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Transkript:

Universität Potsdam Juristische Fakultät Arbeitsbereich Wirtschaftsprivatrecht für Nichtjuristen Dr. Dr. H. Fiebig Name: Matr.-Nr.: Bachelor-Zweitfachstudiengang Recht der Wirtschaft Abschlussklausur zum Pflichtmodul 1 (P 1) SoSe 2014 Bearbeitungszeit: Bearbeitungshilfen: Gesamtpunktzahl: 180 Minuten BGB, HGB, GmbHG 200 Punkte Teil I (Zivilrecht I) Bearbeitungshinweise: Beantworten Sie mit entsprechender Rechtsbegründung ( ) unter Nutzung Ihres eigenen BGB knapp und treffend (stichpunktartig!) die gestellten Fragen. Beschränken Sie sich dabei ausschließlich auf die vorgegebenen Zeilen. (Bitte erst überlegen, dann schreiben!) 1. Wonach bestimmt sich grundsätzlich die Rechtslage, wenn in einem Vertrag die Vertragspartner etwas anderes bestimmt haben, als es der Gesetzgeber zu diesem Vertragspunkt im BGB geregelt hat? Welche Bestimmungen - die des Gesetzgebers oder die der Vertragspartner - entfalten dann ihre rechtlichen Wirkungen? 1 [10] - wenn es sich bei den entsprechenden gesetzlichen Regelungen um zwingendes Recht handelt, greifen diese zwingenden gesetzlichen Bestimmungen und nicht die davon abweichenden vertraglichen Festlegungen - wenn es sich bei den entsprechenden gesetzlichen Regelungen um dispositives Recht handelt, greifen die davon abweichenden vertraglichen Festlegungen 2. Ist es möglich, dass ein 5-Jähriger wirksam Eigentum an einem Grundstück erlangt? [20] a) auf rechtsgeschäftlicher Grundlage gem. 873 I BGB: dingliche Einigung (Berechtigung!) + Grundbucheintragung? - WE des 5-Jährigen: 104 Nr. 1 BGB = Geschäftsunfähigkeit; 105 I BGB = WE nichtig - Willensübereinkunft nicht möglich Ergebnis: keine Eigentumsübertragung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage möglich b) auf gesetzlicher Grundlage gem. 1922, 1923 BGB: Erbfähigkeit (Rechtsfähigkeit); Geschäftsfähigkeit nicht erforderlich - 5-Jähriger gem. 1 BGB = rechtsfähig (erbfähig) Ergebnis: Eigentumserwerb auf Grund einer Erbschaft möglich 3. V erbt im Dezember des Jahres 2013 das Grundstück seines verstorbenen Onkels als dessen einziger noch lebender Verwandter (gesetzlicher Erbe). Im Januar 2014 erfolgt die damit einhergehende Grundbuchberichtigung, also die Eintragung des V in das Grundbuch als Eigentümer. Ein halbes Jahr später im Juli 2014 verkauft V das Grundstück an den K. Unmittelbar nach Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrages offenbart sich jedoch sowohl für K als auch für V völlig überraschend die Tatsache, dass der Onkel des V kurz vor seinem Ableben ein eindeutig wirksames (nicht anfechtbares) Testament verfasste, in dem er das Grundstückseigentum nach seinem Tode dem örtlichen Tierschutzverein e.v. (T) übertrug. 1 Hier genügt eine verbale Darlegung ohne Rechtsbegründung ( )!

2 Kann K auf der Basis dieser ihm nunmehr bekannt gewordenen Geschehnisse dennoch das Eigentum an dem Grundstück von V auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erlangen? [25] rechtliche Grundlage der Eigentumsübertragung von V an K: 873 I BGB: dingliche Einigung ( 925 BGB Auflassung ) zwischen dem zur Eigentumsübertragung Berechtigten [hier: zur Eigentumsübertragung Berechtigter = T als Eigentümer des Grundstücks ( 1922 I BGB) und nicht V] und dem Erwerber + Grundbucheintragung oder: dingliche Einigung ( 925 BGB Auflassung ) auf Grundlage des 892 BGB zwischen einem zur Eigentumsübertragung Nichtberechtigten [hier: V] aber Legitimation durch entsprechendes unrichtiges Grundbuch [hier: V fehlerhaft als Eigentümer eingetragen] und dem gutgläubigen Erwerber (kein eingetragener Widerspruch im Grundbuch und auch keine positive Kenntnis von der Unrichtigkeit bis zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Eintragung ( 892 II BGB) [hier: bereits vor der dinglichen Einigung (erst notariell beurkundeter Kaufvertrag) = positive Kenntnis über die Unrichtigkeit des Grundbuchs (T gem. 1922 I BGB und nicht V Eigentümer des Grundstücks) seitens des K durch das ihm bekannt gewordene Testament] + Grundbucheintragung Ergebnis: Aufgrund der nicht vorhandenen Gutgläubigkeit des Erwerbers K kann dieser von dem nichtberechtigten Veräußerer V das Grundstückseigentum nicht erlangen. 4. Familie F zieht im Frühjahr 2014 in ihr neu gebautes Haus auf ihrem Grundstück. Weil Mutter F oft allein im Hause ist und sich vor Einbrechern fürchtet, bestellt Vater F über das Internet beim Unternehmer U hochwertige Rollläden, die er dank seines handwerklichen Geschicks auch gleich nach der Anlieferung an die Außenfenster des Hauses fachmännisch montiert. Da aber durch den Hausbau die Haushaltskasse von F fast leer ist, wartet U nach zahlreichen Mahnungen noch im Sommer 2014 vergeblich auf die Bezahlung der gelieferten Rollläden. Deshalb erklärt U, der die Rollläden unter Eigentumsvorbehalt lieferte, den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangt die Rückgabe seiner Rollläden. F verweigert jedoch die Herausgabe der Rollläden mit der Begründung, dass sie (F) und nicht mehr U Eigentümer der Rollläden sei. Hat F tatsächlich trotz des Eigentumsvorbehalts seitens des U und der Nichtzahlung des Kaufpreises das Eigentum an den Rollläden erlangt? [25] - auf rechtsgeschäftlicher Grundlage gem. 929 S. 1 BGB: Übergabe an F + Berechtigung hierzu seitens des U (+) dingliche Einigung zwischen F und dem verfügungsberechtigten U (-) [aufschiebende Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung gem. 449 I BGB] - auf gesetzlicher Grundlage gem. 946 BGB: Rollläden = wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der Familie F (+) [ gem. 93 BGB [Trennung ohne Zerstörung/Wesensverfremdung möglich] (-) gem. 94 I BGB = Haus der F = wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (+) gem. 94 II BGB = Rollläden = wesentlicher Bestandteil des Hauses (+)] Ergebnis: F hat tatsächlich trotz des Eigentumsvorbehalts und der Nichtzahlung des Kaufpreises das Eigentum an den Rollläden gem. 946 BGB i.v.m. 94 BGB erlangt.

3 Teil II (Zivilrecht II) Bearbeitungshinweise: Lösen Sie gutachterlich den nachfolgenden Sachverhalt zu den gestellten Fragen. Sachverhalt: Um seinen Umsatz zu steigern, entschließt sich Gastwirt G in seinem Gasthaus Zum Löw das Endspiel zur FIFA Fußball-WM 2014 Deutschland - Argentinien am 13. Juli um 21.00 Uhr zu präsentieren. Hierfür muss G einige Vorbereitungen treffen: Er kauft am 3. Juli 2014 beim Elektronikfachhandel E einen HD-LED-Fernseher, 55 Zoll, zum Preis von 999 Euro und man vereinbart die Anlieferung am 12. Juli, zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr. Am selben Tag bestellt G eine Fahnenkette mit Deutschlandflaggen beim Fanshop F zum Preis von 29,95 Euro. Als diese 2 Tage später, am 5. Juli 2014, geliefert wird, muss G mit Entsetzen feststellen, dass die Flaggen zwar schwarz-rot-gelb sind, es sich aber nicht um Deutschlandflaggen, sondern um belgische Nationalflaggen handelt. Deshalb kauft G noch am selben Tag im Laden des Händlers H eine entsprechende Fahnenkette mit Deutschlandflaggen für 44,95 Euro. Am nächsten Tag, also am 6. Juli 2014, ruft G bei F an und erklärt ihm aufgrund der Falschlieferung den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag. Außerdem verlangt G, dass F ihm die Mehrkosten von 15 Euro für die erforderliche Ersatzvornahme beim Händler H erstattet. Mit diesem Vorgehen des G ist F jedoch nicht einverstanden. Vor lauter Aufregung wegen des Endspiels und dem Ärger betreffs der Fahnenkette, vergisst G den vereinbarten Liefertermin des Fernsehers am 12. Juli und schließt an dem Tag sein Gasthaus bereits um 17.00 Uhr. Demzufolge trifft E, als er um 18.45 Uhr mit dem Fernseher am Gasthaus erscheint, nur den empfangsberechtigten Hausmeister (H) des G an, der aber von der Lieferung leider nichts weiß und deshalb die Annahme des Fernsehers verweigert. Als E daraufhin den Fernseher wieder in den Transporter tragen will, reißt der Tragegriff ab, sodass der Fernseher runterfällt und zerstört wird. Dieses Handeln des E wird ganz klar als leicht fahrlässig eingestuft. Beantworten Sie gutachterlich (Kurzgutachten) folgende Fragen: 1. Kann E von G Zahlung von 999 Euro für den zerstörten Fernseher verlangen? [55] 2. Kann G von F die entstandenen Mehrkosten von 15 Euro für die Ersatzvornahme beim Händler H ersetzt verlangen? [35] Lösung: zu 1.) Möglicherweise kann E von G die Bezahlung des zerstörten Fernsehers gemäß 433 II BGB verlangen. I. Anspruch entstanden? wirksamer Kaufvertrag gem. 433 BGB zwischen E und G (+) (Sachverhalt) Anspruch ist entstanden. II. Anspruch nicht untergegangen? (+) Untergang des Anspruchs auf die Gegenleistung (Preisgefahr) gemäß 326 I S. 1 BGB? 1. gegenseitiger Vertrag [Kaufvertrag] (+) 2. Leistungsbefreiung des E wegen Unmöglichkeit gem. 275 I BGB (Leistungsgefahr)? HD-LED-Fernseher = Gattungsschuld Unmöglichkeit bei Gattungsschulden: 276 I S. 1 BGB: Schuldner (E) trägt Beschaffungsrisiko = Unmöglichkeit erst, wenn Gattung untergegangen ist

4 Umwandlung in Stückschuld gem. 243 II BGB? (+) [- E hat das seinerseits Erforderliche (am Leistungsort) getan - hier: Bringschuld (Leistungsort: Gasthaus des G) - gem. 294 BGB: tatsächliches Angebot der Leistung wie vereinbart an den empfangsberechtigten Hausmeister des G] Leistungsbefreiung des E wegen Unmöglichkeit gem. 275 I BGB (Leistungsgefahr)? (+) 3. Kein Fall des 326 II BGB (Preisgefahr)? a) kein Fall des 326 II S. 1 Alt. 1 BGB (+) [G hat die Unmöglichkeit nicht durch eigenes schuldhaftes Handeln herbeigeführt] b) kein Fall des 326 II S. 1 Alt. 2 BGB (-) G in Annahmeverzug gem. 293 BGB? (+) 1.) ordnungsgemäßes Angebot des E? (+) [gem. 294 BGB = tatsächliches Angebot der Leistung (s.o.)] 2.) Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des E gem. 297 BGB [tatsächliches Angebot] (+) 3.) Nichtannahme der ordnungsgemäß angebotenen Leistung [Abnahmeverweigerung] (+) E hat Unmöglichkeit nicht zu vertreten (+) [das leicht fahrlässige Handeln des E als Ursache für die Unmöglichkeit hat E gem. 300 I BGB aufgrund des Gläubigerverzugs des G (s.o.) nicht zu vertreten] Kein Untergang des Anspruchs auf die Gegenleistung (Preisgefahr) gemäß 326 I S. 1 BGB aufgrund 326 II S. 1 Alt. 2 BGB III. Anspruch durchsetzbar? (+) [keine rechtshemmenden Einreden des G aus dem Sachverhalt erkennbar] Ergebnis: E hat gegen G einen voll wirksamen (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruch auf Kaufpreiszahlung gemäß 433 II BGB in Höhe von 999 Euro. zu 2.) Möglicherweise kann G von F Erstattung der Mehrkosten von 15 Euro nach 437 Nr. 3 Alt. 1, 280 I, III, 281 I BGB verlangen. I. Anspruch entstanden? a) Grundvoraussetzungen (Gewährleistung): 1. wirksamer Kaufvertrag zwischen G und F gemäß 433 BGB (+) [Sachverhalt!] 2. Gewährleistungsgrund (Verstoß gegen 433 I S. 2 BGB) (+) [hier: Sache bei Gefahrübergang ( 446 BGB = Übergabe) mangelhaft (Falschlieferung) gem. 434 III BGB] 3. kein Ausschluss der Gewährleistung (+) [weder nach 442 I S. 1 BGB noch nach 444 BGB] b) zusätzliche Voraussetzungen (Schadenersatz) 4. 280 I BGB 4.1 Schuldverhältnis zwischen G und F gem. 311 BGB (+) [hier. gem. 311 I BGB = Kaufvertrag (s.o.)] 4.2 Pflichtverletzung des F (+) [Verstoß gegen seine Pflicht gem. 433 I S. 2 BGB] 4.3 Schaden bei G (+)

5 [Vermögensschaden in Höhe von 15 Euro infolge der Pflichtverletzung des F (Kausalität!)] 4.4 Verschulden des F gem. 280 I S. 2 BGB (+) [für umgekehrte Beweisführung durch F (Exkulpation) im Sachverhalt keine Anhaltspunkte] 5. 280 III BGB (SE statt der geschuldeten mangelfreien Leistung) hier: 281 I BGB = Fristsetzung zur Nacherfüllung (-) ausnahmsweise Entbehrlichkeit der Fristsetzung? - gem. 440 BGB (-) [keine Anhaltspunkte hierfür im Sachverhalt geschildert] - gem. 281 II BGB (-) [keine Anhaltspunkte hierfür im Sachverhalt geschildert] Anspruch ist nicht entstanden. Ergebnis: G hat keinen Anspruch auf Erstattung der 15 Euro gemäß 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB. Teil III (Zivilrecht III) Bearbeitungshinweise: Lösen Sie den Sachverhalt in Form eines Kurzgutachtens. Sachverhalt: Da die Fußball-Fan-Artikel OHG (F) im Jahr der FIFA-Fußball WM 2014 außerordentliche Umsätze verzeichnete, tritt im Juni 2014 der Unternehmer U, der bislang als Einzelkaufmann Fußball-Fan-Artikel vertrieb, als neuer Gesellschafter in die Fußball-Fan-Artikel OHG (F) ein. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Fußball-Fan-Artikel OHG (F) aber bereits in einer finanziellen Schieflage, weil sie ihren kaufmännischen Abnehmern entsprechende Fan-Artikel nicht ohne Mängel lieferte und die daraus resultierenden Nacherfüllungsansprüche der Käufer ihre finanziellen Kapazitäten empfindlich trafen. Aus diesem Grunde wendet sich im Juli 2014 der Zulieferer (Z) an den (neuen) OHG- Gesellschafter U, um von ihm die Begleichung der noch offenen Zahlungsforderung über 2.500 Euro aus dem im Mai 2014 mit der Fußball-Fan-Artikel OHG (F) abgeschlossenen Vertrag über die Lieferung von 100 m Fahnenstoff zu verlangen. Dies lehnt U jedoch mit der Begründung ab, dass bei seinem Eintritt in die OHG im Juni 2014 ausdrücklich eine verbindliche Haftungsbefreiung betreffs vorhandener Altschulden festgelegt wurde. Prüfen Sie gutachterlich, ob Z gegenüber dem OHG-Gesellschafter U seine Zahlungsforderung aus dem Liefervertrag erfolgreich durchsetzen kann. [30] Lösung: Möglicherweise kann Z die Begleichung seiner Zahlungsforderung aus dem Liefervertrag von dem OHG-Gesellschafter U gem. 433 II BGB verlangen. I. Anspruch entstanden? Haftung des OHG-Gesellschafters U gem. 128 HGB : - für Verbindlichkeiten der OHG (+) [hier: wirksamer Kaufvertrag zwischen Z und Fußball-Fan-Artikel OHG (F) gem. 433 BGB; Anspruch des Z gegenüber der Fußball-Fan-Artikel OHG (F) auf Kauf- Preiszahlung gem. 433 II BGB (Verbindlichkeit der OHG)]

6 - gem. 130 I HGB auch für Verbindlichkeiten, die vor seinem Eintritt begründet wurden (+) [hier: Begründung der Verbindlichkeit: Abschluss des Liefervertrages im Mai 2014; Festlegung über verbindliche Haftungsbefreiung betreffs vorhandener Altschulden gem. 130 II HGB gegenüber Z unwirksam (nur im Innenverhältnis der OHG-Gesellschafter im Hinblick auf deren Ausgleichsverpflichtung i.s.d. 426 I BGB relevant)] - in vollem Umfang der Forderung in Höhe von 2.500 Euro (+) [Haftung als Gesamtschuldner gem. 421 BGB] Anspruch ist entstanden. II. Anspruch nicht untergegangen? (+) [Keine rechtsvernichtenden Einwendungen aus dem Sachverhalt erkennbar.] III. Anspruch durchsetzbar? Keine rechtshemmenden Einreden aus dem Sachverhalt erkennbar.] (+) Ergebnis: Z kann die Begleichung seiner Zahlungsforderung aus dem Liefervertrag mit der Fußball-Fan- Artikel OHG (F) gem. 433 II BGB von dem OHG-Gesellschafter U gem. 128, 130 HGB i.v.m. 421 BGB in Höhe von 2.500 Euro erfolgreich durchsetzen.