und Anwendung des Managements von Kernkompetenzen beitragen. Prof. Dr. Dirk Möhlenbruch ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Handel an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.Dr. Gesa von Wichert ist Partner bei Conomic und leitet das StrategyLab. 7

Literatur: Krüger, W.; Homp, C.: Kernkompetenz - Management: Steigerung von Flexibilität und Schlagkraft im Wettbewerb, Wiesbaden 1997. Penrose, E.: The theory of the growth of the firm, 3. ed., New York 1995. Porter, M.E.: Wettbewerbsstrategie: Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 10. durchges. und erw. Aufl., Frankfurt/Main; New York 1999. Prahalad, C.K.; Hamel, G.: Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben, in: Montgomery, C. A.; Porter, M. E. (Hrsg.): Strategie: Die brillianten Beiträge der weltbesten Experten, Wien 1996, S. 309-335. Rasche, C.: Wettbewerbsvorteile durch Kernkompetenzen: Ein ressourcenorientierter Ansatz, Wiesbaden 1994. Stalk, G.; Evans, P.; Schulman, L.: Competing on capabilities: The new rules of corporate strategy, in: Harvard Business Review, March/April 1992, S. 57-69. Teece, D. J.; Pisano, G.; Shuen, A.: Dynamic capabilities and strategic management, in: Strategic Management Journal, Vol. 18 1997, S. 509-533. Wernerfelt, B.: The resource-based view of the firm: Ten years after, in: Strategic Management Journal, Vol. 16 1995, S. 171-174. 8