Michaelis-Menten-Kinetik

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Transkript:

Michaelis-Menten-Kinetik Peter Bützer Inhalt 1 Einführung... 1 2 Modell... 2 2.1 Modellannahmen... 2 2.2 Drei Fälle... 2. Simulationsdiagramm (Typ ), Systemdynamik... 2.4 Dokumentation (Gleichungen, Parameter)... 2.5 Zeitdiagramm... 4 2.6 Interpretation... 4 2.7 Simulationsdiagramm (Typ 1,,4) 2... 5 2.8 Modellannahmen... 5 2.9 Dokumentation (Gleichungen, Parameter)... 5 2.10 Zeitdiagramm... 7 2.11 Andere Darstellung des Modells... 7 2.12 Dokumentation (Gleichungen, Parameter)... 7 1 Einführung Die Basis für die Enzymkinetik hat der französische Physiko-Chemier Victor Henri (1882-194) mit seinen Arbeiten gelegt. Darauf aufbauend haben der deutsche Mediziner und Bakteriologe Leonor Michaelis (1875-1949) und die kanadische Medizinerin Maud Leonora Menten (1879-1960) 191 mit ihrem Modell den Grundstein für die Enzymkinetik gelegt. Enzyme sind Proteine, die in der belebten Natur nicht nur als Biokatalysatoren sondern ebenso beudeutsam als Regler wirksam sind. Sie werden heute in vielen Gebieten z.b. in der Analytik, der Medizin, der Lebensmittelchemie, bei Waschmitteln und der Technik eingesetzt. Abbildung 1: Molekülmodell des Enzyms Catalase Prof. Dr. Peter Bützer, Pädagogische Hochschule, St.Gallen

2 2 Modell Das Modell eines Enzyms dargestellt als chemisches Reaktionsgleichungs-System: E + S ES v Das Enzym E reagiert mit dem Substrat S in einer Gleichgewichtsreaktion zum Enzym- Substrat-Komplex ES. Dieser Komplex zerfällt in einer bestimmten Geschwindigkeit v zum Produkt, welche umso grösser ist, je grösser die Konzentration ES. [E]: Enzym-Konzentration (mol/l) [: Substratkonzentration (mol/l) [E: Enzym-Substrat-Komplex-Konzentration: (mol/l)) Km: Dissoziationskonstante (mol/l) Michaelis-Menten-Konstante v: Geschwindigkeit (mol/l/s) : Gleichgewicht : Irreversible Reaktion v = k 1 *[E]*[; Geschwindigkeit der Hinreaktion (Gleichgewicht) v = k 2 *[E; Geschwindigkeit der Rückreaktion (Gleichgewicht) Km= k 2 /k 1 v = k *[E ; Geschwindigkeit der Produktbildung 2.1 Modellannahmen [ E] [ 1. Gleichgewicht: Km ; als Dissoziationsgleichgewicht dargestellt [ ES ] 2. Geschwindigkeit: v = k [E; Je mehr Substrat an den Enzymen gebunden ist, desto rascher ist der Umsatz.. Maximale Geschwindigkeit: v max = k [E tot ]; alle vorhandenen Enzyme arbeiten gleichzeitig. 4. Massenbilanz: [E tot ] = [E] + [E Aus diesen 4 Gleichungen erhält man durch geeignete Umformung die Gleichung von Michaelis-Menten: vmax v vmax v [ E] [ Etot ] [ ES ] k k k vmax v [ [ E] [ k ( vmax v) [ Km v v v k k v Km v v Km v [ v v ( Km [ ) v v v max max [ v [ max [ Km [ max [ [ Das auch ist die analoge Darstellung zur Monod-Kinetik!

2.2 Drei Fälle 1. [ << Km: v v max [/Km = k [; Die Geschwindigkeit ist ungefähr proportional der Substratkonzentration 2. [ Km: Die Gleichung kann nicht vereinfacht werden. [ >> Km: v v max ; Die Geschwindigkeit ist immer maximal (wie beim Alkoholabbau beim Menschen über 0.02 Promille) 2. Simulationsdiagramm 1 (Typ ) 2, Systemdynamik Km vm Substrat v Produkt Abbildung 2: Einfachstes Simulationsdiagramm Konstantes Volumen, daher ist Verwendung von Konzentrationen zulässig (es wird eigentlich mit der extensiven Grösse der Masse [mg] gerechnet). 2.4 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) FINAL TIME = 1000 Units: Hour The final time for the simulation. (02) INITIAL TIME = 0 Units: Hour The initial time for the simulation. (0) Km= 55 Units: mg/l [1,10000,1000] Km: Michaelis-Menten-Konstante (04) Produkt= INTEG (v, 0) Units: mg/l [0,?] Produktkonzentration (05) SAVEPER = 10 Units: Hour [0,?] The frequency with which output is stored. (06) Substrat= INTEG (-v, 1000) Units: mg/l [0,?] Substratkonzentration (07) TIME STEP = 0.1 Units: Hour [0,?] 1 Software: Programm Vensim PLE, Ventana Systems, Inc. 2 Bützer Peter, Roth Markus, Die Zeit im Griff, Systemdynamik in Chemie und Biochemie, verlag pestalozzianum, Zürich 2006, S. 50ff

4 The time step for the simulation. (08) v= vm*substrat/(km+substrat) Units: mg/l/hour [0,?] Reaktionsgeschwindigkeit; das ist die übliche Formel der Michaelis-Menten-Kinetik (09) vm= 2.9 Units: mg/l/hour [0,?] vm: Maximale Reaktions-Geschwindigkeit 2.5 Zeitdiagramm 4 Umsatz 2 1 0 0 200 400 600 800 1000 Substrat v : Current mg/(l*hour) Abbildung : Zeitdiagramm der Gleichgewichtseinstellung 2.6 Interpretation Die Simulation ist sehr einfach! Für kleine Substratkonzentrationen ([ << Km) ist die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr proportional der Substratkonzentration. Bei ganz grossen Substratkonzentrationen ([ >> Km) bleibt die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr konstant bei v max.

5 Simulation der Produktkonzentration Modell: k E S k ES k 1 2 P E [E] : Enzym-Konzentration (mol/l) [ : Substratkonzentration (mol/l) [E : Enzym-Substrat-Komplex-Konzentration: (mol/l)) [P] : Produktkonzentration (mol/l) : Gleichgewicht : Irreversible Reaktion k 1,k 2 : Reaktions-Geschwindigkeitskonstanten (mol/l/s) des Gleichgewichts k : Reaktions-Geschwindigkeitskonstante (1/s) Km= k 2 /k 1 : Gleichgewichts-Dissoziationskonstante (mol/l) Michaelis-Menten- Konstante Wichtig: Die beiden Gleichgewichtskonstanten k 1 und k 2 haben unterschiedliche Einheiten und sind daher nicht direkt vergleichbar! 2.7 Simulationsdiagramm (Typ 1,,4) 2 k1 k2 k S RG2 ES P RG RG1 Ef RGe2 RGe1 Eg Abbildung 4: Simulationsdiagramm mit getrennten Substrat-Produkt- und Enzym-Umsetzungen 2.8 Modellannahmen Konstantes Volumen, daher Verwendung von Konzentrationen Ef : Freies Enzym (mol/l) Eg: Gebundenes Enzym (mol/l) 2.9 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) Ef= INTEG ( +RGe2-RGe1, 0.01) Freies Enzym, das mit S reagieren kann (02) Eg= INTEG ( RGe1-RGe2, 0)

6 Gebundenes Enzym (0) ES= INTEG ( RG1-RG2-RG, 0) Enzym-Substrat-Komplex (04) FINAL TIME = 00 Units: Second The final time for the simulation. (05) INITIAL TIME = 0 Units: Second The initial time for the simulation. (06) k1= 0.5 Units: l/(second*mmol) [0,5] (07) k2= 0.001 Units: 1/Second [0,?] (08) k= Units: 1/Second [0,] (09) Km= k2/k1 Michaelis-Menten-Konstante; Dissoziationskonstante (10) P= INTEG (RG, 0) (11) RG1= k1*ef*s Units: mmol/(l*second) [0,?] (12) RG2= k2*es (1) RG= k*es (14) RGe1= k1*s*ef (15) RGe2= (k2+k)*eg ES zerfällt zurück zu S (Gleichgewicht) und zu (S+P); die erste Reaktion hat k2, die zweite k. Da beide Reaktionen gleichzeitig ablaufen, zerfällt ES (also auch das gebundene Eg) mit (k2+k)*eg (16) S= INTEG (+RG2-RG1, 1) (17) SAVEPER = TIME STEP Units: Second [0,?] The frequency with which output is stored. (18) TIME STEP = 0.1 Units: Second [0,?] The time step for the simulation.

7 2.10 Zeitdiagramm 0.8 P 0.6 0.4 0.2 0 0 0 60 90 120 150 180 210 240 270 00 Time (Second) P : Current mmol/l Abbildung 5: Zeitdiagramm bei relativ grossen Enzymmengen 2.11 Andere Darstellung des Modells k1 Km k2 k S ES P RG1 RG Ef Eg RGe1 Abbildung 6: Michaelis-Menten-Kinetik mit Berechnung von Km 2.12 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) Ef= INTEG ( -RGe1, 0.01) Freies Enzym, das mit S reagieren kann (02) Eg= INTEG ( RGe1, 0) Gebundenes Enzym (0) ES= INTEG ( RG1-RG, 0) Enzym-Substrat-Komplex

8 (04) FINAL TIME = 00 Units: Second The final time for the simulation. (05) INITIAL TIME = 0 Units: Second The initial time for the simulation. (06) k1= 0.5 Units: l/(second*mmol) [0,5] (07) k2= k1*km Units: 1/Second [0,?] (08) k= Units: 1/Second [0,] (09) Km= 0.02 Michaelis-Menten-Konstante; Dissoziationskonstante (10) P= INTEG (RG, 0) (11) RG1= k1*ef*s-k2*es Units: mmol/(l*second) [0,?] (12) RG= k*es (1) RGe1= k1*s*ef-(k2+k)*eg ES zerfällt zurück zu S (Gleichgewicht) und zu (S+P); die erste Reaktion hat k2, die zweite k. Da beide Reaktionen gleichzeitig ablaufen, zerfällt ES (also auch das gebundene Eg) mit (k2+k)*eg (14) S= INTEG (-RG1, 1) (15) SAVEPER = TIME STEP Units: Second [0,?] The frequency with which output is stored. (16) TIME STEP = 0.1 Units: Second [0,?] The time step for the simulation.