Studien zur viruziden Wirksamkeit von Räucherrauch

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Transkript:

Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen Studien zur viruziden Wirksamkeit von Räucherrauch Lange-Starke, A., Braun, P.G., Truyen, U., Fehlhaber, K., Albert, T. 3. BfR-Symposium Lebensmittel-assoziierte Viren Berlin, 04.11.2015

Hintergrund und Ausgangssituation Fragen zur Sicherheit von Lebensmitteln im Zusammenhang mit Viren z. T. Fehlen wissenschaftlicher Grundlagen für Risikobewertung bestimmter Produkt-Erreger-Kombinationen (Expositionsabschätzung) Bedarf nach Daten zur Stabilität von Viren in Lebensmitteln Welche Faktoren/Technologien führen zur Virusinaktivierung? Räuchern Maßnahme zur Risikominimierung im Zusammenhang mit Viren? 2

Antimikrobielle Faktoren bei Lebensmitteln Kochsalz, Nitritpökelsalz Wasseraktivitätswert ph-wert, Milchsäure Starterkulturen Reife- und Lagerungsbedingungen Erhitzung Räuchern Alternative Verfahren 3

Räuchern im Überblick Räuchern eines der ältesten Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln Konservierung (antibakteriell, antimykotisch), Aroma, Farbe, Textur Räucherrauch: 5.000.-10.000 verschiedenen Stoffe (>300 näher charakterisiert) Räucherrauch: u. a. Phenole, organische Säuren, Alkohole, Ester, Carbonyle unerwünschte Rauchinhaltsstoffe: PAK s, Formaldehyd, Kohlenmonoxid Bislang keine Daten zur viruziden Wirkung von Räucherrauch 4

Räuchern - traditionell Räucherholz: meist Buche (Erle für Farbgebung), Hickory (USA), Kirsche (Japan) Beimengungen: Wacholderbeeren, Kräuter, Tannen- oder Kiefernzapfen und nadeln (zur Geschmacksgebung) 5

Flüssigrauch = Lösung, Pyrolyse von Holz (Erhitzung unter O 2 -Ausschluss) Kondensation von Rauchgasen im Wasser mehrstufiges Filtrieren, Entfernung unerwünschter Stoffe (Teerphase, ölige Phase) Primärrauchkondensat=Primärprodukte zur Weiterverarbeitung (Raucharoma) industrielle Anwendung: Zerstäubung (trockener Rauch), Tauchbad, Berieselung seit 2014: Einmischung ins LM (Aroma), VO (EG) Nr. 2065/2003 u. Nr. 1321/2013 6

Zielstellungen Erarbeitung eines Versuchsmodells Einfluss von Räucherrauch auf die Virus-Infektiosität Einschätzung des antiviralen Potentials von Räucherverfahren bei Fleischerzeugnissen Projekt Nr. AiF 16479 BR (05/2012-04/2014) Virusinaktivierung durch Erhitzungs-und Räucherverfahren bei Fleischerzeugnissen - http://www.kochblogger.com/wp-archive/?p=83 Erarbeitung von Prozessvorgaben anhand geeigneter Modellviren 7

Geprüfte Raucharten Friktionsrauch / Reiberauch Flüssigrauch

Modellviren Gruppe ausgewählte Viren behüllte Viren Influenzavirus H1N1 unbehüllte Viren Murine Noroviren (MNV) S 99/CW 1 unbehüllte Viren Bovines Enterovirus (BEV)

Friktionsrauch Anlage: ASR 1297 Titan, Maurer-AG Holz: - Rotbuche (80x80x500 mm)

Friktionsrauch / Versuchsmodell Indikatoren zur Standardisierung von Räucherprozessen Räucherofen (ASR 1297 Titan, Maurer-AG) mit Friktionsrauch (hermetisch, Umluft langsam, 22 C, max. 140 min) Sensorik Mettenden: 22 2 cm, Trocknung: 22 C, 30 min, Umluft langsam ( 1,2 m/s) Guajacolgehalt Farbanalyse auf Papier Spectrophotometer CM-700d/600d Konica Minolta Zeit [min] Guajacolgehalt [mg/kg] 0 0,2 80 13,9 100 18,1 120 20,8 140 23,0 Hitzel et al. (2012)

Antivirale Wirkung von Friktionsrauch/Versuchsmodell

Antivirale Wirkung von Friktionsrauch/Ergebnisse Friktionsrauch, 120 min Auftropfen der Virussuspension Virus H1N1 MNV S 99 / CW 1 BEV Titerreduktion* 2,9 log-stufen nach Direktkontakt n=6; 6,25-6,75 log 10 /ml 3,7 log-stufen nach 20 min n=8; 7,00-8,00 log 10 /ml 2,5 log-stufen nach 80 min n=8; 5,75-6,5 log 10 /ml * Bezogen auf Ausgangstiter Nachweisgrenze: 3,5 log 10 /ml

Antivirale Wirkung von Friktionsrauch/Ergebnisse Trocknung der Virussuspension Exposition mit Friktionsrauch Virus Titerreduktion* MNV S99/ CW1 H1N1 BEV 4,50 log-stufen nach 40 min (n=3; Ausgangstiter: 8,0 log 10 /ml) Reduktion um 2 log-stufen durch Umluft (n=3; Ausgangstiter: 5,5 log 10 /ml) nicht trocknungsresistent * Bezogen auf Ausgangstiter Nachweisgrenze: 3,5 log 10 /ml

Antivirale Wirkung von Friktionsrauch/Ergebnisse Virussuspension in Petrischale Exposition mit Friktionsrauch Virus Titerreduktion* MNV S99/ CW1 3,50 log-stufen nach 20 min (n=3; Ausgangstiter: 8,0 log 10 /ml) * Bezogen auf Ausgangstiter Nachweisgrenze MNV: 4,5 log 10 /ml H1N1: 5,5 log 10 /ml

Flüssigrauch Ausgangshölzer: - Ahorn (Acer saccharum) - Eiche (Quercus alba) - Hickory (Carya Ovata)

Antivirale Wirkung von Flüssigrauch / Versuchsaufbau

Antivirale Wirkung von Flüssigrauch / Ergebnisse Trocknung der Virussuspension Exposition mit Flüssigrauch Virus Ausgangstiter [log 10 /ml] Reduktion im Vergleich zum Ausgangstiter nach Initialkontakt [log 10 ] (n=3) MNV S99 8,00-8,50 3,08 2,33 MNV CW1 7,75-8,25 3,25 2,08 H1N1 6,00-7,00 2,08 1,33 - Nachweisgrenze: 4,5 log 10 /ml Reduktion durch Flüssigrauch nach Trocknung im Vergleich zur Kontrolle [log 10 ] (n=3)

Antivirale Wirkung von Flüssigrauch / Ergebnisse Flüssigrauch + Trocknung Auftropfen der Virussuspension Virus H1N1 MNV S 99 / CW 1 BEV Virustiterreduktion* 1,75 log-stufen nach Direktkontakt (n=3; 6,25 log 10 /ml) 3,10 / 3,25 log-stufen nach 25 min (n=5; 7,25-8,00 log 10 /ml) 2,0 log-stufen nach 40 min (n=5; 6,75 log 10 /ml) * Bezogen auf Ausgangstiter Nachweisgrenze: 4,5 log 10 /ml

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Friktions- und Flüssigrauch mit deutlichem antiviralen Effekt gegenüber MNV (teilweise Reduktionen bis 4,5 log Stufen) Wirkung unmittelbar bzw. nach kurzzeitiger Exposition Auswertung z. T. durch zytotoxische Effekte und hohe Nachweisgrenzen erschwert Fazit: Es konnte erstmals die antivirale Wirkung von Räucherrauch beschrieben werden. Somit kann auch Räuchern zur Risikominimierung im Zusammenhang mit Viren in Lebensmitteln beitragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt Dr. Thiemo Albert Institut für Lebensmittelhygiene Universität Leipzig An den Tierkliniken 1 04103 Leipzig albert@vetmed.uni-leipzig.de