PROCMON Performance und Condition Monitoring komplexer verfahrenstechnischer Prozesse Christian W. Frey 2011
PROCMON Performance und Condition Monitoring komplexer verfahrenstechnischer Prozesse 1. Motivation 2. Monitoring technischer Systeme 3. Selbstorganisierende Karten 4. Monitoring am Beispiel einer Demoanlage 5. Industrielle Umsetzung PROCMON 6. Zusammenfassung 2011 2
1. Motivation Überwachung komplexer verfahrenstechnischer Prozesse: Verfahrenstechnische Prozesse sind gekennzeichnet durch hohe Komplexität und Systemordnung Charakteristisch für Batchprozesse und Konti-Anlagen ist die große Anzahl von Komponenten (Feldgeräte) Anforderungen der Anlagenbetreiber hinsichtlich des wirtschaftlichen Betreibens solcher Anlagen: Online-Überwachung und Bewertung des Anlagenzustandes Erkennen schleichender Fehler und Verschleiß für Instandhaltungsplanung Detaillierte Informationen zur Fehlerlokalisierung und beseitigung Anwendungsorientierte Darstellung der Diagnoseinformationen 3
2. Monitoring technischer Systeme Modellbasiertes Monitoring: Bei der modellbasierten Diagnose wird als Merkmal die Abweichung zwischen gemessenen und modellierten Prozessgrößen genutzt Analytische Prozessmodelle sind für das Online- Monitoring komplexer Anlagen kaum geeignet, da sie: keine ganzheitliche Prozessbeschreibung gestatten, Y (t) detailliertes Expertenwissen zur Anlage vorausgesetzt werden muss, X (t) Prozess Modell Y m(t) Modellbildung durch experimentelle Systemanalyse sehr aufwendig ist, eine Störung des laufenden Anlagenbetriebes nicht akzeptabel ist E (t) 4
2. Monitoring technischer Systeme Modellbasiertes Monitoring: Datengetriebene Prozessmodelle gestatten hingegen eine ganzheitliche Online- Prozessdiagnose werden aus den laufenden Prozessdaten durch Anwendung von maschinellen Lernverfahren gewonnen, der laufende Anlagenbetrieb wird beim Lernvorgang nicht gestört, erfordern kein detailliertes Expertenwissen X (t) Y (t) Novelity Detection N (t) Die Grundidee des Konzeptes basiert auf der so genannten Novelity Detection, bei der ein Zustandsgrößenvektor hinsichtlich seiner Neuartigkeit beurteilt wird Methodisch stehen strukturentdeckende topologieerhaltende Abbildungen im Vordergrund (Unüberwachte Lernverfahren) 5
3. Selbstorganisierende Karten Topologieerhaltende Abbildungen: f f Hochdimensionale Eingabevektoren werden durch geeignete Abbildung in einen niederdimensionalen Ausgaberaum überführt f : A n B, A R, Topologieerhaltende Abbildungen bilden benachbarte Punkte im hochdimensionalen Raum auf benachbarte Punkte im niederdimensionalen Raum ab B R m Methodische Ansätze: Selbstorganisierende Karten (SOM) Growing Grid / Neural Gas (GGRID) Generative Topographic Mapping (GTM) 6
3. Selbstorganisierende Karten Selbstorganisierende Karten (SOM): f f Self Organizing Map (SOM): 1989 von Teuvo Kohonen vorgestellt Nichtlineare topologieerhaltende Projektionsmethode für hochdimensionale Daten Die Karte besteht aus Knoten (Neuronen), welche in einer definierten Topologie angeordnet sind (Ring, Toroid) Im Gegensatz zu klassischen Neuronalen Netzen keine Datenverbindung zwischen den Neuronen Verbindungen identifizieren die Lage des Neurons in der Topologie Jedes Neuron hat einen Gewichtsvektor x, die Dimension dieses Vektors entspricht der Dimension der Eingangsdaten 7
3. Selbstorganisierende Karten Selbstorganisierende Karten (SOM): Hochdimensionale Eingabevektoren werden durch die Kohonen-Nachbarschaftsbeziehung topologisch geordnet Ähnliche Eingabevektoren werden durch den Lernalgorithmus auf benachbarte Neuronen abgebildet, woraus eine topologisch erhaltende Abbildung resultiert Als Approximationsmaß der Karte wird die Euklidische Distanz zwischen Eingabevektor und gespeichertem Knotenvektor verwendet (Quantisierungsfehler) d Messvektor Prototypenvektor d l x, m x, m i j i m m,..., j 1 m jd x x,..., i 1 x id il jl 2 8
3. Selbstorganisierende Karten Unified-Distance-Matrix (UMatrix): UMatrix-Transformation fügt zur 2D- Darstellung der SOM eine dritte Dimension hinzu, die den durchschnittlichen Abstand des Gewichtsvektors w eines Neurons zu seinen direkten Nachbarn darstellt Täler (blau) stellen Bereiche dar, in welchen sich die gespeicherten Knotenvektoren ähneln (spezifische Prozessphasen) Übergangsbereiche (rot) zwischen den Bereichen stellen Clustergrenzen dar (Prozessphasen-Übergänge). Der aktuelle Prozessverlauf wird als BMU- Trajektorie visualisiert In Gut-Anlagen ergeben sich charakteristische Trajektorienverläufe Prozessstörungen werden durch typische Trajektorienabweichungen gekennzeichnet 9
3. Selbstorganisierende Karten Unified-Distance-Matrix (UMatrix): UMatrix-Transformation fügt zur 2D- Darstellung der SOM eine dritte Dimension hinzu, die den durchschnittlichen Abstand des Gewichtsvektors w eines Neurons zu seinen direkten Nachbarn darstellt Täler (blau) stellen Bereiche dar, in welchen sich die gespeicherten Knotenvektoren ähneln (spezifische Prozessphasen) Übergangsbereiche (rot) zwischen den Bereichen stellen Clustergrenzen dar (Prozessphasen-Übergänge). Der aktuelle Prozessverlauf wird als BMU- Trajektorie visualisieren In Gut-Anlagen ergeben sich charakteristische Trajektorienverläufe Prozessstörungen werden durch typische Trajektorienabweichungen gekennzeichnet 10
3. Selbstorganisierende Karten Watershed-Transformation : Durch die Watershed-Transformation können die Clustergrenzen und die Anzahl der Cluster automatisch bestimmt werden Die Grundidee des Verfahrens kann mit Wassertropfen, welche auf das UMatrix Gebirge fallen, veranschaulicht werden Durch die Gebirgsrücken entstehen geflutete Bereiche, welche den Clustern der UMatrix entsprechen Die Granularität der Segmentierung ist durch den Füllstand parametrierbar 11
4. Monitoring am Beispiel einer Demoanlage 12
4. Monitoring am Beispiel einer Demoanlage 13
4. Monitoring am Beispiel einer Demoanlage Prozessdaten Fehler 14
5. Industrielle Umsetzung PROCMON Bayer Technology Services PuMon: Entwicklung einer Softwareengine für das Process- Unit-Monitoring Tool (PUMon) der Firma Bayer Technology Services BTS Implementierung Monitoring-Funktionalität für kontinuierliche Prozesse in der chemischen und pharmazeutischen Industrie 15
5. Industrielle Umsetzung PROCMON Lernfähiges Monitoringsystem zur Detektion toxischer Stoffe in Trinkwassernetzen: Biosensorprinzip beruht darauf, aus dem Hauptwasserstrom mittels eines Bypasses eine kleine Wassermenge kontinuierlich abzuzweigen und damit mikrobiologische Indikator-Organismen zu umspülen Anhand der sensoriell erfassten Vitalitätsmerkmale kann dann wiederum auf eine toxikologische Verunreinigung des Wassers geschlossen werden Implementierung und Inbetriebnahme Monitoring-Konzept auf Basis der PUMonEngine 16
6. Zusammenfassung Online-Fehlerdetektion und Lokalisierung in komplexen Anlagen und Maschinen lässt sich mit konventionellen modellbasierten Diagnoseverfahren nicht wirtschaftlich anwenden: Modellbildung durch experimentelle Systemanalyse sehr aufwendig Störung des laufenden Anlagenbetriebes nicht akzeptabel Am Fraunhofer IOSB wurden selbstlernende datengetriebene Monitoring-Werkzeuge entwickelt, die eine ganzheitliche Fehlerdetektion und -Lokalisierung in beliebigen komplexen Anlagen ermöglichen Durch die Lernfähigkeit kann die Inbetriebnahme mit geringem Aufwand ohne störende Unterbrechung des laufenden Anlagenbetriebes realisiert werden Detailliertes quantitatives Expertenwissen des Anwenders hinsichtlich des physikalischen Prozessverhaltens ist nicht erforderlich Das lernfähige Diagnosewerkzeug wird gegenwärtig sehr erfolgreich auf realen Anlagen der chemischen Industrie implementiert und hinsichtlich Robustheit und Leistungsfähigkeit erprobt Das Konzept wird derzeit auf komplexe schwingungsfähige Großmaschinen und Antriebssysteme übertragen (Windkraftanlagen) 17