StB Sebastian Nehls, Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, Kiel

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Transkript:

Artikel für den HLBS-Report 2/2012 Ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Behandlung einer Entnahme oder eigenbetrieblichen Nutzung von Strom oder Wärme aus eigenen Energieanlagen unter besonderer Berücksichtigung der umsatzsteuerlichen Mindestbemessungsgrundlage StB Sebastian Nehls, Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, Kiel Vortrag anlässlich der Jahrestagung des Landesverbandes Schleswig-Holstein und Hamburg am 21.03.2012 Themenübersicht 1. Einkommensteuer 1.1 Entnahme/ eigenbetriebliche Nutzung von Strom 1.2 Entnahme/ eigenbetriebliche Nutzung von Wärme 2. Umsatzsteuer 2.1 Entnahme von Strom 2.2 Entnahme von Wärme 1. Einkommensteuer Den Überlegungen bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung einer Entnahme oder eigenbetrieblichen Nutzung von Strom oder Wärme aus eigenen Energieanlagen liegen folgende Annahmen zu Grunde: a) Stromerzeugung im Einzelunternehmen Wird in einem Einzelunternehmen erzeugter Strom bzw. erzeugte Wärme für private Zwecke des Einzelunternehmers verwendet, liegt eine Entnahmehandlung vor. Diese ist mit dem Teilwert gem. 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen. Wird in einem Einzelunternehmen erzeugter Strom bzw. erzeugte Wärme für andere betriebliche Zwecke des Einzelunternehmers verwendet, liegt ein Fall der Überführung gem. 6 Abs. 5 Satz 1 EStG vor. Die Überführung ist hierbei zwingend zum Buchwert vorzunehmen. b) Stromerzeugung in Personengesellschaft Wird im Rahmen einer Personengesellschaft erzeugter Strom bzw. erzeugte Wärme für private Zwecke der/des Gesellschafter/s verwendet, liegt eine Entnahmehandlung vor. Diese ist mit dem Teilwert gem. 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen. Wird im Rahmen einer Personengesellschaft erzeugter Strom bzw. erzeugte Wärme für andere betriebliche Zwecke der/des Gesellschafter/s verwendet, liegt ein Fall der 1

Übertragung gem. 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vor. Die Übertragung ist hierbei zwingend zum Buchwert vorzunehmen. Schaubildliche Darstellung: Annahme: Stromerzeugung in EinzelU Annahme: Stromerzeugung in PersGes Verwendung Strom für private Zwecke Verwendung Strom für betriebl. Zwecke Verwendung Strom für private Zwecke Gesellschafter Verwendung Strom für betriebl. Zwecke Gesellschafter Entnahme Überführung Entnahme Übertragung Teilwertansatz 6 (1) Nr. 4 EStG Buchwertansatz 6 (5) S. 1 EStG Teilwertansatz 6 (1) Nr. 4 EStG Buchwertansatz 6 (5) S. 3 EStG 1.1 Entnahme/ eigenbetriebliche Nutzung von Strom Entnahme von Strom Grundsätzlich sind Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke mit dem Teilwert anzusetzen ( 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt ( 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). I. d. R. setzt man bei einer Gegenstandsentnahme die sog. Wiederbeschaffungskosten an (vgl. Schmidt/ Kulosa EStG 6 Rz. 254, 31. Auflage 2012). Grundsatz: Entnahme zum Reproduktionswert - ohne Finanzierungskosten In dem hier vorliegenden Fall der Stromerzeugung mittels eigener Energieanlage handelt es sich bei dem Wirtschaftsgut Strom allerdings um ein sog. Eigenerzeugnis. Bei Eigenerzeugnissen spricht man im Zusammenhang mit einer Entnahmehandlung von dem sog. Reproduktionswert (vgl. Schmidt/ Kulosa EStG, 6 Rz. 255, 31. Auflage 2012). Der Reproduktionswert stellt die steuerlichen Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut Strom dar. Die steuerlichen Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut Strom sind in Anlehnung an die handelsrechtlichen Vorschriften des 255 Abs. 2 HGB zu ermitteln (vgl. H 6.3 [Herstellungskosten] EStH). Zu beachten ist, dass hierbei die Kosten der Finanzierung der Energieanlage (Zinsaufwand) nicht zu einer Erhöhung des sog. Reproduktionswertes führen, da die Finanzierungskosten nicht für das Wirtschaftsgut Strom angefallen sind, sondern aufgrund der Bereitstellung des zur Finanzierung benötigten Kapitals aufgewendet wurden (vgl. BFH vom 04.10.1989, Az.: II 2

R 72/86, BStBl. II 1989, S.962 oder auch 255 Abs. 3 Satz 1 HGB sowie R 6.3 Abs. 4 Satz 1 EStR 2008). Hinweis: Die Ermittlung der steuerlichen Herstellungskosten könnte sich zukünftig mit neuer Einkommensteuerrichtlinienfassung zum Nachteil der Steuerpflichtigen ändern, da das Einführungsschreiben zur Änderung des 5 Abs. 1 EStG durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) ursprünglich die verpflichtende Einbeziehung handelsrechtlicher Wahlrechte des 255 Abs. 2 Satz 3 HGB (bspw.: Kosten der allgemeinen Verwaltung) bei der Berechnung der steuerlichen Herstellungskosten vorsah (vgl. BMF vom 12.03.2010, BStBl I 2010, S.239, Rz. 8 und BMF vom 22.06.2010. BStBl I 2010, S. 597, Rz. 25). Ob die Finanzverwaltung an dieser Auffassung festhält, bleibt abzuwarten. Meinungen Finanzverwaltung: Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlage Hinsichtlich der Stromerzeugung mittels einer Photovoltaikanlage hat sich die OFD Niedersachsen mit Verfügung vom 17.09.2010 (S 2240 160 St 221/St 222, vgl. DStR 2010, S.2305) dahingehend geäußert, dass grundsätzlich der Ansatz des sog. Reproduktionswertes vorzunehmen sei. Allerdings sei dieser sog. Reproduktionswert durch eine Obergrenze - den Marktpreis - gedeckelt. Die OFD Niedersachsen verweist an dieser Stelle auf das BFH Urteil vom 06.08.1985 (vgl. BStBl II 1986, S.17), mit dem der BFH entschieden hat, dass bei Entnahme eines Wirtschaftsguts aus einem Betrieb der Teilwert durch den Marktpreis bestimmt würde. Aufgrund dieser Rechtsprechung hält es die OFD Niedersachsen für sachgerecht, den Entnahmewert für selbsterzeugten Strom mittels Photovoltaikanlage - aus Vereinfachungsgründen - in Anlehnung an den Strompreis eines Energieversorgers zu schätzen. Bei der Wertfindung sei ein allgemeiner Strom-Mix zugrunde zu legen; kein Öko-Tarif. Dieser Vereinfachungsregelung bedient sich auch die OFD Rheinland für den Bereich der Photovoltaikanlagen mit ihrer Verfügung vom 22.03.2011 (S 2130-2011/0003 - St 142; vgl. EStG-Kartei NW 15 EStG Abs. 2 - Nr. 2001). Stromerzeugung mittels Blockheizkraftwerk Hinsichtlich der Stromerzeugung mittels eines Blockheizkraftwerks hat sich die OFD Niedersachsen mit Verfügung vom 15.12.2010 (S 2240 186 St 221/St 222, vgl. DB 2011, S.20) ebenfalls dahingehend geäußert, dass auch hier grundsätzlich der sog. Reproduktionswert - gedeckelt durch den Marktpreis als Obergrenze - anzusetzen sei. Die für den Bereich der Photovoltaikanlagen für sachgerecht gehaltene Vereinfachungsregelung sei auch hier anwendbar (s. o.). Die OFD Rheinland lehnt aber mit ihrer Verfügung vom 22.03.2011 (a. a. O.) eine Vereinfachungsregelung für den Bereich der Stromerzeugung mittels Blockheizkraftwerk ab: Der Entnahmewert bestimmt sich nach den anteiligen Herstellungskosten des entnommenen Stroms, zu denen auch die ertragsteuerlichen Abschreibungen und Finanzierungskosten gehören. Dies entspricht der umsatzsteuerlichen Behandlung des Blockheizkraftwerkes (so auch Urteil des FG Niedersachsen vom 10.09.2009 16 K 41/09, DStRE 2010, S.1386, Revision XI R 3/10). 3

Die vorstehend zitierte Auffassung der OFD Rheinland ist m. E. abzulehnen. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu stellen, warum die OFD Rheinland bei einer Entnahme von Strom unterschiedliche Auffassungen zwischen Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken vertritt. Kommt es nicht auf das entnahmefähige Endprodukt an? Insbesondere der Verweis auf das genannte Urteil des FG Niedersachsen vom 10.09.2009 (a. a. O.) ist hier m. E. nicht einschlägig, denn das FG hatte sich im strittigen Sachverhalt ausschließlich mit dem Ansatz der Selbstkosten wegen unentgeltlicher Wertabgabe i. S. d. 3 Abs. 1b UStG von Strom und Wärme beim Betrieb eines Blockheizkraftwerkes im Einfamilienhaus zu beschäftigen. Ertragsteuerliche Fragen waren nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Fazit Bei Übertragung der BFH-Rechtsprechung - so wie es die OFD Niedersachsen vorschlägt - bildet der Marktpreis eines Energieversorgers die Obergrenze des Entnahmewertes für selbsterzeugten Strom. Die Anwendung dieser Vereinfachungsregelung ist aber ungünstiger, wenn die Herstellungskosten geringer sind als der Marktpreis. In der Praxis bestehen nach derzeitigem Kenntnisstand bei der Entnahme von Strom kaum Probleme. I. d. R. findet sich eine Einigung mit der Finanzverwaltung bezüglich eines Entnahmewertes. Eigenbetriebliche Nutzung von Strom Bei der Verwendung von Strom für andere betriebliche Zwecke kommt es entweder zu einer Überführung i. S. d. 6 Abs. 5 Satz 1 EStG (ohne Rechtsträgerwechsel) oder zu einer Übertragung i. S. d. 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (mit Rechtsträgerwechsel). Beiden Fällen ist gemein, dass zwingend ein Buchwertansatz vorzunehmen ist. Hierbei kommt wiederum der sog. Reproduktionswert - ohne Finanzierungskosten - zum Ansatz (s. o.). 1.2 Entnahme/ eigenbetriebliche Nutzung von Wärme Entnahme von Wärme Grundsatz: Entnahme zum Reproduktionswert - ohne Finanzierungskosten Im Fall der Entnahme von Wärme finden die oben dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des sog. Reproduktionswertes ebenfalls Anwendung. Meinungen Finanzverwaltung: Hinsichtlich der Entnahme von Wärme, die bei dem Betrieb eines Blockheizkraftwerkes anfällt, hat sich das Bayerische Landesamt für Steuern mit Verfügung vom 01.12.2008 (S 2170.2.1-8/1 St 33) bekanntermaßen so geäußert: Bei unentgeltlicher Überlassung der Abwärme für private Zwecke des Biogaserzeugers (z. B. für Wohnzwecke) oder eine Verwendung für eigene private Wohnzwecke ist für diese außerbetriebliche Nutzung ein Entnahmewert nach 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG von 2 Cent/ kwh anzusetzen. Je nach Größe des Wohnhauses sind höchstens 600-1000 EUR (Mittelsatz 800 EUR) anzusetzen. 4

Hinweis: Mit einer weiteren Verfügung vom 15.10.2009 (S 7206 2.1-2/4 St 34) hat das Bayerische Landesamt für Steuern die vorstehende Vereinfachungsregelung nur für umsatzsteuerliche Zwecke aufgehoben. Für die Ermittlung eines Entnahmewertes i. S. d. 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die ursprüngliche Verfügung vom 01.12.2008 (a. a. O.) weiterhin anwendbar und findet nach derzeitigem Kenntnisstand auch (weiterhin) Berücksichtigung in der Praxis bzw. bildet die Grundlage für Gespräche mit der Finanzverwaltung. Die OFD Rheinland lehnt hingegen wiederum mit ihrer Verfügung vom 22.03.2011 (a. a. O.) eine Vereinfachungsregelung ab und bezieht sich hierbei erneut auf das genannte Urteil des FG Niedersachsen vom 10.09.2009 (a. a. O.; Rev. BFH XI R 3/10). Aus o. g. Gründen ist dieser Auffassung m. E. nicht zu folgen. Eigenbetriebliche Nutzung von Wärme Bei der Verwendung von Wärme für andere betriebliche Zwecke kommt es - wie bei der eigenbetrieblichen Nutzung von Strom - entweder zu einer Überführung i. S. d. 6 Abs. 5 Satz 1 EStG (ohne Rechtsträgerwechsel) oder zu einer Übertragung i. S. d. 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (mit Rechtsträgerwechsel). Beiden Fällen ist gemein, dass zwingend ein Buchwertansatz vorzunehmen ist. Hierbei kommt wiederum der sog. Reproduktionswert - ohne Finanzierungskosten - zum Ansatz (s. o.). 2. Umsatzsteuer 2.1 Entnahme von Strom Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlage Das BMF hat sich mit Schreiben vom 01.04.2009 (vgl. BStBl. I 2009, S.523) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des sog. Direktverbrauchs bei Photovoltaikanlagen nach dem Erneuerbare-Ernergien-Gesetz (EEG) geäußert. Demnach führt ein dezentraler (privater) Stromverbrauch nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe. Vielmehr unterstellt das BMF eine Lieferfiktion: Der erzeugte Strom wird umsatzsteuerrechtlich vollständig an den Netzbetreiber geliefert. Der dezentral verbrauchte Strom wird dann umsatzsteuerrechtlich zurückgeliefert. Diese Handhabe ist allgemein anerkannt und wird auch in der Praxis so angewendet. Anhand des Aufbaus von 33 EEG 2009/ 2012 ist dieser Auffassung des BMF auch zuzustimmen. In 33 Abs. 1 EEG 2009/ 2012 wird definiert, für welche Anlagen die Vergütung zu zahlen ist und - in Abhängigkeit von der installierten Leistung - in welcher Höhe die Vergütung zu erfolgen hat. Der dezentrale Verbrauch (Direktverbrauch) wird in 33 Abs. 2 EEG 2009/ 2012 geregelt. Nach der dortigen Gesetzesformulierung bestehe zunächst ein Anspruch auf Vergütung nach 33 Absatz 1 EEG 2009/ 2012 (Anm.: für die gesamte produzierte Strommenge) und erst dann verringere sich die Vergütung aufgrund des Direktverbrauchs. Daraus lässt sich die Lieferfiktion m. E. eindeutig ableiten. Anmerkung: Es wäre wünschenswert, wenn diese Lieferfiktion auch für den Bereich der Einkommensteuer Anwendung finden könnte, so dass bspw. eine Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages - und damit die Schaffung von Investitionsanreizen - möglich wird. Die Gesetzesbegründung zum 33 Abs. 2 EEG 2012 (BT-Drucks. 17/6247, S.20) könnte zur Überzeugung der Finanzverwaltung beitragen: Durch den Eigenverbrauch von 5

Solarstrom werden Bürgerinnen und Bürger zu Treibern der Energiewende. Ihnen sollte man beim Umstieg auf die erneuerbaren Energien nun keine Steine in den Weg legen. Stromerzeugung mittels Blockheizkraftwerk Mit seinem Schreiben vom 14.03.2011 (vgl. BStBl. I 2011, S.254) hat das BMF auf der Grundlage von BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 18.12.2008, Az.: V R 80/07, BStBl II 2011, S.292) u. a. zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des dezentralen Stromverbrauchs beim Betrieb von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) Stellung genommen und den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) in Abschn. 2.5 Abs. 7 ff. entsprechend angepasst. Das BMF geht dabei von einem Blockheizkraftwerk in einem Einfamilienhaus aus. Die Behandlung des dezentral verbrauchten Stroms soll entsprechend der Behandlung bei Photovoltaikanlagen erfolgen (Lieferfiktion, s. o.). Allerdings kann die Lieferfiktion nur Anwendung finden, wenn der Anlagenbetreiber für den dezentral verbrauchten Strom eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Ernergien-Gesetz (EEG) oder dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) in Anspruch genommen hat. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Lieferung des Anlagenbetreibers und die Rücklieferung des Netzbetreibers wird an dieser Stelle auf das BMF-Schreiben verwiesen. Hinweis: Bei Großanlagen (i. d. R. GmbH & Co. KGs) wird der Strom in den meisten Fällen zu 100% an den Netzbetreiber geliefert und der von den Gesellschaftern benötigte Strom wird dann von diesen gesondert bezogen. In diesem Fall findet die Lieferfiktion natürlich keine Anwendung. 2.2 Entnahme von Wärme Die Lieferung von in einem Blockheizkraftwerk erzeugter Wärme an fremde Dritte ist völlig unproblematisch. Als Bemessungsgrundlage i. S. d. 10 Abs. 1 UStG kommt ausschließlich das vereinbarte Entgelt in Betracht. Aber: Bei einer unentgeltlichen Wertabgabe oder bei Lieferungen an nahestehende Personen gegen (zu) niedriges Entgelt, sollen nach Auffassung des BMF die Selbstkosten anzusetzen sein, da die Wärme selbst erzeugt würde und es keinen vom Betreiber zu zahlenden Einkaufspreis gäbe (vgl. BMF vom 14.03.2011, a. a. O.). Wie werden Selbstkosten i. S. d. 10 UStG definiert? Die Finanzverwaltung selbst äußert sich zu der Frage der Definition des Begriffes Selbstkosten im Zusammenhang mit der Erzeugung von Wärme und 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG nicht/ nur ungenügend. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung der Selbstkosten die Anschaffungs- / Herstellungskosten der KWK-Anlage auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen seien. Diese Erläuterung des Begriffs Selbstkosten mag vielleicht bei einem BHKW im Einfamilienhaus zutreffend sein - für Großanlagen ist dieses mehr als fraglich. In der Kommentierung gibt es zum Ansatz der Selbstkosten verschiedene Auffassungen: So gibt es die Meinung, dass immer dann, wenn es für einen gleichartigen Gegenstand Einkaufspreise gibt oder diese zu ermitteln sind, diese auch als Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung heranzuziehen sind (vgl. Sölch/ Ringleb, UStG, zu 10, Rz. 351ff oder Hartmann/ Metzenmacher, UStG, zu E 10, Rz. 344). Eine andere Auffassung lautet hingegen: Bei Selbsterzeugung eines Gegenstandes und dessen Entnahme/ unentgeltlicher 6

Wertabgabe sind die Selbstkosten anzusetzen (vgl. Birkenfeld, UStG, zu 124 (Rubrik), Rz. 183). Auch das FG Niedersachsen vertritt in seinem Urteil vom 10.09.2009 (a. a. O.) die Auffassung, dass bei Abgabe von Wärme für den privaten Bereich (BHKW im Einfamilienhaus) die Selbstkosten anzusetzen seien. Allerdings ist dem Urteil keine Ermittlung der Selbstkosten zu entnehmen. Vielleicht nutzt der BFH im anhängigen Revisionsverfahren (Az.: XI R 3/10) die Gelegenheit hierzu Stellung zu nehmen. Fraglich beim Ansatz der Selbstkosten ist so auch weiterhin, ob überhaupt die Selbstkosten einzubeziehen sind, für die kein Vorsteuerabzug bestand (bspw.: Miete, Pacht, Löhne, Zinsen). Denn unter der Prämisse, dass eine unentgeltliche Wertabgabe nur einen ursprünglichen Vorsteuerabzug korrigieren soll, könnte die Auffassung vertreten werden, dass vorsteuerunbelastete Selbstkosten nicht zu berücksichtigen sind. Natürlich muss hierbei zunächst 3 Abs. 1b Satz 2 UStG beachtet werden, nachdem bereits ein teilweiser Vorsteuerabzug für den Tatbestand der unentgeltlichen Wertabgabe ausreichend ist, allerdings sieht Abschn. 3.3 Abs. 2 ff. UStAE für den nachträglichen Einbau von Gegenständen in einen ohne Vorsteuerabzug erworbenen PKW auch nur eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe für die nachträglich eingebauten Bestandteile vor. Nicht hingegen für den ohne Vorsteuerabzug erworbenen PKW. Deckelung durch fiktiven Einkaufspreis? Die Frage, welche Kosten bei der Berechnung der Selbstkosten zu berücksichtigen sind, könnte bei einer Deckelung der Bemessungsgrundlage durch ein marktübliches Entgelt als Obergrenze zu vernachlässigen sein. Das BMF weist in seinem Schreiben vom 14.03.2011 (a. a. O.) darauf hin, dass Wärme selbst erzeugt würde und es keinen vom Betreiber zu zahlenden Einkaufspreis gäbe. Eine Deckelung der Selbstkosten sieht das BMF-Schreiben deshalb nicht vor, da hierzu vor Ort (am Standort des Betreibers) ein Wärmeversorgungsunternehmen Wärme anbieten müsste. Diese Auffassung ist m. E. nicht sachgerecht. Als vor Ort kann u. U. auch eine Region (bspw.: Bundesland) angesehen werden. Insbesondere in Schleswig-Holstein kann man mittlerweile marktübliche Wärmepreise darlegen. Sofern tatsächlich regionale Wärmepreise festzustellen sind, muss sich die Finanzverwaltung m. E. hieran orientieren, da die Rechtsprechung des EuGH als auch die des BFH das marktübliche Entgelt als absolute Obergrenze sieht. (vgl. Abschn. 10.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE m. V. a. EuGH-Urteil vom 29.05.1997, C-63/96, BStBl. II 1996, S.841 oder auch BFH vom 19.06.2011, Az.: XI R 8/09, BFH/ NV 2011, S. 2184, Zeitungsfall ) Fazit Die Behandlung von Strom ist aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht durch die vorhandenen BMF-Schreiben nach derzeitigem Kenntnisstand in der Praxis unproblematisch. Anders stellt es sich allerdings für den Bereich Wärme dar: Der ausschließliche Ansatz der Selbstkosten bei einer unentgeltlichen Wertabgabe oder bei Lieferung gegen (zu) niedriges Entgelt an nahestehende Personen durch die Finanzverwaltung führt zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Die von der Finanzverwaltung in vielen Fällen angesetzten 10 bis 15 Cent/ kwh sind nicht mit den tatsächlich vereinbarten Entgelten zwischen Betreibern und fremden Dritten vergleichbar. Stichprobenartige Untersuchungen haben für die Region Schleswig- Holstein ergeben, dass - auch bei garantierter Vollversorgung - Wärmepreise weit unterhalb von den Forderungen der Finanzverwaltung als marktüblich bezeichnet werden können. 7

In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass der sog. KWK-Bonus (hierauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden) wohl ein Entgelt von dritter Seite i. S. d. 10 Abs. 1 Satz 3 UStG darstellt (ähnlich: OFD Niedersachsen vom 13.03.2012, S 7104 141 St 172, zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Marktprämie nach 33g EEG 2012). Es wäre zu begrüßen, wenn die Finanzverwaltung einen regionalen Markt (nicht: vor Ort ) der Wärmeversorgung mittels erneuerbarer Energien anerkennt, so dass auch bei unentgeltlicher Wertabgabe bzw. bei Lieferung an nahestehende Personen gegen (zu) niedriges Entgelt der Marktpreis für einen gleichartigen Gegenstand i. S. d. 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG als Bemessungsgrundlage angesetzt werden könnte. 8