TLV Abteilung Arbeitsschutz Regionalinspektion Mittelthüringen Kontrollbeauftragter / Techn. Oberinspektor: R. Kornacher Tödlicher Arbeitsunfall Rückwärtsfahrender Teleskoplader (mit Frontanbau zur Big-Bag / FIBC Befüllung) überfährt betriebsfremden LKW Fahrer
Unfallhergang: Ende November 2014; Nachmittag; teilweise überdachter Hinterhofbereich eines Agrarhandels Um sich beim Fahrer des Radladers betreff der anstehenden LKW-Beladung zu informieren, betrat der LKW Fahrer (Unfallopfer) einen internen Betriebsbereich und wird von einem bereits 30 Meter rückwärtsfahrenden Teleskoplader (mit Rückfahrwarnsignal) von Fuß bis Kopf überrollt. 2
Unfallursachen: mangelnde Umsicht beim Rückwärtsfahren, unangemessene Fahrzeuggeschwindigkeit (Fahrer des Teleskopladers); unzureichende Körperdrehung beim Rückwärtsfahren wechselnde Lichtverhältnisse im überdachten Hofbereich; zum Unfallzeitpunkt vermutlich nicht eingeschaltete Hallenbeleuchtung, zum Unfallzeitpunkt vermutlich nicht eingeschaltete Arbeitsscheinwerfer für die Rückwärtsfahrt (am Kabinendach über der Heckscheibe) gegebenenfalls eingeschränkte Fahrtauglichkeit durch unzureichendes bzw. nicht ausreichend korrigiertes Sehvermögen (Brille?) Gelbliche Farbe des Teleskopladers bzw. des Fahrzeughecks und gelbe Warnweste des Verunfallten Verhalten bzw. Aufenthalt im Gefahrenbereich in internen Betriebsbereichen (Verunfallter) Der mögliche Aufenthalt eines Dritten im internen (aber diesbezüglich nicht ausgewiesenen) Betriebsbereich (mit offenem Tor ohne Beschilderungen zu Zutrittsverboten) wurde seitens des Teleskopladerfahrers hinsichtlich von Unfallfolgen unterschätzt 3
Arbeitsschutzrechtliche Bewertung Teleskoplader JCB 527-58 DS (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 34 km/h), herstellerseitige Einstufung als Flurförderzeug (DGUV V68 - alt BGV D27 und BetrSichV) - kein betriebsbedingter Einsatz als Erdbaumaschine; wiederkehrend geprüft; keine technischen Mängel; ausreichende Rückraumsicht; Seitenblick im vorderen rechten Bereich durch angehobenen Teleskoparm eingeschränkt), ausreichend Spiegel; funktionierendes Rückfahrwarnsignal; kein Kamera-Monitor-System zur besonderen Rückraumüberwachung (kein Erfordernis im Sinne EN 474 und BekBS 2111 abfallendes Heck) Rückwärtsfahrt bedingt durch Frontanbautrichter, BigBag-Traverse mit eingehängtem BigBag (Vorwärtsfahrt auf Grund der eingeschränkten Sicht nicht möglich) Unzureichende Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung mit Bezug auf längere betriebsbedingte Rückwärtsfahrten und auf die Höchstgeschwindigkeit (34 km/h) eines nur für den innerbetrieblichen Einsatz bestimmten Teleskopladers (teilöffentliches Hofgelände, kein Landwirtschaftsbetrieb) 4
Arbeitnehmerpflichten: Arbeitsschutzgesetz 15 - Pflichten der Beschäftigten (1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind. (2) Im Rahmen des Absatzes 1 haben die Beschäftigten insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden. 5
Verletzung von Arbeitnehmerpflichten Fahrer des Teleskopladers: Unzureichende Umsicht bzw. die unzureichend den betrieblichen Verhältnissen angepasste Fahrweise beim Rückwärtsfahren. Umsicht und Aufmerksamkeit beim Rückwärtsfahren sind hier im scheinbar internen Hofbereich mit zunehmender Routine vernachlässigt worden. (Fahren über Rückspiegel) Unfallopfer Aufenthalt im Gefahrenbereich! Warum der Verunfallte auf dem übersichtlichen Hinterhof von einem auf Grund seiner Größe und Lautstärke (zudem mit Rückfahrsignal) deutlich wahrzunehmenden rückwärtsfahrenden Teleskoplader überfahren wurde, bleibt unklar. 6
Straßenverkehrsrechtliche Bewertung Führerscheinklasse auf öffentlichem und teilöffentlichem Betriebsgelände??? Klasse T (Traktoren > 40 km/h):, selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h) (Klasse L Traktoren bis 40 km/h - ehemals 32 km/h:., Stapler und andere Flurförderzeuge jeweils mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h ) der JCB ist für 34 km/h Höchstgeschwindigkeit ausgelegt 7
Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 8
Maßnahmen der Arbeitsschutzaufsichtsbehörde: Unfalluntersuchung, Unfallbericht, Abgabe an Staatsanwaltschaft Forderungen zur Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes Betriebliche Maßnahmen Weitere Beschilderungen zur Betriebsverkehrssicherheit, Zutrittsverbote für Dritte, Intensivierung der wiederkehrenden Unterweisungen zur Betriebsverkehrssicherheit und zum Umgang mit Flurförderzeugen 9