Herbert Schubert www.sozial-raum-management.de Neue Informations- und Vermittlungswege für ältere Menschen im Stadtteil Ergebnisse des ÖFFNA-Projekts Beitrag zur ÖFFNA-Fachtagung am 13.03.2013 in der Fachhochschule Köln 1
Übersicht (1) BMBF-Förderlinie SILQUA-FH (2) SILQUA-Projekt ÖFFNA: 2010 2013 in Köln Ehrenfeld (3) Ausgangssituation in den Sozialräumen des Stadtteils (4) Innovationsansatz von ÖFFNA (5) Ergebnisse der Befragung älterer Menschen in Köln Ehrenfeld (6) Erfahrungen der Erprobungsphase: Tragfähigkeit der Innovationsidee 2
(1) Förderrahmen BMBF-FÖRDERLINIE SILQUA-FH 3
BMBF-Förderlinie SILQUA-FH http://www.bmbf.de/de/13214.php è Fachhochschulen forschen für mehr Lebensqualität im Alter. è BMBF fördert innovative Ansätze für die Betreuung, Beratung und Pflege älterer Menschen. è Fachhochschulen kooperieren mit sozialen Dienstleistern und Kommunen. 4
(2) Kurzprofil SILQUA-PROJEKT ÖFFNA: 2010 2013 IN KÖLN EHRENFELD 5
Das ÖFFNA-Projekt è Öffnung des Wohnquartiers für das Alter Entwicklung einer Informationsinfrastruktur zur Förderung zurückgezogen lebender älterer Menschen in Köln è Projektlaufzeit: 1.5.2010-30.4.2013 è Projektteam im Forschungsschwerpunkt SOZIAL RAUM MANAGEMENT Prof. Dr. Herbert Schubert, Dr. Katja Veil, Marina Vukoman Prof. Dr. Sigrid Leitner, Beate Schönbrodt è Kooperationspartner Amt für Soziales und Senioren, Abteilung für Senioren und Behinderte Carolin Herrmann, Dieter Gorklo 6
(3) Ausgangssituation EROSION DER SOZIALEN BEZIEHUNGEN 7
Einigeln zuhause è Das unkooperative Ich igelt sich ein. (R. Sennett) è Gewollt und ungewollt: Alleinsein, Isolation, Einsamkeit è Suche nach Selbstzufriedenheit im engeren Umfeld 8
Erosion der sozialen Beziehungen im Sozialraum è Das soziale Dreieck der informellen Beziehungen im Sozialraum (nach R. Sennett) Vertrauen Bindungen Autorität Respekt Kooperation 9
(4) Kernidee INNOVATIONSANSATZ VON ÖFFNA 10
Netzwerkstrategie zur Überbrückung struktureller Löcher im Sozialraum Strukturelles Loch: unverbundener Beziehungsraum zwischen Clustern Professionelles Netzwerk: Bündelung institutioneller Ressourcen Natürliches Netzwerk: Alltagsbeziehungen Vermittler: Überbrückung struktureller Löcher Quelle der Basisgrafik: Hennig et al. (2012) Studying Social Networks, S. 131 11
Ausgangshypothese: Strukturelles Loch zwischen älteren Menschen und der Seniorenberatung Seniorenberatung im Sozialraum Netzwerk der Primärbeziehungen älterer Menschen Strukturelles Loch Quelle der Basisgrafik: Hennig et al. (2012) Studying Social Networks, S. 131 12
Lösungsidee: Vermittlung zwischen älteren Menschen und Seniorenberatung durch Intermediäre Seniorenberatung im Sozialraum Netzwerk der Primärbeziehungen älterer Menschen ß Neuer Vermittlungsweg à Information durch Intermediäre im Sozialraum Quelle der Basisgrafik: Hennig et al. (2012) Studying Social Networks, S. 131 13
Vermittlungsidee ÖFFNA Vermittler Ältere Menschen Seniorenberatung è Überbrückung des strukturellen Lochs zwischen der Alltagswelt älterer Menschen und den professionellen Diensten durch Vermittler ( Broker ) è Beförderung eines Informationsaustausches in informellen Gesprächen bei Intermediären wie dem Bäcker um die Ecke, der Apotheke oder der Arztpraxis vor Ort etc. 14
Öffnung des Quartiers für das Alter Grundmodell ÖFFNA Älterer Mensch mit/ohne Hilfebedarf Vermittler im Sozialraum (z.b. Bäckerei) Beratung für ältere Menschen Regelmäßiger Alltagskontakt / Kommunikation Information / Motivation / Wegweiser zur Seniorenberatung Nutzung bei Bedarf / Weitervermittlung zu Hilfeangeboten 15
(5) Empirische Situation BEFRAGUNG ÄLTERER MENSCHEN IN KÖLN EHRENFELD 16
Methodischer Ansatz 17
Empirische Erkundung im Rahmen einer Befragung in Haushalten mit älteren Menschen Ziel: Aufklärung der Lebenssituation älterer Menschen Methode: Mündliche Befragung è Zeitraum: Oktober 2010 bis Januar 2011 è Stadtteil Ehrenfeld: Stadtviertel/Veedel Ehrenfeld, Neuehrenfeld und Vogelsanger Straße è Zufallsstichprobe (N=2.000) aller Personen ab 60 Jahren è Einsatz von 12 Interviewer/innen (u.a. eine türkischsprachige und zwei russischsprachige) Ausschöpfung: N= 495 Personen è Signifikante Übereinstimmung mit der Grundgesamtheit è stichprobenneutrale Ausschöpfungsquote: 30,8%. 18
Informationsstand über Beratungs- und Dienstleistungsangebote im Stadtviertel N=452 19
Typologie zur Eingrenzung der Zielgruppe der ÖFFNA-Vermittlung Typ A: Die Informierten (61%) è A1: Kommunikativ Aktive Informierte (Informierte mit Kommunikation im öffentlichen Raum, 45,8%) è A2: Informierte Ressourcenreiche (Informierte ohne Kommunikation im öffentlichen Raum, 15,2%) Typ B: Die Nicht-Informierten (39%) è B1: Aktive Nicht-Informierte (Nicht-informierte mit Kommunikation im öffentlichen Raum, 29%) è B2: Nicht-Informierte Passive (Nicht-Informierte ohne Kommunikation im öffentlichen Raum, 10%) Zielgruppe ÖFFNA Zugehende Information 20
Gelegenheiten der Vermittlung: Orte der aktiven Kommunikation Rang Nennungen Hohe Besuchsfrequenz Hohe Gesprächsfrequenz mit Mitarbeitenden Gesprächsgelegenheiten mit Mitarbeitenden 1 Supermarkt Supermarkt Gaststätte/Café Gaststätte/Café 2 Gaststätte/Café Gaststätte/Café Hausarzt Hausarzt 3 Bäcker Bäcker Supermarkt Freizeitstätte 4 Hausarzt Kirche / Moschee Moschee Moschee 5 Apotheke Gemüsehandel Kiosk Einzelhandel 21
Aktionsraumanalyse in Ehrenfeld vor Ort: Gewinnung von Vermittlern für die Erprobung (1) Beobachtungen in den 22 ausgewählten Gelegenheiten (2) Kundengespräche in den ausgewählten Gelegenheiten è Qualitäten des Angebots è Soziale Qualitäten è Potenzial der Informationsübergabe è Informationsbedarf (3) Inhabergespräche in geeigneten Gelegenheiten è Potenzial der Informationsübergabe è Mitwirkungsbereitschaft 22
Abstufung der Gelegenheiten Kommunikationstiefe Informationstiefe Nur schriftliche Information Keine persönliche Vermittlung z.b. Supermarkt Mittlere Informationstiefe Allgemeine Vermittlungshinweise Spezifische Informationen Konkrete persönliche Vermittlung z.b. Bäcker Friseur z.b. Arzt Apotheke 23
(6) Erfahrungen der Erprobungsphase TRAGFÄHIGKEIT DER INNOVATIONS- IDEE 24
Entwicklung und Erprobung des ÖFFNA- Infrastrukturmodells Entwicklung des Infrastrukturmodells è Gewinnung von 9 Gelegenheiten für die Vermittlung in einer Erprobungsphase è Kern der Vermittlung: Überreichung einer Informationskarte des Kölner Amtes für Soziales und Senioren / Abteilung für Senioren und Behinderte und Motivation zum Besuch der Seniorenberatung Erprobungsphase è Zeitraum: 4 Monate von Oktober 2012 bis Februar 2013 è Einführung durch Seniorenberatungen (persönliches Kennenlernen von Beraterinnen und Vermittler/innen) è Ausstattung Vermittler mit Informationsmaterialien è Evaluation 25
Trianguliertes Methodenkonzept: Evaluation der Erfahrungen in der ÖFFNA-Erprobungsphase Standardisierte Interviews mit Vermittlern Strukturiertes Gruppeninterview mit Seniorenberater -innen Dokumentenanalyse: Protokolle der Seniorenberatung über Weitervermittlung und Zeitaufwand 26
Fazit: Was leistet die Vermittlung? Vorläufige Ergebnisse der Evaluation Zeitraum 4 Monate: è Erfolgreiche Übergabe der Informationskarte zur Seniorenberatung: neue und hilfreiche Informationen für die älteren Menschen è Je Gelegenheit 0 bis 20 Überreichungen der Karte; keine Ablehnung der Entgegennahme è Dienstleister und Einzelhandel (6 Gelegenheiten): nur Einzelfälle; keiner mit Kontakt zur Seniorenberatung è Gastronomie (1 Gelegenheit): keine Überreichung einer Infokarte è Vermittlungen zur Seniorenberatung insgesamt: 10 Personen von 2 Gelegenheiten (Arztpraxen) in 4 Monaten Anlässe zur Vermittlung sind u.a.: è Isolation, fehlende soziale Kontakte è fehlende Orientierung / Information è finanzielle Probleme è Überforderung bei der häuslichen Versorgung 27
Bewertung: Wie tragfähig ist die Vermittlung? Perspektive der Vermittler è Wahrnehmung eines konkreten Anliegens (Beratungsbedarf) è Informationsvermittlung in persönlichen Gesprächen (Einzelfälle) è Minimaler Aufwand für die Vermittler è Sensibilisierung und Motivation zur Vermittlung in wiederholtem Kontakt mit Seniorenberatung è Verbleiben der Vermittler in ihrer Rolle als Dienstleistende / Gewerbetreibende è Entstehen eines losen persönlichen Kontakts und Informationsaustausches Alle Vermittler bewerten das Projekt positiv! Die Vermittlungsbrücke funktioniert! 28
Erfolgs- und Hemmfaktoren Erfolgsfaktoren der Vermittlung: è Respektvolle Kommunikation und Zugewandtheit è kein Aufforderungscharakter è Balance zwischen professioneller Distanz und persönlicher Beziehung Barrieren der Vermittlung: è Keine Zugänglichkeit für Hilfeleistungen / Abwehrhaltung des älteren Menschen è demenzielle Erkrankung è zu später Kontakt (Kontakt abgebrochen, Notfall eingetreten) 29
Ausblick: Nutzenbestimmung mit dem SROI (Social Return On Investment) Gesellschaft / Stadt Köln System der Altenhilfe Outcome Wirkungen Impact Nutzen Input ÖFFNA Ressourcen Output/Leistung Vermittlungen 30
Zusammenfassung Netzwerkstrategie zur Überbrückung des strukturellen Lochs zwischen älteren Menschen und der Seniorenberatung ÖFFNA-Innovationsidee: Vermittlung zwischen älteren Menschen und Seniorenberatung durch Intermediäre Empirische Ermittlung der Aktiven Nicht-Informierten als ÖFFNA-Zielgruppe (29% der älteren Menschen im Sozialraum) Identifizierung von Orten der aktiven Kommunikation als Gelegenheiten der Vermittlung Erprobung des Vermittlungsmodells in 9 Gelegenheiten für in Köln Ehrenfeld Positive Erfahrungen in der Erprobungsphase: Tragfähigkeit der Vermittlungsbrücke à das strukturelle Loch lässt sich mit der ÖFFNA-Strategie schließen! 31
Arbeitsgruppen am Nachmittag A Perspektiven für die Beratung von Senioren Raum 212/213 B Erfahrungen mit dem neuen Informations- und Vermittlungsansatz ÖFFNA Raum 220 C Wege zu nicht-deutschsprachigen älteren Menschen im Stadtteil Raum 214/15 D Zugehende Angebote und Information im häuslichen Bereich Raum 211 32