Medizinische Diagnostik bei Verdacht auf Kindesmisshandlung. Iliana Tzimas

Ähnliche Dokumente
Kindesmisshandlung. Dr. med. K. Trübner. Institut für Rechtsmedizin

3. Fachtag Kinderschutz Teltow-Fläming Schutzauftrag in Kindertagesstätten. Rechtliche Grundlagen

Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen eine interdisziplinäre Aufgabe. H.M. Straßburg Würzburg

Dr. med. Thomas Buck. Obmann der Kinder- und Jugendärzte. Vorstand der Ärztekammer der Region Hannover

13. Zürcher Forum Prävention und Gesundheitsförderung. Kindsmisshandlung: Formen und Verbreitung aus medizinischer Sicht Montag, 14.

Vorlesung Lehren des Strafrecht AT und Delikte gegen die Person

Schutz und Chancen für starke Kinder

Kindsmisshandlung Kinderschutz: Theorie und Praxis

Schutz vor Gewalt ist ein Kinderrecht. Definition des Überbegriffes Gewalt am Kind KINDERSCHUTZ. Gewalt am Kind. Formen der Gewalt am Kind

Kinderschutz im medizinischen Bereich Prof. Dr. Anette S. Debertin, MBA Institut für Rechtsmedizin Medizinische Hochschule Hannover

Was tun, was lassen?

Interdisziplinäre Kooperation (II)

Kindeswohlgefährdung. Ceyda Geiter Dipl. Sozialarbeiterin (FH)

Notwehr, Notstand und Körperverletzung

Schweigepflicht / Datenschutz bei Kindeswohlgefährdung. Nadine Maiwald Rechtsanwältin Anwältinnenbüro Leipzig

Kooperation von Gesundheitsdiensten

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Definition, Grundlagen, Formen Erkennen und Handeln

HANDLUNGSSCHRITTE IN DEN FRÜHEN HILFEN BEI GEWICHTIGEN ANHALTSPUNKTEN FÜR EINE KINDESWOHLGEFÄHRDUNG

Anzeichen von Kindesmisshandlung

Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch

Kindeswohlgefährdung aus kinderchirurgischer Sicht. P.P.Schmittenbecher Kinderchirurgische Klinik Städt. Klinikum Karlsruhe

JuLiKreis-und Bezirksverbände

Verletzungen bei Kindern- Unfall, Krankheit oder Misshandlung

Rechtsmedizin Spannung zwischen zwei Welten

Der gesetzliche Kinderschutzauftrag

Bundeskinderschutzgesetz

Rechtliche Grundlagen FeM - ambulant

Jugendhilfe in suchtbelasteten Familien Spagat zwischen Elternrecht und Kinderschutz

Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe

Arbeitsgemeinschaft Kindeswohl

Erkennen von und professioneller Umgang mit sexuellem Missbrauch

Teil 1: Zitat: Einführung und Grundlagen

KINDESMISSHANDLUNG AUS ÄRZTLICHER SICHT

Gewalt gegen das Kind

Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung bei Kindern und Jugendlichen mit Schmerzen oder lebenslimitierenden Erkrankungen

Fakten und Zahlen zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Cordelia Nawroth Kinderschutzkoordinatorin Jugendamt Mitte

indeswohlgefährdung!

Statistik Kinderschutz. Erkennen und Vorgehen bei misshandelten Kindern. Elemente des Verdachtes. Wie kommt es zum Verdacht?

Orientierungshilfe, gefährdende Indikatoren des Kindeswohls und Risikofaktoren, Beispiele

Medizinischer Kinderschutz

Fachberatung im Kinderschutz Fachtag, Hannover,

Forum 7 Kinderschutz während der Schwangerschaft und Stillzeit. 2. Mai 2018 ZfP Südwürttemberg

Dokumentationsbogen bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung (KWG) in der KITA. Alter und Geschlecht des Kindes: (Hier keine Namen nennen!

Gefährdung des Kindeswohls

4. Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung

Dokumentationshilfen. (Verdacht auf) Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, sexueller Missbrauch

Haftungsfragen im Zusammenhang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen

Münchhausen by-proxy-syndrom

Gewalt in engen sozialen Beziehungen, in Fällen von Nachstellung (Stalking) sowie in Fällen von Kindeswohlgefährdung

Kinder in der Notaufnahme mit Verdacht auf Misshandlung und Vernachlässigung

Stellenzeichen: Telefon: Datum: : Meldung von: Anonym ja nein. Anlass der Meldung:

An das Jugendamt per Fax oder Brief: Telefax. betroffenes Kind/ Jugendliche(r):

Freie Hansestadt Bremen. Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

Um dem Problem eine Dimension zu geben:

An das Jugendamt per Fax oder Brief: Telefax. betroffenes Kind/ Jugendliche(r):

Kinder vor Gefahren für ihr Wohl schützen. Erziehungspartnerschaft mit schwierigen Eltern

2017/03/07 06:03 1/5 Psychische Gewalt

Protokoll: Kinderschutz

2017/10/14 11:29 1/5 Häusliche Gewalt

Vereinbarung zur Umsetzung des Schutzauftrages gemäß 8a und 72a Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe

Kinder sind überall dort, wo bei häuslicher Gewalt interveniert wird. Nicht immer werden sie gesehen und ihre Bedürfnisse berücksichtigt.

Verfahrensschritte zur Wahrnehmung des Schutzauftrages:

RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DER ERWACHSENEN PSYCHIATRIE. Grundlagen der Unterbringung. Zivilrechtliche Unterbringung

Körperliche und seelische Befunde bei sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Vernachlässigung des Bedürfnisses nach Schutz und Sicherheit

Kinderkliniken und Fru he Hilfen

Echtzeitprotokoll/Ergebnisprotokoll/Dokumentation der Gefährdungseinschätzung nach 8a, 8b SGB VIII und 4 KKG Bundeskinderschutzgesetz

Körperverletzung 223 Qualifikationen

VORLESUNGSREIHE KJP WS 2012/2013

Ethische u. Jur. Implikationen bei Demenz

Auswirkungen von Gewalt, Vernachlässigung und Misshandlung auf Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen

Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch

STELLUNGNAHME 16/1033 A04, A01

Kindeswohl und Kindesschutz in der Erziehungsberatung. Rainer Borchert, Erziehungsberatungsstellen Folie 1

Kinderschutzbogen Diagnostik. Hort/FGTS/GGTS Jahre

Anlage 3. Lotsenbogen Indikatoren für eine mögliche Kindeswohlgefährdung. Zuständige Lehrerin/zuständiger Lehrer: Datum:

Verletzungen bei Kindern Unfall, Krankheit, Gewalt. Prof. Dr. Anette S. Debertin Institut für Rechtsmedizin Medizinische Hochschule Hannover

Kindeswohlgefährdung. Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach 8a SGB VIII

Tatmuster und Entstehungszusammenhänge von Tötungsdelikten an Kindern

Ich bitte, für die Sitzung der AG BÖJ am folgendes Thema zur Kenntnisnahme vorzulegen:

Leitfaden für den Einsatz einer Familienhebamme in der Universitätsstadt Siegen

Informationen aus dem IRM

Die Verwendung des Begriffs Kindeswohlgefährdung in der Medizin

NRW: KOMPETENT IN KINDERSICHERHEIT

Aussergewöhnlicher Todesfall im Spital

225: Misshandlung von Schutzbefohlenen

Kommunikationsaufbau mit Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen Bad Schmiedeberg

Gewalt gegen Kinder ein Leitfaden für Diagnostik, Prävention und Hilfe

INHALT 1.EINLEITUNG 2. LEBENSLAGEN VON (WERDENDEN) ELTERN UND FAMILIEN

Dr. med. Sarah Schalinski Institut für Rechtsmedizin Charité Universitätsmedizin Berlin

Merkblatt zum Umgang mit besonderen Vorkommnissen in betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen für Minderjährige

4 Äußere Gewalteinwirkungen

STATISTISCHES LANDESAMT

Transkript:

Medizinische Diagnostik bei Verdacht auf Kindesmisshandlung Iliana Tzimas

Definition Keine verbindliche Definition Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige gewaltsame körperliche und/oder seelische Schädigung, die in Familien oder Institutionen geschieht und die zu Verletzungen, Entwicklungsverzögerungen oder zum Tode des Kindes führt. BM JFG 1979/Deutscher Bundestag, DS 10/4560 (1986)

Formen der Misshandlung seelische Misshandlung körperliche Misshandlung Vernachlässigung sexueller Missbrauch

Opferprofil unmittelbare Abhängigkeit von den Eltern Hilflosigkeit Wehrlosigkeit Arglosigkeit fehlende Lebenserfahrung eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Reaktionsfähigkeit

Biologische Faktoren vergleichsweise geringe Intensität der GE besondere Formen der GE Schütteln! Schlagen mit Faust, Hand 30 % Schlagen mit Werkzeug 48 % Treten 7 % Schleudern gegen Wand etc. 5 % Hungern lassen 2 % Verbrühen 6 % Sonstige 2 % besondere Reaktionen der kindlichen Gewebe/Organe auf GE

Epidemiologie PKS (2014): 3.649 Fälle von Kindesmisshandlung 4.233 Opfer, 57 % m, 43 %w 10-15 % aller Eltern wenden schwerwiegende und relativ häufige Körperstrafen an (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2009). 25 % der Fälle unter 2 Jahre 10 % der Mädchen und 5 % der Jungen bis zum 16. Lebensjahr werden Opfer eines sexuellen Übergriffs Vernachlässigung ca. 10 x häufiger als Misshandlung Deutschland: pro Woche: zwei Kindstötungen Dunkelziffer 1:5 bis 1:50

Münsteraner Studie: Obduktionen Säuglinge und Kleinkinder (n = 337) Vd. auf nnt 63 (18,7%) Vd. bestätigt 55 (87,3%) darunter Tötungen 28 (44,4%) Fälle mit Annahme nt 274 (81,3%) gerichtliche Obduktionen 167 wissenschaftliche Obduktionen 107 DuChesne et al. (1997) Arch Kriminol 199: 21-26

Fälle mit Annahme nt (274) Gerichtliche Sektionen (167) Wissenschaftliche Sektionen (107) Tötungen 5 3 Vorsatz 3 1 Misshandlungen 2 2

Todesursachen bei den Tötungen TU Unfall Unklar Tötung gesamt Vernachläs. 2 1 3 Ersticken 4 1 4 9 Intoxikation 1 1 1 3 Schütteltrauma 6 6 SHT 1 1 1 3 sonstiges 1 2 1 4 zusammen 7 7 14 28

Befragung von ca. 900 Kinderärzten 7,5% antworteten Verdacht auf Misshandlung in 12 Monaten niemals 50% 1 2 mal 33% aber in einer Praxis 50 Mal

Problemfeld der Meldung Risiko des diagnostischen Irrtums ökonomische Überlegungen? Schweigepflicht ( 203 StGB) rechtfertigender Notstand Straftat: Körperverletzung/ Tötung (Unterlassungsdelikt)

Anamnese klinische Untersuchung Verdacht der Kindesmisshandlung weitere Diagnostik/Konsil Radiologie (z.b. CT, Szintigraphie) Neurologie Chirurgie Ophthalmologie Blutgerinnung Psychiatrie Rechtsmedizin Diagnose: Kindesmisshandlung

Differentialdiagnosen Hämatome Gerinnungsst., häm. Diathesen, Vaskulitiden, Leukämie Hautverfärbungen Nävi, Hämangiome Frgl. Hitzeeinw. Ekzem, Dermatitis, Impetigo bullosa, Erythema nodosum, Haarausreißungen Alopecia areata Retinablutungen ak. Hypertonus, Meningitis, Sepsis, Z.n. vaginaler Geburt, Koagulopathie, Leukämie, Frakturen Ost. imperfecta, Cu-Mangel, Rachitis, kong. Syphillis, Osteomyelitis, path. Fraktur

Gespräch mit den Eltern Empfehlungen Meldung an das Jugendamt bei leichten Fällen und Kooperationsbereitschaft der Eltern sowie engmaschige medizinische Kontrolle unter Einbeziehung der Geschwisterkinder Anzeige bei Polizei /StA Keine Angst vor Verletzung der Schweigepflicht ( 203 StGB) Rechtfertigender Notstand Kind ist das höherwertige Rechtsgut!!

Körperliche Misshandlung mit banalen Verletzungen gravierenden Verletzungen Misshandlung mit Gegenständen Frakturen Todesfolge

Diagnostische Kriterien Lokalisation Form Gruppierung Mehrzeitigkeit verborgene Verletzungen

Schütteltrauma subdurales Hämatom Retinablutungen Diffuse Hirnschäden Fehlende oder subtile äußere Verletzungen: Griffspuren Frakturen

Abscherung des Gehirns gegenüber der Dura mater führt zu Einrissen der Brückenvenen SDH Diffuser axonaler Schaden durch unterschiedliche Wirkung von Rotations- und Scherkräften zwischen grauer und weißer Substanz/Neuronenschichten diffuser Parenchymschaden Störung der Gefäßautoregulation und Hirndurchblutung führt zu lokalen und generalisierten Ischämie, Hypoxie und Hirnödem Massive Gewalteinwirkung erforderlich! Immer sofortige neurologische Symptomatik!

Richard Asher 1951 Roy Meadow 1977 Munchausen syndrome by proxy The hinterland of child abuse. Lancet Ebenen der Manipulation Erfinden von Symptomen zusätzliche Manipulation von Untersuchungsmaterial oder Fieberkurven Herbeiführen von Symptomen

Symptome des Kindes persistierende oder rezidivierende Erkrankung inadäquate Symptome wiederholte Hospitalisierungen exzessive und ergebnislose Diagnostik ineffektive Behandlungen Besserung bei Trennung von der Mutter

Häufige Symptome Blutungen 44% Krampfanfälle 42% Bewusstseinstrübungen 19% Atemstillstände 15% Diarrhoe 11% Erbrechen 10% Fieber 10% Hautveränderungen 9% nach Rosenberg 1987, n=117

Auffälligkeiten der Mutter auffallend geringe Besorgnis überfürsorglich mit engem Kontakt zum Personal ungeklärte Todesfälle von Geschwistern ähnliche Symptome bei anderen Personen

Vernachlässigung Definition Kinder erfahren die für ihr Überleben und Wohlergehen erforderlichen Maßnahmen (Pflege, Ernährung, Bekleidung, Gesundheitsförderung, soziale Kontakte, Schutz und Aufsicht) durch die Sorgeberechtigten nicht oder nicht ausreichend und können chronisch beeinträchtigt oder geschädigt werden In Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Deegener G. Körner W. (Hrsg). Hofgrefe Verlag Göttingen 2005: 37-58

Pflege, Kleidung keine adäquate Unterkunft keine angemessene Bekleidung Verschmutzte Haut (Genitalbereich) Gewebeflusen in Körperfalten ungepflegte Finger-/Zehennägel Gebiss unbehandelte Hauterkrankungen

Ernährung nicht altersentsprechend nicht ausgewogen Süßigkeiten unkontrollierte Eßgewohnheiten keine regelmäßigen Mahlzeiten keine gemeinsamen Mahlzeiten Folgen: Dystrophie, psychosoz. Minderwuchs

Gesundheitsfürsorge (prä- und perinatal) Drogen, Alkohol, Nikotin fehlende medizinische Vorsorge und Betreuung während Schwangerschaft

Gesundheitsfürsorge keine regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen keine Prophylaxe/Impfung keine medizinische Behandlung bei akuten Erkrankungen, Verletzungen mangelnde psychomotorische Entwicklung mangelnde Sprachentwicklung

Mangelnde Beaufsichtigung keine Sicherheit bei alltäglichen Gefahren mangelnde Supervision und Aufsicht ungesicherte Gefahrenquellen im Haushalt (Medikamente, Putzmittel,..)

Exsikkose Hämatokrit Kreatinin

Kwashiorkor Proteinmangel Ödeme Pigmentstörungen Leberschäden Osteoporose Muskelatrophie Hypokalz. Tetanie Hypoglykämie Eisenmangel Elektrolytstörungen

Mögliche Ursachen für Gedeihstörungen qualitative/quantitative Fehlernährung vermehrte Verluste durch Erbrechen Kalorienverluste (Zöliakie, chr. entz. Darmer krankungen, Mukoviszidose, Kohlenhydratmalabs., chron. Lebererkrankungen, parasit. Infektionen) erhöhter Umsatz (metabolische, endokrine, onkologische Erkrankungen)

Indikatoren im sozialen Bereich schlechte Finanz- und Wohnverhältnisse sehr junge Eltern Alleinerziehender Elternteil Probleme in Erziehung und Partnerschaft psychosozialer Stress sozial verarmte Nachbarschaft eigene problematische Kindheit mangelnde Kooperationsbereitschaft Erkrankungen der Eltern

Checkliste Verletzung - Misshandlung? Beweissicherung Dokumentation der Anamnese Fotodokumentation der Befunde Wohl des Kindes! Klinikeinweisung sinnvoll? keine Meldepflicht aber Möglichkeit Jugendamt/Kinderschutzambulanz? Vd. bei Leichenschau meldepflichtig!

Verhalten und Vorgehen des Arztes Zuerst akut notwendige medizinische Maßnahmen Familiensituation erfragen und bewerten Hinzuziehung eines Rechtsmediziners zur rechtsmedizinischen Konsiliaruntersuchung Bundeskinderschutzgesetz vom 1. Januar 2012 Mehrstufiges Verfahren Mit Kind oder Jugendlichem reden Kein Erfolg/Schutz des Kindes gefährdet: Beratung durch Fachkraft des Jugendamtes Ergebnis nach Beratung: Kindeswohl gefährdet Einschalten des Jugendamtes, erforderliche Daten dürfen übermittelt werden Eltern müssen nicht informiert werden Keine explizite Meldepflicht für Behandelnde

Risikobewertung Jetzt Kontakt zum Sozialdienst? Akute Gefährdung des Kindes? Sofortige Maßnahmen nötig?

Warum fällt das Kind in den Brunnen? auch bei schweren Befunden wird nicht an Misshandlung/Vernachlässigung gedacht es wird daran gedacht aber nicht konsequent gehandelt (Meldung) Jugendamt, Vormundschaftsgericht, StA, Polizei oder Gutachter versagen

Mit den Eltern wurde... über die nicht-akzidentelle Genese dieser Verletzungen gesprochen. Sie wirkten sehr bestürzt und besorgt und konnten kein Ereignis als Ursache nennen. Auch die ältere Schwester... Käme als Verursacher nicht in Frage. Insgesamt wirkten die Eltern... sehr fürsorglich..., so dass ich von einer Information des Jugendamtes sowie einer Anzeige Abstand nahm.

Artikel II, Abs. 2 des Grundgesetzes Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

203 StGB Verletzung von Privatgeheimnissen Geltungsbereich: u.a für Ärzte, Psychologen, Apotheker, Umfasst jegliche patientenbezogenen Informationen Gilt über den Tod des Patienten hinaus Bei Verletzung: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe

34 StGB Rechtfertigender Notstand Bei Vorliegen einer Gefahr für ein höherwertiges Rechtsgut darf ein anderes Rechtsgut verletzt werden, um diese abzuwenden Gefahr für die psychische/physische Entwicklung des Kindes/Jugendlichen rechtfertigt Bruch der Schweigepflicht Das rechtsgutverletzende Verhalten des Arztes wird so geschützt

225 StGB Misshandlung von Schutzbefohlenen Wer eine Person unter 18 Jahren die seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, seinem Hausstand angehört, von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen wurde oder ihm im Rahmen eines Dienstverhältnisses untergeordnet ist, quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung sie an der Gesundheit schädigt, wird bestraft.

1666 BGB Gefährdung des Kinderwohls Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern gefährdet, so hat das Familiengericht die Gefahr abzuwenden

171 StGB Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht 1631 BGB Inhalt des Personensorgerechts, Einschränkung von Erziehungsmaßnahmen 1627 BGB Ausübung der Elterlichen Sorge zum Wohle des Kindes

Meldung/Anzeige Keine Meldepflicht ( 138 StGB) Schweigepflicht Melderecht ( 203 StGB) ( 34 StGB) Rechtfertigender Notstand