B. OHG. Folie 235. Vorlesung Handels- und Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Florian Jacoby

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Transkript:

B. OHG I. Allgemeines und Rechtsquellen II. Begriff III. Rechtsnatur der OHG IV. Entstehung V. Innenverhältnis VI. Außenverhältnis VII. Gesellschaftsschuld und Gesellschafterhaftung VIII. Gesellschafterwechsel IX. Beendigung der Gesellschaft Folie 235

I. Rechtsquellen Anwendbare Vorschriften bei Personengesellschaften GbR OHG KG 161 ff. 161 Abs. 2 Teilw. analog 105 ff. HGB 105 Abs. 3 HGB 705 ff. BGB Folie 236

II. Begriff Eine OHG ist gemäß 105 Abs. 1 HGB eine Gesellschaft mit dem Zweck, ein Handelsgewerbe unter einer Firma zu betrieben und deren sämtliche Gesellschafter den Gläubigern unbeschränkt haften. 105 Abs. 3 HGB legt der OHG das Recht der GbR zugrunde. Es müssen daher die Voraussetzungen der GbR vorliegen, ergänzt um die zusätzlichen Voraussetzungen der OHG. Folie 237

1. Gesellschaftsvertrag Jede Gesellschaft setzt Vertrag als Grundlage voraus. Zusammenschluss mehrerer Personen, der auf anderer Grundlage basiert ist daher keine Gesellschaft, z. B. privatrechtliche Stiftung ( 80 ff. BGB), Bruchteilsgemeinschaft ( 741 ff. BGB), eheliche Gütergemeinschaft ( 1415 ff. BGB), Erbengemeinschaft ( 2032 ff. BGB) oder juristische Personen des öffentlichen Rechts. Folie 238

Beispiel 42 (BGH NJW 1951, 311) Stellt die gemeinschaftl. Fortführung eines Handelsgeschäfts durch die Erben die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine OHG dar? Lösung: Es ist ein Vertragsschluss nötig, der auch konkludent erfolgen kann. Allein die Fortführung genügt nicht, es muss ein nach außen erkennbarer gemeinsamer Fortführungswille bestehen. Folie 239

Beispiel 43 Bedarf der Gesellschaftsvertrag einer Form, wenn a) es Zweck der OHG ist, Grundstücke zu erwerben oder b) ein Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages (als Einlage) die Verpflichtung übernimmt, ihr ein Grundstück zu übertragen? Folie 240

Lösung Beispiel 43 Ein allgemeines Formgebot für den OHG- Gesellschaftsvertrag besteht nicht. Wenn mit dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrages die Verpflichtung übernommen werden soll, ein konkretes Grundstück auf die Gesellschaft zu übertragen, unterliegt dieser Vertrag der Form des 311b I 1 BGB. Dies gilt aber nicht, wenn nur abstrakt festgelegt werden soll, dass die Gesellschaft Grundstücke erwerben wird. Folie 241

2. Gemeinsamer Zweck Unterscheidung zu Austauschverträgen, auch wenn eigennützige Zwecke durch Gesellschafter verfolgt werden können. OHG auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein, 1 3 HGB:. - Ausgenommen damit freie Berufe (PartG). - Auch Vermögensverwaltung möglicher Zweck, vgl. 105 Abs. 2 HGB. - Ausgenommen Kleingewerbetreibende, Ausnahme Eintragung in das Handelsregister. - Nachträglicher Rückgang des Umfangs der Gesellschaft auf ein Kleingewerbe: OHG wird ipso iure zur GbR. Identität der Gesellschaften wird nicht berührt; Handelsregistereintrag ist zu löschen, vgl. 2, 5, 6, 15, 105 Abs. 2 HGB. Folie 242

Beispiel 44 Würde der Gegenspieler von James Bond, Ernst Stavro Blofeld als Leiter und Nummer 1 der Terror-Organisation SPECTRE (Special Executive for Counterintelligence, Terrorism, Revenge and Extortion im Deutschen das Phantom), wenn er zusammen mit weiteren Bösewichten seine umfangreichen Unternehmungen, die auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sind, in Deutschland vornähme, eine OHG betreiben? Lösung: Nein, ein sittenwidriger/verbotener Zweck kann nicht verfolgt werden. Folie 243

3. Förderungspflicht Die Gesellschafter müssen alle einen gemeinsamen Zweck verfolgen, der nicht auf einer einheitlichen Motivation beruhen muss. Daneben können noch weitere Zwecke verfolgt werden. Folie 244

Beispiel 45 Der Löwe mit anderen Tieren auf der Jagd ist eine Tierfabel des altgriechischen Fabeldichters Äsop. In dieser Fabel gehen Löwe, Esel und Fuchs gemeinsam auf die Jagd. Als der Esel die Beute zu drei gleichen Teilen aufteilt, schlägt ihn der Löwe nieder. Daraufhin befiehlt er dem Fuchs, nun die Beute zu teilen. Der Fuchs gibt dem Löwen alles, und der Löwe fragt lachend, warum er die Beute so aufgeteilt habe, woraufhin der Fuchs wortlos auf den toten Esel zeigt. Betreiben die Tiere eine Gesellschaft? Folie 245

Lösung 45 Die societas leonina ist keine Gesellschaft: Mangels gemeinsamen Zwecks der Zusammenschluss dient nur dem Löwen liegt keine Gesellschaft vor. Abzugrenzen davon ist, dass dann eine Gesellschaft vorliegt, wenn die Tiere den ideellen Zweck verfolgten, Vorteile nur für den Löwen altruistisch zu schaffen. Gewinnerwirtschaftung für den Einzelnen ist nicht konstitutives Merkmal einer Gesellschaft. Folie 246

3. Förderungspflicht Zweck muss gemeinsam verfolgt werden. Bloß gleichgerichtetes Interesse der Beteiligten nicht ausreichend. Folie 247

Beispiel 45a R stellt A für seinen Versandhandel Kapital zur Verfügung. R will nach außen hin nicht in Erscheinung treten. A führt die Geschäfte alleine weiter. Der Geldbetrag wird je nach Geschäftslage in Folgejahren zzgl. eines Entgelts an R zurückbezahlt Welche Rechtsform liegt vor? Folie 248

Lösung Beispiel 45a OHG, 105 ff. HGB (-): Zwar geht es A und B im Gewinnerzielung, aber nicht durch gemeinsames, gleichstufiges Auftreten nach außen hin kein gemeinsamer Zweck Stille Gesellschaft, 230 HGB: Besonderer Zusammenschluss, bei dem Kapitalgeber nach außen hin nicht hervortritt, sodass allein Inhaber des Geschäfts im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird; Gesellschaftsrecht findet also nur im Innenverhältnis Anwendung, 231 ff. HGB. Partiarisches Darlehen: Ist normales Darlehen i. S. v. 488 BGB mit der besonderen Abrede, dass Rückzahlung nicht in regelmäßigen Raten, sondern je nach Geschäftslage erfolgt; auch im Innenverhältnis keine Anwendung von Gesellschaftsrecht. Ergebnis: Hier keine Mitspracherechte des R, deshalb reine Kapitalanlage, es liegt ein partiarisches Darlehen vor. Folie 249

4. Betrieb eines Handelsgewerbes OHG ist Handelsgesellschaft, 105, 1-3 HGB. Immer Kaufmann ( 6 Abs. 1 HGB) auch ohne Eintragung. Kaufmann auch wenn OHG nur Kleingewerbe betreibt oder Vermögen verwaltet, vgl. 105 Abs. 2 HGB bei Eintragung. Alle von der OHG vorgenommenen Geschäfte sind Handelsgeschäfte ( 343 HGB). Folie 250

Beispiel 46 (BGH NJW 1960, 1664) Geben die Gesellschafter einer OHG nicht etwa nur vorübergehend den Betrieb ihres Handelsgewerbes auf, so wird die Gesellschaft zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dabei ist es ohne Belang, ob die Aufgabe des Geschäftsbetriebes auf Grund einer freien Entschließung oder unabhängig vom Willen der Gesellschafter eingetreten ist. Folie 251

5. Firma Die Gesellschaft muss eine gemeinschaftliche Firma führen, nach außen als Einheit auftreten, daher offene Handelsgesellschaft. Rechtsformzusatz in Firma: Offene Handelsgesellschaft oder allgemein verständliche Abkürzung, 19 Abs. 1 Nr. 2 HGB. OHG ist Innen- und Außengesellschaft. Abgrenzung zu reiner BGB-Innengesellschaft. Folie 252

6. Innen- und Außenverhältnis Innenverhältnis = Beziehungen der Gesellschafter untereinander, z. B. Leistung von Beiträgen in das gemeinsame Gesellschaftsvermögen, Mitarbeit im Unternehmen der Gesellschaft, gegenseitige Treue: grds. dispositiv. Außenverhältnis = Beziehungen der Gesellschafter zu Dritten, gemeinsames Auftreten der Gesellschafter als Gesellschaft. Grds. zwingend. Gliederung des Gesetzes: - 109 122 HGB: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander - 123 130b HGB: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten Folie 253

6. Innen- und Außenverhältnis Beispiele: Ob Gesellschafter den Mitgesellschaftern gegenüber (Innenverhältnis) befugt ist, ein Grundstück zu kaufen, ist davon zu trennen, ob die Gesellschaft durch die Handlung des Gesellschafters Dritten gegenüber (Außenverhältnis) verpflichtet wird. Die Verteilung des Verlustes der Gesellschaft im Innenverhältnis kann im Gesellschaftsvertrag abweichend von dem Grundsatz der akzessorischen Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis geregelt sein. Folie 254

7. Haftung (Grundsatz) Die Gesellschafter haften den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber primär, unbeschränkt und unbeschränkbar, persönlich, unmittelbar und gesamtschuldnerisch. Liegt eine Haftungsbeschränkung einzelner Gesellschafter vor, ist eine KG gegeben, vgl. 161 ff. HGB: Komplementäre und Kommanditisten. Folie 255