Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger WS 2008/09. Lösungshinweise zur 2. Klausur. Frage 1

Ähnliche Dokumente
Fall 4 Der verflixte Bildband

Lösung 10 a): 1. Frage: Anspruch des B gegen M auf Zahlung des restlichen Kaufpreises gem. 422 II BGB 1. Kaufvertrag a) Angebot durch B

Fall 4: Doppelte Stereoanlage. Sachverhalt

Fall Wie viele Verträge sind im Sachverhalt abgeschlossen worden? 2. Ist der Kauf wirksam? 3. Wer ist Eigentümer des Mofa?

Jura Online - Fall: Hardy's Bikes - Lösung

Lösungsskizze: Fall 1 Eine Flimmerkiste auf Reisen. A. Anspruch F gegen O auf Herausgabe aus 985 BGB. I. F müsste Eigentum am Fernseher erlangt haben

Lösung Fall 8 a. I. Beschränkte Geschäftsfähigkeit, 2, 106 BGB

Fall 4 Lösung ausformuliert. Grundfall. A. Herausgabeansprüche des Victor (V) gegen Karl (K) I. Herausgabe des Bildbandes gemäß 985 BGB

Fall 3a Kranker Geschäftspartner

Sérgio Fernandes Fortunato, Übung im Zivilrecht für Anfänger II und Magister- und Erasmusstudierende. Lösungsskizze Fall 3

I. Anspruch des F gegen K auf Herausgabe des Sonderdruckes gem. 985 BGB

Die Verwendung von Fallbearbeitungsschemata zur Lösung juristischer Klausuren

ARBEITSGEMEINSCHAFT ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (G-L) WINTERSEMESTER 2011/12 PROF. DR. SUSANNE LEPSIUS. Lösung Fall 4

Übung im Privatrecht II Sommersemester Fall 11: Zwielichtiger Fahrzeugverkauf (frei nach BGH NJW 2006, 3488)

Fahrradkauf/Lösung (Fall 1)

Professor Dr. Rainer Schröder Sommersemester Universitätsrepetitorium Rechtsgeschäftslehre. Fall 12: (Lösung)

Einführung in das Privatrecht. (beschränkte) Geschäftsfähigkeit

Arbeitsgemeinschaft Sachenrecht. Wintersemester 2017/2018

Felix Biedermann, wiss. Angest. Eva-Maria Kuhn, wiss. Angest. Arbeitsgemeinschaft im Bürgerlichen Recht für Anfänger I Im WS 2004/2005

Beispielsfall 1. Folie 2. Vorlesung BGB-AT Christof Wagner, LL.M. (Cambridge)

Universität Heidelberg 9. Sitzung Sommersemester 2017 Arbeitsgemeinschaft ZR (GK I) (Lösung) Florian Millner. 9. Sitzung - Lösung

PROPÄDEUTISCHE ÜBUNGEN GRUNDKURS ZIVILRECHT (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2013/14. Fall 11

Fall 9 Teil I: Anspruch des K gegen D auf Herausgabe gem. 985 BGB

I. M könnte gegen U einen Anspruch auf Zahlung des Werklohnes für das Portrait nach 631 I BGB haben.

Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht 08. Einheit

Kurs 55101: Bürgerliches Recht I

Frage 1: Eigentumserwerb der Petra nach 929 ff. BGB vom F- Verlag

7. Besprechungsfall. Was ist Venus zu raten?

Bearbeitervermerk: Kann B von K oder deren Eltern Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 50,- verlangen?

Privatrecht I. Jur. Assessorin Christine Meier. Übung Privatrecht I

Begleitkolleg zum Grundkurs I bei Wiss. Mit. Barbara Reich Fälle und Lösungen unter

A. Anspruch des V gegen M auf Herausgabe der Spielkonsole aus 985 BGB

1. Eigentums des K K müsste der Eigentümer des Schecks sein. Dem Sachverhalt ist zu entnehmen, dass der K ursprünglich Eigentümer des Schecks war.

Professor Dr. Rainer Schröder Sommersemester Universitätsrepetitorium Rechtsgeschäftslehre. Fall 11: (Lösung)

Rechtsgrundlagen des Bankgeschäfts - Musterlösung

Lösungsskizze zu Fall 4

Fall 7 Lösungsskizze

TUTORIUM WIPR I. Fallbesprechung

Prof. Dr. Martin Schwab Wintersemester 2004/2005. Übungen im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene Lösungsskizze Übungsfall 2

Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene. 1. Klausur (3-stündig geschrieben am )

Fall 6 Alles schief gelaufen

Arbeitsgemeinschaft (AG) BGB Allgemeiner Teil

Fall 20. Lösungshinweise Fall 20. A. Anspruch A gegen L auf Zahlung von 600 gem. 433 II

AG zum Grundkurs Zivilrecht I

Lösungshinweise zum Gemälde-Fall Fall und Lösung in Anlehnung an Susanne Wimmer-Leonhardt, JuS 2010, 136.

Musterlösung der Probeklausur 1 :

FALL 12 LÖSUNG RATENKAUF MIT TASCHENGELD

Wiederholung Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Übung im Privatrecht II Sommersemester Fall 11: Badewannen auf Abwegen

Aufnahme von Vertragsverhandlungen zw. B und E 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorvertragliches Schuldverhältnis

I. Anspruch der K gegen V auf Übergabe und Übereignung des Kleides aus 433 I 1 BGB. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz aus 280 I, III, 283 BGB

Grundzüge des Rechts, Teil B Sommersemester Übungsveranstaltung. Prüfungsaufbau im Gutachtenstil 1. Schritt: Bildung des Obersatzes

TUTORIUM SACHENRECHT WS 2017/2018. Fall 7: Sachverhalt

Von dort wurden vom Dieb D kürzlich 20 Badewannen entwendet. Deren weiteren Verbleib konnte G wie folgt ermitteln:

Lösung Fall 19. Lösung Ausgangsfall:

Rechtsgeschäft, Willenserklärung, Vertrag

Lösungsskizze Übungsfall BGB AT. Anspruch des K gegen V auf Übergabe und Übereignung des Ronaldinho- Trikots aus 433 I 1 BGB

BGB AT - Fall 4 - Lösung

Fall zu 122 BGB: Falsche Preisschilder

- Vertretungsmacht der V aus 56 HGB? V ist

Wiss. Mit. Katharina Lorenz Wintersemester 2007/08 AK im Bürgerlichen Recht I

Rechtsgeschäft, Willenserklärung, Vertrag

FALL 12 LÖSUNG RATENKAUF MIT TASCHENGELD

Bewusstes Abweichen von Wille und Erklärung

Professor Dr. Rainer Schröder Sommersemester Universitätsrepetitorium Rechtsgeschäftslehre. Fall 13: (Lösung)

Begleitkolleg zum Grundkurs I bei Wiss. Mit. Barbara Reich Fälle und Lösungen unter

Zivilrechtliche Schutzvorschriften für Minderjährige bei Vertragsabschluss

Frage 1: A könnte einen Anspruch gegen B auf Zahlung der 20 aus Kaufvertrag gem. 433 II BGB haben.

Besteht seitens der I ein Anspruch gegen N bzgl. der aufgeworfenen Frage?

Arbeitsgemeinschaft im BGB AT SS 2013 Ref. iur. Dorothée Kalb, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht (Prof. Binder)

AG zum Grundkurs Zivilrecht I

TUTORIUM WIPR I. Fallbesprechung

1. Ist ein Kaufvertrag über das Kleid zu 200 zwischen M und V entstanden?

Lösung BGB AT - Fall 11

Propädeutische Übung im Bürgerlichen Recht. Dr. Georgios Zagouras Sommersemester 2008

Fall 15 Geheime Flugreise. Ansprüche L./.M auf Zahlung des tariflichen Flugpreises für die Flüge. Voraussetzung: wirksamer Werkvertrag

Deliktisches Haftungssystem

FALL 2 ARBEITSTECHNIKEN DER EHEMALIGE JURASTUDENT

Fall 8 - Folie. I. Anspruch entstanden

Rechtsgeschäftslehre 2: Geschäftsunfähigkeit und beschränkte Geschäftsfähigkeit (II)

Geschäftsfähigkeit. Voraussetzung des wirksamen Rechtsgeschäfts

Lösung zu Fall 69 a) I. Anspruch aus Bewirtungsvertrag

C. Rechtsgeschäftslehre II: Wirksamwerden und Inhalt

Fall 9: Duveneck

Klausur vom 10. Juni 2011

Jura Online - Fall: Die süße Susi - Lösung

Universitätsrepetitorium Rechtsgeschäftslehre. Fall 8: (Lösung)

Begleitkolleg zum Grundkurs I bei Wiss. Mit. Barbara Reich Fälle und Lösungen unter

Jura Online - Fall: Motor hin, Motor her - Lösung

Lösung Grundfall Anspruch des S gegen G auf Herausgabe des Bildes nach 985 BGB Eigentum des S a) Einigung aa) Anfechtungsgrund

Rechtsgeschäft, Willenserklärung, Vertrag

Beispielsfall Anfechtung: Das vertauschte Preisschild

Fräsmaschine auf Abwegen

Prof. Dr. Florian Jacoby. Probeklausur am

Vorlesung BGB I Besprechungsfall 2. Wiss. Mit. Tobias von Bressensdorf, M.Jur. (Oxon)

D. Rechtsgeschäftslehre III: Wirksamkeitsvoraussetzungen

Jura Online - Fall: Fløde de luxe - Lösung

Transkript:

Prof. Dr. G. Schiemann 1 Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger WS 2008/09 Lösungshinweise zur 2. Klausur Frage 1 Anspruch des V gegen L auf Zahlung der restlichen Raten aus 433 II BGB Voraussetzung: Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags zwischen L und V entsprechende Willenserklärungen von L und V liegen vor Aber: L war bei Vertragsschluss 17 ½ Jahre und daher beschränkt geschäftsfähig ( 106 BGB) Willenserklärung des L wirksam nach 110 BGB? (-), L hat nicht den ganzen Kaufpreis bezahlt, also die vertragsgemäße Leistung nicht vollständig bewirkt Willenserklärung des L wirksam, da lediglich rechtlich vorteilhaft ( 107 BGB)? (-), L verpflichtet sich zur Kaufpreiszahlung, was einen rechtlichen Nachteil darstellt Willenserklärung des L wirksam wegen Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ( 107 BGB)? (-), eine Einwilligung der M als gesetzlicher Vertreterin ( 107 BGB) lag nicht vor; insbesondere deutet nichts darauf hin, dass die Einwilligung der M in die Ausbildungstätigkeit des L auch die Einwilligung umfasst, mit Hilfe der Ausbildungsvergütung beliebige Verträge abzuschließen Die Willenserklärung des L war zunächst schwebend unwirksam. Willenserklärung des L rückwirkend wirksam durch Genehmigung ( 108 I BGB)? o Auf die E-Mail von V hin verweigerte M die Genehmigung. Zu diesem Zeitpunkt war L jedoch bereits 18 und somit voll geschäftsfähig geworden. Gemäß 108 III BGB war daher die Genehmigungszuständigkeit auf ihn übergegangen, so dass nur noch er die Genehmigung erteilen bzw. verweigern konnte. o Eine konkludente Genehmigung des L könnte in der ersten Ratenzahlung nach seinem 18. Geburtstag gesehen werden. Aus Sicht des V brachte er damit sein Festhalten am Vertrag zum Ausdruck, was L auch hätte erkennen können.

o Problem: L zahlte die Raten ohne sich Gedanken darüber zu machen, ihm fehlte das Bewusstsein, dass sein Tun als rechtlich erheblich verstanden werden konnte (Erklärungsbewusstsein). Rechtliche Behandlung fehlenden Erklärungsbewusstseins bei der Abgabe von Willenserklärungen: - ältere Ansicht: die Willenserklärung ist nichtig, Erst-Recht-Schluss aus 118 BGB dagegen: 118 BGB trägt dem Willen des Erklärenden Rechnung, der die Nichtgeltung seiner Erklärung wollte; bei fehlendem Erklärungsbewusstsein hat der scheinbar Erklärende noch gar keinen diesbezüglichen Willen gebildet, so dass es sinnvoll ist, ihm eine Willensbildung nachträglich zu ermöglichen. - h.m.: Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (so hier). Sie kann nach 119 I Fall 2, 121 BGB (analog) angefochten werden. o Gilt dies auch für den fehlenden Genehmigungswillen? - e.a.: ja, es gelten die allgemeinen Regeln über Willenserklärungen - a.a.: Die Deutung eines bestimmten Verhaltens als konkludente Genehmigung setzt voraus, dass der volljährig Gewordene die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages gekannt oder wenigstens damit gerechnet hat. Eine Genehmigung ist daher nicht anzunehmen, wenn es dem Minderjährigen nicht bewusst ist, dass ein von ihm ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag auch nach erlangter Volljährigkeit bis zu seiner Genehmigung schwebend unwirksam bleibt, was üblicherweise der Fall sein dürfte. Folgt man der zweiten Ansicht, kann wohl nicht von einer Genehmigung des L ausgegangen werden. Der Kaufvertrag ist dann unwirksam, V hat keinen Anspruch auf die restlichen Raten gegen L. Geht man von einer konkludenten Genehmigung aus, ist diese nach h.m. anfechtbar (s.o.). - Hat L bereits angefochten? Das Rückzahlungsbegehren des L könnte als Anfechtungserklärung aufgefasst werden. BGH: Anfechtungserklärung ist jede Willenserklärung, die unzweideutig erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft rückwirkend beseitigt werden soll. In jedem Fall ist aber erforderlich, dass sich unzweideutig der Wille ergibt, das Geschäft gerade wegen des Willensmangels nicht bestehen lassen zu wollen. Daran fehlt es hier. - Kann L noch anfechten? Es gilt die Frist des 121 BGB. Hier ist Anfechtung wohl noch möglich. 2

3 Frage 2 I. Ansprüche V gegen L Anspruch aus 433 II BGB auf Zahlung der übrigen Raten: Hinsichtlich der Ansprüche des V gegen L ändert sich die Lösung im Vergleich zur ersten Frage nicht. Der mittlerweile volljährig gewordene L ist als Vertragspartner des V zur Zahlung der noch ausstehenden Kaufpreisraten gemäß 433 II BGB verpflichtet (die Prüfung einer befreienden Schuldübernahme gemäß 415 I BGB war von den Bearbeitern nicht verlangt). Selbst wenn man zur ersten Aufgabe eine Genehmigung durch L selbst verneint, ist sie hier doch jedenfalls zu bejahen, weil L sich beim Weiterschenken an F so verhalten hat, dass jeder objektive Beobachter darin eine Genehmigung sehen muss. II. Ansprüche V gegen F Anspruch aus 985 BGB auf Herausgabe des PC: 1. V ist nach wie vor Vorbehaltseigentümer des PC. a. V hatte den PC an L unter der aufschiebenden Bedingung ( 158 I BGB) vollständiger Kaufpreiszahlung veräußert. L konnte somit lediglich eine Eigentumsanwartschaft, mangels Bedingungseintritts nicht aber das Eigentum erwerben. b. Zudem hat V sein Eigentum nicht gemäß 929, 932 BGB an die F verloren (denkbar ist ein gutgläubiger Erwerb der F vom nichtberechtigten L). Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Einigung im Verhältnis F-L auf die Übertragung des Eigentums bezog (nach dem Sachverhalt eher fernliegend), legte L bei der Veräußerung den Eigentumsvorbehalt gegenüber F offen, sodass ein Erwerb des Eigentums durch F jedenfalls an 932 II BGB scheitert (positive Kenntnis der Nichtberechtigung). 2. F ist unmittelbare Besitzerin des PC ( 854 I BGB). 3. Fraglich ist aber, ob F gegenüber V zum Besitz berechtigt ist ( 986 BGB). a. F könnte gemäß 986 I 1 Var. 1 BGB ein eigenes Besitzrecht haben. Indem L den PC an F verschenkte, hat er seine Eigentumsanwartschaft gemäß 929, 1 BGB durch Einigung und Übergabe der Sache auf die minderjährige F übertragen. Die dingliche Einigung im Verhältnis L-F ist wirksam, weil der Erwerb der Anwartschaft im Sinne des 107 BGB für F lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Nach überwiegender Meinung gewährt das Anwartschaftsrecht ein gegenüber jedermann wirkendes Besitzrecht. Wer diese Ansicht

ablehnt, sollte erkennen, dass F einem Herausgabeverlangen des V jedenfalls 242 BGB entgegenhalten kann, weil es letztlich von ihr abhängt, ob die aufschiebende Bedingung durch Zahlung der restlichen Raten eintritt und damit die Anwartschaft bei ihr zum Eigentum erstarkt. In diesem Falle müsste V den PC aber sofort an F zurückgeben ( dolo agit ). b. Auch 986 I 1 Var. 2 BGB könnte eingreifen. Danach kann der Besitzer die Herausgabe verweigern, wenn der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Da V im Verhältnis zu L nicht vom Kaufvertrag zurückgetreten ist (vgl. 449 II BGB), hat L nach wie vor ein obligatorisches Besitzrecht, weshalb ein von L abgeleitetes Besitzrecht der F in Betracht kommt. Nach überwiegender Auffassung ist der Wortlaut des 986 I 1 Var. 2 BGB zu eng. Ein abgeleitetes Besitzrecht besteht demnach auch dann, wenn der Besitzer sein Recht von einem dem Eigentümer gegenüber besitzberechtigten Dritten herleitet, der nicht sein Oberbesitzer ist. Ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem unmittelbaren Besitzer und dem Dritten muss also nicht zwingend bestehen. Allerdings ist für ein abgeleitetes Besitzrecht der F erforderlich, dass sie gegenüber dem Dritten (L) rechtmäßig besitzt. Das ist zumindest dann der Fall, wenn F die noch ausstehenden Raten an V bezahlt und damit verhindert, dass L die Sache von ihr kondizieren kann (vgl. sogleich unter III.). F hat somit auch ein abgeleitetes Recht zum Besitz gemäß 986 I 1 Var. 2 BGB. 4 III. Ansprüche L gegen F: 1. Anspruch aus der Übernahme der Ratenzahlungspflicht: Die Bearbeiter sollten erkennen, dass L keine Ansprüche aus der Vereinbarung mit F herleiten kann, wonach sich F bereit erklärt hatte, die ausstehenden Raten an V zu zahlen. Unabhängig von der rechtlichen Qualifikation dieser Abrede enthält sie jedenfalls ein die F verpflichtendes Element; deshalb ist die Vereinbarung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ( 107 BGB) und daher mangels Zustimmung des gesetzlichen Vertreters der F unwirksam. 2. Anspruch aus 812 I 1 Var. 1 BGB (Kondiktion der Anwartschaft): a. F hat mit der Eigentumsanwartschaft ein vermögenswertes Etwas erlangt. b. Zudem hat L die Eigentumsanwartschaft im Sinne des kondiktionsrechtlichen Leistungsbegriffs an F geleistet. Leistung meint die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Aus der maßgeblichen Sicht der F bezweckte L mit der Übertragung der Eigentumsanwartschaft, die zwischen L und F getroffene Abrede über die Schenkung und die Ratenzahlung zu erfüllen. c. Die Leistung des L ist auch ohne Rechtsgrund erfolgt. Zwar spricht der Sachverhalt davon, dass L den PC seiner Freundin geschenkt hat. Insofern könnte man an den Abschluss eines Schenkungsvertrages ( 516 I BGB) denken, den F wegen 107 BGB ohne Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters wirksam abschließen konnte. Allerdings wurde gleichzeitig vereinbart, dass F die noch ausstehenden Raten (10 Raten) an V zahlen solle. Damit enthält der

einheitliche Vertrag ein die F verpflichtendes Element, weshalb es an einer Unentgeltlichkeit im Sinne des 516 I BGB jedenfalls insoweit fehlt ( gemischte Schenkung ). Daher ist dieser Teil des Vertrages mangels der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters der F unwirksam ( 108 I BGB). Da dem Sachverhalt nicht entnommen werden kann, dass der Vertrag auch ohne die Ratenzahlungsverpflichtung der F abgeschlossen worden wäre, ist er insgesamt unwirksam (vgl. 139 BGB). d. F ist somit grundsätzlich verpflichtet, die Eigentumsanwartschaft wieder auf L zu übertragen. Allerdings ist (von besonders guten Bearbeitern) zu fragen, ob F dem Herausgabeverlangen des L möglicherweise 242 BGB entgegenhalten kann, falls sie bereit ist, die noch ausstehenden Raten an V zu bezahlen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Führt F den Eintritt der aufschiebenden Bedingung durch Zahlung der noch ausstehenden Raten herbei, erstarkt ihre Anwartschaft zum Volleigentum (die jeweilige Übereignung der Geldscheine an V ist gemäß 110 BGB von Anfang an wirksam, soweit F die Raten weiterhin von ihrem Taschengeld finanziert). Der auf die Rückübertragung der Anwartschaft gerichtete Kondiktionsanspruch des L wandelt sich in diesem Augenblick in einen Wertersatzanspruch um, da die Herausgabe der Anwartschaft dann unmöglich wird (vgl. 818 II BGB). Der Wertersatzanspruch des L richtet sich dann auf Zahlung von 10 Raten (objektiver Wert der an F geleisteten Bereicherung). Gleichzeitig erwirbt F durch die Zahlung der Raten ihrerseits einen aufrechenbaren Kondiktionsanspruch gem. 812 I 1 Var. 2 BGB gegen L ( Rückgriffskondiktion ). Denn durch die Entrichtung der Raten zahlt F auf eine fremde Schuld ( 267 I BGB). L, der nach wie vor Vertragspartner des V ist, wird hierdurch von seiner Kaufpreiszahlungspflicht gegenüber V befreit ( 362 I BGB). Damit erlangt L ein vermögenswertes Etwas ohne Rechtsgrund unmittelbar auf Kosten der F. Auch dieser (allenfalls von Bearbeitern unter dringendem Genieverdacht zu erkennende) Kondiktionsanspruch ist da die Befreiung von einer Verbindlichkeit nicht als solche herausgegeben werden kann gemäß 818 II BGB auf Wertersatz gerichtet. Führt F den Eintritt der aufschiebenden Bedingung durch Zahlung der noch ausstehenden 10 Raten herbei, richtet sich also auch ihr Kondiktionsanspruch auf Zahlung von 10 Kaufpreisraten. Diesen potenziellen Kondiktionsanspruch muss F dem Herausgabeverlangen des L mithilfe von 242 BGB entgegenhalten können. e. Entscheidet sich F hingegen den Eintritt der Bedingung nicht herbeizuführen, bleibt sie zur Rückübertragung der Anwartschaft auf L verpflichtet und kann die bereits an V gezahlte Rate mit der Leistungskondiktion kondizieren. (Wird mit einer Kondiktion bei L richtigerweise eine Rückgriffskondiktion gearbeitet, ist dies ebenfalls als besonders guter Gedanke anzuerkennen). 5